Ausgehen in………Essen: Der Bezirksführer der Ruhrbarone

Was geht eigentlich in Essen? An manchen Tagen fühlt man sich hier wie in der Provinz und fragt sich, wo überhaupt was los ist. Aber keine Panik. Essen hat durchaus was zu bieten. Der Bezirksführer zeigt zwei Mal im Monat, welcher Klub aus der Reihe tanzt, welche Bar dringend besucht werden muss oder welcher Jungunternehmer neuen Glanz in den Pott bringt.

Cafe Gold Bar

Wer das gewisse Etwas in Kneipen vermisst, ist hier genau richtig. Die Gold Bar hat Stil. Hier werden antike Möbel mit Wohnzimmeratmosphäre kombiniert. Neben leckeren Cocktails und Longdrinks stehen 25 Biersorten aus aller Welt auf der Karte. Ein echtes Paradies für Flüssig-Brot-Fans. Außerdem gibt es ein kleines Frühstücksangebot. Das Gold bietet aber auch was für die Sinne. Die Gestaltung und die Musik, fernab des Mainstream, erfreuen Augen und Ohren. Die Krönung der Bar sind vor allem, die vielen Kerzen drinnen und draußen, die den Raum in ein dezentes Licht hüllen. Je nach Jahreszeit kann man im Freien entspannen oder sich am Kaminfeuer wärmen. Zurücklehnen und Wohlfühlen.

www.cafe-goldbar.de

Adresse: Rellinghauserstraße 110, 45128 Essen

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GoetheBunker

Der alte Kriegsbunker bewegt sich zwischen Geheimtipp und Kultstätte. Die Lokalität steht außer Konkurrenz und ist mit ihrer stylischen Keller-Atmosphäre die Antwort auf schnöde Hochglanz Schuppen. Aber nicht nur das Ambiente ist knorke, hier gibt’s richtig was auf die Ohren. Jeden Samstag sorgen Elektronische Töne für den richtigen Schmiss und bringen die alten Mauern zum Beben. Dann schwingen Technofans ihre Hüften und House Hippies fegen übers Parkett. Der Bunker lädt auch alle Anderen zum Tanz. Freitags ist Freestyle angesagt: Folk trifft Drum ’n’ Bass, Dubstep umarmt Indie oder Breakbeat küsst Funk. Ein feiner Flirt für alle Freunde der Musik.

www.myspace.de/goethebunker

Adresse: Goethestraße 67, 45130 Essen

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Madame Chocolate

 Das Madame Chocolate zählt zu den Neuzugängen in Essen. Mit der Bar hat sich ihre Gründerin einen Traum erfüllt. Sie  setzt auf Stilbrüche. Glitzernde Hirsche zieren Wände und Tische, Graffiti Kunst schmückt das Klo und Retro Lampen beleuchten den Raum. Gelegentlich machen Musiker das Lokal zum Klangerlebnis oder DJs bringen die Gäste in Bewegung. Die Stimmung ist besonders familiär. Besitzerin Conny hat für jeden ein offenes Ohr. Sie freut sich, wenn ihre Kundschaft bunt gemixt ist. Schnell wird klar: hier wird mit Freude gearbeitet und Kommunikation groß geschrieben. Ein Erlebnis mit Herz.

www.myspace.com/madamechocolatmc

Adresse: Moltkestraße 4, 45128 Essen

 

 

 

 

 

 

M wie Ruhrgebiet

Die drei größten Reiseveranstalter haben das Ruhrgebiet in ihren Katalog aufgenommen. Es gibt nur ein kleines Problem…

Da ist der Jubel groß: Die Reiseveranstalter DerTour, Ameropa und NUR haben das Ruhrgebiet in ihre Kataloge aufgenommen. Während ich diese Meldung vor lauter  Freude in einer Wanne voller Schaumwein schreibe sehe ich leider nur ein Problem: Uns wird niemand finden, denn wir stehen unter M in den Katalogen. M wie Metropole Ruhr. Nicht R wie Ruhrgebiet.

Schade, wenn man auf das eigene Marketing hereinfällt. Ich bin mir ziemlich sicher dass München nicht unter I wie Isarmetropole, Frankfurt nicht unter B für Bankfurt und Bielefeld nicht unter G für Gibtsgarnicht steht. Die wollen nämlich gefunden werden.

Cross Border Theater – Jetzt hängen die Landesbanken drin

Skizze: Aus CBL-Vertrag ergänzt von David Schraven

Cross Border Leasing ist ein Problem. Das weiß heute jeder. Vor ein paar Jahren war es hipp, um klammen Kommunen oder kommunalen Firmen wie der AGR ein paar Millionen frisches Geld zu verschaffen. Als Faustformel kann man sich merken, je ärmer und gieriger eine Gemeinschaft war, umso anfälliger war sie für diese Grenzgeschäfte. Jetzt werden sogar die deutschen Landesbanken wegen der Mauscheleien mitten in der Wirtschaftskrise belastet. Ihnen drohen erhebliche Wertberichtigungen, sollten die Cross-Border-Leasing tatsächlich platzen. Nach meinen Recherchen könnten Bilanzverluste in Milliardenhöhe fällig werden.

