Datteln: New Park in Turmoil

Karte: New Park / Datteln

Irgendwie finde ich es immer bedenklich, wenn Städte ihre Planungen mit englischen Begriffe umschreiben. New Park ist so ein Ding. Grundsätzlich ist es toll, dass hier die Städte rund um Datteln und Waltrop ein neues Industriegebiet gemeinsam planen. Hinter dem Begriff New Park steckt jedoch jede Menge Schaumschlag, der nun in sich zusammensackt. Oder anders gesagt, wäre man in Datteln auf dem Boden geblieben, müsste nun niemand Angst haben zu stürzen.

Zur Geschichte: Ursprünglich sollte der New Park so eine Art New Deal werden. Eine Sonderwirtschaftszone mitten in NRW, mit niedrigen Steuersätzen, Ausnahmen aus Tarifverträgen und vereinfachten Genehmigungsprozessen. Also so was wie Shanghai im Pott.

Davon geblieben ist: kaum etwas. Keine Rede mehr von Ausnahmen aus den Tarifverträgen und so.

Stattdessen soll der Versorger RWE die 134 Hektar Reservefläche für Energieanlagen zwischen Waltrop und Datteln an eine New Park GmbH als Zusammenschluss von mehreren Kommunen verkaufen. Diese GmbH soll dann das Wiesenland und die Rieselfelder als Industriefläche aufbereiten und vermarkten. Das Ziel ist es, Fabriken in der Größe von Opel anzusiedeln. Irgendwann sollen 9000 Menschen hier arbeiten. Da alle Städte gemeinsam beteiligt sind, würden auch alle Städte über gemeinsame Steuereinnahmen von der neuen Industrie ihren Nutzen haben, so die Idee. 

Hach, diese schönen Illusionen.

Trotzdem haben sich im Kreis Recklinghausen einige Kommunen entschieden mitzumachen bei den Planungen, und auch Dortmund und Gelsenkirchen liebäugeln mit der New Park Idee.

Nur: Anliegerstadt Waltrop hat sich aus den Planungen verabschiedet. Und auch in anderen Gemeinden dürfte bald der Widerstand gegen den New Park wachsen.

Denn wie es aussieht, wird jede Gemeinde, die sich in die GmbH einkauft, Gewerbeflächen in den eigenen Stadtgrenzen verlieren. Der Grund ist einfach: In NRW gibt es die Auflage, keine grünen Flächen mehr zuzubauen. Wenn dies aber doch geschieht, müssen Ersatzflächen begrünt werden. Das heißt. Wenn eine Stadt einen Anteil von 10 Prozent an der New Park GmbH kauft, müsste sie anschließend 13,4 Hektar Gewerbefläche auf dem eigenen Stadtgebiet aufforsten.

Das kann sicher hier und da klappen. Etwa wenn sowieso eine alte Industriebrache zu einem Park umfunktioniert werden soll.

Aber der Nachteil bleibt: Diese Ersatzflächen können kaum noch rückverwandelt werden in Gewerbeflächen, wenn der New Park scheitert.

Nun denn, das NRW-Wirtschaftsministerium prüft gerade, wie die Nummer zu handhaben ist. Der einzige Referenzfall ist der Flughafen Münster-Osnabrück. Und hier mussten die beteiligten Kommunen Land in ihren Grenzen abgeben.

Update: Bild Online geht Online

Bild ist heute mit mehreren Regionalausgaben Online gegangen. Vorne mit dabei:  die Online Ausgabe des Boulevardblatts für den Pott. Allerdings: Die insgesamt rund zehn Regionalausgaben laufen zunächst verdeckt, um die Abläufe zu testen. Sie sollen in den kommenden Tagen für das Publikum nach und nach frei geschaltet werden. Der Regionalteil für das Revier soll von Dortmund aus bestückt werden und vor allem das Online-Angebot der WAZ-Gruppe, der Westen.de, angreifen. "Wir wollen das Revier aufmischen", sagte ein an dem Projekt beteiligter Reporter den Ruhrbaronen. Das Ziel sei es, Anzeigen und Leser abzugraben. Ein Wettbewerb wie es ihn im Printgewerbe lange nicht gegeben hat.

