Entschleunigung in Amerika. Ein gutes Buch

Foto: Robert Jacobi im Monument Valley

Ich habe vor ein paar Tagen ein Buch gelesen. Amerika der Länge nach von Robert Jacobi. Das Buch ist gut, verdammt gut.

Ich kenne Robert ein paar Jahre lang. Wir waren zusammen in Amerika. In New York, in diesem September 2001, als die Jets in das World Trade Center krachten. Robert hat für die Süddeutsche geschrieben, ich für die taz.

Seine Serie über die Terror-Anschläge damals hat Robert mit einer Geschichte angefangen, die besonders war. Und zwar war Robert gerade in Chicago als die Türme fielen. Er musste dann schnell nach Manhattan – seine Redaktion hat ihn losgeschickt. Aber nichts ging. Alle Flüge in den Staaten waren gecancelt, vielleicht erinnert sich noch einer dran. Robert nahm sich einen Wagen und fuhr los. Durch die Prärie, die Appalachen immer weiter noch Osten zur Küste.

Robert schrieb über die Fahrt eine ausgezeichnete Story. Seine Reportage spiegelte die hastige Veränderung der Welt durch zwei Verbrechen in der Reise eines Autofahrers. Cool. Und außergewöhnlich in einer Zeit in der die meisten Blätter nur den anstehenden Krieg herbeikreischten.

Robert hat mit dieser Autogeschichte ein Thema gefunden. Reisen und denken.

Dieses Thema hat Robert in seinem Buch Amerika der Länge nach wieder aufgegriffen. Und verfeinert.

Das Buch ist eine Entschleunigung. Mich hat es rausgerissen aus der täglichen Hast. Es hat mir Ruhe gegeben in der Betrachtung einfacher Sachen und der Konzentration auf Details. Was ist wirklich wichtig?

Robert gibt keine Antworten. Er beschreibt einfach, wie er seine Karriere für ein Jahr unterbricht und abhaut, die Panamericana von Alaska runter nach Feuerland. Wie er sich ein Auto kauft, wie er sich mit einer Reisebegeleitung streitet oder sich irgendwie spontan verliebt in Mexiko oder so.

Die Geschichte kommt an zwei Bücher ran, die ich früher mal gelesen habe. Einmal an Walden von Henry David Thoreau. Das ist der Typ, der sich in Concord, in Massachusetts, eine Hütte in den Wald geknallt hat, um dort ein gutes Jahr lang über die Notwendigkeit der Ökonomie der Nägel zu philosophieren – unter anderem. Es ging um die Befreiung durch Beschränkung und so.

Thoreau ist ein Klassiker. Sowas wie Diogenes in der Tonne. Irres Buch. Später hat sich der Walden-Autor über Steuerzahlungen aufgeregt – er sollte für sein Jahr in der Waldhütte ein paar Dollar zahlen. Thoreau sah das nicht ein und ging in den Knast. Dort schrieb er seinen zweiten Klassiker: Von der Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat.

Das Buch sollten alle Bakunin-Terror-Anarchisten lesen. Es schließt den friedlichen Widerstand gegen Unterdrückung auf. Nichts ist’s mit Bomben für die Freiheit.

Wie dem auch sei, jedenfalls nimmt Robert in seinem Buch den Leser mit auf eine Reise in eine moderne Form von Walden. Auf Trekking-Touren und in eine Auto-Wohnung. Auch hier beschränkt er sich auf das wesentliche.

Dann aber finde ich, Amerika der Länge nach gleicht auch irgendwie dem Buch Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten von Robert M. Pirsig aus dem Jahr 1974. Damals ging es um eine Bike-Tour quer durch die Staaten und die Frage nach den ewigen Werten. Wie Thoreau konzentrierte sich Pirsig auf die Details im Leben, um darin das große Ganze zu verstehen. Hier eine Waldhütte, da ein Moped.

Diese Wertschätzung des Kleinen kann den Blick auf das Wesentliche öffnen.

Nicht der Job ist das entscheidende, nicht die Karriere, nicht der Streit, nicht die Hektik, nicht der Staat. Es geht um Familie, um Seele und so Sachen.

Man muss die Muße finden, sich dieser Dinge bewusst zu werden. Dazu muss man sich entschleunigen. Dazu muss man bremsen. Man muss Zeit finden nachzudenken.

Und dabei helfen diese Bücher, genauso wie Roberts Buch über die Reise Amerika der Länge nach runter.

Dabei ist Roberts Buch gleichzeitig unmodern und modern.

Unmodern, weil es um eine Reise geht.

Reisereportagen werden tausendfach geschrieben – überall. Oder mit Dia-Vorträgen in VHS-Kursen erzählt- was noch schlimmer ist. Eigentlich darf man nichts Neues erwarten. Allein die Fahrt über die Straße der Amerikas von Alaska bis Feuerland wurde gefühlt zweiduzendfach beschrieben und verfilmt.

Doch Robert druckt nicht alte Stanzen ab. Er schafft was neues und modernes.

Wahrscheinlich liegt es daran, dass er gut schreiben kann.