Zum Urspring: Um einen Steuervorteil in den USA auszunutzen, verleasten deutsche Kommunen Straßenbahnen, Messehallen oder Kanalnetze über einen langen Zeitraum an amerikanische Investoren. Diese vermieteten das Eigentum direkt zurück an die Kommune. So sollte ein Steuerschlupfloch in den USA ausgenutzt werden. Insgesamt wurden in Deutschland weit über 100 dieser grenzüberschreitenden Geschäfte abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der Deals bewegt sich nach Branchenschätzungen zwischen 50 und 80 Mrd Euro.

Sowohl die Städte als auch die beteiligten Banken versuchen die Details zu den Risiken zu verschleiern. Selbst Stadträten und Aufsichtsbehörden wird oft die Einsicht in die Schriftstücke verwehrt. Dabei wird erst bei einer Analyse der Cross-Border-Verträge klar, wie tief die deutschen Banken involviert sind. Mir liegen entsprechende Schriftstücke vor, in denen sowohl die NordLB als auch die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) als Financiers ausgewiesen sind, die mit hohen Millionensummen im Risiko stehen.

Im Detail lassen sich die Zahlungsströme und die daraus resultierenden Schwierigkeiten am besten anhand des Wuppertaler Cross-Border-Leasing beschreiben. (Siehe auch die Skizze des Geschäfts oben) Die Stadt verleaste ihre Müllverbrennungsanlage im Jahr 1999 für 423 Mio US-Dollar über 75 Jahre an einen Trust der beiden US-Unternehmen KeyCorp und PNC, um sie anschließend für 25 Jahre gleich wieder zurückzumieten. Die Wuppertaler kassierten für ihre Dienste 28,5 Mio Dollar. Obwohl es ein reines Papiergeschäft war, sollten die amerikanischen Steuerbehörden denken, die Anlage sei tatsächlich verkauft worden. Im ersten Schritt zahlten die US-Investoren rund 60 Mio Dollar in das Eigenkapital des Trustes ein. Dieses Geld diente als Basis, um bei der norddeutschen Landesbank Nord-LB einen Millionenkredit loszueisen.

Wie das geschah, lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen rekonstruieren. Zunächst verlangten Steuerberater, es müssten mehrere rechtlich unabhängige Geldhäuser in die Kreditvergabe involviert werden. Damit sollte verschleiert werden, dass es sich nur um ein Luftgeschäft handelt, wie ein beteiligter Banker berichtet.

Aus diesem Grund lieh nicht die NordLB-Zentrale den Amerikanern Geld. Stattdessen wurde eine unauffällige Tochter eingeschaltet. Und zwar versorgte die rechtlich unabhängige Luxemburger NordLB-Tochter (in der Skizze NLL) den Trust der Amerikaner mit 331 Mio Dollar. Als zweite Bank wurde die LBBW (in der Skizze LBW) hinzugezogen. Diese lieh den Amerikanern weitere 37 Mio Dollar. Das Geld floss vom Trust direkt an die Wuppertaler Abfallentsorger. Offiziell deklariert als Leasinggebühr. Die Wuppertaler reichten die Millionen direkt an die NordLB-Zentrale in Hannover (in der Skizze NLG) weiter. Hier wurde das Geld in einem Depot angelegt.

Laut Vertrag zahlt die NordLB nun jedes Jahr aus diesem Depot die Leasingraten an den Trust zurück, der damit wiederum seine Kredite bei der NordLB-Tochter in Luxemburg und bei der LBBW bedient. Die Finanzströme selbst sichert die Kommune ab.

Ein Geschäft ohne Risiko also? Wohl kaum. Die US-Steuerbehörde IRS hat die Investoren in den Staaten ultimativ aufgefordert, ihre CBL-Verträge mit den Deutschen zu beenden. Sonst würden diese zwangsaufgehoben. Die IRS will das Steuerloch stopfen. Bereits 80 Prozent der US-Investoren haben nach Auskunft der IRS einen entsprechenden Vergleich unterschrieben.

Und das mit Folgen für die deutschen Landesbanken. Ähnlich wie in Wuppertal waren die Strukturen in nahezu allen Cross-Border-Verträgen. Neben der NordLB waren nach meinen Informationen in anderen Geschäften die LBBW und der WestLB federführend.

Die Banken schaufelten Milliarden Dollar von der rechten Tasche in die linke Tasche. Durch die Geldströme über die US-Trusts wurden die Bilanz so künstlich aufgebläht. Denn sowohl die Kredite an die Amerikaner als auch die Depots der Kommunen wurde in den Büchern der Landesbanken als Geschäfte mit fremden Dritten eingebucht. Allein im Fall von Wuppertal liegt die Luftbuchung der NordLB bei über 300 Mio Euro. Würden die Cross-Border-Geschäfte abgewickelt, müssten die Banken die eigenen Bilanzen bereinigen, Milliarden würden sich in Luft auflösen.

Aus diesem Grund scheint es, als würden Landesbanken wie die NordLB oder die LBBW auf deutscher Seite die Auflösung der Verträge blockieren. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, werden derzeit Kommunen gezwungen, selbst in die Rolle der US-Investoren zu schlüpfen. Sie müssen die Trusts in Übersee übernehmen und damit die Geldströme mit den Landesbanken aufrechterhalten.

