Ruhrbarone sind Geschichte

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Der Industriekonzern ThyssenKrupp verschlankt seine Strukturen und fegt den mächtigen Chef der Stahlsparte, Karl-Ulrich Köhler, aus dem Amt. Ein jahrelanger Richtungsstreit innerhalb des Ruhrkonzerns findet damit ein Ende.

Manager anderen Sparten von Thyssen – Aufzüge, Dienstleistungen, Technologies – haben hinter vorgehaltener Hand schon länger die Dominanz von ThyssenKrupp Steel bemängelt. Die Sparte wird am stärksten gepäppelt. Im ersten Quartal flossen der Sparte rund 70 Prozent der Gesamtinvestitionen zu; die Aufzugssparte erhielt gerade einmal ein Prozent. So lange Stahl boomte, war das Ungleichgewicht kein Problem. Doch die Zeit ist vorbei, in denen Thyssen der Stahl vom Hochofen weg abgekauft wurde.

Die Nachfrage ist um die Hälfte gesunken, der Frieden im Hause ThyssenKrupp damit dahin. Streitpunkt: Für über sieben Milliarden Euro baut der Konzern ein neues Stahlwerk in Brasilien und Walzwerke in den USA. Statt 1,3 Milliarden sind 4,5 Milliarden Euro für die Hütte nahe Rio de Janeiro fällig. Die Mehrkosten, die das Unternehmen stark belasten, werden Köhler angelastet. Ein Manager behauptet sogar, die Stahlsparte habe mit falschen Zahlen gearbeitet, um die Investitionsbudgets für sich zu blocken.

Damit ist es nun vorbei, Vorstandschef Ekkehard Schulz zog den Stecker. In der neuen Konzernstruktur, die nur zwei statt fünf Sparten vorsieht, rückt das Stahlgeschäft in die zweite Reihe. Der Bereich läuft nun unter dem Namen Materials und wird von Edwin Eichler verantwortet. Um zu verstehen was das bedeutet, muss man sich den Lebenslauf des Mannes ansehen: Eichler kam 2004 vom Medienunternehmen Bertelsmann zu Thyssen. Studiert hat er Informatik. Erfahrung mit Stahl: Fehlanzeige.

Mit dem Konzernumbau läutet ThyssenKrupp also das Ende der Stahlära ein. Der Werkstoff, mit dessen Herstellung die Ruhrfamilien Thyssen und Krupp ihren Aufstieg schafften, ist nur noch einer von vielen. Der Schritt ist hart, macht aber Sinn, wie die aktuelle Krise zeigt. Stahl ist ein zyklisches Geschäft mit vielen Spielern. Der Geschäftsbereich wird immer wieder die Bilanz von ThyssenKrupp belasten, um dann im nächsten Moment mit Rekordgewinnen aufzutrumpfen.

Deutschlands größter Stahlproduzent verabschiedet sich also ein Stück mehr von seinen Wurzeln. Stellt sich die Frage, wann sich die Erben der einstiegen Ruhrbarone endgültig von dem Stoff lösen, der wie die Kohle für das Bild vom Ruhrgebiet steht.

Eilig: Wieder Gift in der Ruhr

Ein neuer Chemieunfall sorgt bei den Wasserwerken an der Ruhr für Unruhe. Nach Information von Welt Online das Landesumweltamt NRW bereits Mitte Februar erhöhte Konzentrationen der Chemikalie Sulfolan in der Ruhr festgestellt. Demnach sind bis zu vier Tonnen des Stoffes in die Lenne und dann weiter in die Ruhr geflossen – ohne dass die breite Öffentlichkeit davon unterrichtet wurde. Sulfolan gilt als gesundheitsgefährdend, wenn es verschluckt wird. Die Chemikalie kann akute oder chronische Gesundheitsschäden hervorrufen. Nach Informationen dieser Zeitung wurde Sulfolan im Trinkwasser mehrerer Wasserwerke an der Ruhr nachgewiesen. Die Belastung im Trinkwasser lag nach Informationen von Welt Online beispielsweise am Wasserwerk Mülheim bei bis zu 15 Mikrogramm je Liter in der Spitze. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR), Hansjörg Sander, sagte jedoch, die nachgewiesenen Konzentrationen im Trinkwasser hätten keinen Anlass zur „akuten Sorge“ gegeben. Die genaue Belastung des Trinkwassers an anderen Wasserwerken wurde bislang nicht veröffentlicht.

