Achtung Trittbrettfahrer

Aus dem Polizeibericht Hattingen – Am 15.03.2009, gegen 10.30 Uhr, teilt eine Anruferin mit, dass soeben eine männliche Person aus einem Pkw VW Golf heraus auf der Oberstüter Straße geschossen habe. Eine Fahndung wird eingeleitet.

Bereits kurze Zeit später wird der 80-jährige Fahrer mit seinem Fahrzeug in Höhe der Straße Sünsbruch angetroffen und gestoppt. Im Fahrzeuginneren werden zwei geladene Pistolen aufgefunden und sichergestellt. Im Besitz eines erforderlichen Waffenscheines ist der 80-jährige nicht. Bei einer Waffe handelt es sich um einen Vorderlader, der von dem Besitzer "entladen" wurde. Eine Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetzes wird gefertigt.

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Jetzt ans Sparen denken!

Der Staat macht Schulden im Rekordtempo mit dem Ziel, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Aber eines Tages muss das alles bezahlt werden. Von uns.

Foto: Wikipedia

So ganz weiß niemand ob die massiven Geldausgaben des Staates wirklich ihren Zweck erfüllen und die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Die Belege für die Erfolge dieser keynesianische Politik sind leider dünn gesät. Selbst die große Depression in den 30er Jahren endete eigentlich erst durch den zweiten Weltkrieg und nicht durch die massiven Staatsausgaben Roosvelts in den Jahren zuvor.

Aber so genau will das im Moment ja niemand wissen. Die Politik ist auf jeden Fall froh, dass man ihr nach langen Jahren wieder einmal wirtschaftliche Kompetenz unterstellt – die vor allem im Ausgeben unseres Geldes besteht. Vergessen wir bitte nicht: All die, auf die sich nun die Hoffnungen fokussieren, die Politiker, sind die Selben, die Landesbanken ebenso in die Pleiten haben laufen lassen wie ihre Städte und Länder: Kompetenz sieht anders aus. OK, zur Rettung der Banken gibt es wohl leider keine Alternative, aber  ich persönlich hätte es lieber gesehen, wenn statt Konjunkturpakete die Steuern gesenkt worden wären. Aber die werden wohl nach Ende der Krise erhöht – oder aber der Staat setzt auf eine Inflation, denn irgendwie muss ja alles, was im Moment ausgegeben und über Schulden finanziert wird, eines Tages ja auch zurückbezahlt werden.
Beides wird für uns sehr unangenehm und deswegen ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, um über künftige Sparmaßnahmen nachzudenken – auch im Sinne von Keynes, denn zu dessen jetzt wieder viel gelobten Theorie gehört ja auch das sparen in den guten Zeiten – und die werden wieder kommen.

Also wo soll gespart werden? Wo kann der Staat Kohle holen, ohne uns in die Tasche zu greifen? Ich lege mal ein paar Ideen vor, weitere Vorschläge sind hoch willkommen.

Der Staat sollte sich sehr schnell von den verlustreichen Landesbanken trennen. Sie kosteten in den vergangenen Jahren viel Geld und waren auch in guten Zeiten hilfsbedürftig. Zum Teil sind ihre Probleme so groß, dass sie, siehe HSH-Nordbank, ganze Bundesländer in ihrer Existenz gefährden. Die haben andere Aufgaben als Banker zu spielen: Bildung zum Beispiel.

Subventionen: Ob Bergbau oder Bauern – Subventionen kosten viel und bringen wenig. Wenn gespart werden muss hat  man hier ein großes Potential und eine eher überschaubare Zahl an Betroffenen.

Wir benötigen keine Wohnungen in öffentlicher Hand. Steigen die Preise wieder, können die Städte endlich ihre Wohnungen verkaufen und damit ihre Schulden senken. Sollen die Wohnungsgesellschaften nicht privatisiert werden, können sie in Genossenschaften umgewandelt werden. Das bringt zwar etwas weniger Geld für den Verkäufer, wahrt aber den sozialen Frieden.

Öffentliche Unternehmen haben dem Zweck der Daseinfürsorge zu dienen – Abenteuer auf der Weltbühne kann man privaten Investoren überlassen, siehe AGR: Entsprechende Unternehmensteile verkaufen. Und überhaupt: In welchen bereichen Brauchen wir überhaupt öffentliche Unternehmen?