Dabei verkünden die beteiligten Kommunalpolitiker weiter: Alles ohne Risiko.

Gerade die AGR tut sich bei diesen Behauptungen wieder hervor. Zur Erinnerung: Die AGR gehört unter dem Namen Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhrgebiet mbH zu 100 Prozent dem Regionalverband Ruhr. Zunächst verbreitete die AGR sie habe das Cross Border Leasing beendet. Dann wurde ergänzt – mit den amerikanischen Partnern. Das bedeutet: Die AGR unterhält nach wie vor das Cross-Border-Konstrukt mit den Banken. Und wie in Wuppertal sind bei der AGR auch die NordLB und die LBBW involviert.

Der Trust im Fall der AGR sitzt in Delaware in den USA. Zunächst hieß es, der Trust gehöre nun der AGR. Diese habe das Eigenkapital am Trust übernommen. Auf Nachfrage musste der RVR dieser Darstellung widersprechen. Nun heißt es von Seiten des RVR: „AGR hat im Rahmen dieser Restrukturierung der Verträge aber keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung erworben, sondern es handelt sich um eine Begünstigtenstellung, die zu 100 Prozent in der Hand der AGR ist.“ Mit anderen Worten: Der Trust gehört irgendwem. Wem – das verschweigen sowohl AGR, als auch RVR. Und die AGR hat sich an dieser geheimen Briefkastenfirma einen Beherrschungsvertrag gesichert. Das ist alles.

Es ist nach wie vor unklar, ob tatsächlich das Geschäft mit den Amerikanern beendet ist. Denn nun stecken die AGR und der RVR selbst bis zum Hals im Leasing fest. Sie sind an einen Steuersparfomds in den Staaten gekettet, von dem keiner sagen kann, ob der amerikanische Staat diesen liquidiert, ob die Steuerbehörden gegen den Trust Forderungen stellen oder ob der Trust illegal errichtet wurde. Das einzige was klar ist: die AGR und der RVR haften für alles. Auch gegenüber der LBBW und der NordLB. In den politischen Gremien des RVR sagen alle, es war ein toller Deal, den die Verantwortlichen um den RVR-Direktor Heinz-Dieter Klink da angerührt haben. Man habe noch mal Glück gehabt und sei mit einem blauen Auge aus dem Cross-Border herausgekommen. Ich glaube das nicht.

Wer von den politisch Verantwortlichen hat die Verträge gelesen? Wer hat sie verstanden? Wer hat sich einen Bären aufbinden lassen?

Wer von den Verantwortlichen weiß zum Beispiel, dass die Millionen aus dem Bargeldvorteil immer noch auf einem Konto bei der NordLB festliegen?

Wie dem auch sei: die NordLB bestreitet, dass es Probleme geben könnte: „Werden Verträge aufgelöst, ist damit für die NordLB weder eine Auszahlung verbunden noch besteht ein Abschreibungsbedarf“, sagte ein Sprecher. Die Bank bestreitet aber auch nicht, dass die Bilanzen gekürzt werden müssten. Allerdings sagte ein Sprecher, ohne konkrete Summen zu nennen: „Die Bilanzverluste wären sehr gering.“

Achtung Trittbrettfahrer

Aus dem Polizeibericht Hattingen – Am 15.03.2009, gegen 10.30 Uhr, teilt eine Anruferin mit, dass soeben eine männliche Person aus einem Pkw VW Golf heraus auf der Oberstüter Straße geschossen habe. Eine Fahndung wird eingeleitet.

Bereits kurze Zeit später wird der 80-jährige Fahrer mit seinem Fahrzeug in Höhe der Straße Sünsbruch angetroffen und gestoppt. Im Fahrzeuginneren werden zwei geladene Pistolen aufgefunden und sichergestellt. Im Besitz eines erforderlichen Waffenscheines ist der 80-jährige nicht. Bei einer Waffe handelt es sich um einen Vorderlader, der von dem Besitzer "entladen" wurde. Eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetzes wird gefertigt.

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Jetzt ans Sparen denken!

Der Staat macht Schulden im Rekordtempo mit dem Ziel, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Aber eines Tages muss das alles bezahlt werden. Von uns.

Foto: Wikipedia

So ganz weiß niemand ob die massiven Geldausgaben des Staates wirklich ihren Zweck erfüllen und die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Die Belege für die Erfolge dieser keynesianische Politik sind leider dünn gesät. Selbst die große Depression in den 30er Jahren endete eigentlich erst durch den zweiten Weltkrieg und nicht durch die massiven Staatsausgaben Roosvelts in den Jahren zuvor.