Das Umweltamt stellte einen Bericht über den Vorfall ins Internet und zwar unter dem Kapitel: „Sonstige Umweltereignisse“. Die Presse oder die Bürger wurden darüber hinaus bis jetzt weder vom Umweltamt, noch vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium über die Belastung der Ruhr und des Trinkwassers informiert. Den Informationen zufolge wurde der Störfall bei einer routinemäßigen Untersuchung bereits am 24. Februar entdeckt. Die Wasserwerke wurden umgehend informiert. Gleichzeitig begann die Suche nach dem Verursacher. Mitte der vergangenen Woche rückte die Kläranlage des Ruhrverbandes in Iserlohn-Letmathe in den Focus der Recherchen. Einem vorliegenden Bericht des Landesumweltamt zufolge wurden dort auffällige Belastungen im Ablaufteich in den Ruhrzufluss Lenne gefunden. Die weitere Suche nach dem Verursacher führte zur Abfallfirma Lobbe aus Iserlohn. Hier konnten in Stapeltanks mit Flüssigabfällen Sulfolan-Konzentrationen zwischen 2000 und 28000 Mikrogramm je Liter gemessen werden. „Diese Tanks wurden sukzessive in die Kläranlage eingelassen“, heißt es in einem Bericht der Behörde. Darüber hinaus müsse es weitere Einleiter geben, die allerdings noch nicht identifiziert seien.

Ein Sprecher der Firma Lobbe bestätigte, dass Proben gezogen worden seien. Weiter hieß es: „Die Untersuchungen laufen noch. Die Einleitungen sind gestoppt.“

Der Vorsitzende der AWWR Sander sagte, „Der Stoff hat im Wasser nichts verloren.“ Nach dem aktuellen Wissensstand könne noch nicht abschließend beurteilt werden, wie gefährlich das Sulfolan tatsächlich sei. Nur soviel sei bekannt. Die Chemikalie könne kaum durch Aktivkohlefilter aus dem Trinkwasser entfernt werden. Sulfolan wird vor allem in der Industrie als Lösungsmittel eingesetzt. Es ist unbekannt, wie viele Menschen die Chemikalie mit dem Wasser getrunken haben.

AWWR-Chef Sander sagte, er habe bei der Staatsanwaltschaft Hagen Anzeige gegen unbekannt wegen des Verdachtes auf Wasserverunreinigung gestellt. „Die Einleitung von Sulfolan muss unterbunden werden. Hier kann man jemanden fassen. Da muss angesetzt werden.“ Sander drängte die Behörden dazu, eine Bewertung über die Gefährlichkeit des Stoffes vorzulegen, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen einleiten zu können. Bis jetzt liegt diese Bewertung noch nicht vor.

Gleichzeitig appellierte Sander an das Umweltministerium, ein Chemiekataster vorzulegen. In dem Kataster sollen alle Stoffe aufgeführt werden, die in die Ruhr eingeleitet werden. Das Umweltministerium unter Eckhard Uhlenberg (CDU) verspricht seit fast einen Jahr, eine entsprechende Datensammlung vorzulegen. Sander: „Wir müssen wissen, was ins Wasser gelangt, damit wir uns auf Probleme vorbereiten können.“

RWI-Schmidt 2: Für Opel einmal NIX

Foto: RWI

Ich habe wie gesagt mit dem Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt gesprochen. Natürlich ging es auch um Opel. Und was Schmidt, als Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung RWI eigentlich von staatliche Hilfen für Opel hält. Nun, die Antwort kann man in einem Wort zusammenfassen: NIX. Bevor der Staat in die Wirtschaft eingreife, müsse genau überprüft werden, wie sich die Maßnahmen auf den Wettbewerb auswirken würden, sagte SChmidt. „Man zerstört vielleicht mehr, als man rettet.“ Sicher gebe es im Finanzbereich Argumente, einzelne Banken zu retten, um die allgemeine Stabilität zu sichern. „Aber im realwirtschaftlichen Bereich gibt es diese Argumente eigentlich nicht.“

Auch beim Autobauer Opel seien staatliche Hilfen schwer aus strukturpolitischen Gründen zu rechtfertigen. „Es lässt sich nicht begründen, wie man insgesamt Wohlstand erzeugt, wenn man ein Unternehmen, das sich nicht mehr selbst tragen kann, staatlich schützt“, sagte Schmidt. Natürlich würde sich die Politik freuen, wenn Firmen in ihrem Einflussbereich florieren. Aber bei den Entscheidungen dürfe man nicht vergessen, dass Opel in einem europäischen Zusammenhang agiere. Sollte die Bundesregierung Opel unter die Arme greifen, verschlechtere sie damit die Position eines Wettbewerbers. „Das kann kaum Sinn der Sache sein und ist langfristig nicht förderlich“, sagte Schmidt. Nach Ansicht des Wirtschaftsweisen ist es im Autosektor offensichtlich, dass es Überkapazitäten gebe. „Die Menschen wollen nicht mehr so viele Autos kaufen, wie produziert werden können.“ Aus diesem Grund müsse irgendein Anbieter seine Kapazitäten abbauen oder ganz verschwinden. „Wer dies sei, sollte eigentlich der Markt entscheiden und nicht die Bundesregierung“, sagte Schmidt.