Aber da ist noch etwas anderes wichtig. Robert wird persönlich, wird vertraut, schreckt nicht vor peinlichen Szenen zurück, bringt sich ein, auch wenn es weh tut. Er stellt das Leben dar.

Damit betreibt er so eine Art modernen Gonzo-Krams. Er zieht sich nicht raus aus dem Geschehen, sondern stellt das Erleben in den Mittelpunkt.

Das gefällt mir ausgesprochen gut.

 

Warum? Ich denke, Robert gibt damit ein spannendes Vorbild ab im modernen Journalismus. Gonzo wird wieder modern – man nennt es heute wohl den neuen Blog-Stil. Ich weiß nicht. Ich entdecke jeden Tag Gonzo-Reportagen im Netz. Es ist als könne man die Wieder-Erstehung einer fast vergessenen journalistischen Form erleben.

So wie Gonzo aus dem New Journalism hervorgegangen ist, so entsteht heute aus der Gonzo-Nummer eine neue Web-Form.

Je mehr die Nachricht selbst an Wert verliert, umso wichtiger wird es, den Menschen in der Geschichte zu erleben. Die persönliche Ebene zu spüren, und dabei wahrhaftig zu bleiben. 

Das ist gut. Aus dieser neuen alten Form des Schreibens erwächst wieder gute Literatur.

Roberts Buch erscheint bald in zweiter Auflage.

Hier ein Link zum Autor und so. Wo man das Buch bestellen kann.

Brauser: Kein Grund für Liebesparadenkummer

Erst sagte Bochum ab – dann warnte die Duisburger Polizei vor der Loveparade 2010.

Bevor noch weitere Berufs-Bedenkenträger das Wort ergreifen, versucht Hanns-Ludwig Brauser von der Ruhrgebiets-Wirtschaftsförderung die Wogen zu glätten: "In Abstimmung mit Essen, Dortmund, Bochum, Duisburg und Gelsenkirchen informieren wir über den aktuellen Sachstand der Beratungen zur Loveparade 2010 / 2011: Die Spekulationen der letzten Tage über mögliche Austragungsorte entbehren jeder Grundlage. Für 2010 ist als Austragungsort Duisburg vorgesehen, für 2011 Gelsenkirchen. Dies entspricht der Verabredung der Region mit dem Veranstalter der Loveparade in 2007. Im März 2009 beginnen die Gespräche mit den genannten Kommunen und dem Veranstalter zur Vorbereitung der Loveparade 2010." Gelsenkirchen und Duisburg wollen wohl, wie man hört, die Loveparade durchziehen und sich nicht, wie Bochum, mit einer Absage bundesweit blamieren.

3 für 7 – 3 Kulturtipps für die nächsten 7 Tage

Es nutzt nichts darum herum zu reden: Das Wetter ist mies, und im Veranstaltungsbereich muss schon in gewisse Nischen geschaut werden, um Mitte Februar Erbauliches zu finden – das gute Theaterprogramm wurde ja bereits in der letzten Woche hier dargestellt. Und nun der positive Aspekt: Bei den kleineren und/oder persönlicheren Veranstaltungen fühlt man sich zwar nie so medial wichtig wie bei spektakulären Großevents, dafür ist es aber oft leichter, einen persönlichen Bezug zu den Künstlern und Werken herzustellen. Drei Frauen: Clare Strand, Fantani Touré, Pia Bohr.

Interessante Fotoausstellungen für ein breiteres Publikum – das ist sicherlich eine Kunst für sich. Und wurden in dieser Reihe bereits jene von z.B. Jim Rakete und David Lynch vorgestellt, so ist es diesmal das Konzept das im Mittelpunkt steht. Denn Clare Strand fotografiert die gehängten Werke im Museum Folkwang gar nicht mal alle selbst, sie benutzt auch gefundene Fotos. Im Zusammenspiel entstehen so thematisch dichte Reihen, einmal Bezug nehmend auf "Household Words" von Charles Dickens, ein anderes Mal wird die Perspektive eines Eugene Ionesco eingenommen, um sich dem Thema "New Towns" derart zu widmen, dass eine für die Betrachter nachvollziehbare Kriminalgeschichte entsteht – immer begleitet von kurzen Texten und paranormale Phänomene nie ausgeschlossen. Ein weiterer guter Ansatz im neuen Folkwang-Kanon. Da wird doch der Fuchs… (siehe Foto von Clare Strand).

Und auch das Theater an der Ruhr wagt etwas mit der Reihe "Klanglandschaft Mali" und hat die hierzulande gar nicht mal so bekannte, aber wunderbare Sängerin Fantani Touré eingeladen. Natürlich eine besondere Empfehlung für Anhänger des sogenannten Afrobeat, inklusive feiner Percussion, smarter Rhythmik und Harmoniegesängen. Die Tochter eines malinesischen Stammeskönigs setzt sich daheim für Frauenrechte ein und besucht anlässlich dieses Konzerte zum ersten Mal überhaupt Deutschland.