Bundesländer haben wir viele. Ein paar weniger wären auch schön. Dass das Saarland, Bremen, Berlin und Hamburg eigene Staaten sind ist ein recht teurer Unfug.

Und dann meine Lieblingsthemen für das Ruhrgebiet: Ein Nahverkehrsunternehmen wäre nicht nur billiger, sondern auch besser – und mit dem Zusammenlegen von Verwaltungen im Revier kann man eine Menge Geld sparen.

So, dass waren nur ein paar Ideen – es gibt sicher hunderte weitere schöne Vorschläge wo der Staat sparen kann. Und immer daran denken: Was er nicht spart holt er sich von uns…

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Werbung: Ruhr hoch n im Kabarett…Pottblog

Tot: Die merkwürdige Mutter der Kompanie…Der Westen

Lesung: Kueperpunk auf der Dortcom…Kueperpunk

Glaube: Ehrliicher Priester…Hometown Glory

Islam: Anti-Rassismuswoche unter merkwürdigem Vorzeichen…taz

Immobilien: Mieter wollen nicht kaufen…Der Westen

Opel: Guttenberg in den USA…Spiegel

Opel II: Der Mythos der Eigenständigkeit…FAZ

Bier: Historische Werbung in Herne…Ruhr Nachrichten

Götz Werner: „Die Feuchtgebiete haben sich besser verkauft…“

Götz Werner hat die Drogeriemarktkette dm gegründet. Er zählt zu den reichsten Deutschen. Mit den Ruhrbaronen sprach der Anthroposoph über Geld, seinen Bestseller über das unbedingte Grundeinkommen und über …… Feuchtgebiete

Götz Werner. Foto: Urachhaus

Ruhrbarone ?: Herr Werner, glaubt man den Statistiken, steigt in Deutschland die Zahl der Armen.
Götz W. Werner: In einer Gesellschaft, die noch nie zuvor so reich war wie heute, ist ein in Armut lebender Mensch ein Skandal. Und es ist auch skandalös, wenn wir heute statistisch abstrakt über Kinderarmut oder über Altersarmut reden. Was heißt denn Kinderarmut? Kinderarmut heißt doch, dass wir an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen. Und Altersarmut, gerne von den Politikern damit begründet, dass man die gegenwärtige Generation nicht so belasten darf und deswegen die Renten nicht anpasst, ist nichts anderes als grober Undank. Unser heutiger Wohlstand ist auf dem begründet, was die vorangegangene Generationen, die Lebenden und auch die nicht mehr Lebenden, geschaffen haben.

?: Eine Frage ist ja auch, was Armut überhaupt ist. Armut ist in Deutschland ja eine statistische Größe. Wer weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens zur Verfügung hat, gilt als arm.
Werner: Für mich ein Mensch arm, der nur mit Almosen sein Leben bewältigen kann.

?: Haben wir dann denn überhaupt Armut in Deutschland? Unsere sozialen Sicherungssysteme wie Sozialhilfe oder ALG II sind ja geschaffen worden, um Armut zu verhindern und eine Grenze zu ziehen, unter die niemand fallen darf.

Werner: Theoretisch ist das so, aber machen Sie doch mal ein Hartz-IV-Praktikum. Das würde die Sache vielleicht deutlicher machen.

?: Als Student habe ich genau von solchen Summen gelebt.
Werner: Als Lehrling habe ich von weniger gelebt, aber das waren andere Zeiten. Wenn heute eine alleinerziehende Mutter auf Hartz-IV angewiesen ist, kann sie ihrem Kind nicht ermöglichen, an einer Klassenfahrt teilzunehmen. Sie ist oftmals nicht in der Lage, den Kühlschrank reparieren zu lassen oder sich eine Fahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr zu leisten. Wie wollen Sie sich heute in der Großstadt bewegen, ohne dass Sie den öffentlichen Nahverkehr in Anspruch nehmen? Das ist persönliche Armut – und parallel dazu haben wir eine öffentliche Armut. Wieso leisten wir uns eine schadhafte Infrastruktur?