Seiner Meinung nach stehe zu befürchten, dass die angeforderten Milliarden einfach verschwinden, ohne langfristigen Nutzen zu bringen. „Aufhalten lässt sich die Entwicklung nicht.“

Schmidt warnte gleichzeitig die Bundesregierung davor, vor möglichen Protesten einzuknicken. Natürlich sei es gerade vor Wahlen schwer, harte Entscheidungen zu treffen. Aber es müsse abgeschätzt werden, was langfristig passiert, wenn die Regierung Opel drei oder morgen fünf Mrd Euro zur Verfügung stellt. „Wie sieht es in einem Jahr aus? Haben wir dann nicht viel größere Probleme, wieder aus der Situation heraus zu kommen?“ Besonders mit Blick auf die Beschäftigten mahnt Schmidt zur Vorsicht. Die Regierung dürfe den Menschen nicht vorgaukeln, gerettet zu sein. „Die Frage ist, ob man Menschen in eine Sackgasse schickt.“

Staatliche Hilfen machten nach Ansicht von Schmidt nur Sinn, wenn ein an und für sich gesundes Unternehmen temporär in eine Krise gerutscht sei. „Was lange getragen hat, muss für die Zukunft nicht tragen.“

Dies zeige unter anderem der Blick auf den Niedergang der Textilindustrie im Münsterland. Dort hätte die Branche ohne Staatseingriffe eine Strukturkrise bewältigen müssen. Nach anfänglichen Härten gehe es dort nun positiv weiter. Mit vielen neuen Unternehmen stehe das Münsterland heute gut da.

RWE gibt Gasnetz ab

Am Ende sind sich immer alle einig. Nach fast zwei Jahren Streit hat sich die Europäische Kommission mit dem Energieversorger RWE auf einen Vergleich geeinigt. Der deutsche Versorger verkauft sein Gasnetz – im Gegenzug werden die Untersuchungen wegen Missbrauchs der Marktmacht im Rahmen eines Kartellverfahrens gegen das Unternehmen eingestellt. Damit entgeht RWE einer drohenden Milliardenstrafe.

Die grundsätzliche Bereitschaft des Versorgers, sich von seinem Netz zu trennen, ist seit langem bekannt. Es stand nur noch die offizielle Entscheidung der EU aus, das RWE-Angebot anzunehmen. Die jetzt gefundene Lösung ist rechtsverbindlich. Gleichwohl bestreitet der Versorger, sich nicht gesetzeskonform verhalten zu haben. „Die Verpflichtungszusage gegenüber der EU-Kommission stellt kein Schuldeingeständnis dar“, sagte eine Sprecherin. Es gehe allein darum, einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden.

Die Europäische Union verteidigte gleichzeitig die Einstellung des Kartellverfahrens. Durch den nun getroffenen Vergleich werde der deutsche Gasmarkt grundlegend verändert, sagte EU-Kommissarin Neelie Kroes. Wenn der RWE-Konzern sein Leitungssysteme abgebe, werde dies für mehr Wettbewerb sorgen „Ohne Kontrolle über das Übertragungsnetz ist das RWE nicht mehr in der Lage, sein eigenes Gasliefergeschäft zu begünstigen.“ Bislang wird der deutsche Markt von wenigen Anbietern dominiert, die zum großen Teil auch die Gasnetze kontrollieren. Nach Angaben von Kroes will die Kommission auch sicherstellen, dass auch die Käufer keine Anreize bekämen, den Wettbewerb zu beschränken. Der Verkaufsprozess selbst soll unter der Aufsicht eines Treuhänders gestellt werden. Alle Käufer müssten zudem von der EU genehmigt werden.

Der Entscheidung voraus gegangen war unter anderem ein so genannter „Markttest“. Dabei hatte die EU-Kommission RWE-Wettbewerber gefragt, ob der vergleich mit dem deutschen Versorger ausreiche, um die Vorwürfe zu beseitigen. Dieser Markttest wurde Anfang des Jahres abgeschlossen. Vom Verkauf des Transportnetzes ist nur das deutsche Leitungssystem betroffen. RWE wird weiter die ausländischen Gasnetze behalten.

Als Interessenten für das nun frei werdende Pipelinen steht seit Februar ein Konsortium aus mehr als 30 kommunalen Unternehmen bereit. „Wir sind weiterhin interessiert“, sagte eine Sprecherin der Stadtwerke Bochum. Der Verbund wolle das rund 4000 Kilometer lange RWE-Netz zusammen mit dem niederländischen Netzbetreiber Gasunie und dem börsennotierten Versorger Gelsenwasser führen. Zu dem Konsortium gehören Stadtwerke aus Bielefeld, Detmold und Münster. Im vergangenen Jahr hatten Analysten den Wert des RWE-Netzes auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt. Die Stadtwerke-Sprecherin sagte, das Konsortium werde Mitte April wieder zusammenkommen und weitere Einzelheiten klären. „Gespräche mit RWE gibt es aber noch nicht.“

Seinen Ursprung hat das EU-Verfahren gegen RWE im Juni 2007 genommen, als die europäische Wettbewerbsaufsicht eine formelle Kartelluntersuchung gegen RWE eingeleitet hatte. Im vergangenen Jahr bot RWE dann erstmals einen Verkauf des Fernleitungsnetzes an. Laut Kommission hat der Versorger seine dominante Marktstellung bei Gas ausgenutzt und Konkurrenten den Zugang zu seinem Leitungsnetz in Nordrhein-Westfalen erschwert.

