Seine Durchlaucht, der Opel-Zerschlager?

Habe gerade einen harten, klaren, guten Text von Joachim Lottmann zu Guttenbergs US-Mission gelesen. In der taz. Dass Gutti alles hat, nur kein Interesse an einer Rettung von Opel. klick

Lottmann schreibt in der tageszeitung eine Kolumne mit dem müden Namen Marx 2.0. Das heutige Stück ist aber klasse. Manchmal muss eben ein Schriftsteller kommen, um die Dinge auf den Punkt zu bringen. Gerade passend (klack) verlautete es dazu aus Washington: Der Herr Minister leide brutal am Jet Lag, Erschöpfung mache sich breit. Ist die Luft schon aus dem Rettungstrip, bevor der Edelmann wieder im Flieger sitzt? Das Trauerspiel um den Autobauer ohne Deutschland-Lobby geht weiter.

Foto: BMWI

3 FÜR 7 – Konzert-Special

Irgendwann hat es sich in jedwedem Musikdiskurs herausgebildet, dass die Künstler Legendenstatus erhalten die als Archetypen fungieren – in Bezug auf Pionierarbeit, geschicktes Übertragen von Prinzipien auf andere Ebenen oder auch einfach Originalität und/oder das was wir Genie nennen. In dieser Woche drei Konzerte von Bands und Künstlern, die sich durchaus haben beeinflussen lassen von Legenden, die daraus aber ihre eigenen Schlüsse für ihre Zeit und sich selbst gezogen haben: GTUK, Jonathan Richman, Wire.

GTUK (abgebildet) wird zugeschrieben, dass im Grunde weiter geführt wird was DHR und die Atari Teenage Riot Posse begründet haben, eher an Pop als an Kunst orientierten DIY-Hardcore in elektronisch vielleicht. Die Weiterentwicklung mag hier dann womöglich sein, dass es auch weniger martialisch, mit billigerem Equipment und für eine (zwangsweise) nerdigere und irgendwie queerere bis emo-haftere Generation gehen muss. Und das natürlich gerne in Kellerclubs wie dem EMO und da auch mit Abstract Artimus, Robotron und Miss Fortune.

Jonathan Richman hingegen hat aus der Begegnung mit Velvet Underground eigene Schlüsse für seine Kunst gezogen und ist im Grunde immer sonniger geworden, ohne Tiefe, Seele und Humor vermissen zu lassen. Er macht ab und an eine Platte auf Spanisch, tritt gerne solo oder zu zweit in kleinen Venues auf und spielt durchaus Publikums orientiert. Zum Beispiel im Grend.

Wire
fanden die Sex Pistols wahrscheinlich vom Ansatz her ganz richtig, aber eindimensional, zu leicht von Idioten vereinnahmbar und musikalisch altbacken. Das haben sie dann in vielen Projekten über die letzten 30 Jahre, aber erst recht mit ihrer Reunion vor einigen Jahren immer wieder vorgeführt, ohne das wiederum zur Philosophie zu machen. Dementsprechend haben sie sich denn auch in das Blue Shell buchen lassen, nachdem Colin Newmans andere Band, Githead, es da wohl ganz okay gefunden hatte. Ist natürlich ausverkauft, sorry. Aber der Autor geht mal hin.

Im Überblick:
GTUK & Co. am Mittwoch, den 18. März, bei Einlass ab 19.30 Uhr im Essener EMO.
Jonathan Richman am Sonntag, den 22. März bei Einlass ab 20 Uhr im Essener Grend.

Das ist Fair-Play-Fussball

Es war einmal in Holland. Ein Kicker von Ajax Amsterdam liegt verletzt auf dem Boden. Ein gegnerischer Spieler pölt den Ball ins Aus. Nach dem Wiederanpfiff will ein anderer Ajax-Mann den Ball zurückgeben. Er trifft so ungeschickt, dass er ein Supertor reinhämmert. Alle sauer. Der Schiri gibt das Tor. Gleich danach stehen die Spieler von Ajax regungslos auf dem Platz, damit der Gegner den Ausgleich macht. Schön und fast noch schiefgegangen. Dank an Wolle 🙂

AGR baut Stellen ab. Entsorgung bricht zusammen

Vor ein paar Tagen habe ich darüber berichtet, dass die Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhr (AGR) Stellen abbauen will. Ich hatte die AGR damals auch um eine Stellungnahme gebeten, warum 50 Arbeitsplätze verschwinden sollen. Die Geschichte ist interessant, denn die Müllfirma ist eine 100prozentige Tochter des Regionalverbandes Ruhr. Und es ist schon selten, wenn eine kommunale Firma Leute freisetzt. Morgen früh ist in Herten Süd eine Betriebsversammlung auf der die schlechten Nachrichten bekannt gegeben werden sollen.