?: Weil die öffentliche Hand kein Geld hat, die Infrastruktur in Ordnung zu halten?
Werner: Das ist ein Denkproblem. Wenn eine Stadt sagt, sie habe kein Geld, um die Kanalisation zu reparieren, dann liegt das doch nicht daran, dass wir kein Geld haben. Sondern es liegt daran, dass wir das Geld als die Realität sehen und nicht die Tatsache, dass es genügend Handwerksbetriebe gibt, die in der Lage sind, die Kanalisation zu reparieren. Alles, was produziert werden kann, ist auch bezahlbar. Unser Reichtum ist doch die noch nie da gewesene Fähigkeit, Güter und Dienstleistungen in Hülle und Fülle herzustellen – Überfluss, wo Sie hinsehen. Die Frage ist, ob uns es gelingt, uns als Öffentlichkeit wie auch als einzelne Individuen den Zugang dazu zu verschaffen.

?: Sie müssen nur bezahlt werden.
Werner: Nein, sie müssen nicht bezahlt werden, sie müssen produziert werden. Und wenn sie produziert werden, dann sind sie auch bezahlbar. Wir meinen immer, der Engpass sei das Geld. Aber ohne die Produktion wäre das Geld ja gar nicht da.

?: Produziert wird im Idealfall nur das, wofür man einen Abnehmer findet.

Werner: Der Wert entsteht doch erst durch die Produktion, dadurch, dass ein Gut, eine Dienstleistung hervorgebracht wird, entsteht überhaupt erst das Geld. Und die Verirrung ist, dass wir glauben, das Geld wäre der Engpass. Wenn wir einerseits Straßenbau-Unternehmen haben, die mit ihren Menschen und MethodenStraßen instand setzen können, und trotz mangelhafter Infrastruktur diese Straßenbau-Unternehmen Pleite gehen, weil sie keine Aufträge haben, dann merkt man doch, dass da etwas nicht stimmt. Unser Problem ist, dass wir die Welt durch einen Geldschleier sehen.

?: Mit Ihrer Idee vom Grundeinkommen haben Sie für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Ihr Buch Grundeinkommen für alle war ein Besteller.
Werner: Na ja, es ging. Die Feuchtgebiete von Charlotte Roche haben sich deutlich besser verkauft.

?: Immerhin ist es Ihnen gelungen, eine Idee öffentlichkeitswirksam zu positionieren und eine Debatte zu entfachen.
Werner: Ja, eine Debatte, aber eine Entscheidung in dieser Richtung gibt es noch nicht.

?: Erfüllt Hartz-IV nicht die Funktion eines Grundeinkommens?
Werner: Nein, nicht nur wegen der Höhe, sondern weil all die Leistungen, die wir heute geben, mit Ausnahme des Kindergeldes nicht bedingungslos sind. Wir erkennen nicht das Individuum an, die Tatsache, dass jemand in unserer Gesellschaft lebt, erfordert, dass ihm die Gesellschaft die Lebensgrundlage ermöglicht. Das ist aber der Grundlage für jede persönliche Freiheit. Im Römischen Reich konnten Sie einem Sklaven nur dann die Freiheit geben, wenn Sie ihm gleichzeitig auch ein Stück Land gaben. Weil die Menschen wussten, das Stück Land versetzt ihn in die Lage, sich selbst zu versorgen. Das Grundeinkommen ist das moderne Gegenstück zu dem Stück Land im Römischen Reich: Jeder hat ein Anrecht darauf. Die Tatsache, dass jemand lebt, sollte dazu führen, dass die Gemeinschaft anerkennt, weil dieser Mensch lebt, geben wir ihm die Teilhabe, damit er dann tätig werden kann. Denn wir werden nicht für unsere Arbeit bezahlt, sondern Geld ermöglicht uns erst, tätig zu werden. Wenn jemand das einmal verstanden hat, ändert sich sein Leben.

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Es kokelt im Ruhrpott

Foto: Flickr.com / m.p.3.

Vor zwei Tagen habe ich mit ein paar Leuten bei Opel gesprochen. Es war komisch. Ich konnte fast die unterdrückte Wut spüren, oder war es nur zornige Hoffnungslosigkeit? Irgendein ein seltsames Gefühl. Keine Ahnung, schwer zu sagen.

Noch versuchen Gewerkschaften und Betriebsräte Ruhe zu verbreiten. Solange man in Verhandlungen stecke, seien Proteste nicht nützlich, heißt es zum Beispiel bei Opel in einem Flugblatt. Und auch bei ThyssenKrupp werden die Stahlarbeiter nach einem kurzen öffentlichen Protest wieder an die Hochöfen und Walzbänder geschickt.