Mit der Ausweitung ins Regionale will Deutschlands größtes Boulevard-Online-Magazin die Bekanntheit in der Fläche verstärken. Bereits jetzt ist Bild mit über 1 Mrd Seitenzugriffen im Monat Mitglied im exklusiven Netz-Milliardärs-Club.

Was treibt Koch im ZDF und gibt es das auch im WDR-Land?

Foto: ZDF-Chefredakteur Brender / Wikipedia

Wohl kein Job ist derzeit in unserem Wirtschaftskrisenland so sicher, wie der von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender, der diesen Job zuvor schon hierzulande beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) ausgeübt hat. Ist der fiese Roland Koch also gescheitert? Das kann nur glauben, wer glaubt, dass es Koch um Brender geht.

Wetten auf Brender werden wohl nirgends mehr angenommen. Fast alle sind ihm zur Seite gesprungen, nicht nur ZDF-Promis – sogar Kurt Beck bekommt nun als ZDF-Verwaltungsratschef wieder Medienanfragen – auch die Old Boys der ARD, Fritz Pleitgen (Ex-WDR-Intendant) und Jobst Plog (Ex-NDR-Intendant) meldeten sich mit eigenen Texten in der „Süddeutschen“ zu Wort.

Pleitgen und Plog stehen für eine Ära, in der weitgehender Waffenstillstand zwischen den Sendern und den etablierten Parteien herrschte, nachdem zuvor, das war in den 80er Jahren, der WDR „Rotfunk“-Beschimpfungen seitens der CDU ausgesetzt war, und frischgewählte CDU-Ministerpräsidenten den NDR sogar zerschlagen wollten. Das mit dem „Rotfunk“ hat NRW-Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) seinerzeit noch selbst erledigt, allerdings nicht mit Zeitungsinterviews, sondern, subtiler und wirksamer mit Telefonaten – also das, was Brender heute gerne schriftlich verlangt. Redakteure, die „ihr Land nicht liebten“ wurden versetzt, Cornelius Bormann und Harald Brand organisierten ein Landesprogramm, das der rechten NRW-SPD und der CDU gleichermassen gefiel.

In der Ära Pleitgen starb dieser Typus Parteisoldat langsam aus. Frauenförderung war angesagt und mit der Radiowelle „Funkhaus Europa“ (103,3 MHz) wurde eine Kaderschmiede für Journalismustalente mit Migrationshintergrund installiert. Politisch war sich der Intendant für nix zu fies. Er hat mit Ministerpräsident Wolfgang Clement zusammen das eine oder andere Barrel wertvollen Rotweins verkonsumiert. Mit dessen Nachfolger Steinbrück konnte er das nicht; er wandte sich vorausschauend Jürgen Rüttgers zu. Hier erfuhr er mehr politischen Flankenschutz für den öffentlich-rechtlichen Sender. Die Pleitgen-Rüttgers-Freundschaft war vermutlich auch ein Verdienst der WDR-Rundfunkrätin Ruth Hieronymi aus Bonn, die sich als CDU-Europaabgeordnete unspektakulär aber wirkungsvoll gegenüber der neoliberal dominierten EU-Kommission für den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk starkmachte, als der SPD-Ministerpräsident Steinbrück sich gerade mit Edmund Stoiber zu Angriffen auf denselben gemein machte. Die folgende Landtagswahl bestätigte dann, dass sie gegen den WDR nicht zu gewinnen ist.