Nun, die AGR hat mir keine Antwort gegeben. Weder wollte die Firma bestätigen, dass Stellen abgebaut werden, noch wollte Firmensprecher Heinz Struszczynski sagen, was die Ursachen für den Stellenabbau sind. Mir erschien das ganze Ding seltsam. Denn es hieß immer, in diesen Tagen sollte die Müllverbrennungsanlage RZR II in Betrieb gehen. Und in den Bilanzen der AGR steht zudem geschrieben, dass nur bei einem erfolgreichen Betrieb des RZR II die Zukunft der AGR und damit die Nachsorge der größten Deponien im Ruhrgebiet gesichert ist.

Kurz: der Stellenabbau erscheint mir wie ein böses Omen.

Ich habe deswegen vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen von AGR die Antworten auf meine Anfrage erstritten. Heute morgen teilten mir die Anwälte der AGR auf meine Klage hin folgendes mit:

Der Stellenabbau sei eine Folge der einbrechenden Müllmengen, die von der AGR-Gruppe behandelt werden. Statt 4 Mio Tonnen Müll pro Jahr werden nur noch 1 Mio Tonnen behandelt. Das bedeutet: Die wichtigste Umsatzquelle der AGR ist um 75 Prozent eingebrochen. Damit gibt die AGR zu, dass sich die Lage in der Firmengruppe bedrohlicher zugespitzt hat, als bisher angenommen wurde. Es fehlt an frischem Geld.

Und das in einem Jahr, in dem die Papierpreise verfallen und die AGR kaum noch Erträge aus der Vermarktung von Sekundärrohstoffen erzielen kann. Selbst die Entsorgungspreise in den Müllverbrennungsanlagen verfallen. Sie liegen im Moment zwischen 70 und 80 Euro je Tonne. Damit das RZR II wirtschaftlich arbeiten kann, müssten Preise von weit über 100 Euro erzielt werden, wie aus AGR-internen Unterlagen hervorgeht.

Darüberhinaus sagten die Anwälte der AGR, der Stellenabbau der Firma sei auch darauf zurückzuführen, dass die Gesellschaft verschlankt und die Organisation gestrafft wurde. Zudem müssten Abläufe optimiert werden. Naja.

Mir erscheint der Zeitpunkt des angekündigten Stellenabbaus verdächtig. In diesen Tagen müsste die AGR ihre Bilanz für 2008 aufstellen. Ich vermute auf Basis der alten AGR-Bilanzen, dass die Firma derzeit einen Überschuldungsstatus erstellen muss. Und um eine positive Fortführungsprognose bis zum Ende des März zu bekommen, wird der Stellenabbau unvermeidlich sein. Ohne positive Fortführungsprognose müsste die AGR insolvenz anmelden.

Wenn das so ist, wird der Herbst für die AGR zur Zeit der Wahrheit. Dann dürfte das freie Geld in der Firma nahezu aufgebraucht sein. Wenn bis dahin das RZR II keine Millionen einspielt, wird der Regionalverband einspringen und Millionen zahlen müssen. Da er das nicht kann, dürften die Städte im Revier zur Kasse gebeten werden.

Wenn ich Hellseher wäre, würde ich sagen, die AGR-Geschäftsführung wird in diesem Fall die Weltwirtschaftskrise für die dramatische Lage als Ausrede gebrauchen und nicht die eigenen Fehlentscheidungen der vergangenen Jahre. Vielleicht wissen das noch einige. Selbst vor der Brochier-Pleite wurde bei der AGR Geld verschwendet. Da war zum Beispiel die Zeit, als der AGR-Geschäftsführer zwei Dienstwagen hatte. Einen mit Fahrer für Werktags und einen ohne Fahrer fürs Wochenende.

Vor wenigen Tagen hatte mir AGR-Sprecher Struszczynski in einer Email geschrieben, er wolle nicht auf meine Fragen antworten, weil ich seine Angaben in den Ruhrbaronen veröffentliche.