Zuvor hatte die EU-Kommission schon Branchenprimus E.on dazu gezwungen, sich von seinem Höchstspannungsnetz sowie ein Fünftel seiner Kraftwerkskapazitäten in Deutschland zu trennen. Auch hier hatte die EU-Kommission im Gegenzug ein Kartellverfahren eingestellt. Der Verkauf des E.on-Netzes ist noch nicht abgeschlossen.

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Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Roboterin: Hoffnung für Zwangsdauersingles…Kueperpunk

iPhone: Erfolg mit Salamitaktik…Macnotes

Opel: Roland Berger soll Rettungsplan retten…FAZ

Schrumpfen: Immer weniger Duisburger…Der Westen

Absurd: Ringen um Hebewerk…Der Westen

Wohnen: Zu wenig gute Wohnungen…Ruhr Nachrichten

Dierkes: Linke decken Verschwörung auf…Prospero

Kultur: Theatertage in Mülheim…Süddeutsche

Bilder: Ruhrpic ab April…Ruhr Digital

 

Ersatz-Rosa Sahra zieht’s nach Düsseldorf

Foto: die Linke

Die linke Politprominente Sahra Wagenknecht will über Düsseldorf in den Bundestag einziehen, nachdem ihre Kandidatur zuvor in Essen gescheitert ist.

Derzeit ist die Rosa Luxemburg Doppelgängerin Europaabgeordnete der Linken. Zuletzt machte die Chefin der kommunistischen Plattform –neu: im Jahr 2002  — innerhalb der Linken von sich bundesweit reden, als ihr damaliger Mann  im Fadenkreuz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen stand. Ihm wurde vorgeworfen, mit gefälschten Kunstwerken zu handeln. Nachdem die Nummer geklärt war — neu: 2004 Verurteilung in Köln, später Einstellung in Mühlhausen nach §154 Strafprozeßordnung, wegen Verurteilung in ähnlicher Sache — stand dann wieder Sarah Wagenknecht bei der Polizei im Kurs. Oder genauer gesagt, sie stand im Focus der Verfassungsschützer. Diese warfen ihr vor, nach wie vor die deutsche Staatsordnung umwerfen zu wollen.

Aber auch in ihrern eigenen Reihen ist die Linksauslegerin umstritten. So wird ihr innerhalb der Linkspartei vorgeworfen, zu unkritisch dem Stalinismus gegenüber zu sein. Auch Gregor Gysi und der Bundestagsabgeordneten Michael Leutert hatten diese Pro-Stalin-Haltung kritisiert. Letzter sprach sich vor einem Jahr sogar in der taz stellvertretend für jüngere Parteimitglieder öffentlich gegen ihre Kandidatur als stellvertretende Parteichefin aus, weil sie sich zu wenig vom Stalinismus distanziert habe.

Auch im Ruhrgebiet war Wagenknecht zuletzt nicht gut gelitten. Wie gesagt, in Essen ist sie mit ihrem Wunsch abgeblitzt, auf die Liste zu kommen. Ich selbst habe Wagenknecht nur zweimal gesehen. Einmal davon im Zug. Da saß sie mir gegenüber. Ich kann sagen: Sie sieht überhaupt nicht aus, wie auf dem Foto. Das ist ein Photoshop-Meisterwerk. Das muss reichen.

Wie dem auch sei: Wagenknecht will nun über Düsseldorf ihr Comeback in Berlin starten. Ende März will sie sich auf den 5. Platz der Landesliste der Linken setzen lassen, berichtet der Düsseldorfer Kreisverband. Damit stehen ihre Chancen gut ihr Ziel "Reichtag" zu erreichen. Die Linke erzielte bei der letzten Bundestagswahl in NRW 5,1 Prozent und schickte sieben Abgeordnete nach Berlin. Im September soll die Liste noch weiter ziehen.

RWI-Schmidt: Es wird schlimmer

Foto: RWI

Seit kurzem ist der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, RWI, Christoph Schmidt einer der deutschen Wirtschaftsweisen. Damit bekommen seine Prognosen noch mehr Gewicht. Umso schlechter, was er mir gesagt hat. Schmidt befürchtet einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Bislang ist der Schmidt von einer Rezession um 2,0 Prozent und damit von einem Verlust von rund 600.000 Arbeitsplätzen ausgegangen. Allerdings habe sich die Lage in den vergangenen Monaten verschärft. "Wir wissen mittlerweile, wie schlecht das vierte Quartal 2008 ausgefallen ist, und die Frühindikatoren in diesem Jahr sehen auch nicht gut aus.“ Die Folge sei, dass auch das RWI seine Prognose revidieren müsse. Es drohe eine Abschwung von bis zu 4 Prozent, sagte Schmidt, ohne eine genaue Zahl zu nennen. Dies habe einen direkten Einfluss auf die Beschäftigungszahlen in Deutschland. „Ja, wir rechnen mit einer deutlich höheren Arbeitslosigkeit. Da kann man im Moment nichts gegen machen.“ Die hohe Zahl von 5 Mio Arbeitslosen aus den Zeiten vor den Hartz-Reformen werde aber wohl nicht wieder erreicht.