Worum geht es Koch nun, wenn nicht um Brender? Was Koch und Freunde wirklich an Brender stört, und das haben sie dem „Spiegel“ wohl nun in dankenswerter Offenheit erklärt, ist, dass Brender gerade kein „Roter“ ist. „Rote“, wie z.B. Deppendorf oder Frey (die Studioleiter von ARD und ZDF in Berlin) würden sich ja „an die Spielregeln halten“. Die scheinen Brender nicht zu interessieren. Er ist ein unkontrollierbares Journalismus-Animal. Gegenüber dem Autor dieser Zeilen schwärmte er z.B. über den Bielefelder-Kosovo-Parteitag der Grünen 1999, nicht weil die Grünen dort in den Krieg ziehen wollten, sondern weil er dem damals jungen TV-Sender „Phönix“, der ganztägig live sendete, eine Rekordeinschaltquote beschert hatte. Dass die Grünen sich öffentlich stritten, wie es das ganze Land tat, allerdings keine der anderen Parteien, das war – und ist – in Brenders Augen ein Hit.

So soll es im Bundestagswahlkampf nicht kommen. Und darum geht es. ARD, ZDF, CDU und SPD schwebt eine Inszenierung des „Kanzlerduells“ vor, Merkel versus Steinmeier. Das impliziert: „TINA – There is no alternative“ zur Großen Koalition. Einer wie Brender tut es vielleicht nicht wirklich, ist aber verdächtig, sich solchen Ansinnen zu widersetzen. Gegen diesen Typus unabhängiger Journalist will Koch ein einschüchterndes Zeichen setzen. Diese eigene Angst, die die ehemaligen Volksparteien so auf andere zu verbreiten versuchen, macht schwach und unsouverän. Wahrscheinlich ist die nächste auch die letzte Bundestagswahl, bei der CDU und SPD noch zusammen eine Mehrheit schaffen. So machen sie mit dieser Zuspitzung in den Medien, die sie – noch – beherrschen, alles noch schlimmer. Denn das Publikum wird sich von dieser versuchten Entmündigung noch stärker abwenden, als es jetzt schon geschieht. So schaden CDU und SPD nicht nur sich selbst, sondern auch dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

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Junge Freiheit robbt sich an Christen-Führer an

Illu: Junge Freiheit

Es gibt da diesen Kongreß in Düsseldorf in diesen Tagen. "Kongreß christliche Führungskräfte" heißt der und ist irgendwie CDU nah. In diesem Jahr hat er das Motto: „Mit Werten führen“. Gut. Alle zwei Jahre findet der Kongreß statt. Manager aus Gemeinden, Klöstern oder Bibelgruppen sollen hier ihre Erfahrungen austauschen. Ein Bericht von Gastbaron Erwin Franke

Hier in Düsseldorf geht es um Themen wie „Gegen den Trend der Zeit“ und man stellt sich Fragen wie „Sind Christen bessere Unternehmer?“.

Und was ist das: Unter den Christen läßt sich eine Schar Populisten aus dem rechts-konservativen Lager blicken. Deren Themen haben ganz andere Inhalte und beschäftigen sich mit der Vorstellung neuer Parteien. Unter anderem ist die umstrittene rechtsdrehende Wochenzeitung „Junge Freiheit“ hier zu finden.

Zur Erinnerung: Die „Junge Freiheit“ hatte sich aus dem Verfassungsschutzbericht zu rechtsradikalen Aktivitäten heraus klagen müssen, sahen die Ordnungshüter dieses doch anders. Sebastian Edathy, Vorsitzender Bundestags-Innenausschuss sagte mal: "Die Junge Freiheit bewegt sich und zwar meiner Überzeugung nach ganz bewusst in einer Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsradikalismus." Man kann das auch anders sagen. Die Junge Freiheit lebt vom und dient dem rechten Absatz der Gesellschaft.

Auf dem Christenkongreß wird diesen Rechtsaußen eine Bühne bereitet, auf der sie erfolgreich um Abos und freuden werben können. Irgendwie ist das ekelig.

Auch der Protest anderer Aussteller auf dem Kongreß über die braunen Mitaussteller macht nichts aus. Winfried Vollmer vom Organisationskomittee Workshop&Training aus Hamburg wiegelte die Kritik einfach ab. "Alles Populismus“ sagte er.  In etwa sagte er: Man hätte sich gestern nach den ersten Protesten von Ausstellern „mal das Impressum der „Jungen Freiheit“ angeschaut und Gerhard Frey nicht gefunden.“ Deswegen sei alles korrekt, man sehe keinen Anlaß zum Handeln. Tja.