Beschäftigungen von Menschen, die ansonsten anderweitig im Rampenlicht stehen? Nur ein kurzer Weg zu Pia Bohr, selbst Sangeskünstlerin sowohl solo als auch wieder mit Philip Boa. Sie erarbeitet beständig Holzskulpturen, die meist Frauenkörper, aber auch Fabelwesen zeigen. Ihr Material ist ein spezielles Olivenholz, manchmal aber auch Birne, Ulme, Goldregen oder Mantelholz. Formen und Maserungen ergeben einander, alles bleibt rund und fließend. Schöne, anmutige Arbeiten, denen man den pfleglichen Umgang mit den Hölzern anmerkt. Und das auch noch auf der Essener Margarethenhöhe!

Im Überblick:
"Clare Strand – Fotografien und Video" bereits seit dem 7. Februar im Essener Museum Folkwang.
Fantani Touré samt Quartett am Freitag, den 13. Februar, ab 20 Uhr im Mülheimer Theater an der Ruhr.
Die Vernissage zu "Kraft und Anmut" von Pia Bohr am Sonntag, den 15. Februar, um 16.30 Uhr in Mintrops Stadt Hotel Margarethenhöhe.

Schräge Bilder aus Dortmund

Ich bin Comic-Fan und froh, wenn sich was im Netz mit Comics tut. Aus diesem Grund muss ich hier den Netz-Comic Union der Helden lobend erwähnen. Die Machhart der Bilder ist ein zwar ziemlich konventionell und erinnert oft an einen Foto-Love-Roman in der Bravo. Dafür zieht die Geschichte irgendwie rein. Das Ding hat was. Ich hab’s mir angeschaut und freue mich auf neue Folgen.

Also Comic-Fans, klicken und selber schauen. Im Ruhrgebiet tut sich was.

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Öko-Gas-Krise. Biobranche bedroht

Foto: Nawaro-Anlage Penkun

Seltsame Dinge geschehen, wenn es um den Klimaschutz geht. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) wurde geändert. Und eigentlich sollte es Bergauf gehen mit den Öko-Energien, dachte sich zumindest Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Doch ausgerechnet in der Branche, die besonders ab gehen sollte, steht vor einer Krise. Gut 250 Biogas-Anlagen blicken in den Ruin. Über 50 sind extrem bedroht. Und Sigmar Gabriel verschränkt die Hände und will nicht helfen. Stattdessen spielt sein Ministerium auf Zeit.

Allen voran die größten deutsche Biogasanlage in Mecklenburg-Vorpommern steht vor dem Aus. Wie mir der Vorstandschef der Betreiber-Gesellschaft Nawaro BioEnergie, Felix Hess, sagte, könne er seine Anlage im Ort Penkun nicht mehr wirtschaftlich betreiben. Der Grund dafür: ausschließlich die Verschärfung des EEG aus dem vergangenen Jahr. Dort wird in 40 Meilern aus Gülle und Bioabfall Gas zur direkten Verstromung gewonnen. Die Leistung der Anlage liegt bei rund 20 Megawatt. Der Grund für die Krise ist ein neuer Anlagenbegriff für Biogasmeiler im EEG. Während früher jeder einzelne Meiler als technische Einheit im Sinne des EEG gezählt wurde, werden heute alle Anlage als Einheit betrachtet, wenn sie räumlich zusammen liegen. Das neue EEG ist am 1. Januar in Kraft getreten. Nach Auskunft der Branchenverbandes Biogasunion sind über 250 Anlagen in Deutschland von der Gesetzänderung in ihrer Existenz bedroht.

Nawaro-Chef Hesse sagt, die neuen Regeln wären für den Betrieb in Penkun verheerend. Entsprechend der alten Regel hätten dort die 40 Biogas-Meiler als selbstständige Anlagen betrieben werden können. Lediglich die Infrastuktur, wie Zufahrten oder Trafostationen, seien gemeinsam genutzt worden. Die erzeugte Energie reicht aus, eine Kleinstadt mit Strom zu versorgen. Durch die neue Anlagen-Definition im EEG würden jetzt allerdings alle Penkun-Meiler als eine Anlage betrachtet, weil sie auf einer Fläche von knapp zwei Hektar zusammen liegen würden. Laut Hess würde die Einspeisevergütung aus diesem Grund von rund 22 Cent je Kilowattstunde Strom auf nur noch 11,15 Cent fallen. Ein Gutachten im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Neubrandenburg kommt zu dem Schluss, dass der Umsatz der Anlage in Penkun seit Januar um fast 50 Prozent eingebrochen sei. Über das Jahr könne deshalb nur noch mit einem Erlös von rund 19 Mio Euro gerechnet werden. Hess sagt, dies reiche nicht aus, die Anlage wirtschaftlich zu betreiben. Alleine der Preis für die Rohmaterialien, wie Gülle, liege höher als die Erlöse. „Das überlebe ich nicht.“ Der Nawaro-Chef sagt weiter: Im Vertrauen auf die alte Anlagen-Definition im EEG habe er zusammen mit 5000 Privatanlegern knapp 80 Mio Euro in Penkun investiert.