Doch unter der Oberfläche kokelt es. Und jederzeit kann der Protest aufflammen. In Bochum sammeln Metaller in der Belegschaft von Opel Unterschriften. Sie sind nicht damit einverstanden, dass ihr Lohn gekürzt werden soll oder die versprochenen Tariferhöhungen ausfallen. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt einer der Vertrauensleute. Zur Not sei man bereit, zu streiken und zu demonstrieren.

Die Arbeiterführer im Pott spüren die Unzufriedenheit. Bei ThyssenKrupp beriefen sie eine „öffentliche Betriebsversammlung ein.“ Wenn es nicht gelingt, schnell rund 1,5 Mrd Euro aufzutreiben, dann droht der Konzern sein Ranking bei Banken zu verlieren. Das bedeutet: teure Kredite, mehr Zinsen und weniger Bargeld. Das Ende ist dann nicht mehr weit. Konzernteile sollen verschleudert werden. Ein Sarg wurde vor das Podium gestellt. Es gab Pfiffe für den Konzernchef. Danach gingen die Männer wieder ans Band. Auch der Betriebsratschef im Bochumer Opelwerk, Rainer Einenkel, sorgt mit markigen Sprüchen dafür, dass Druck abgelassen werden kann. Die Bundesregierung müsse schnell über das mögliche Rettungspaket für den angeschlagenen Opel-Konzern verhandeln. "Andernfalls werden wir kreative Lösungen finden, die Arbeitsplätze zu retten", sagte Einenkel. Denkbar seien Resolutionen, Demonstrationen oder "Informationsveranstaltungen", wie ein "wilder Streik" auch genannt wird.

Bernd Kruse unterstützt diesen Kurs. Er ist Gesamtbetriebsratsvorsitzender beim Essener Stahlriesen ThyssenKrupp. Das ganze „Wischiwaschi" bisher sei "ärgerlich". Wenn Opel die Luft ausgehe, „werden wir uns dazu aufstellen", sagte Kruse. Denn dann seien auch Jobs in der Zulieferindustrie gefährdet. Und dazu gehöre eben auch ThyssenKrupp.

Es kokelt also. Und wie lange die Ventile noch halten, ist unklar. Die Belegschaften fangen an, sich auszutauschen. Sie nutzen die Kanäle der Gewerkschaften. Zum Beispiel organisiert die IG Metall Treffen von Betriebsräten aus allen bedrohten Unternehmen, wie ich erfahren habe. Es wird auch über einen Flächenbrand diskutiert. Was passiert, wenn die Krise auf dem Rücken der Arbeitnehmer ausgetragen wird. Was passiert, wenn die Fabriken geschlossen werden, wenn die Belegschaften nicht mehr ruhig gehalten werden können?

Allein am ThyssenKrupp-Standort Duisburg-Hamborn sind 14 000 Menschen beschäftigt, bei Opel Bochum rund 5000. Beide Belegschaften sind erfahren im Arbeiterkampf. In den 80ziger Jahren kämpften die Stahlarbeiter über Monate gegen die Schließungen ihrer Werke in Duisburg-Rheinhausen. Im Jahr 2004 retteten die Opelaner mit einem "wilden Streik" ihr Werk in Bochum. Dazu kommen die Arbeiter in den anderen Metallbetrieben. Die auf Lohn verzichten sollen, die in Kurzarbeit sind oder kurz vor der Entlassung.

Doch im Augenblick ist noch nichts von Arbeitskampf zu sehen. Die ganzen Flächenbrand-Szenarien werden unter Verschluss gehalten. Stattdessen wird über Lösungen gesprochen. „Wir protestieren nicht gegen die jeweiligen Geschäftführungen und die Bundesregierung“, sagt Wolfgang Nettelstroth von der IG Metall in NRW. „Solange diese helfen, die Betriebe zu retten, wird es keine abgesprochene Protestwelle geben.“ Die Betriebsräte der großen Ruhr-Konzerne haben sich eine Sprechpause verordnet, bis klar ist, was passiert.

Ein Kollege von mir meint, solange keine ungeheure Provokation kommt – entweder aus den Staaten oder aus der Bundesregierung – wird gar nichts passieren. Die Arbeiter werden auf ihre Löhne verzichten, weil sie Angst haben vor der Arbeitslosigkeit in der Krise. Sie werden auf Urlaub verzichten, auf Zuschläge auf alles. Egal ob bei Opel, ThyssenKrupp oder sonstwo. Zur Not werden sie still in die Arbeitslosigkeit verschwinden.