Aber so genau will das im Moment ja niemand wissen. Die Politik ist auf jeden Fall froh, dass man ihr nach langen Jahren wieder einmal wirtschaftliche Kompetenz unterstellt – die vor allem im Ausgeben unseres Geldes besteht. Vergessen wir bitte nicht: All die, auf die sich nun die Hoffnungen fokussieren, die Politiker, sind die Selben, die Landesbanken ebenso in die Pleiten haben laufen lassen wie ihre Städte und Länder: Kompetenz sieht anders aus. OK, zur Rettung der Banken gibt es wohl leider keine Alternative, aber  ich persönlich hätte es lieber gesehen, wenn statt Konjunkturpakete die Steuern gesenkt worden wären. Aber die werden wohl nach Ende der Krise erhöht – oder aber der Staat setzt auf eine Inflation, denn irgendwie muss ja alles, was im Moment ausgegeben und über Schulden finanziert wird, eines Tages ja auch zurückbezahlt werden.
Beides wird für uns sehr unangenehm und deswegen ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, um über künftige Sparmaßnahmen nachzudenken – auch im Sinne von Keynes, denn zu dessen jetzt wieder viel gelobten Theorie gehört ja auch das sparen in den guten Zeiten – und die werden wieder kommen.

Also wo soll gespart werden? Wo kann der Staat Kohle holen, ohne uns in die Tasche zu greifen? Ich lege mal ein paar Ideen vor, weitere Vorschläge sind hoch willkommen.

Der Staat sollte sich sehr schnell von den verlustreichen Landesbanken trennen. Sie kosteten in den vergangenen Jahren viel Geld und waren auch in guten Zeiten hilfsbedürftig. Zum Teil sind ihre Probleme so groß, dass sie, siehe HSH-Nordbank, ganze Bundesländer in ihrer Existenz gefährden. Die haben andere Aufgaben als Banker zu spielen: Bildung zum Beispiel.

Subventionen: Ob Bergbau oder Bauern – Subventionen kosten viel und bringen wenig. Wenn gespart werden muss hat  man hier ein großes Potential und eine eher überschaubare Zahl an Betroffenen.

Wir benötigen keine Wohnungen in öffentlicher Hand. Steigen die Preise wieder, können die Städte endlich ihre Wohnungen verkaufen und damit ihre Schulden senken. Sollen die Wohnungsgesellschaften nicht privatisiert werden, können sie in Genossenschaften umgewandelt werden. Das bringt zwar etwas weniger Geld für den Verkäufer, wahrt aber den sozialen Frieden.

Öffentliche Unternehmen haben dem Zweck der Daseinfürsorge zu dienen – Abenteuer auf der Weltbühne kann man privaten Investoren überlassen, siehe AGR: Entsprechende Unternehmensteile verkaufen. Und überhaupt: In welchen bereichen Brauchen wir überhaupt öffentliche Unternehmen?

Bundesländer haben wir viele. Ein paar weniger wären auch schön. Dass das Saarland, Bremen, Berlin und Hamburg eigene Staaten sind ist ein recht teurer Unfug.

Und dann meine Lieblingsthemen für das Ruhrgebiet: Ein Nahverkehrsunternehmen wäre nicht nur billiger, sondern auch besser – und mit dem Zusammenlegen von Verwaltungen im Revier kann man eine Menge Geld sparen.

So, dass waren nur ein paar Ideen – es gibt sicher hunderte weitere schöne Vorschläge wo der Staat sparen kann. Und immer daran denken: Was er nicht spart holt er sich von uns…

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Werbung: Ruhr hoch n im Kabarett…Pottblog

Tot: Die merkwürdige Mutter der Kompanie…Der Westen

Lesung: Kueperpunk auf der Dortcom…Kueperpunk

Glaube: Ehrliicher Priester…Hometown Glory

Islam: Anti-Rassismuswoche unter merkwürdigem Vorzeichen…taz

Immobilien: Mieter wollen nicht kaufen…Der Westen

Opel: Guttenberg in den USA…Spiegel

Opel II: Der Mythos der Eigenständigkeit…FAZ

Bier: Historische Werbung in Herne…Ruhr Nachrichten

Götz Werner: „Die Feuchtgebiete haben sich besser verkauft…“

Götz Werner hat die Drogeriemarktkette dm gegründet. Er zählt zu den reichsten Deutschen. Mit den Ruhrbaronen sprach der Anthroposoph über Geld, seinen Bestseller über das unbedingte Grundeinkommen und über …… Feuchtgebiete

Götz Werner. Foto: Urachhaus

Ruhrbarone ?: Herr Werner, glaubt man den Statistiken, steigt in Deutschland die Zahl der Armen.
Götz W. Werner: In einer Gesellschaft, die noch nie zuvor so reich war wie heute, ist ein in Armut lebender Mensch ein Skandal. Und es ist auch skandalös, wenn wir heute statistisch abstrakt über Kinderarmut oder über Altersarmut reden. Was heißt denn Kinderarmut? Kinderarmut heißt doch, dass wir an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen. Und Altersarmut, gerne von den Politikern damit begründet, dass man die gegenwärtige Generation nicht so belasten darf und deswegen die Renten nicht anpasst, ist nichts anderes als grober Undank. Unser heutiger Wohlstand ist auf dem begründet, was die vorangegangene Generationen, die Lebenden und auch die nicht mehr Lebenden, geschaffen haben.

?: Eine Frage ist ja auch, was Armut überhaupt ist. Armut ist in Deutschland ja eine statistische Größe. Wer weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat, gilt als arm.
Werner: Für mich ein Mensch arm, der nur mit Almosen sein Leben bewältigen kann.

?: Haben wir dann denn überhaupt Armut in Deutschland? Unsere sozialen Sicherungssysteme wie Sozialhilfe oder ALG II sind ja geschaffen worden, um Armut zu verhindern und eine Grenze zu ziehen, unter die niemand fallen darf.