Nach Angaben der Biogasunion wäre die gesamte Branche in eine Krise gerutscht. „Durch die Gesetzesänderung ist das Vertrauen der Firmen erschüttert“, sagt Biogas-Chefin Manuela Beyer. Alle Betriebe hätten nun Angst, dass ihre Erträge zusammenschnurren. „Dann brechen auch die Finanzierungen bei den Banken weg. Das Aus droht.“

Direkt nach Verkündigung des neuen EEG im Bundesgesetzblatt vom November vergangenen Jahres hat Nawaro-Chef Hess beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Eilentscheidung eingereicht, mit dem der Bestandsschutz für Altanlagen hergestellt werden soll. Hess beklagt gegenüber dem Gericht den Bruch des Vertrauens und eine nachträgliche Veränderung der Bedingungen, unter der er seine Investitionen in Penkun getätigt hat. Es ist noch offen, wann das Verfassungsgericht den Antrag behandelt.

Unterdessen hat der Bundesrat auf Drängen der Länder, in denen Biogasbetreibern aktiv sind, einen Gesetzentwurf zur Änderung des EEG vorgelegt. Die Länderkammer will den Bestandschutz für Altanlagen wieder herstellen. Allerdings lehnt die Bundesregierung bislang ab, den Gesetzentwurf der Länder in das Parlamentarische Verfahren im Bundestag einzuführen. Die Weigerung begründet die Bundesregierung in einer Stellungnahme von Anfang Februar damit, dass zunächst die Entscheidung des Verfassungsgerichtes über den Nawaro-Antrag abgewartet werden müsse.

Nach Auskunft von Nawaro-Chef Hess kann die Verzögerungstaktik zum Aus für seine Firma führen. Sollte die Verschärfung des EEG nicht zurückgenommen werden, müsse er spätestens Ende Februar die Zahlungsfähigkeit für die Anlage in Penkun erklären. Lediglich eine Biogasanlage seiner Firma in Güstrow könne dann noch weiterexistieren. Dort werde Gas nicht verstromt, sondern direkt in das allgemeine Gasnetz eingespeist. Dies ermögliche höhere Förderungen nach dem EEG.

Bislang hat das Bundesumweltministerium die Änderung der Anlagendefinition im EEG damit begründet, dass lediglich der Begriff genauer erklärt worden sei – dass es also keine wirklich neuen Regelungen gebe. Zudem sei den Betreibern von Biogasanlagen zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidungen immer klar gewesen, dass es Änderungen im EEG geben könne. Auf meine Nachfrage teilte das Ministerium nun mit: „Das Bundesumweltministerium äußert sich nicht zu einem laufenden Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.“ Sieht nicht so toll aus.

Ruhrpilot

Nachrichten aus dem Ruhrgebiet und mehr

Loveparade: Gespräche im März…Ruhr Nachrichten

Do-Flughafen: Ärger um Flugzeiten…Claudia bloggt

Faschismus: Was können Journalisten tun?…Gelsenkirchen Blog

Calendering: Venteria am Ende…Hirnrinde

Kultur: Theater in Essen…Der Westen

Fuck: 27 Minuten mit den Sopranos…Denkfabrikblog

Energie: RWE plant neue Kraftwerke…Manager Magazin

Medien: In der Informationsflut…Muschelschubserin

Bottrop: SPD-Chef vermittelt offenbar Arbeitslose. Pikant: Er ist Chef des
Personalamtes…Botblog

Start09: Call for Papers…Prospero

Schöne Hasen: Spacestuff in der…Hasenfarm

Steinmeier: SPD schifft ab…Carta

Smartphone: Deutsche verfallen dem Google Handy…Handelsblatt

Online: Social Networks und Datenschutz…zweipunktnull

Kampfhunde: Auf dem Marler Friedhof…Marl-Blog

Rumms: Holtzbrinck schlägt die Türen bei Zoomer zu

Mit viel Elan hatte sich der Stuttgarter Verlag daran gemacht, das Internet zu erobern. Mit der immensen Reichweite der "VZs", allen voran Schüler und Studi VZ lassen sich Erfolge vorweisen. Bei Zoomer blieb derselbe aus.

Mit Zoomer wollte man – nicht zuletzt mit dem Ex-Tagesthemen Anchorman Uli Wickert als Herausgeber – eine Newskultur für die Nutzer von sozialen Netzwerken als Synonym neuer Zielgruppen aufbauen, um die Bedeutungsverluste im Print aufzufangen. Nachdem letztlich die Umstrukturierung der Nachrichten getriebenen Internetaktivitäten geplant wurde und Zoomer die Aktivitäten bei Google SEA herunterfuhr, brach im Dezember die Reichweite des Portals ein. Nun kommt das Ende zum Ende des Februars.

Schade, ich fand den Ansatz von Zoomer schon toll. Leider hat es die Zielgruppe nicht annehmen wollen und ich muss zugeben, ebenfalls nicht oft auf der Seite gewesen zu sein. Beim Klack die Meldung zum Thema. Und hier noch ein Nachtrag zum Thema geänderte Mediennutzung.