Da ist wohl wer ganz bewusst blind auf dem rechten Auge, ein Blick in Internet hätte genügt, um Aufklärung zu erlangen, sofern dieses erwünscht ist. Und so sind die braunen Genossen der Freiheit schon ziemlich stolz auf die eingesammelten Abos von der christlicher Führerschaft.

Und das ist das eigentlich miese. Bei anderen Messen werden die Kameraden von der JF nicht gerne gesehen. Auf der Leipziger und Frankfurter Buchmesse gelten die braunen Herren als Gäste non Grata. Sie sind  dort Protesten ausgesetzt. In Düsseldorf aber können sich die Proto-Kanallien weiter ins Zentrum der Gesellschaft fortschleimen.

Hier auf dem Kongreß "Mit Werten führen" läuft fast jede christliche Führungskraft mit der Wochenzeitschrift unter dem Arm durch die Gänge. Andere kleben die Aufkleber der Jungen Freiheit „Political Correctness – nein Danke“ auf ihre Mappen (siehe Bild) oder nehmen sich die Tassen gegen das Denken mit.

Eigentlich darf das nicht sein. Oder?

Es riecht nach Nelken im Ruhrgebiet

Illu: Tonwertkorrekturen

Wenn Steffen Reichelt von Opel spricht, dann leuchten seine Augen und er sagt. „Im Kampf gewinnt man Solidarität.“ Kampf. Darum geht es jetzt bei Opel in Bochum. Die Pleite des Werkes droht. Die Wirtschaftskrise hat den Konzern erfasst. Aber aufgeben will Opelaner Reichelt nicht.

Gerade noch hat er mit ein paar Kollegen ein Transparent gemalt. Darauf steht „Eure Krise ist nicht unsere. Gegen Verzicht und Arbeitsplatzabbau.“ Jetzt trinkt Reichelt in seiner Küche eine Tasse Kaffee. Der Opel-Vertrauensmann hat gerade viel Zeit. Im Werk ist Kurzarbeit. Eine Woche schon. Keine Schicht. Keine Arbeit.

Vor ein paar Monaten hat Reichelt geheiratet. Seine Frau Stefanie hat den Küchentisch mit in die Ehe gebracht. Ein schweres Möbel, mit Eisenbeschlägen. An der Wand hängt ein Setzkasten. Darin eine kleine Matrioschka. Eine dieser russischen Holzpuppen, in denen nur wieder eine neue Holzpuppe steckt.

Kämpfen will Reichelt. In Bochum. Für sein Werk. Er sagt, in den vergangenen Jahren sei genug verzichtet worden. Jetzt gehe es darum alles zu erhalten. Aber geht das? Irgendwo spürt man auch bei Reichelt den Zweifel. Es gibt zu viele Autos. Im russischen Sankt Petersburg hat das neue GM-Werk gerade die Produktion vorübergehend eingestellt. In Spanien ist der Absatz eingebrochen.

Reichelt hat seine Frau Stefanie bei Opel kennen gelernt. „Die hat bei der letzten Personalrunde die Abfindung mitgenommen und macht jetzt eine zweite Ausbildung“, sagt er. Sie wird Röntgenassistentin im Bochumer Knappschafts-Krankenhaus "Bergmannsheil". Ein Job mit Zukunft vielleicht. „Jetzt bin ich Alleinverdiener“, sagt Reichelt. Kinder haben die beiden noch nicht. Er ist 33 Jahre alt. Seine Frau Stefanie 31.

Ein Kollege aus dem Werk ruft an. Ob es was Neues gibt. Reichelt weiß nichts. Seit Februar heißt es von Woche zu Woche nur warten. Gibt es Arbeit in den kommenden Tagen? Oder muss man weiter zu Hause sitzen. Man sieht die Kollegen nicht. Alles erfährt man nur über die stille Post oder aus der Zeitung. Dienstag soll wieder ein Einsatz kommen. Für einen Tag oder eine Woche? Das kann keiner genau sagen. Auch die Werksleitung nicht, glaubt Reichelt.