Nun, in diesem Punkt gebe ich dem AGR-Sprecher recht. Ich werde meine Informationen auch über die Ruhrbarone verbreiten.

Denn wir Ruhrbarone wollen unter anderem die Öffentlichkeit über Themen des Ruhrgebietes informieren.

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Die Fritzl-Freaks von der WAZ

Bin Ruhrbaron, da habe ich natürlich  "derwesten.de" als Newsfeed. Guck ich auch gerne drauf. Mag die Anreisser, wie sie mich locken und verführen wollen, komm klick mich, klick dich glücklich! Und heute morgen wurde ich rasend vor Neugier auf Nachrichtenfutter von derwesten:

Fünfmal F. Fritzls Richter, Fritzls Keller, Fritzl Kunst, Fritzl Chronik und  Fritzest, äh, Inzest. Geil, liebe Onliner, aber das könnt ihr noch besser, oder? Was ist mit Fritzls Reisen, Fritzls Hobbys, Fritzls Friseur, Fritzls Opfer, Fritzls Friedhof, Fritzls Fritzl … Freu mich drauf. 

screenshot: ruhrbarone

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

VRR: Kommen Millionenzahlungen auf die Städte zu?…Ruhr Nachrichten

Privatuni: Uni-Witten-Herdecke gerettet…Spiegel

Ausgehen: Raucherkneipen bleiben…Der Westen

Opel: Insolvenzverwalter laufen sich warm…Welt

Kommunalwahl: Linker will nicht…Gelsenkirchen Blog

Portale: Krach um die kreative Klasse…Der Westen

Amok: Gedanken übder Schuld und Politik…Kueperpunk

Zeitungssterben: Der nächste Bitte…Ostroplog

Online: Parteien im Interner…Zoom

MIPIM: Ruhrgebiet noch keine Top-Adresse…Der Westen

Fußball: Uli und die Geldgier…Hometown Glory

Reise: New Yor, New York…Coffee & TV

Film: Prospero trifft…Prospero

Nachtleben: Kommt der Soundgarden wieder?…Bild

Twitter: Follower loswerden…2.0

Sittich in den Städten

Ein Frühlingsgedicht von Thomas Meiser

Bild: Flickr/Netsonique

Es gibt ja das Phänomen der entflohenen Sittiche, der ehemaligen
Käfigvögel, die etwa in den großen Städten auch des westlichen Südens
auf den Bäumen ramentern und auch den Tagschrei der Vögel
durcheinander bringen.
.
Hat auch was mit Global Warming zu tun.

Also mit dem Umstand, daß die Kinder hierzulande niemals Schnee vor
der Haustür sehen werden, wie wir seinerzeit noch.

Hat aber auch was mit Frühling zu tun. Und der dräut ja nun. Die
Primeln sind eh schon da, die Kätzchen blühen, und auch die Krokusse
kommen.

Also – wir singen gemeinsam:

Alle Vögel sind schon – wach?
Es ist doch noch zu früh
Oh Sittich, halte dich doch flach
Gib‘ zeitig Laut, nicht jetzt Gesprüh

Ist es dem Sittich vorbehalten
das Global Warming zu gestalten?

Ne.

Des Sittichs Laut ist Ostergruß
Und also – Nachtigallbeschmus.

Am besten ist – das Täubchen braten.

Doch hab‘ ich nicht das Ziel verraten?
Den Ostermarsch, die Friedenstaub‘?

Wer das mit Ellenschwung hoch schraub-t,
wird Täubchenflügel niemals essen:

Friedensfreunde müssen Luftratten fressen.

Keine Moral. Nirgends.

Ausgehen in………Essen: Der Bezirksführer der Ruhrbarone

Was geht eigentlich in Essen? An manchen Tagen fühlt man sich hier wie in der Provinz und fragt sich, wo überhaupt was los ist. Aber keine Panik. Essen hat durchaus was zu bieten. Der Bezirksführer zeigt zwei Mal im Monat, welcher Klub aus der Reihe tanzt, welche Bar dringend besucht werden muss oder welcher Jungunternehmer neuen Glanz in den Pott bringt.