Werner: Theoretisch ist das so, aber machen Sie doch mal ein Hartz-IV-Praktikum. Das würde die Sache vielleicht deutlicher machen.

?: Als Student habe ich genau von solchen Summen gelebt.
Werner: Als Lehrling habe ich von weniger gelebt, aber das waren andere Zeiten. Wenn heute eine alleinerziehende Mutter auf Hartz-IV angewiesen ist, kann sie ihrem Kind nicht ermöglichen, an einer Klassenfahrt teilzunehmen. Sie ist oftmals nicht in der Lage, den Kühlschrank reparieren zu lassen oder sich eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr zu leisten. Wie wollen Sie sich heute in der Großstadt bewegen, ohne dass Sie den öffentlichen Nahverkehr in Anspruch nehmen? Das ist persönliche Armut – und parallel dazu haben wir eine öffentliche Armut. Wieso leisten wir uns eine schadhafte Infrastruktur?

?: Weil die öffentliche Hand kein Geld hat, die Infrastruktur in Ordnung zu halten?
Werner: Das ist ein Denkproblem. Wenn eine Stadt sagt, sie habe kein Geld, um die Kanalisation zu reparieren, dann liegt das doch nicht daran, dass wir kein Geld haben. Sondern es liegt daran, dass wir das Geld als die Realität sehen und nicht die Tatsache, dass es genügend Handwerksbetriebe gibt, die in der Lage sind, die Kanalisation zu reparieren. Alles, was produziert werden kann, ist auch bezahlbar. Unser Reichtum ist doch die noch nie da gewesene Fähigkeit, Güter und Dienstleistungen in Hülle und Fülle herzustellen – Überfluss, wo Sie hinsehen. Die Frage ist, ob uns es gelingt, uns als Öffentlichkeit wie auch als einzelne Individuen den Zugang dazu zu verschaffen.

?: Sie müssen nur bezahlt werden.
Werner: Nein, sie müssen nicht bezahlt werden, sie müssen produziert werden. Und wenn sie produziert werden, dann sind sie auch bezahlbar. Wir meinen immer, der Engpass sei das Geld. Aber ohne die Produktion wäre das Geld ja gar nicht da.

?: Produziert wird im Idealfall nur das, wofür man einen Abnehmer findet.

Werner: Der Wert entsteht doch erst durch die Produktion, dadurch, dass ein Gut, eine Dienstleistung hervorgebracht wird, entsteht überhaupt erst das Geld. Und die Verirrung ist, dass wir glauben, das Geld wäre der Engpass. Wenn wir einerseits Straßenbau-Unternehmen haben, die mit ihren Menschen und MethodenStraßen instand setzen können, und trotz mangelhafter Infrastruktur diese Straßenbau-Unternehmen Pleite gehen, weil sie keine Aufträge haben, dann merkt man doch, dass da etwas nicht stimmt. Unser Problem ist, dass wir die Welt durch einen Geldschleier sehen.

?: Mit Ihrer Idee vom Grundeinkommen haben Sie für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Ihr Buch Grundeinkommen für alle war ein Besteller.
Werner: Na ja, es ging. Die Feuchtgebiete von Charlotte Roche haben sich deutlich besser verkauft.

?: Immerhin ist es Ihnen gelungen, eine Idee öffentlichkeitswirksam zu positionieren und eine Debatte zu entfachen.
Werner: Ja, eine Debatte, aber eine Entscheidung in dieser Richtung gibt es noch nicht.

?: Erfüllt Hartz-IV nicht die Funktion eines Grundeinkommens?
Werner: Nein, nicht nur wegen der Höhe, sondern weil all die Leistungen, die wir heute geben, mit Ausnahme des Kindergeldes nicht bedingungslos sind. Wir erkennen nicht das Individuum an, die Tatsache, dass jemand in unserer Gesellschaft lebt, erfordert, dass ihm die Gesellschaft die Lebensgrundlage ermöglicht. Das ist aber der Grundlage für jede persönliche Freiheit. Im Römischen Reich konnten Sie einem Sklaven nur dann die Freiheit geben, wenn Sie ihm gleichzeitig auch ein Stück Land gaben. Weil die Menschen wussten, das Stück Land versetzt ihn in die Lage, sich selbst zu versorgen. Das Grundeinkommen ist das moderne Gegenstück zu dem Stück Land im Römischen Reich: Jeder hat ein Anrecht darauf. Die Tatsache, dass jemand lebt, sollte dazu führen, dass die Gemeinschaft anerkennt, weil dieser Mensch lebt, geben wir ihm die Teilhabe, damit er dann tätig werden kann. Denn wir werden nicht für unsere Arbeit bezahlt, sondern Geld ermöglicht uns erst, tätig zu werden. Wenn jemand das einmal verstanden hat, ändert sich sein Leben.

Es kokelt im Ruhrpott

Foto: Flickr.com / m.p.3.

Vor zwei Tagen habe ich mit ein paar Leuten bei Opel gesprochen. Es war komisch. Ich konnte fast die unterdrückte Wut spüren, oder war es nur zornige Hoffnungslosigkeit? Irgendein ein seltsames Gefühl. Keine Ahnung, schwer zu sagen.