Man versucht also konstruktiv zu sein. Statt über Streiks wird jetzt über eine Verlängerung der Kurzarbeit gesprochen oder über die Einführung der 4-Tage Woche ohne Lohnausgleich.

IG-Metall-Mann Nettelstroth sagt: „Wir führen in den Betrieben Gespräche, um die Möglichkeiten zu erkunden, die Betriebe zu retten.“ So gibt sich auch der Chef der IG Metall Oliver Burkhard kompromissbereit: Er bietet einen Verzicht auf die im Herbst erstrittene Lohnerhöhung von 2,1 Prozent an, wenn dafür die Arbeitgeber befristet auf Entlassungen verzichten.

Und noch etwas kommt im Sprachgebrauch der IG Metall im Ruhrgebiet vor: Nettelstroth und Kollegen fordern Qualifizierungsmaßnahmen für die Menschen, die ihren Job verlieren. „Wir denken an den Facharbeitermangel. Wir müssen die Krise auch als Chance nutzen.“ Denn irgendwann wird es wieder nach oben gehen und dann braucht man gute Leute.

Tatsächlich ist nicht alles schwarz im Ruhrgebiet. Selbst wenn Opel untergeht. Selbst wenn ThyssenKrupp in die Falle rutscht. Selbst wenn die Metaller untergehen. Überall finden sich Ansätze für neues.

Es wird weitergehen – weil es weitergehen muss. Keine Alternative.

Ruhrpilot

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Die neuen Abenteuer des Jamiri – jetzt auch auf großer Bühne

Man trifft den bekannten Zeichner unweit des gerade frisch ausgebrannten De Prins, dem schon fast sprichwörtlichen „zweiten Wohnzimmer“ von Jan-Michael Richter. Aktueller Anlass ist seine Arbeit für die Eröffnungsshow der offiziellen Partnerregion der Internationalen Tourismusbörse in Berlin – dem Ruhrgebiet, Ruhr.2010, tourismusmetropoleruhr, wie auch immer. Ein Gespräch mit Jamiri über Arbeitsethos, wie man wurde was man ist und so einiges mehr.

Ruhrbarone ?: Du hast für die ITB Eröffnungsshow nicht unwesentlich zum Bühnenbild beigetragen. Ist das Dein erster Ausflug hinaus aus der Welt der Comic-Strips und -Bücher?

Jamiri !: Begonnen habe ich ja als Kommunikationsdesign-Student in Essen, habe ein paar Auftragsjobs gemacht und wusste gar nicht, wo es hingeht. Irgendwann traf ich dann in der Caféteria ein paar Leute aus dem Industrial-Bereich, die da gerade das Magazin „bospect“ aus der Taufe gezogen haben. Und als einziger KDler am Tisch wurde ich dann gefragt, als Comic-Zeichner zu fungieren. Zu einer Ausgabe wurde ich dann überredet, eine vierseitige Geschichte zu „Ausgehen in Bochum“ zu machen. Ich hatte eigentlich gar keine Lust, aber das hat so gekracht, dass die Ausgabe neu aufgelegt werden musste. Danach hatte ich dann immer eine ganze Seite, bis der Marabo mich abgeworben hat. Nach einem halben Jahr da kam dann Unicum schon an, und ich habe dann auch für die gezeichnet.

?: Wann reicht dann eigentlich das Einkommen durch Zeichnen? 

!: So ab 1993 etwa. Dazu habe ich aber parallel lange immer noch Theke gemacht. Und dabei hatten meine Arbeit einige bei Unicum zunächst nicht verstanden und es gab die Idee, ich möge doch lieber lustige Ideen der Redaktion in Zeichnungen umsetzen. Aber da kamen dann auch gerade Waschkörbe voller Post wegen meinen Seiten, und ich hatte recht bald „carte blanche“ und konnte doch machen, was ich wollte. Neben Marabo und Unicum kam dann Online Today dazu, die gibt es jetzt nicht mehr. Und dann schließlich auch Bücher. Dann hat es spätestens gereicht, wobei es nie einen Masterplan gab. Ich habe immer gezeichnet, was ich so erlebt habe und das dann veröffentlicht.

?: Und da kam dann nie jemand und fragte mal wegen Filmen oder Musikvideos oder so etwas?

