Schnorrer Off Ruhr

Die Städte Bochum, Gelsenkirchen und Recklinghausen haben sich verspekuliert. Mit Cross-Border-Geschäften. Sie haben ihre Schulen, Kanalnetze und was noch alles an amerikanische Finanzhaie verkauft und zurückgemietet und müssen nun in der Wirtschaftskrise Millionen hinterherschießen. Weil überraschenderweise die New Yorker Kohlecracks cleverer waren als die Kämmerer aus dem Pott. Nun wollen die Trottel-Kommunen, dass ihnen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück zur Seite springt. Wie "Kai aus der Kiste" soll der Peer die Millionen rüberschieben, um drohende Verluste zu vermeiden.

Für mich ist das Schnorrerei. Zuerst mit amerikanischen Finanzprofis die US-Steuerzahler bescheißen wollen – und diese dabei reich machen. Und kaum tauchen die Probleme auf, sollen die deutschen Steuerzahler die Karre aus dem Dreck holen. Moral ist offensichtlich ein Fremdwort für die Profi-Handaufhalter.

Besonders Bochum ärgert mich. Die Kommune muss sich vermutlich um weitere 90 Millionen Euro verschulden, weil sonst 350 Millionen Euro Vertragsstrafe fällig werden. Ottilie Scholz (SPD), die damalige Kämmerin von Bochum und heutige Oberbürgermeisterin, hatte den Deal eingefädelt. Und als ein Bürgerbegehren das miese Geschäft zu blockieren drohte, setzte die Dame in Pömps mit schmierigen Verfahrenstricks durch, dass Bochum doch noch das Leasing abschloss.

Ich kann mich genau an das Gesicht von Ottilie Scholz erinnern, als ich Sie gefragt habe, wer ihr den Flug nach New York bezahlt, um dort die Millionenrisiken einzugehen. Ottilie sagt, die arrangierende Bank hätte ihr den Trip gesponsort. Dann drehte sich sich um, und schimpfte unflätig über meine unverschämte Frage.

Frau Scholz, die Frage ist durchaus berechtigt. Warum hat die Stadt Bochum nicht den Tripp bezahlt, wenn der Deal so toll war? Haben Sie sich schmieren lassen mit Hotel und Flug? Waren Sie nicht aufmerksam genug, als Sie den Vertrag lesen sollten? War das Hotel zu schön? Sind Sie auf Kosten der Bank eingeschlafen, als es um die Risiken ging?

Heute versteckt sich Ottilie in Bochum hinter der SPD. Und die ist sich keiner Schuld bewusst. Es heißt: "Die Bezirksregierungen hätten eingeräumt, dass niemand die aktuelle Finanzkrise habe voraussehen können.” Deswegen soll der Bund oder wer auch immer einspringen.

Wenn ich diese billige Entschuldigung lese, wird mir ganz anders. Die SPD in Bochum hat das Geschäft durchgedrückt – zusammen mit den Grünen. Jetzt gilt es zu der Verantwortung zu stehen. Ottilie Scholz sollte zurücktreten. Sie hat der Stadt den Mist eingebrockt. Dabei hätte sie wissen müssen, was für ein doofes Geschäft sie macht. Die Bürger von Bochum waren dagegen und als Ottilie nach New York flog, hatten die Länder Schleswig Holstein und Bayern ihren Kommunen den Cross-Border-Unsinn schon verboten.

Ich schlage vor, dass jeder Ottilie Scholz einen Brief schickt.

oberbuergermeisterin@bochum.de

Als Inhalt schlage ich vor:

Sehr geehrte Frau Scholz,

Sie haben die Stadt Bochum durch ein unverantwortliches Cross-Border-Leasing mit dem Rücken an den Rand einer tiefen Grube geführt. Sie haben sich dabei über den Willen der Bürger hinweggesetzt. Deswegen rate ich Ihnen – treten Sie jetzt zurück, um weiteren Schaden von der Stadt und den Bürgern abzuwenden.

Sie werden nicht vermißt.

Hochachtungsvoll

Der Unabsteigbare geht

Wechsel an der Spitze der Telefongesellschaft Freenet: Eckhard Spoerr geht. Warum ich darüber schreibe? Mit Spoerr geht der wohl umstrittenste Manager der Telekombranche.

Spoerr hat sich in den vergangenen Jahren wiederholt trotz widriger Umstände auf dem Posten behauptet. Er ist ein Kämpfer, den man nicht mögen muss. Wird er doch auch mal laut im Interview. Aber eines muss man ihm zugute halten: Er war immer für eine Überraschung gut. In der Branche hatte Spoerr viele Gegner, ließ er doch lange Zeit keine Chance aus, etwa die Telekom zu verklagen.

Der Schwabe war seit der Gründung der freenet.de AG im Jahr 1999 Chef der Telekomfirma und übernahm nach der Fusion mit der Muttergesellschaft mobilcom die Führung über die gemeinsame Gesellschaft. Die Berufung kam unerwartet, war doch der frühere mobilcom-chef Thorsten Grenz für den Posten vorgesehen. Spoerr dürfte nicht geschadet haben, dass der Finanzinvestor TPG als Großinvestor von einer üppigen Sonderdividende profitierte.