„Der Absturz kam so schnell, damit hat niemand gerechnet.“ Seit dem großen Streik 2004 ging es eigentlich immer bergauf. Bis zum März im vergangenen Jahr hat der Bandarbeiter Überstunden und Sonderschichten gekloppt. Die Produktion lief auf Hochtouren. Dann kamen normale Schichten irgendwann im Sommer. Jetzt seit November der Zusammenbruch. „Dieser Widerspruch hat ziemlich rein gehauen“, sagt Reichelt. Es ist schwer zu verstehen. Gerade noch gefragter Fachmann, nun ein Mann vor der Arbeitslosigkeit.

Reichelt überlegt. Er schweigt. Wie passt das zusammen? Ständig hatte GM in den vergangenen Jahren neue Werke aufgemacht. In Polen eine Fabrik bei Warschau mit einem Ausstoß von jährlich 350.000 PKW. In Russland zwei Fabriken – auch hier 300.000 Wagen im Jahr. „Wieso können die Autos nicht mehr verkauft werden? Wieso müssen wir bluten?“, sagt Reichelt dann.

Es ist eine Art Trauer zu spüren. Am Kühlschrank hängt ein Wimpel des VFL Bochum. Die Gedanken schweifen mit dem Blick auf das Symbol ab ins Ruhrstadion. Vor jedem Kick wird hier Grönemeyers Hymne an die Stadt gespielt: „Bochum ich komm aus Dir, Bochum ich häng an Dir.“ Die Melodie ist ein trotziges Aufbegehren gegen den Niedergang. Gegen das Ende der Stahlwerke und Zechen. Gegen die Trauer am Ende einer Zeit. Die Melodie schwingt auch jetzt mit, hier in der Küche des Opelaner. Aus der Trauer wird auch hier Trotz. Gegen die Finanzkrise. Gegen die Spekulationen. Gegen die Fehler des Managements. „Die haben aus Opel jahrelang Milliarden rausgepresst. Und jetzt sollen wir zahlen?“, fragt Reichelt. Die Antwort heißt für ihn „Nein.“

Dann folgt eine Pause und der Trotz mischt sich mit dem Gedanken, wie das alles werden soll. „Wir produzieren mit 6000 Mann so viele Autos wie früher 20.000 Leute. Wir haben Lohneinbussen hingenommen und Arbeitsplatzvernichtung. Mehr geht nicht. Irgendwann ist Feierabend.“ Aus dem Trotz wird Wut.

Dabei hat Reichelt keine Hoffnung auf die Politiker wie den NRW Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) oder SPD-Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier (SPD). „Die kommen immer, wenn es was zu sagen gibt, und dann sind die weg. Die machen doch den Leuten Illusionen, dass Opel in Europa selbstständig arbeiten kann. In Konkurrenz zu den Amerikanern.“ Die Wut von Reichelt wächst. Er spricht von den Wahlkämpfen in diesem Jahr, von den Zukunftsverträgen, die Arbeitsplätze und Lohn garantieren und doch nur für Einsparungen stehen. Er redet von den 100 Autowerken, die in der Welt angeblich über sind, wie Experten erzählen. Er denkt an die Verluste und an die Gewinne.

„Warum soll jetzt die Belegschaft und der Steuerzahler für die Fehler des Managements haften?“, fragt Reichelt.

Es ist soviel, was im Argen liegt. So viel. „Wir müssen uns zusammenschließen“, sagt der Vertrauensmann. Er steht mit Kollegen bei den Zulieferern in Kontakt, mit Betriebsräten und Vertrauensleuten bei ThyssenKrupp. „Wenn eine Belegschaft den Anfang macht, ziehen die anderen mit. Das bleibt nicht ohne Wirkung. Wir haben Sprengkraft.“ Wie 2004, als die Menschen ans Tor im Bochumer Opel-Werk kamen, die Alten und die Jungen, um zusammen für die Zukunft zu streiten. Ein Rentner, erinnert sich Reichelt, habe ihm damals durch das Gitter 200 Euro zugesteckt. „Ihr braucht das dringender als ich, hat der Alte gesagt.“

In der Siedlung von Reichelt in Bochum-Wiemelshausen leben viele Opelaner. Die Straße hoch. In Backsteinbauten. Der Lebensmittelladen an der Ecke ist verrammelt, der Kaugummiautomat leer. Irgendjemand hat Blumen an die Straße geschmissen. Es riecht nach Nelken.