Cafe Gold Bar

Wer das gewisse Etwas in Kneipen vermisst, ist hier genau richtig. Die Gold Bar hat Stil. Hier werden antike Möbel mit Wohnzimmeratmosphäre kombiniert. Neben leckeren Cocktails und Longdrinks stehen 25 Biersorten aus aller Welt auf der Karte. Ein echtes Paradies für Flüssig-Brot-Fans. Außerdem gibt es ein kleines Frühstücksangebot. Das Gold bietet aber auch was für die Sinne. Die Gestaltung und die Musik, fernab des Mainstream, erfreuen Augen und Ohren. Die Krönung der Bar sind vor allem, die vielen Kerzen drinnen und draußen, die den Raum in ein dezentes Licht hüllen. Je nach Jahreszeit kann man im Freien entspannen oder sich am Kaminfeuer wärmen. Zurücklehnen und Wohlfühlen.

www.cafe-goldbar.de

Adresse: Rellinghauserstraße 110, 45128 Essen

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GoetheBunker

Der alte Kriegsbunker bewegt sich zwischen Geheimtipp und Kultstätte. Die Lokalität steht außer Konkurrenz und ist mit ihrer stylischen Keller-Atmosphäre die Antwort auf schnöde Hochglanz Schuppen. Aber nicht nur das Ambiente ist knorke, hier gibt’s richtig was auf die Ohren. Jeden Samstag sorgen Elektronische Töne für den richtigen Schmiss und bringen die alten Mauern zum Beben. Dann schwingen Technofans ihre Hüften und House Hippies fegen übers Parkett. Der Bunker lädt auch alle Anderen zum Tanz. Freitags ist Freestyle angesagt: Folk trifft Drum ’n’ Bass, Dubstep umarmt Indie oder Breakbeat küsst Funk. Ein feiner Flirt für alle Freunde der Musik.

www.myspace.de/goethebunker

Adresse: Goethestraße 67, 45130 Essen

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Madame Chocolate

 Das Madame Chocolate zählt zu den Neuzugängen in Essen. Mit der Bar hat sich ihre Gründerin einen Traum erfüllt. Sie  setzt auf Stilbrüche. Glitzernde Hirsche zieren Wände und Tische, Graffiti Kunst schmückt das Klo und Retro Lampen beleuchten den Raum. Gelegentlich machen Musiker das Lokal zum Klangerlebnis oder DJs bringen die Gäste in Bewegung. Die Stimmung ist besonders familiär. Besitzerin Conny hat für jeden ein offenes Ohr. Sie freut sich, wenn ihre Kundschaft bunt gemixt ist. Schnell wird klar: hier wird mit Freude gearbeitet und Kommunikation groß geschrieben. Ein Erlebnis mit Herz.

www.myspace.com/madamechocolatmc

Adresse: Moltkestraße 4, 45128 Essen

 

 

 

 

 

 

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M wie Ruhrgebiet

Die drei größten Reiseveranstalter haben das Ruhrgebiet in ihren Katalog aufgenommen. Es gibt nur ein kleines Problem…

Da ist der Jubel groß: Die Reiseveranstalter DerTour, Ameropa und NUR haben das Ruhrgebiet in ihre Kataloge aufgenommen. Während ich diese Meldung vor lauter  Freude in einer Wanne voller Schaumwein schreibe sehe ich leider nur ein Problem: Uns wird niemand finden, denn wir stehen unter M in den Katalogen. M wie Metropole Ruhr. Nicht R wie Ruhrgebiet.

Schade, wenn man auf das eigene Marketing hereinfällt. Ich bin mir ziemlich sicher dass München nicht unter I wie Isarmetropole, Frankfurt nicht unter B für Bankfurt und Bielefeld nicht unter G für Gibtsgarnicht steht. Die wollen nämlich gefunden werden.

Cross Border Theater – Jetzt hängen die Landesbanken drin

Skizze: Aus CBL-Vertrag ergänzt von David Schraven

Cross Border Leasing ist ein Problem. Das weiß heute jeder. Vor ein paar Jahren war es hipp, um klammen Kommunen oder kommunalen Firmen wie der AGR ein paar Millionen frisches Geld zu verschaffen. Als Faustformel kann man sich merken, je ärmer und gieriger eine Gemeinschaft war, umso anfälliger war sie für diese Grenzgeschäfte. Jetzt werden sogar die deutschen Landesbanken wegen der Mauscheleien mitten in der Wirtschaftskrise belastet. Ihnen drohen erhebliche Wertberichtigungen, sollten die Cross-Border-Leasing tatsächlich platzen. Nach meinen Recherchen könnten Bilanzverluste in Milliardenhöhe fällig werden.