?Es gibt auch ‚linke‘ Kreationisten?

Esoteriker und Kreationisten gewinnen immer mehr Anhänger. Warum ist die Dummheit auf dem Vormarsch? Ein Interview mit dem Politik- und Sozialwissenschaftler Christoph Lammers aus der  Fachgruppe Biologie an der TU Dortmund, der  sich mit dem Vordringen von Kreationismus und Esoterik in den westlichen Gesellschaften beschäftigt.

Herr Lammers, Kreationisten und Esoteriker gewinnen an Zulauf. Warum gelingt es der Wissenschaft nicht, sie zu überzeugen?
 
Christoph Lammers: Es ist schwierig, mit gläubigen Menschen über Wissenschaft oder Gottesvorstellungen zu diskutieren, denn Religion unterscheidet sich ja schon sehr deutlich von dem, was Wissenschaft möchte. Wissenschaft hat den Anspruch des Erkenntnisgewinns, Religion sieht sich dagegen im Besitz einer absoluten Wahrheit, die eigentlich nur noch unter das Volk gebracht werden muss.
Damit kann Wissenschaft nicht konkurrieren, denn Wissenschaft hat immer nur vorläufige Wahrheiten, denn immer wieder werden Theorien überprüft und verändert. Wissenschaft ist ja nicht die Sammlung aller wissenschaftlichen Erkenntnisse sondern eine Methode, diese Erkenntnisse zu erlangen, indem Theorien bewiesen werden oder Versuche wiederholbar sein müssen. Wenn tanzende Schamanen Kranke heilen würden und das ließe sich beweisen, dann hätte die Wissenschaft damit kein Problem. Nur: diese Dinge lassen sich nicht beweisen. Es gibt in den USA den Skeptiker und Zauberer James Randi. Seine Randi Educational Foundation (JREF) hat ein Preisgeld von einer Million Dollar für die erfolgreiche Demonstration übernatürlicher Fähigkeiten unter wissenschaftlichen Testbedingungen ausgesetzt – bis jetzt hat es keiner gewonnen. Tatsächlich ist von Uri Geller bis zu den Bachblüten nichts unter ganz normalen wissenschaftlichen Standards bewiesen worden.

Ist es ein Zufall, dass mit dem Aufkommen der Kreationisten in den 70er Jahren auch die New Age Bewegung an Zulauf gewonnen hat?

Lammers: Ich glaube, es ist Zufall, denn beide Gruppen mögen sich nicht, wenngleich beide Strömungen vom Erstarken des Irrationalismus in unserer Gesellschaft profitieren. Während allerdings die New Age Szene eher in der ‚Hippie-Bewegung‘ anzusiedeln ist, ist der Kreationismus in den USA in allen gesellschaftlichen Schichten anzutreffen. Somit kommt der Kreationismus  in allen Teilen der Gesellschaft vor, nicht nur im Bible Belt im Mittleren Westen. Die kreationistischen Vorstellungen beziehen sich übrigens nicht nur auf die Ablehnung der Evolutionstheorie. Viele radikale gläubige Christen weltweit, und damit auch Kreationisten, lehnen Homosexualität ebenso ab wie die Selbstbestimmung der Frau auf Abtreibung und haben zudem rassistische Vorstellungen.

Im Kern also tief konservativ und tief rechts?

Lammers: Ja, die allermeisten schon, aber es gibt mittlerweile auch „linke“ Kreationisten, die gemerkt haben, dass die Zeit von George W. Bush Jr. vorbei ist, und die versuchen, sich den neuen Gegebenheiten unter Barack Obama anzupassen und mit dem Präsidenten zu arrangieren. Viele Kreationisten haben jahrelang gepredigt, dass ein Schwarzer nicht Präsident werden kann, dass eine Frau nicht Präsidentin werden kann. Sie hatten ein klares Bild von einem weißen, puritanischen Amerika. Mit dem Erstarken der demokratischen Partei haben sich ja nun vor allem eines geändert:  Die USA hat einen schwarzen Präsidenten mit einem muslimischen Hintergrund. Da stellt sich die evangelikale Gesellschaft die Frage, wie sie mit dieser veränderten Situation umgeht. Das tut sie zum einen, indem sie Obama kritisiert, wenn er sagt, dass er gleichgeschlechtliche Partnerschaften ermöglichen oder Gelder für Projekte in der dritten Welt bewilligen will, in denen es auch um Abtreibung geht. Sie nehmen Obama als Übel in kauf und setzen weiter auf ihre Lobbyarbeit – mit etwas weniger rassistischen Untertönen. Zum anderen öffnet sich die evangelikale Bewegung gegenüber den Demokraten.

Was macht die Attraktivität des kreationistischen Denkens aus? Viele Kreationisten lehnen ja nicht nur die Evolution ab sondern glauben an eine Welt, die nur wenige tausend Jahre alt ist.