Trotzdem lehnt Schmidt ein neues Konjunkturpaket ab. „Wir müssen jetzt abwarten, wie sich die bis jetzt getroffenen Entscheidungen im Herbst auswirken“, sagte Schmidt Die meisten Maßnahmen wie Steuererleichterungen und Infrastrukturinvestitionen würden erst in den kommenden Monaten greifen. Bei allem Verständnis nach dem Ruf zum Handeln, müsse immer abgewägt werden, wie sich die Maßnahmen langfristig auswirken würden. Ein unsinniges Auftürmen von Schulden müsse vermieden werden. Gleichwohl betonte der Wirtschaftsweise die außergewöhnliche Härte der Krise. „Wir haben einen so gleichzeitigen Einbruch der Märkte weltweit noch nie erlebt. Es gibt keine Region, die jetzt eine andere Regionen wieder nach oben ziehen könnte.“ Trotzdem mahnt Schmidt zum Optimismus. „Wir haben uns bis heute einen sehr hohen Lebensstandard erarbeitet. Wenn wir jetzt zehn Prozent dieses Wohlstandsniveau abgeben, ist es weniger hart, als noch vor hundert Jahren.“

Natürlich sei es für die Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren immer noch schwer, aber immerhin gebe es ein soziales Netz, das auch Leute auffangen kann. „Bei uns fällt niemand ins Bodenlose.“ Schon aus diesem Grund sei die heutige Lage auch nicht mit der Depression im vergangenen Jahrhundert zu vergleichen. „Wir haben dann halt nicht mehr ein Pro Kopf einkommen von 30.000 Euro, sondern von vielleicht 27.000 Euro. Das ist immer noch sehr viel.“ Zudem gebe es alle Vorraussetzungen für einen neuen Aufschwung. „Wir haben einen hohen Bildungsstand, ein stabiles Rechtssystem, einen Kapitalstock, der nicht angegriffen ist, und eine gute Infrastruktur.“ Nach Ansicht von Schmidt ist damit das Fundament der deutschen Wirtschaft immer noch intakt.

Sollen wir die Atheisten-Buskampagne ins Ruhrgebiet holen?

In vielen Städten der Welt haben Atheisten Werbekampagnen gestartet. Warum nicht auch im Ruhrgebiet?

Die britische Aheist Bus Campaign von Ariane Sherine (hier mit dem Religionskritiker Richard Dawkins) ist das direkte Vorbild der Kampagne. Foto: Buskampagne

in vielen Städten der Welt haben, zum Teil als Reaktion auf die Kampagnen fundamentalistischer Gruppe, Atheisten antiklerikale Werbekampagnen gestartet. In Deutschland sammelt die Buskampagne Geld dafür,  Busse mit dem Slogan: "„Es gibt (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) keinen Gott. …"zu bekleben. In Berlin und Köln wollen die Nahverkehrsunternehmen die Werbung nicht annehmen.

Ich habe vorhin der Buskampagne eine Mail geschrieben und nachgefragt, ob es auch möglich wäre, die Kampagne im Ruhrgebiet laufen zu lassen und was man  tun kann, um sie zu unterstützen. Es wäre doch schön, wenn das Ruhrgebiet sich an dieser weltweiten Aktion und der Diskussion  darüber  beteiligen würde – und die Nahverkehrsunternehmen sind so klamm, dass sie das Geld kaum ablehnen könnten. 

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„Ich würde mein Kind nie an einer Waldorfschule anmelden.?

Heidrun G. war ein Jahr lang Lehrerin an einer Waldorfschule im Ruhrgebiet. Heute unterrichtet sie an einer staatliche Schule und  blickt kritisch auf ihre Zeit als Waldorfschullehrerin zurück.

Es war die Größe, die G. an ihrer Waldorfschule als erstes auffiel: Die Größe der Klassen. „Ich hatte Klassen mit fast 40 Kindern, da ist ein vernünftiger Unterricht kaum möglich. Man kann in so einer großen Gruppe nicht auf die Probleme einzelner Kinder eingehen.“ Vor allem im Sprachunterricht sei die Klassengröße ein Problem. Internationale Studien, erklärt mir G., hätten erwiesen, dass 22 Kinder pro Gruppe die absolute Obergrenze seien.