Zum Urspring: Um einen Steuervorteil in den USA auszunutzen, verleasten deutsche Kommunen Straßenbahnen, Messehallen oder Kanalnetze über einen langen Zeitraum an amerikanische Investoren. Diese vermieteten das Eigentum direkt zurück an die Kommune. So sollte ein Steuerschlupfloch in den USA ausgenutzt werden. Insgesamt wurden in Deutschland weit über 100 dieser grenzüberschreitenden Geschäfte abgeschlossen. Das Gesamtvolumen der Deals bewegt sich nach Branchenschätzungen zwischen 50 und 80 Mrd Euro.

Sowohl die Städte als auch die beteiligten Banken versuchen die Details zu den Risiken zu verschleiern. Selbst Stadträten und Aufsichtsbehörden wird oft die Einsicht in die Schriftstücke verwehrt. Dabei wird erst bei einer Analyse der Cross-Border-Verträge klar, wie tief die deutschen Banken involviert sind. Mir liegen entsprechende Schriftstücke vor, in denen sowohl die NordLB als auch die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) als Financiers ausgewiesen sind, die mit hohen Millionensummen im Risiko stehen.

Im Detail lassen sich die Zahlungsströme und die daraus resultierenden Schwierigkeiten am besten anhand des Wuppertaler Cross-Border-Leasing beschreiben. (Siehe auch die Skizze des Geschäfts oben) Die Stadt verleaste ihre Müllverbrennungsanlage im Jahr 1999 für 423 Mio US-Dollar über 75 Jahre an einen Trust der beiden US-Unternehmen KeyCorp und PNC, um sie anschließend für 25 Jahre gleich wieder zurückzumieten. Die Wuppertaler kassierten für ihre Dienste 28,5 Mio Dollar. Obwohl es ein reines Papiergeschäft war, sollten die amerikanischen Steuerbehörden denken, die Anlage sei tatsächlich verkauft worden. Im ersten Schritt zahlten die US-Investoren rund 60 Mio Dollar in das Eigenkapital des Trustes ein. Dieses Geld diente als Basis, um bei der norddeutschen Landesbank Nord-LB einen Millionenkredit loszueisen.

Wie das geschah, lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen rekonstruieren. Zunächst verlangten Steuerberater, es müssten mehrere rechtlich unabhängige Geldhäuser in die Kreditvergabe involviert werden. Damit sollte verschleiert werden, dass es sich nur um ein Luftgeschäft handelt, wie ein beteiligter Banker berichtet.

Aus diesem Grund lieh nicht die NordLB-Zentrale den Amerikanern Geld. Stattdessen wurde eine unauffällige Tochter eingeschaltet. Und zwar versorgte die rechtlich unabhängige Luxemburger NordLB-Tochter (in der Skizze NLL) den Trust der Amerikaner mit 331 Mio Dollar. Als zweite Bank wurde die LBBW (in der Skizze LBW) hinzugezogen. Diese lieh den Amerikanern weitere 37 Mio Dollar. Das Geld floss vom Trust direkt an die Wuppertaler Abfallentsorger. Offiziell deklariert als Leasinggebühr. Die Wuppertaler reichten die Millionen direkt an die NordLB-Zentrale in Hannover (in der Skizze NLG) weiter. Hier wurde das Geld in einem Depot angelegt.

Laut Vertrag zahlt die NordLB nun jedes Jahr aus diesem Depot die Leasingraten an den Trust zurück, der damit wiederum seine Kredite bei der NordLB-Tochter in Luxemburg und bei der LBBW bedient. Die Finanzströme selbst sichert die Kommune ab.

Ein Geschäft ohne Risiko also? Wohl kaum. Die US-Steuerbehörde IRS hat die Investoren in den Staaten ultimativ aufgefordert, ihre CBL-Verträge mit den Deutschen zu beenden. Sonst würden diese zwangsaufgehoben. Die IRS will das Steuerloch stopfen. Bereits 80 Prozent der US-Investoren haben nach Auskunft der IRS einen entsprechenden Vergleich unterschrieben.

Und das mit Folgen für die deutschen Landesbanken. Ähnlich wie in Wuppertal waren die Strukturen in nahezu allen Cross-Border-Verträgen. Neben der NordLB waren nach meinen Informationen in anderen Geschäften die LBBW und der WestLB federführend.