Lammers: Fakt ist: Die Erde ist ungefähr 4,5 Milliarden Jahre alt. Die Evolution begann vor ca. 3,5 Milliarden Jahren und den Menschen, wie wir ihn kennen, gibt es erst seit gut 40.000 Jahren. Und er ist nicht mehr als ein Primat unter vielen. Damit kommt die Evolutionstheorie der religiösen Schöpfungsvorstellung von der Krone der Schöpfung ins Gehege. Es wird immer deutlicher, wie eng wir mit Schimpansen und anderen Primaten verwandt sind: Es gibt viele kulturelle, sprachliche und soziale Gemeinsamkeiten zwischen uns und den anderen Affen. Die Attraktivität des Kreationismus und andere fundamentalistische Denkweisen liegen in ihrer Einfachheit der Erklärungen. Die Welt wird immer komplexer, das Wissen nimmt mit rasender Geschwindigkeit zu, aber es gibt in der Gesellschaft eine soziale Ungleichheit und wird im Zugang zu Bildung sehr deutlich. Viele Menschen haben keinen Zugang zu Bildung. Wenn wir den Menschen die Möglichkeit geben, zu lernen wie Wissenschaft funktioniert, wird es uns leichter fallen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln. Das  betrifft nicht nur den Kreationismus, sondern auch das Leugnen des Holocausts. Warum kann jemand wie Bischof Richard Williamson heute hingehen und noch erklären, es habe keinen Holocaust gegeben?

Williamson gehört allerdings nicht zu jenen, die keinen Zugang zur Bildung hatten.

Lammers: Williamson hat studiert, aber er wirkt in die Gesellschaft, und seine Bemerkungen fallen vor allem bei jenen auf einen fruchtbaren Boden, die ungebildet sind. Ich persönlich bin auch der Ansicht, dass wir eine strikte Trennung von Staat und Kirche brauchen. Religionsunterricht hat in der Schule nichts zu suchen. Die Aufgabe des demokratischen Staates ist die Vermittlung von demokratischen und pluralistischen Werten, von Wissenschaft, aber nicht die Propagierung von Religionen.

Ist es wirklich nur eine Frage der Zugangsmöglichkeit? Schaut man sich auf Seiten von Kreationisten um, bekommt man den Eindruck, dass viele von ihnen schlicht nichts von klassischer Bildung halten.

Lammers: Das trifft zum Teil zu: Für viele beschränkt sich Bildung nur auf das, was zu den eigenen religiösen Vorstellungen passt. Sobald wissenschaftliche Erkenntnisse der Religion widersprechen, werden sie abgelehnt.

Das widerspricht ja ihrer These, dass der Zugang zu Bildung das größte Problem ist. In den USA sind ja auch gut qualifizierte und im Beruf erfolgreiche Menschen Teil der Kreationisten und der religiösen Rechten.

Lammers: Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass quer durch alle Schulformen und Teile der Bevölkerung Fehlvorstellungen zum Thema Evolution vorherrschen – selbst bei den 30%, die erklären, sie halten die Evolutionstheorie für richtig. Viele verwechseln Lamarck mit Darwin und Lamarcks Idee, die Giraffen haben lange Hälse, weil sie sich immer so strecken und geben dies über ihre Gene an die nächste Generation weiter, ist längst widerlegt. Ein Grund ist, dass die Kinder schon mit Fehlvorstellungen in die Schule kommen. Viele Kinder wird gepredigt, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist, es die Arche Noah gab und Menschen und Dinosaurier zur gleichen Zeit gelebt haben. Das sind Bilder, die Kinder prägen. Die Wissenschaft muss sich intensiv mit den Kreationisten beschäftigen und lernen, wie sie ihre Ansichten propagieren. Das betrifft die USA, wo das Problem des Kreationismus viel komplexer ist, ebenso wie Europa. Auch hier muss es in den nächsten Jahren zu mehr Grundlagenforschung kommen. Es ist ein ewiger Kampf zwischen der Wissenschaft und dem Glauben an eine Wahrheit, die nicht in Frage gestellt werden darf. Entscheidend ist, wer die Deutungshoheit erlangt.

Wissenschaft kann nie endgültige Wahrheiten bieten.

Lammers: Nein, das will sie ja auch gar nicht. Auch die Evolutionstheorie hat sich, alleine durch die Erkenntnisse aus der Genetik, weiter entwickelt und das wird sie weiterhin tun.
Gerade die Evolutionstheorie ist von ihrem Denkansatz her allerdings nicht nur eine biologische Theorie sondern eine Metatheorie, die auch in Bereichen wie den Gesellschafts- oder Sprachwissenschaften eingesetzt werden kann.
Und wie andere Metatheorien, denken sie nur an Freud oder Marx, unterliegt sie einem Wandel. Diese Fähigkeit, Theorien weiter zu entwickeln und neue Erkenntnisse aufzunehmen, ist ja eine der großen Stärken der Wissenschaft. Viele glaubten lange Zeit daran, dass es in der Evolution einen Trend zu Entwicklung immer komplexerer Einheiten gäbe. Wir wissen heute, dass es so einen Trend nicht gibt. Die zahlenmäßig größte und somit auch erfolgreichste Gruppe von Lebewesen auf diesem Planeten sind Einzeller. Evolution kennt keine Richtung. Auch diese Erkenntnis widerspricht kreationistischen Vorstellungen: Es gibt keine Hierarchie der Lebewesen. Die Evolution hat kein Ziel.