!: Nein. Ich habe dann wohl Ausstellungen gemacht, u.a. auch für die Caricatura, und dann kam eben noch spiegel-online dazu. Und da habe ich dann gedacht, ich muss mich nur neben das Telefon setzen und auf Anfragen warten. Dem ist aber nicht so gewesen, und über die Jahre habe ich über Flurfunk und Co. auch herausgefunden warum: Die Leute denken, ich sei „Eigentum“ von spiegel-online. Ich bin da so zugeordnet dass man meint ich wäre so aus allem raus mit Maserati vor der Tür und ganz dem Spiegel zugehörig, so dass eben keiner fragt. 2007 war dann schon eher knapp, 2008 dafür super. Aber so ist das halt als Freiberufler.
Ab und zu bin ich wohl gebucht worden, um Illustrationen für Film und Fernsehen zu machen, aber das ist dann nicht so populär. Letztens eine 3SAT-Produktion („Wenn es Nacht wird“) als Interviewpartner, Illustrator und Titeldesigner. Das sehen dann vielleicht 250.000 Menschen, und bei spiegel-online hast Du pro Comic oft eine Million. Und so kam das denn, dass Regisseur Gil Mehmert, der auch ein Interview in der Galore mit mir gelesen hatte, mich für diese ITB-Sache (Foto: Nora Erdmann) engagiert hat.

?: Also musstest Du – obwohl Du hier wohnst – quasi erst raus aus dem Ruhrgebiet, um es dann mit-repräsentieren zu können?

!: Ich bin ja schon der Comiczeichner vom Dienst hier – es gibt ja sonst kaum welche – und daher wohl zuständig. Und ich war da auch erst besorgt, dass ich da wohl nur sozusagen die Verkaufslackierung machen kann. Aber so ist das ja nicht, man hat mir schon weitestgehend freie Hand gelassen. Natürlich habe ich Motive vorgegeben bekommen, der dramaturgischen Abfolge wegen. Andererseits: Allein das Wetter auf den Bildern ist eher permanent Nieselregen, aber selbst darauf hat mich niemand angesprochen. Ich konnte mir da quasi ein wenig Mit-Autorenschaft verleihen. Es war wohl das erste Projekt, bei dem mein Name mit darauf steht, und das – hierarchisch besehen jetzt– im Dienst einer „höheren Sache“ quasi. Das heißt dass Zeichnungen letztlich gar nicht gebraucht wurden oder nachträglich am Mischpult verändert worden sind. Das habe ich dann eher über mich ergehen lassen. Hätte ich ein anderes Ego, hätte ich da mehr gemuckt. So finde ich meine Arbeit in Teilen vielleicht unterrepräsentiert, aber die steht halt im Dienst der Inszenierung der Bühnenshow.
Und von den Abläufen her alleine habe ich sehr viel gelernt. Es gab drei recht weit auseinander stehende Projektionsflächen plus acht Plasmadisplays. Ein Gesamtmotiv wäre halt zerrissen worden, und ich wollte auch keine Wiederholung des gleichen Motivs auf allen Flächen, also habe ich Ausschnitte projizieren lassen. Und das ist dann letztlich zum Großteil beherzigt worden, manchmal aber auch nicht, weil zuviel Hintergrund öfters auch irritiert. Ich habe halt noch nicht wie ein Bühnenbildner gedacht. Und das geht für so eine einmalige Show im Rahmen einer Messe ja auch alles viel schneller als für eine oft aufgeführte Theaterproduktion, die eine viel längere Produktionszeit hat.

?: Wie ist denn das Klima zwischen Künstlern, Auftraggeber und Repräsentanten bei so einer Angelegenheit ganz allgemein?

!: Ich habe eine Hausnummer gesagt, der wurde zugestimmt, dann wurde der Betrag plötzlich geviertelt und ich habe erstmal abgesagt und mich geistig-seelisch von dem Projekt verabschiedet. Dann hat mich aber Gil Mehmert angerufen und gesagt, dass er genau mich haben will, und wir haben uns doch noch finanziell geeinigt.
Erfahrungsgemäß sind die Künstler am untersten Ende der Nahrungskette. „Das ist doch auch Werbung für Sie“ muss ich mir immer anhören. Wenn ich danach gehen würde, hätte ich bis heute keinen Cent verdient. Und eines der Probleme von Ruhr.2010 ist natürlich, dass alles auf Weltniveau passieren soll, aber die meisten guten Leute alle abgewandert sind in die klassischen Medienstädte. Aber mein persönliches Netzwerk alleine mit Leuten auf Weltniveau zum Beispiel: Die sind alle hier, nur ruft die keiner an.