Noch versuchen Gewerkschaften und Betriebsräte Ruhe zu verbreiten. Solange man in Verhandlungen stecke, seien Proteste nicht nützlich, heißt es zum Beispiel bei Opel in einem Flugblatt. Und auch bei ThyssenKrupp werden die Stahlarbeiter nach einem kurzen öffentlichen Protest wieder an die Hochöfen und Walzbänder geschickt.

Doch unter der Oberfläche kokelt es. Und jederzeit kann der Protest aufflammen. In Bochum sammeln Metaller in der Belegschaft von Opel Unterschriften. Sie sind nicht damit einverstanden, dass ihr Lohn gekürzt werden soll oder die versprochenen Tariferhöhungen ausfallen. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt einer der Vertrauensleute. Zur Not sei man bereit, zu streiken und zu demonstrieren.

Die Arbeiterführer im Pott spüren die Unzufriedenheit. Bei ThyssenKrupp beriefen sie eine „öffentliche Betriebsversammlung ein.“ Wenn es nicht gelingt, schnell rund 1,5 Mrd Euro aufzutreiben, dann droht der Konzern sein Ranking bei Banken zu verlieren. Das bedeutet: teure Kredite, mehr Zinsen und weniger Bargeld. Das Ende ist dann nicht mehr weit. Konzernteile sollen verschleudert werden. Ein Sarg wurde vor das Podium gestellt. Es gab Pfiffe für den Konzernchef. Danach gingen die Männer wieder ans Band. Auch der Betriebsratschef im Bochumer Opelwerk, Rainer Einenkel, sorgt mit markigen Sprüchen dafür, dass Druck abgelassen werden kann. Die Bundesregierung müsse schnell über das mögliche Rettungspaket für den angeschlagenen Opel-Konzern verhandeln. "Andernfalls werden wir kreative Lösungen finden, die Arbeitsplätze zu retten", sagte Einenkel. Denkbar seien Resolutionen, Demonstrationen oder "Informationsveranstaltungen", wie ein "wilder Streik" auch genannt wird.

Bernd Kruse unterstützt diesen Kurs. Er ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender beim Essener Stahlriesen ThyssenKrupp. Das ganze „Wischiwaschi" bisher sei "ärgerlich". Wenn Opel die Luft ausgehe, „werden wir uns dazu aufstellen", sagte Kruse. Denn dann seien auch Jobs in der Zulieferindustrie gefährdet. Und dazu gehöre eben auch ThyssenKrupp.

Es kokelt also. Und wie lange die Ventile noch halten, ist unklar. Die Belegschaften fangen an, sich auszutauschen. Sie nutzen die Kanäle der Gewerkschaften. Zum Beispiel organisiert die IG Metall Treffen von Betriebsräten aus allen bedrohten Unternehmen, wie ich erfahren habe. Es wird auch über einen Flächenbrand diskutiert. Was passiert, wenn die Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird. Was passiert, wenn die Fabriken geschlossen werden, wenn die Belegschaften nicht mehr ruhig gehalten werden können?

Allein am ThyssenKrupp-Standort Duisburg-Hamborn sind 14 000 Menschen beschäftigt, bei Opel Bochum rund 5000. Beide Belegschaften sind erfahren im Arbeiterkampf. In den 80ziger Jahren kämpften die Stahlarbeiter über Monate gegen die Schließungen ihrer Werke in Duisburg-Rheinhausen. Im Jahr 2004 retteten die Opelaner mit einem "wilden Streik" ihr Werk in Bochum. Dazu kommen die Arbeiter in den anderen Metallbetrieben. Die auf Lohn verzichten sollen, die in Kurzarbeit sind oder kurz vor der Entlassung.

Doch im Augenblick ist noch nichts von Arbeitskampf zu sehen. Die ganzen Flächenbrand-Szenarien werden unter Verschluss gehalten. Stattdessen wird über Lösungen gesprochen. „Wir protestieren nicht gegen die jeweiligen Geschäftführungen und die Bundesregierung“, sagt Wolfgang Nettelstroth von der IG Metall in NRW. „Solange diese helfen, die Betriebe zu retten, wird es keine abgesprochene Protestwelle geben.“ Die Betriebsräte der großen Ruhr-Konzerne haben sich eine Sprechpause verordnet, bis klar ist, was passiert.

Ein Kollege von mir meint, solange keine ungeheure Provokation kommt – entweder aus den Staaten oder aus der Bundesregierung – wird gar nichts passieren. Die Arbeiter werden auf ihre Löhne verzichten, weil sie Angst haben vor der Arbeitslosigkeit in der Krise. Sie werden auf Urlaub verzichten, auf Zuschläge auf alles. Egal ob bei Opel, ThyssenKrupp oder sonstwo. Zur Not werden sie still in die Arbeitslosigkeit verschwinden.

Man versucht also konstruktiv zu sein. Statt über Streiks wird jetzt über eine Verlängerung der Kurzarbeit gesprochen oder über die Einführung der 4-Tage Woche ohne Lohnausgleich.