Die europäischen Gesellschaften sind säkularer als die USA. Schützt und das vor der kreationistischen Bewegung?

Lammers: Ja und nein. Einerseits haben wir eine starke säkulare Entwicklung in den vergangenen 150 Jahren gehabt. Ich glaube auch nicht, dass die Zahl der Kreationisten in Westeuropa stark steigen wird – sie hält sich auf einem hohen Niveau: 20 % der Westeuropäer gehören dazu. Was aber steigt, ist die Zahl derjenigen, die verunsichert sind. Was uns in einer Studie an der TU Dortmund stutzig gemacht hat, ist, dass sieben Prozent der Erstsemester im Bereich Biologie für das Lehramt kreationistische Vorstellungen haben. Das hat uns überrascht.

Geht in Europa die Gefahr nicht viel eher von den Esoterikern anstatt von den religiösen Rechten aus?

Lammers: Ja, im esoterischen Milieu ist die Ablehnung der Wissenschaft stark verbreitet. In diesem Bereich spielt neben dem Wissen auch der Umgang mit persönlichen Schicksalsschlägen oft eine Rolle. Es ist für einige Menschen leichter, mit einer schlimmen Krankheit wie Krebs umzugehen, wenn man sie mit Sinn verbinden kann, anstatt sich klar zu machen dass eine Mutation von Zellen, die, bei allen Faktoren wie Lebensweise und ähnliches, letztendlich zufällig passiert ist, dafür verantwortlich ist. Es gibt für diesen Zufall keine logische Erklärung, aber sie wünschen sich eine Erklärung,  können die wissenschaftliche allerdings nicht akzeptieren. Das ist ein ganz ähnliches Phänomen wie bei den Verschwörungstheorien: Am 11. September sind die Juden schuld, Logen steuern unsere Gesellschaften und Kennedy wurde das Opfer eines Geheimbundes. Dennoch ist dabei nicht außer acht zu lassen, dass die New Age Bewegung keinesfalls so gut organisiert und um politischen Einfluss bemüht sind wie die kreationistische Bewegung.

Sind diese Phänomene eine Reaktion auf die Entzauberung der Welt durch die Wissenschaft?

Lammers: Ja, das ist ein Grund für den Erfolg von Kreationisten oder Esoterikern. Das sind Reaktionen auf die Modernisierung, die technologische Revolutionen und den wissenschaftlichen Fortschritt. Ein Grund ist auch, dass die Wissenschaft nicht nur Fortschritte bringt. Die Wissenschaft hat die Atombombe geschaffen und bringt auch Technologien hervor, die der Gesellschaft nicht nutzen. Die Industrialisierung hat auch zu Verwüstungen im ökologischen Bereich geführt. Für Menschen, die an die Schöpfung glauben, die davon ausgehen, dass Gott die Welt geschaffen hat, sind viele Eingriffe in die Natur nur schwer zu akzeptieren. Am Ende fokussieren sich die Kritiker der Wissenschaft auf die Fehlentwicklungen und übersehen die Fortschritte, die in der Medizin oder bei der Lebensmittelversorgung gemacht wurden.
Es ist aber auch eine Reaktion auf die zunehmende Zahl von Menschen, die nicht mehr gläubig sind. Irgendwo ist da die Sorge, dass durch weniger Gläubige die Unmoral Einzug in die Gesellschaft hält – was natürlich Unsinn ist. Man kann natürlich Werte haben und zu denen auch stehen, ohne an einen Gott zu glauben.

Die Esoterikbewegung besteht ja vor allem aus Leuten, die einen akademischen Hintergrund haben.

Lammers: Da wird einfach sehr vieles idealisiert und nicht mehr hinterfragt. Da wird der Dalai Lama als Vorbild dargestellt, aber ignoriert, dass der tibetische Lamaismus ein zutiefst autoritäres und reaktionäres Regime war. Aber Leute wie die Band Wir sind Helden, sind davon begeistert, pilgern zum Dalai Lama und erklären sich zu Buddhisten – damit findet sie dann unter ihren Fans Nachahmer. Was fehlt, ist ein gesunder Skeptizismus. Das betrifft nicht nur die Esoteriker – wir könnten in unserer ganzen Gesellschaft mehr Skeptizismus gut gebrauchen. Aufklärung bedeutet skeptisch zu sein gegen alles, was es gibt. Man muss alles immer wieder hinterfragen – auch gesellschaftliche Zustände oder natürlich die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die Frage, wem nützt Wissenschaft, wer nutzt Wissenschaft, ist mehr als berechtigt.
 