?: Zurück zur Kunst: Es ist ja 2008 ein „Best Of“ von Dir erscheinen. Wie wählt man das aus?

!: Mit Herzblut. Und da hat mir der Verlag auch freie Hand gelassen, bis hin zum Format. Wobei Comics in Deutschland im franko-belgischen Verständnis schon lange ein schwieriges Thema sind. Und dafür geht es mir gut, in Japan wäre ich halt Popstar (Zeichnung: Jamiri). Aber was meinen Bekanntheitsgrad betrifft, kann ich mich hierzulande auch nicht beschweren: Bei der Aufführung in Berlin saß hinter mir ein älteres Ehepaar in den 60ern und blätterte so im Programmheft. Und sie fragte: „Jamiri? Wer ist das denn?“ Und er sagte: „Der macht so Karikaturen im Spiegel.“ Dann wurde er leiser, deutete auf mich und sagte: „Da, der könnte das sein.“

Das nächste Buch von Jamiri erscheint im Sommer 2009.

Ortstermin: In Gelsenkirchen beschwört SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die Notwendigkeit sozialdemokratischer Politik

Vielleicht liegt es am außerordentlich guten, aber doch recht schwer im Magen liegenden Essen des Gelsenkirchener Hotels Maritim, dass die Delegierten der NRW-SPD derart verhalten reagieren, als Frank-Walter Steinmeier, begleitet von einem Dutzend Sicherheitsleuten und Kameraleuten, den Konferenzsaal betritt.

Nur langsam kommt der Applaus für den Bundesaußenminister und Kanzlerkandidaten in Fahrt. Zuerst spenden nur die vorderen Beifall, dann einige der mittleren Reihen und erst am Schluss, wenn auch nur vereinzelt, die Hinterbänkler. Vielleicht ist es dieser Umstand, der Hannelore Kraft, Parteivorsitzende der NRW-SPD, dazu veranlasst, Steinmeier enthusiastisch als „zukünftigen Kanzler der Bundesrepublik Deutschland“ zu begrüßen.

Kraft bemüht sich redlich, die müden Delegierten für den Spitzenkandidaten der SPD zu begeistern. Sie versucht es mit der Rhetorik Münteferings („Wir, die SPD, stehen für klare Kante.“) und mit dem Selbstbewusstsein Schröders („Schwarz-gelb kann es nicht!“). Kaum zu glauben, aber wahr: Angesichts der Passivität der Abgeordneten wünscht man sich fast Hubertus Heil, den Generalsekretär der SPD, herbei, der die müden Abordneten zu einem „Yes, we can“ zu animieren versucht.

Anschließend wird Martin Schulz, Vorsitzender der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas als ein weiteres Highlight der Tagung vorgestellt. Man erinnert sich dunkel, dass es jener Schulz ist, dem der italienische Ministerpräsident Berlusconi vorschlug, er solle doch die Rolle des Kapo in einem KZ-Film übernehmen. Schulz hatte es im Europa-Parlament gewagt, Berlusconis Doppelfunktion als Regierungschef und Medienunternehmer zu kritisieren.

Dann ist es endlich soweit. Frank-Walter Steinmeier beginnt mit seiner Rede. Er spricht sachlich und ruhig. Seine Ausführungen sind differenziert und keineswegs mit polemischen Anfeindungen gegenüber dem politischen Gegner gespickt, wie man es von anderen Politikern auf Veranstaltungen solcher Art gewöhnt ist.

Er spricht davon, dass angesichts der Weltfinanzkrise nicht allein Banken bankrott gemacht haben, sondern eine gesamte Weltanschauung. Der Glaube, dass freie Marktwirtschaft die besten Resultate hervorbringe, wurde widerlegt. Die neoliberale Mär vom freien Handel konnte durch die Erfahrung eindeutig als falsch ausgewiesen werden. „Die Erotik der schnellen Rendite“, so Steinmeier, sei vorbei. Der Spalt für sozialdemokratische Politik habe sich vor dem Hintergrund der Krise weit geöffnet.