Solche Studien allerdings hätten ihre Waldorfkollegen kaum wahrgenommen: „Die Waldorfpädagogik legt keinen wert darauf, an den wissenschaftlichen Diskursen der Pädagogik teilzunehmen. Man hat ja Steiners Lehre.“  Waldorfschulen, das würden viele Eltern unterschätzen, seien vor allem die Schulen der antroprosophischen Bewegung. Klar wurde das G. auf einer Fortbildungsveranstaltung. Das Thema: Der Umgang mit schwierigen Schülern. „Der Dozent hat uns eine einzige Methode des Umgangs beigebracht. Wir sollten nach Feierabend auf der Couch intensiv an den Schüler denken und so eine Beziehung von Seele zu Seele aufbauen. Das würde helfen.“

Viele Eltern würden die Bedeutung den Charakter als Bewegungsschule unterschätzen: „Die Waldorfschule hat den Ruf alternativ zu sein, im Prinzip ist sie aber eine Schulform mit einem sehr festgelegten Menschenbild und einer absolut überholten Methodik: In über 90 Prozent  der Zeit fand bei uns an der schule klassischer Frontalunterricht statt.“ Die Schüler würden angehalten viel zu reproduzieren,

Das Image der Schulen und die Wirklichkeit würden nur selten übereinstimmen. Die Waldorfschulen seien aus Prinzip intransparent: „Es gibt keinen verbindlichen, dafür angeblich einen geheimen Lehrplan, über den immer mal wieder geredet wurde, aber den ich nie gesehen habe. Ein Problem sind aber auch die sehr großen Freiheiten jedes Lehrers, seinen Unterricht nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Niemand und muss sich von seinen Kollegen in seine Arbeit reinreden lassen. Haben die Kinder einen guten Lehrer, haben sie Glück, haben sie einen schlechten Lehrer, Pech. Eine inhaltliche Kontrolle  habe ich nicht erlebt.“
G. hat viel Unfug gehört: In den unteren Klassen haben die Kinder Epochenunterricht über Zwerge und Gnome gehabt. Atlantis und Sagen waren Stoff im Fach Geschichte. „Sagen gehören in den Deutsch-, aber nicht in den Geschichtsunterricht“, weiß G., die studierte Historikerin ist.

Aber wie sollen das die Lehrer beurteilen? G. bestätigt einen Bericht des ZDF-Magazins Frontal aus der vergangenen Woche, in der die  Qualifikation von Waldorflehrern bezweifelt wurde: „Bis in die achte Klasse hinein unterrichtete der Klassenlehrer bei uns alle Fächer – niemand kann so etwas qualifiziert leisten. Vor allem Waldorflehrer nicht, von denen viele keine wissenschaftliche Ausbildung haben. Wer seinen Namen tanzen kann muss nicht zwingend Ahnung von Mathematik haben.“

G. fand nicht alles schlecht an der Waldorfschule. Gut, dass bislang zum Teil der Hauptschulabschluss zum Teil erst nach 12 Schuljahren erreicht wurde, fand sie befremdlich. „Aber den Kindern tut es gut, mehr Zeit zum Lernen zu haben. Leider sind viele Kinder an der Waldorfschule unterfordert. Die Zeit wird nicht gut genutzt. Ich habe Kinder erlebt, die nach acht Jahren Fremdsprachenunterricht kaum Russisch oder Englisch sprachen.“
Gut sei die Waldorfschule hingegen wenn es um die Entwicklung der Kreativität gehe. „Es wird viel gemalt, getanzt und geschauspielert an den Waldorfschulen.“ Zwar hätten die Schüler nur wenig Mitspracherechte, wenn es um die Inhalte geht, aber diesen Teil des Angebots der Waldorfschulen fand G. gut.

Aber, erklärt mir G., ob die Qualität in diesem Bereich an jeder Waldorfschule gut sei, könne sie nicht beurteilen: „Jede Waldorfschule ist anders. Eltern wissen nie worauf sie sich einlassen und der Weg zurück auf eine konventionelle Schule ist schwierig. Das liegt an dem niedrigeren Niveau der Waldorfschulen und daran, dass die Waldorflehrer den Kindern Angst vor den normalen Schulen machen.“ Ein Kind das von der Waldorfschule auf ein Gymnasium wechseln will müsse damit rechnen, ein bis zwei Jahre zurückgestuft zu werden. Nach einem Jahr an einer Waldorfschule ist für G. klar: „Ich würde nie mein Kind an einer Waldorfschule anmelden.“

Flaute auf hoher See – Finanzkrise trifft Windfarmen im Meer

Foto: Flickr.com / phault

In der vergangenen Woche habe ich über die Offshore-Windparks recherchiert. Das sind diese Riesenwindstromfabriken auf offenem Meer. Sie sollen in der Nordsee wachsen und in der Ostsee. Milliardenprojekte. Hochglanztauglich. Sie sind der Schaum auf jeder Präsentation zur Zukunft der deutschen Energieversorgung. Nur: bis heute kann niemand mit einem Schiff zu einem deutschen Windpark auf hoher See reisen. Es geht immer noch nur mit einem Mausklick vom Schreibtisch aus. Denn die Offshore-Projekte sind alle virtuell. Immer noch. Trotz aller Ankündigungen von Unternehmen und Bundesregierung wurde noch keine Stromfarm im tiefen Wasser errichtet.