Spoerr überlebte an der Spitze auch ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Insiderhandel mit Aktien der eigenen Firma; zumindest vorerst. Auch überstand er den Einstieg einer aggressiven Berliner Heuschrecke. Vom Vorstandsvorsitz konnten ihn auch nicht United Internet und Drillisch verjagen, die im vergangenen Jahr größter Anteilseigner der Büdelsdorfer Gesellschaft wurden, um das DSL-Geschäft zu übernehmen. Spoerr widersetzte sich den Plänen und konnte dennoch sein Amt halten.

Um die beiden Großinvestoren in die Defensive zu bringen, kaufte Spoerr den hochverschuldeten Mobilfunkprovider debitel. Damit wurde der debitel-Eigner Permira Aktionär von Freenet. Der Finanzinvestor stellt sich auf der Hauptversammlung im vergangenen August hinter Spoerr und sicherte so seinen Verbleiben als Freenet-Chef. Doch Permira ist aus einem anderen Holz geschnitzt als die vorherigen Großaktionäre. Sie stellten Spoerr Bedingungen, so sollte er das DSL-Geschäft verkaufen und die debitel-Zentrale in Stuttgart erhalten. Der Verkauf des Breitbandgeschäfts hängt und die Zentrale will Spoerr nach letzten Plänen massiv beschneiden.

Da platzte Permira der Kragen, hörte ich im Umfeld der Investors. Hinter den Kulissen fädelte Permira in den vergangenen zwei Wochen die Ablösung von Spoerr ein, Hauptgesprächspartner war United-Internet-Chef Ralph Dommermuth – kein Freund von Spoerr. Die Gespräche dauerten länger als erwartet, da Permira und Dommermuth eine jursitisch "wasserdichte" Lösung wollten.

Das ist ihnen offenbar gelungen: Montagabend teilte Freenet nun mit, dass Eckhard Spoerr das Unternehmen „auf eigenen Wunsch“ zum 23. Januar verlassen wird. Irgendwann im Januar soll auch das Verfahren wegen Insiderhandel anlaufen.

Noch 3 für 2008 – Ausgehtipps zum Dienstag

 

Erst der Jahresrückblick, dann die guten Vorsätze, dann zurück in den Alltag. Ist doch alles ganz einfach. Ein bisschen Überprüfung der Einstellung zur Familie, vielleicht auch zu Religion und Zahlenmystik. Und natürlich trifft sich auch die coole Szene von gestern bei irgendeiner Gelegenheit, ist ja irgendwie die Familie die mensch sich irgendwann mal zumindest zum Teil ausgesucht hat – wenn man auch nicht mehr zwingend weiß warum, oder nur zu gut. Aber auch da geht mensch dann hin. Vielleicht aber auch zum Jazz nach Dortmund oder zu Gitarren-Instrumentals nach Duisburg.

Zweiter Weihnachtstag, Vorschlag zum Procedere: Mal richtig frühstücken, im Internet ein paar nette Künstlercafés in Dortmund für den Nachmittag raussuchen, Jazz aller Art in den iPod und dann raus zu 12 Stunden Jazz in der Herzkammer Westfalens. Einfach machen! Könnte 2008 noch rumreißen! Ein bisschen Geld sollte schon eingepackt sein, schließlich ist der Vormittagstermin im Opernhaus: Das 37. Weihnachts-Jazzmatinee mit einem kunterbunten LineUp von Stu Grimshaw & Dreams Of Electric Sheep bis zum Flo Menzel Quartett und vom Gregory Granair Trio bis Rosani Reis und Kleopatra. Wer auf der ebenfalls anwesenden Pilspicker Jazzband hängenbleibt, kann denen zum Abend gern in den Storckshof folgen, alle anderen gehen natürlich in’s domicil, um dem Trägerverein zum 40sten zu gratulieren und sich über die Session in Anwesenheit des Jugendjazzorchesters NRW zu freuen. Herzlichen Glückwunsch und Dank für das Engagement auch von dieser Stelle.

Dritter von vier Weihnachtstagen in diesem Jahr: Was, schon wieder ein Samstag? Also einkaufen gehen und so, dann feststellen dass es doch ganz schön nach draußen zieht. Oh Gott, und bald ist auch noch Silvester! Schon wieder Andacht und würdiges Begehen irgendwelcher Termine mit hohem Konformitätsdruck! Da freut man sich ja fast wieder auf die Arbeit! Nee, dann doch mal lieber ein wenig Wilde-Zeiten-Revival mit etwas Coolness-Faktor: Die Fenton Weills spielen im Duisburger Steinbruch fast nur Instrumentalklassiker! Das ist nämlich völlig ausreichend für zwischen den Jahren: Lokale verhinderte Schrammellegende macht auf dicke Indie-Hose! Und das entschlackt auch von diesem merkwürdigen Jazz-Tag da in Dortmund! Na, also. Und zack, damit wäre 2008 dann schon fast abgewickelt. Endlich!