Er klopft im Takt seiner Worte mit der Hand auf das Rednerpult: „Vieles geht. Deshalb lasst uns das versuchen“, sagt Steinmeier. Sein Credo lautet: „Ich bin so selbstbewusst, dass ich sage: ‚Wir geben vor, was in der deutschen Politik gemacht wird.’“ Nun sei es Aufgabe der Sozialdemokratie „den Scherbenhaufen aufzusammeln und dafür zu sorgen, dass sich dieser Schaden nicht noch einmal wiederholt.“ Er verteidigt das Kunjunkturprogramm der Bundesregierung, hebt die Wichtigkeit der Automobilindustrie für die deutsche Wirtschaft hervor und weist darauf hin, dass die Abwrackprämie ein Verdienst der deutschen Sozialdemokratie sei, ohne das die deutsche Automobilindustrie alt aussehen würde. Alles in allem ist es eine inhaltlich überzeugende, alles andere als oberflächliche Rede.

Indes: Nicht selten wird Steinmeiers förmliches, mitunter spröde anmutendes Auftreten von den Medien kritisiert. Ein guter Politiker, so ist es dann zu lesen, müsse sein Publikum begeistern können, Charisma haben. Und es stimmt: Man kann nicht gerade behaupten, dass Steinmeier dem von Max Weber skizzierten Typus des charismatischen Politikers entspricht. Und ja: Es ist unstrittig, dass ein Politiker, gerade Wahlen betreffend, davon profitiert, wenn er Ausstrahlung besitzt. Man denke nur an Obama oder – das einzige deutsche Beispiel, das einem spontan einfällt – Helmut Schmidt, der sich noch heute als erster „Staatschauspieler“ bezeichnet.

Doch ist Charisma, dass sollte nicht aus dem Blick geraten, keineswegs Bedingung für eine vernünftige Politik. Zwar ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn ein hochrangiger Politiker nicht allzu provinziell daherkommt und etwa als „Pfälzer Waldschrat“ verspottet wird. Aber es sollte wieder in den Blick genommen werden, dass die Politik nicht dazu da ist, die Menschen zu unterhalten.

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Kultur: Europäischer Filmpreis kommt nach Bochum…Der Westen

Deutsche Bank: 1800 Jobs für Essen?…Der Westen

Bundestag: CDU wählt Liste in Mülheim…Ruhr Nachrichten

GM: Europa will Geschlossenheit…Spiegel

Ruhr2010: Nach der Arbeit das Vergnügen…Kölner Stadtanzeiger

Kriminalität: Mafiahochburg Ruhrgebiet…Welt

Baden: Copacabackum eröffnet….Gelsenkirchen Blog

Dierkes: Duisburger Blogger sind sauer…Prospero

Web 2.0: Stadt Ruhr bloggt…Hometown Glory

Zollverein: Welcome To The Machine…Ruhr Digital

Online Magazin Bo-Alternativ: Anzeige wegen „Terrortorte“

Als Steuerzahler wundert man sich ja immer wieder darüber, was Beamte so den ganzen Tag machen. Und dass sie dafür auch noch bezahlt werden. Zum Beispiel die Beamten der Staatsanwaltschaft Bochum.

Die haben gegen Martin Budich, den Betreiber des ebenso traditions- wie erfolgreichen Online-Magazins Bo-Alternativ Anklage erlassen. Budich soll, so die Anklageschrift, öffentlich  zur Begehung gefährlicher Körperverletzungen und zu Verstössen gegen das Versammlungsgesetz aufgerufenhaben.

Das Corpus Delicti ist links zu sehen: Ein menschenverachtender Alien mit seiner sicher brandgefährlichen Terrortorte. Das Bild des schon so böse blickenden Zeitgenossen wurde am 21. Oktober vergangenen Jahres neben einem Text mit der Überschrift "Dem Naziaufmarsch entgegentreten" veröffentlicht.

Klar, das war ein Aufruf zur Gewalt – und das auch noch unter Zuhilfenahme von Aliens (Was die Staatsanwaltschaft offensichtlich übersehen hat.) Die Nazis liessen sich übrigens nicht von der Space-Drohung abschrecken und zogen unter dem Schutz der Polizei durch Bochum. Am Ende bedankten sie sich für die gute Zusammenarbeit.

Heute Abend diskutieren die Macher von Bo-Alternativ darüber, wie sie mit der Anzeige umgehen. Meine Frage dazu: Kann man eigentlich eine Staatsanwältin für die Verschwendung von Steuergeldern im Amt anzeigen?