Zum Beispiel der Windpark Borkum Riffgrund West. Ursprünglich wollte hier die Firma Energiekontor außerhalb der 12-Seemeilen-Zone 458 Windpropeller in die Nordsee stellen. Baubeginn sollte im Jahr 2004 sein. Hunderte Anleger zeichneten Anteilsscheine an dem Projekt. Doch bis jetzt wurde nur Papier bedruckt. Kein Mast gestellt. Cerstin Kratzsch von Energiekontor sagt: „Entscheidend für die Realisierung ist die Projektfinanzierung. Wir verhandeln derzeit mit Banken. Das ist während der aktuellen Finanzkrise allerdings schwierig.“

Die Pläne der Bundesregierung zum Ausbau von Windparks auf hoher See geraten unter Zeitdruck. Eigentlich sollten im vergangenen Jahr bereits 1500 Megawatt (MW) vor den deutschen Küsten stehen. Bis zum Jahr 2020 gar über 10.000 MW Leistung. Das entspricht der Kraft von zehn Kernkraftwerken. Doch von den Planspielen ist man weit entfernt. Bislang lag es vor allem an technischen Problemen und Schwierigkeiten bei der Netzanbindung.

Und nun kommt auch noch die Wirtschaftkrise dazu. Die Finanzierung der kostenintensiven Projekte in Nord- und Ostsee steht auf der Kippe. Besonders mittelständische Projektentwickler seien betroffen, heißt es bei Banken. Ohne Unterstützung des Staates können offensichtlich nur noch große Versorger die so genannten Offshore-Parks realisieren. Torsten Hinsche ist Leiter des Kompetenzzentrums Erneuerbare Energien der Commerzbank. Er sagt: „Gerade die sehr großen Projekte der Mittelständler haben das Problem, dass sie derzeit schwierig zu finanzieren sind.“

Selbst der Bau des Pilotprojekt „Alpha Ventus“ 40 Kilometer östlich von Borkum musste verschoben werden. Auch hier steht noch kein Windspargel. Der Baugrund 40 Kilometer östlich von Borkum ist schwieriger zu beherrschen als gedacht. Gleichzeitig verteuern sich die Projektkosten. Als im vergangenen Sommer die ersten sechs Rotoren installiert werden sollten, musste ein eigens angeheuertes Montageschiff quer über den Atlantik reisen, um anschließend wieder unverrichteter Dinge im Herbst in den Golf von Mexiko abzudampfen. Nun soll der Park in diesem Sommer fertig gestellt werden, heißt es bei den beteiligten Partnern E.on, Vattenfall und EWE. "Bis Spätherbst werden wir das schaffen", sagte ein Sprecher.

Die Weltwirtschaftkrise verschärft die ohnehin komplizierte Finanzierung für unerprobte Windparks in der stürmischen Hochsee. Banker und Unternehmen sagten mir übereinstimmend, die Ansprüche an die Eigenkapitalbasis für Offshore-Projekte seien in den vergangenen Wochen drastisch gestiegen. Reichte früher ein Eigenanteil von 15 Prozent aus, um einen Fremdfinanzierung zu bekommen, verlangen Banken heute, dass ein Kreditnehmer bis zu 30 Prozent der Kosten für die Hochsee-Spargel alleine trägt.

Besonders mittelständischen Unternehmen macht das zu schaffen. Willi Balz von der Projektgesellschaft Wetfeet Offshore berichtet, dass er für seinen Windpark Global Tech vor Cuxhaven insgesamt 1,3 Mrd Euro beschaffen muss. Der Eigenanteil liegt heute nach dem Einstieg der Stadtwerke München, der HSE Darmstadt sowie privaten Investoren bei rund 200 Mio Euro. „Wir brauchen aber mindestens 300 Mio, damit wir eine Finanzierung bekommen“, sagt Balz. Doch selbst wenn das Geld beisammen ist, sind noch nicht alle Probleme gelöst. „Heute ist es schwierig, eine Bank zu finden, die als Konsortialführer auftritt.“ Stattdessen müsse er mit jeder Bank einzelne Verträge aushandeln. Auch die Kreditsummen je Bank würden geringer, sagt Balz. „Keine Bank schultert mehr 300 Mio alleine. Stattdessen machen die Banken Verträge um die 50 Mio Euro.“

Von einem weiteren Problem berichtet Torsten Hinsche von der Commerzbank: „Langfristige Kredite sind nicht leicht zu erhalten und erhöhte Risiken teurer geworden.“ Gleichzeitig müssten bei Offshore-Finanzierungen die Risiken klar aufgezeigt werden. Hier würden die Banken besonders auf Versicherungen drängen, die alle Unwägbarkeiten absichern würden. „Gerade auf hoher See kann es zu wochenlangen Ausfällen der Anlagen kommen.“ Doch hier liegt das Problem: Erst wenn die Versicherer genau wissen, wie die Risiken definiert werden, sind sie bereit diese zu übernehmen. Ohne Versicherungen aber gibt es keine Finanzierungen.