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RWE Konzernumbau wird konkret

Foto: RWE-Turm / flickr.com / schicki

RWE-Chef Jürgen Großmann kommt mit seinen Umbauplänen beim zweitgrößten Energieversorger Deutschlands voran. Wie ich erfahren habe, wird derzeit die Gründung einer so genannten RWE Deutschland AG unter dem Dach der RWE Holding intensiv vorbereitet. Entsprechende Rahmenbeschlüsse sollen bereits bei einer Aufsichtsratssitzung der Holding am Rosenmontag sowie bei einer Sitzung des Aufsichtsrates der Vertriebstochter RWE Energy am Aschermittwoch gefasst werden.

Im Kern geht es den Informationen zufolge bei der neuen RWE Deutschland AG darum, die Aktivitäten in Erzeugung und Vertrieb Deutschlandweit in einer Firma zusammenzufassen. Bislang hieß es immer, es sei nur geplant, die Regionalgesellschaften des RWE enger zu verzahnen und unter dem Dach der Führungsgesellschaft RWE Energy zu bündeln. Die genauen Details der Neuordnung des Konzerns sind noch nicht bekannt. Eine RWE-Sprecherin wollte die Informationen nicht kommentieren.

Neben der RWE Deutschland AG soll darüber hinaus eine weitere Aktiengesellschaft gegründet werden, in der das Netzgeschäft im Mittel- und Niedrigspannungsbereich konzentriert werden soll. Die bisherigen deutschen Regionalgesellschaften sollen dabei auf die neuen Aktiengesellschaften verteilt werden.

Damit kommt RWE dem Ziel näher, für das Geschäft in Europa Ländergesellschaften für verschiedene Regionen zu etablieren. Bislang laufen die Planungen in den einzelnen Ländern vor allem über die strategische Abteilung des Konzerns, die Umsetzung der Strategien wird dann von den einzelnen RWE-Führungsgesellschaften in den jeweiligen Regionen eigenständig umgesetzt.

Bereits jetzt  hat RWE Ländergesellschaften in Polen und der Tschechei aufgebaut. Zudem tritt RWE in Großbritannien unter der Markt "npower" an. Nach der Übernahme des niederländischen Versorger Essent will der Konzern unter Großmann in den Benelux-Staaten die Marke "RWE" aufgeben und nur noch unter dem Namen Essent antreten. Weitere ähniche Schritte sind geplant.

Damit verfolgt RWE europaweit eine Dreimarken-Strategie: In Deutschland und im Osten RWE, in Holland und den Kleinstaaten daneben, Essent und auf den Inseln der Angelsachsen npower.

Mitarbeiter des RWE sollen auf einer Art Betriebsversammlung Anfang März in den Dortmunder Westfalenhallen auf die Neuordnung eingestimmt werden. Im Augenblick wird die Veranstaltung unter dem Begriff „Großmann kommt“ organisiert. Die Gewerkschaften haben bereits ihre Zustimmung zu den Umbauplänen signalisiert. Ihnen wir die Mitbestimmung in den Aufsichtsräten der neuen Aktiengesellschaften garantiert. Die am RWE beteiligten Kommunen wären ebenfalls mit ihren Interessen in der RWE Deutschland AG konzentriert. Die Hoffnung hier: Der Streit um die Neuausrichtung des RWE mit den Städten im Revier soll beendet werden. Die ersten Gemeinden im Ruhrgebiet haben bereits damit gedroht, Versorgungsverträge mit dem RWE zu kündigen und eigene Stadtwerke in Konkurrenz zum Konzern zu gründen, wenn ihre Interessen nicht berücksichtigt werden.

Meine Oma kriegt Post vom Bottroper Amt

Foto: privat / (Auf kleines Bild klicken, dann kommt das große)

Die Tage hat meine Oma Post vom Amt in Bottrop bekommen, vom Amt für Öffentlichkeitsarbeit, von einer Frau B. aus dem Büro des Oberbürgermeisters Peter Noetzel (SPD). Das war OK. In dem Brief fragt die Frau vom Amt, ob meine Oma von einem Repräsentanten der Stadt Bottrop einen Blumenstrauß geschenkt bekommen will. Das ist nett. Denn die Frau vom Amt will meiner Oma zur Eisernen Hochzeit mit meinem Opa Jupp gratulieren.

Wenn meine Oma die Blumen vom einem Repräsentanten der Stadt Bottrop will, soll sie bitte "bis zum 17. Februar – nur Vormittags – in der Zeit von 8:30 bis 12:30 Mitteilung" machen. Telefonisch. Bei der Frau vom Amt. Bei der Gelegenheit könnten dann auch die "weiteren Details einer etwaigen Ehrung (Datum, Uhrzeit, MItteilung an die Presse, etc.) geklärt werden." Alles Ok. Der Ton? Irgendwie Obrigkeitsstaatlich. Gewohnt herrschaftlich. So in der Art.

Das Problem? Mein Opa ist seit Jahren tot. Begraben. Meine Oma allein. Nix mit eiserner Hochzeit. Frau vom Amt: Vergiss es.

Was ich beruhigend finde: Heute kriegen meine Kinder schon bei der Geburt eine Nummer verpasst. Doch bei all dem Kontrollwahn geht immer was daneben.