IG-Metall-Mann Nettelstroth sagt: „Wir führen in den Betrieben Gespräche, um die Möglichkeiten zu erkunden, die Betriebe zu retten.“ So gibt sich auch der Chef der IG Metall Oliver Burkhard kompromissbereit: Er bietet einen Verzicht auf die im Herbst erstrittene Lohnerhöhung von 2,1 Prozent an, wenn dafür die Arbeitgeber befristet auf Entlassungen verzichten.

Und noch etwas kommt im Sprachgebrauch der IG Metall im Ruhrgebiet vor: Nettelstroth und Kollegen fordern Qualifizierungsmaßnahmen für die Menschen, die ihren Job verlieren. „Wir denken an den Facharbeitermangel. Wir müssen die Krise auch als Chance nutzen.“ Denn irgendwann wird es wieder nach oben gehen und dann braucht man gute Leute.

Tatsächlich ist nicht alles schwarz im Ruhrgebiet. Selbst wenn Opel untergeht. Selbst wenn ThyssenKrupp in die Falle rutscht. Selbst wenn die Metaller untergehen. Überall finden sich Ansätze für neues.

Es wird weitergehen – weil es weitergehen muss. Keine Alternative.

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Ruhrpilot

Das Naivgationssystem für das Ruhrgebiet

Bundestagswahl: Lammert Spitzendlandidat der Ruhr-CDU…Handelsblatt

NRW-SPD: Politische Hilfe für Opel…Der Westen

Amok: Hitler würde Half-Life Spiele…Coffee & TV

Studi VZ: Lob vn Casi…2.0

Gelsenkirchen: Stadtmarketing tut sie begeistern…Gelsenkirchen Blog

Verzweifelung: Laurenz Meyer will Wiefelspütz schlagen…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Theater und Oper unbeliebt…Ruhr Nachrichten

Amok II: Amoklauf an Hitlers Geburtstag…Der Westen

Zeitungen: Was geht, was kommt?…Ostroplog

Ruhr2010: Kultuwunder Ruhrgebiet?…WDR

Facebook: Ruhr Digital sucht Freunde…Ruhr Digital

Die neuen Abenteuer des Jamiri – jetzt auch auf großer Bühne

Man trifft den bekannten Zeichner unweit des gerade frisch ausgebrannten De Prins, dem schon fast sprichwörtlichen „zweiten Wohnzimmer“ von Jan-Michael Richter. Aktueller Anlass ist seine Arbeit für die Eröffnungsshow der offiziellen Partnerregion der Internationalen Tourismusbörse in Berlin – dem Ruhrgebiet, Ruhr.2010, tourismusmetropoleruhr, wie auch immer. Ein Gespräch mit Jamiri über Arbeitsethos, wie man wurde was man ist und so einiges mehr.

Ruhrbarone ?: Du hast für die ITB Eröffnungsshow nicht unwesentlich zum Bühnenbild beigetragen. Ist das Dein erster Ausflug hinaus aus der Welt der Comic-Strips und -Bücher?

Jamiri !: Begonnen habe ich ja als Kommunikationsdesign-Student in Essen, habe ein paar Auftragsjobs gemacht und wusste gar nicht, wo es hingeht. Irgendwann traf ich dann in der Caféteria ein paar Leute aus dem Industrial-Bereich, die da gerade das Magazin „bospect“ aus der Taufe gezogen haben. Und als einziger KDler am Tisch wurde ich dann gefragt, als Comic-Zeichner zu fungieren. Zu einer Ausgabe wurde ich dann überredet, eine vierseitige Geschichte zu „Ausgehen in Bochum“ zu machen. Ich hatte eigentlich gar keine Lust, aber das hat so gekracht, dass die Ausgabe neu aufgelegt werden musste. Danach hatte ich dann immer eine ganze Seite, bis der Marabo mich abgeworben hat. Nach einem halben Jahr da kam dann Unicum schon an, und ich habe dann auch für die gezeichnet.

?: Wann reicht dann eigentlich das Einkommen durch Zeichnen? 

!: So ab 1993 etwa. Dazu habe ich aber parallel lange immer noch Theke gemacht. Und dabei hatten meine Arbeit einige bei Unicum zunächst nicht verstanden und es gab die Idee, ich möge doch lieber lustige Ideen der Redaktion in Zeichnungen umsetzen. Aber da kamen dann auch gerade Waschkörbe voller Post wegen meinen Seiten, und ich hatte recht bald „carte blanche“ und konnte doch machen, was ich wollte. Neben Marabo und Unicum kam dann Online Today dazu, die gibt es jetzt nicht mehr. Und dann schließlich auch Bücher. Dann hat es spätestens gereicht, wobei es nie einen Masterplan gab. Ich habe immer gezeichnet, was ich so erlebt habe und das dann veröffentlicht.

?: Und da kam dann nie jemand und fragte mal wegen Filmen oder Musikvideos oder so etwas?