Ruhrpilot

Illu: Tonwertkorrekturen

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Opel: Konzept – keine Rettung…Die Zeit

Opel II: Rettung gefährdet Jobs…Welt

Opel III: Betriebsrat geht von Personalabbau aus...Ruhr Nachrichten

Sport: Stadionneubau für Viertklässler…Der Westen

Dierkes: Duisburg has been a hotbed of anti-Israeli sentiments…Jerusalem Post

Kultur: Nienhaus Internet Streams…Hometown Glory

Tourismus: Weltstadt Ruhr…Bild

Linkspartei: Streit auf Essener Parteitag…Spiegel

BVB: Kein Fanproblem…Ruhr Nachrichten

VRR: Bahn will Zwangsvollstreckung…Der Westen

Bergbau: Die Kumpelinen kommen…Marler Zeitung

 

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Wo ist die Konjunkturkrise?

Foto: Mengedoht

Morgens halb elf in Deutschland: Stau in Marl. Die 90.000-Einwohner-Stadt glänzt zwar ohnehin nicht durch intelligente Verkehrsführung, aber heute geht gar nichts mehr an einem der Drehkreuze der Chemiestadt zwischen nördlichem Ruhrgebiet und Münsterland, denn: Praktiker hat einen neuen Markt eröffnet. Anscheinend ist nicht nur ganz Marl auf den Beinen, um Eröffnungs-Schnäppchen mitzunehmen, sondern mindestens noch ein oder zwei andere Ruhrgebietsstädte.

56 Mitarbeiter hatte der Markt – zuvor versteckt in einer Sackgasse hinter dem Straßenverkehrsamt des Vestischen Kreises Recklinghausen – bisher, jetzt sind es 20 mehr. Immherin! Vergrößert hat sich der Baumarkt von 4.000 auf 9.100 Quadratmeter, inklusive eines 2.500 qm großen Gartencenters, 40.000 Artikel gibt es zu ergattern an der Kreuzung Herzlia Allee/Recklinghäuser Straße, dem jetzt wohl exponiertesten Standport der Stadt.

Dazu: Die neue Filiale gilt als einer der modernsten Praktiker-Baumärkte in Deutschland, unter anderem, weil er mit Geothermie gewärmt wird, es ist der erste überhaupt, den das Unternehmen komplett in Eigenregie geplant und auf eigenem Grund und Boden gebaut hat, acht Millionen Euro wurden investiert, plus ein weiterer Millionen-Betrag für das Warenlager.

Aber wieso wollen heute Morgen alle dahin? Ich denke, wir haben Konjunkturkrise? Wieso blockieren dann Zehntausende von Autos schon die Zufahrt zur Stadt, die eigene Erschließungsstraße zum Baumarkt? Ich weiß es nicht – Geiz ist geil? und etliche Leute kommen mit vollgeladenen Einkaufswagen aus dem blitzeblanken neuen Markt –, aber jedenfalls verbringe ich eine geschlagene Viertelstunde damit, auch nur auf den Parkplatz zu gelangen…

AGR – Die Staatsanwaltschaft Bochum sagt:

Um die Unklarheiten über die Strafzahlung der AGR aufzuklären, habe ich mich darum bemüht, das Schreiben der Staatsanwaltschaft Bochum zu bekommen, in dem die Einstellung präzisiert wird. Damit nichts offen bleibt, zitiere ich das ganze Schreiben:

Ermittlungsverfahren gegen Dietrich Freudenberger

Wegen unrichtiger Bilanzdarstellung, Verletzung der Buchführungspflicht, Insolvenzverschleppung p p.