Es entsteht eine Lücke, in die die großen Energieversorger bereitwillig vorstoßen. E.on, Vattenfall und EnBW wollen Projekte in der Nordsee realisieren. Der Finanzchef der RWE Innogy Hans Bünting sagt, gerade kleinere Projektierer hätten oft nicht die Möglichkeiten, die Schwierigkeiten zu meistern. „Viele werden ihre Projekte abgeben müssen, weil sie nicht die Finanzkraft haben, die Windparks zu realisieren. Hier haben die großen Versorger und starke Stadtwerkeverbünde eindeutig Vorteile.“ Den Worten lässt RWE Innogy Taten folgen. Der Konzern sicherte sich genauso wie die Konzerne E.on und Vattenfall auf Jahre hinaus die Produktion eines Windturbinenproduzenten. Dies verknappt die Kapazitäten der Propeller und macht sie teurer. Wieder steigen die Kosten für die Mittelständischen Projektierer. RWE Innogy Finanzchef Bünting bietet den in Schwierigkeit geratenden Unternehmen einen Ausweg an. „Wir stehen bereit, die angefangenen Vorhaben mit den Projektentwicklern gemeinsam umzusetzen.“

Windparkprojektierer berichten bereits, die großen Konzerne würden offen Lobbyarbeit in der Bundesregierung betreiben, um die Mittelständler aus den Projekten zu drängen. „Im Umweltministerium sagen Vertreter der Konzerne, die Offshore-Entwicklung könnten nur die großen Versorger bewältigen.“, sagte einer, der an den Gesprächen teilnimmt. „Das stimmt nicht. Das Know How liegt bei uns.“

Einen Grund für das aggressive Vorgehen der Energieriesen sehen die Mittelständler in den Versäumnissen der Großen aus der Vergangenheit. Weil in den Chefetagen der Konzerne lange Widerstand gegen die „Phantastereien“ herrschte, haben sich die Versorger zu spät um die Entwicklungen auf hoher See gekümmert. Heute besitzen E.on, RWE und Co kaum Anteile an den bereits genehmigten 20 Windparks mit 1497 Propellern.

Doch nicht nur in den Finanzierungen liegen Probleme der Offshore-Industrie. Auch technische Fragen ist noch nicht gelöst: Zum Bau der Windparks werden neue Spezialschiffe benötigt, die schnell über 100 Mio Euro kosten können. Dazu sind auf hoher See die Zeitfenster sehr knapp, in denen die Parks errichtet werden können. An Land kann an rund 300 Tagen im Jahr gearbeitet werden, auf dem Meer oft nur in weniger mehr als der Hälfte der Zeit. Commerzbank-Financier Hinsche sagt, unter anderem aus diesem Grund sei es schwierig, genaue Terminpläne zu entwerfen. „Diese aber sind wichtig, wenn es darum geht, die Projektabläufe zu koordinieren.“ Beispielsweise könne es von der Bestellung eines Seekabels bis zur Lieferung zwei Jahre dauern.

Das bedeutet: Nur wenn in diesem Krisensommer die Finanzierungen fixiert werden, kann der Bau der Anlagen im Jahr 2011 begonnen werden. Da die Vorlaufzeiten der Projekte sehr lang sind und die Kapazitäten für den Bau der Anlagen sehr begrenzt, müssen spätestens dann die ersten Anlagen in Betrieb gehen, damit die Ziele der Bundesregierung noch erreicht werden können. Ansonsten droht die Initiative im Nordseeschlick stecken zu bleiben.

Das ist nciht das einzige Problem. Derzeit sind die Windanlagen auf dem Festland billiger und sicherer zu bauen. Es gibt keine unkalkulierbare Risiken, dafür sichere Renditen. Die Folge: finanzkräftige Investoren setzen eher auf die traditionellen Windspargel.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat das Problem erkannt. Er fordert eine Art Rettungsschirm für die Offshore-Industrie. "Ein Einbruch beim Ausbau der erneuerbaren Energien muss verhindert werden", sagte der SPD-Politiker. Zunächst wurde im Konjunkturpaket II eine verbesserte Förderung der Hochsee-Projekte beschlossen. Seit wenigen Tagen kann die Kreditanstalt für Wideraufbau (KfW) die Banken von bis zu 50 Prozent der Darlehenshaftung freistellen. Das schont das Eigenkapital der Geldhäuser und ermöglicht großzügigere Kredite. Gleichzeitig wird über Bürgschaften nachgedacht, die den Offshore-Projektierern gewährt werden soll. Dies würde vor allem die Eigenkapitalbasis der Mittelständischen Unternehmen stärken und den Zugang zu Finanzierungen erleichtern.

Commerzbanker Hinsche ist zuversichtlich: „Derzeit verzögert sich die Umsetzung der Off-Shore-Projekte. Ich halte diese Entwicklung aber auch für gesund.“ Der Zeitdruck dürfe nicht zu Leichtsinn verführen. „Eine sorgfältige Abwägung muss sein, um der Industrie die Chance zu geben, für die Projekte reif zu werden. Erst wenn alle Fragen geklärt sind, kann es richtig losgehen.“

Auch bei Energiekontor gibt man sich zuversichtlich, das Projekt Borkum Riffgrund West mit sechs Jahren Verspätung realisieren zu können. „Wenn wir im Laufe des Jahres die Finanzierung bekommen, können wir schon 2010 mit dem Bau beginnen“, sagt Cerstin Kratzsch.