!: Nein. Ich habe dann wohl Ausstellungen gemacht, u.a. auch für die Caricatura, und dann kam eben noch spiegel-online dazu. Und da habe ich dann gedacht, ich muss mich nur neben das Telefon setzen und auf Anfragen warten. Dem ist aber nicht so gewesen, und über die Jahre habe ich über Flurfunk und Co. auch herausgefunden warum: Die Leute denken, ich sei „Eigentum“ von spiegel-online. Ich bin da so zugeordnet dass man meint ich wäre so aus allem raus mit Maserati vor der Tür und ganz dem Spiegel zugehörig, so dass eben keiner fragt. 2007 war dann schon eher knapp, 2008 dafür super. Aber so ist das halt als Freiberufler.
Ab und zu bin ich wohl gebucht worden, um Illustrationen für Film und Fernsehen zu machen, aber das ist dann nicht so populär. Letztens eine 3SAT-Produktion („Wenn es Nacht wird“) als Interviewpartner, Illustrator und Titeldesigner. Das sehen dann vielleicht 250.000 Menschen, und bei spiegel-online hast Du pro Comic oft eine Million. Und so kam das denn, dass Regisseur Gil Mehmert, der auch ein Interview in der Galore mit mir gelesen hatte, mich für diese ITB-Sache (Foto: Nora Erdmann) engagiert hat.

?: Also musstest Du – obwohl Du hier wohnst – quasi erst raus aus dem Ruhrgebiet, um es dann mit-repräsentieren zu können?

!: Ich bin ja schon der Comiczeichner vom Dienst hier – es gibt ja sonst kaum welche – und daher wohl zuständig. Und ich war da auch erst besorgt, dass ich da wohl nur sozusagen die Verkaufslackierung machen kann. Aber so ist das ja nicht, man hat mir schon weitestgehend freie Hand gelassen. Natürlich habe ich Motive vorgegeben bekommen, der dramaturgischen Abfolge wegen. Andererseits: Allein das Wetter auf den Bildern ist eher permanent Nieselregen, aber selbst darauf hat mich niemand angesprochen. Ich konnte mir da quasi ein wenig Mit-Autorenschaft verleihen. Es war wohl das erste Projekt, bei dem mein Name mit darauf steht, und das – hierarchisch besehen jetzt– im Dienst einer „höheren Sache“ quasi. Das heißt dass Zeichnungen letztlich gar nicht gebraucht wurden oder nachträglich am Mischpult verändert worden sind. Das habe ich dann eher über mich ergehen lassen. Hätte ich ein anderes Ego, hätte ich da mehr gemuckt. So finde ich meine Arbeit in Teilen vielleicht unterrepräsentiert, aber die steht halt im Dienst der Inszenierung der Bühnenshow.
Und von den Abläufen her alleine habe ich sehr viel gelernt. Es gab drei recht weit auseinander stehende Projektionsflächen plus acht Plasmadisplays. Ein Gesamtmotiv wäre halt zerrissen worden, und ich wollte auch keine Wiederholung des gleichen Motivs auf allen Flächen, also habe ich Ausschnitte projizieren lassen. Und das ist dann letztlich zum Großteil beherzigt worden, manchmal aber auch nicht, weil zuviel Hintergrund öfters auch irritiert. Ich habe halt noch nicht wie ein Bühnenbildner gedacht. Und das geht für so eine einmalige Show im Rahmen einer Messe ja auch alles viel schneller als für eine oft aufgeführte Theaterproduktion, die eine viel längere Produktionszeit hat.

?: Wie ist denn das Klima zwischen Künstlern, Auftraggeber und Repräsentanten bei so einer Angelegenheit ganz allgemein?

!: Ich habe eine Hausnummer gesagt, der wurde zugestimmt, dann wurde der Betrag plötzlich geviertelt und ich habe erstmal abgesagt und mich geistig-seelisch von dem Projekt verabschiedet. Dann hat mich aber Gil Mehmert angerufen und gesagt, dass er genau mich haben will, und wir haben uns doch noch finanziell geeinigt.
Erfahrungsgemäß sind die Künstler am untersten Ende der Nahrungskette. „Das ist doch auch Werbung für Sie“ muss ich mir immer anhören. Wenn ich danach gehen würde, hätte ich bis heute keinen Cent verdient. Und eines der Probleme von Ruhr.2010 ist natürlich, dass alles auf Weltniveau passieren soll, aber die meisten guten Leute alle abgewandert sind in die klassischen Medienstädte. Aber mein persönliches Netzwerk alleine mit Leuten auf Weltniveau zum Beispiel: Die sind alle hier, nur ruft die keiner an.

?: Zurück zur Kunst: Es ist ja 2008 ein „Best Of“ von Dir erscheinen. Wie wählt man das aus?

!: Mit Herzblut. Und da hat mir der Verlag auch freie Hand gelassen, bis hin zum Format. Wobei Comics in Deutschland im franko-belgischen Verständnis schon lange ein schwieriges Thema sind. Und dafür geht es mir gut, in Japan wäre ich halt Popstar (Zeichnung: Jamiri). Aber was meinen Bekanntheitsgrad betrifft, kann ich mich hierzulande auch nicht beschweren: Bei der Aufführung in Berlin saß hinter mir ein älteres Ehepaar in den 60ern und blätterte so im Programmheft. Und sie fragte: „Jamiri? Wer ist das denn?“ Und er sagte: „Der macht so Karikaturen im Spiegel.“ Dann wurde er leiser, deutete auf mich und sagte: „Da, der könnte das sein.“

Das nächste Buch von Jamiri erscheint im Sommer 2009.