Datum der Strafanzeige 06 .05. 2007

von der Erhebung der öffentlichen Klage habe ich vorläufig abgesehen und das Verfahren wegen des Vorwurfs der unrichtigen Bilanzdarstellung in Tateinheit mit Verletzung der Buchführungspflicht mit Zustimmung des zuständigen Amtsgerichts Recklinghausen gemäß § 153aA bs. 1 der Strafprozessordnung vorläufig eingestellt.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist der Beschuldigte der unrichtigen Bilanzdarstellung in Tateinheit mit Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 331 Abs. 1 Nr. ‚1H GB,2 83 b Abs. 1 Nr.3 a), 52 SIGB hinreichend verdächtig.

Entgegen seiner Verpflichtung hat der Beschuldigte als verantwortlicher Geschäftsführer der AGR Abfallentsorgungs-Gesellscschaft Ruhrgebiet mbH die im Februar 2OO4 gegenüber der damaligen Tochtergesellschaft Hans Brochier GmbH & Co.KG abgegebene Patronatserklärung als Haftungsverhältnis unter der am 28.09.2006 von ihm unterzeichneten Bilanz für das Geschäftsjahr 2005 bzw. in deren Anhang nicht aufgeführt.

Der Jahresabschluss enthält daher eine unvollständige Darstellung der Vermögensverhältnisse der AGR i.S.d. § 331A bs.1 NR. 1 HGBu nd2 83 b Abs.1 Nr.3 a) StGB.

Von einer zielgerichteten Bilanzfälschung kann bei der festgestellten Sach- und Rechtslage jedoch nicht ausgegangen werden. Die Ermittlungen haben zu keinen Anhaltspunkt geführt, dass die Nichtangabe der Patronatserklärung im Jahresabschluss 2005 zu Täuschungszwecken erfolgte, etwa um den zur Errichtung des RZR ll erforderlichen Kredit zu erhalten. Der Kreditvertrag mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBWG) zur Finanzierung des RZR ll wurde bereits am 04. Mai2 006, also zu einem Zeitpunkt als der Jahresabschluss zum 31.12.2005 noch nicht erstellt worden war, abgeschlossen. lm Rahmen der Verhandlungen wurde dem Kreditinstitut zudem die Jahresbilanz für das Jahr 2004 vorgelegt in welcher die Patronaterklärung vermerkt war.

Die Ermittlungen haben auch ergeben, dass der Jahresabschluss für die Finanzierungszusag der LBBWG letztlich ohne Bedeutung war. Die Ermittlungen haben ferner zu dem Ergebnis geführt, dass die Geschäftsführung auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die ehemalige Tochtergesellschaft Hans Brochier GmbH & Co.KG unter Einbeziehung von externen Wirtschaftsprüfern fortlaufend geprüft hat, ob eine rechtliche Überschuldung im Sinne des bis zum 31.10.2008 geltenden § 64 GmbHG vorlag. Dies war nach den vorliegenden Gutachten nicht der Fall.

Aus den genannten Gründen habe ich das Verfahren im Hinblick auf die Vorwürfe des Kreditbetruges und der Insolvenzverschleppung mangels hinreichenden Tatverdacht gemäß § 170A bs.2 stopp eingestellt.

lm Hinblick auf die erfolgte Verfahrenseinstellung gemäß § 153 a SIPO wegen des Vorwurfs der unrichtige Bilanzdarstellung in Tateinheit mit Verletzung der Buchführungspflicht wurde dem Beschuldigten aufgegeben, als Auflage10.000,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen.

Nach Erfüllung der Auflage wird das Verfahren endgültig eingestellt werden.

Wird die Auflage/Weisung nicht erfüllt, erhält das Verfahren durch Erhebung der öffentlichen Klage seinen Fortgang.

Durch diesen Bescheid werden evtl. bestehende zivilrechtliche Verpflichtungen oder Ansprüche nicht berührt.

gez.

Staatsanwaltschaft Bochum