Die Banken schaufelten Milliarden Dollar von der rechten Tasche in die linke Tasche. Durch die Geldströme über die US-Trusts wurden die Bilanz so künstlich aufgebläht. Denn sowohl die Kredite an die Amerikaner als auch die Depots der Kommunen wurde in den Büchern der Landesbanken als Geschäfte mit fremden Dritten eingebucht. Allein im Fall von Wuppertal liegt die Luftbuchung der NordLB bei über 300 Mio Euro. Würden die Cross-Border-Geschäfte abgewickelt, müssten die Banken die eigenen Bilanzen bereinigen, Milliarden würden sich in Luft auflösen.

Aus diesem Grund scheint es, als würden Landesbanken wie die NordLB oder die LBBW auf deutscher Seite die Auflösung der Verträge blockieren. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die mir vorliegen, werden derzeit Kommunen gezwungen, selbst in die Rolle der US-Investoren zu schlüpfen. Sie müssen die Trusts in Übersee übernehmen und damit die Geldströme mit den Landesbanken aufrechterhalten.

Dabei verkünden die beteiligten Kommunalpolitiker weiter: Alles ohne Risiko.

Gerade die AGR tut sich bei diesen Behauptungen wieder hervor. Zur Erinnerung: Die AGR gehört unter dem Namen Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhrgebiet mbH zu 100 Prozent dem Regionalverband Ruhr. Zunächst verbreitete die AGR sie habe das Cross Border Leasing beendet. Dann wurde ergänzt – mit den amerikanischen Partnern. Das bedeutet: Die AGR unterhält nach wie vor das Cross-Border-Konstrukt mit den Banken. Und wie in Wuppertal sind bei der AGR auch die NordLB und die LBBW involviert.

Der Trust im Fall der AGR sitzt in Delaware in den USA. Zunächst hieß es, der Trust gehöre nun der AGR. Diese habe das Eigenkapital am Trust übernommen. Auf Nachfrage musste der RVR dieser Darstellung widersprechen. Nun heißt es von Seiten des RVR: „AGR hat im Rahmen dieser Restrukturierung der Verträge aber keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung erworben, sondern es handelt sich um eine Begünstigtenstellung, die zu 100 Prozent in der Hand der AGR ist.“ Mit anderen Worten: Der Trust gehört irgendwem. Wem – das verschweigen sowohl AGR, als auch RVR. Und die AGR hat sich an dieser geheimen Briefkastenfirma einen Beherrschungsvertrag gesichert. Das ist alles.

Es ist nach wie vor unklar, ob tatsächlich das Geschäft mit den Amerikanern beendet ist. Denn nun stecken die AGR und der RVR selbst bis zum Hals im Leasing fest. Sie sind an einen Steuersparfomds in den Staaten gekettet, von dem keiner sagen kann, ob der amerikanische Staat diesen liquidiert, ob die Steuerbehörden gegen den Trust Forderungen stellen oder ob der Trust illegal errichtet wurde. Das einzige was klar ist: die AGR und der RVR haften für alles. Auch gegenüber der LBBW und der NordLB. In den politischen Gremien des RVR sagen alle, es war ein toller Deal, den die Verantwortlichen um den RVR-Direktor Heinz-Dieter Klink da angerührt haben. Man habe noch mal Glück gehabt und sei mit einem blauen Auge aus dem Cross-Border herausgekommen. Ich glaube das nicht.

Wer von den politisch Verantwortlichen hat die Verträge gelesen? Wer hat sie verstanden? Wer hat sich einen Bären aufbinden lassen?

Wer von den Verantwortlichen weiß zum Beispiel, dass die Millionen aus dem Bargeldvorteil immer noch auf einem Konto bei der NordLB festliegen?

Wie dem auch sei: die NordLB bestreitet, dass es Probleme geben könnte: „Werden Verträge aufgelöst, ist damit für die NordLB weder eine Auszahlung verbunden noch besteht ein Abschreibungsbedarf“, sagte ein Sprecher. Die Bank bestreitet aber auch nicht, dass die Bilanzen gekürzt werden müssten. Allerdings sagte ein Sprecher, ohne konkrete Summen zu nennen: „Die Bilanzverluste wären sehr gering.“