Im Überblick:
Das 37. Weihnachts-Jazzmatinee am 26. Dezember von 11 bis 14 Uhr im Opernhaus.
"40 Jahre Trägerverein domicil" ebenda am 26. Dezember ab 20 Uhr.
Fenton Weills im Steinbruch am 27. Dezember auch ab 20 Uhr.

 

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Pro Tana

Altes Ruhrgebiet sitzt am Balkon

oder beim Fenster mitm Armkissen,

um mal links, ma rechts zu grüßen:

Hömma, Vatta, komma, Telefon!

 

Das Revier hat sein Idiom.

Eine Mischung aus Westfälisch,

Sauerland, Rotwelsch und Schlesisch.

Sprachenschmelz aus Tradition.

 

Auch Schanzara, Manger, Tetzlaff,

Atze Schröders Ruhrpottstenz,

sind aus Kiel, Berlin und Koblenz

oder einem andren Kaff.

 

Und was heißt das für den Pott,

dass die Stars, Musen und Dusen,

nicht aus Kray, eher aus Leverkusen,

ist das der Kulturbankrott?

 

Nö, Vatta, is besser so.

Wenn hier zugereiste Künstler sterben,

ist für alle was zu erben.

Und ohn Zufluss, keine Regio.

 

Taxifahrer trauerten schon lange,

früher fuhren sie Tana, die nach jedem Auftritt stoppte,

an die Tanke, wo sie kräftig shoppte,

aus und vorbei, seufzt nicht nur die Taxischlange.

Wilde Prophezeiungen: 2009 wird Nessie gefunden!

Die Wahrsagerin Nikki Pezaro hat ihre Prognosen für das kommende Jahr veröffentlicht.

Für die GWUP, die  Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V., gehört der Wahrsagercheck sicherlich zu den größten Späßen des Jahres: Selten blamiert sich die Esoterik-Branche so sehr wie bei der Überprüfung von Prophezeihungen: GWUP: "Insgesamt war die Bilanz der Astrologen, Wahrsager und Hellseher auch 2008 katastrophal. Nikki Pezaro, die für das laufende Jahr wieder über 100 Prognosen auf ihrer Internetseite veröffentlichte, lieferte wie gewohnt ein paar besondere Skurrilitäten: So sollte ein Transvestit an der Wahl zur Miss America teilnehmen, und in der englischen Grafschaft Surrey würde ein Riesenkaninchen entdeckt werden."

Auch für das kommende Jahr hat Pezaro wieder eine ganze Liste von Prophezeiungen abgegeben. Die schönsten Wahrsagereien: Das Ungeheuer von Loch Ness wird entdeckt , Sarah Palin verstrickt sich in einen Sex Skandal und endlich werden grüne Flamingos gefunden.

Ein paar von Pezaros Prophezeiungen sind allerdings so banal, dass sie gute Chancen haben sich zu bewahrheiten: Ein Sex Skandal im britischen Parlament ist wohl häufiger als genehmigte Haushalte,  ein Teil des Polareises wird auch 2009 wieder im Sommer schmelzen und  dass sich Elizabeth Taylor um ihre Gesundheit sorgen sollte ist bei einer Dame von über 70 auch nichts besonderes.

Klar ist: 2009 wird am 31. Dember 2009 beendet sein. Und bis dahin wird eine ganze Menge passieren – nur was wissen wir nicht.

Die seltsame Geschichte der STA Bochum

Fotos: flickr.com / arndalarm

Der Wirbel um Zumwinkel-Ermittlerin Margrit Lichtinghagen ist schwer zu verstehen. Wer hat Recht? Wer lügt? Wer verbreitet Märchen? Es kursiert ein Dossier, zusammengestellt von der eigenen Behörde. Als Anklage gegen die renommierte Staatsanwältin. Es heißt, sie  habe versucht, ihren Chef in den Griff zu kriegen. Oder dieser habe probiert, seine Untergebene kaputt zu mobben. All das ist schwer zu verstehen. Nur soviel ist sicher: Das System der Strafgeld-Verteilung in NRW ist so wie jetzt weder haltbar, noch sauber. Das System führt die Ermittler in den Ruch der Korrumpierbarkeit. Egal ob Chef oder Untergebene. Und das beschädigt das Ansehen der Justiz.

Die ernste Lage versucht die Justizministerin mit Humor zu entschärfen. Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) muss eine Kanonade lästiger Fragen im Landtag aushalten und Auskunft geben zu den Zuständen in der Staatsanwaltschaft Bochum sowie dem spektakulären Rückzug der Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen.

Die Opposition geht rasch ins Detail. Der SPD-Abgeordnete Markus Töns fragt sie nun, wie es denn sein könne, dass die Landesregierung sich nicht in Vergabe von Bußgeldern eingemischt habe, und dennoch Namen des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und weiterer Landespolitiker in einem entsprechenden Vermerk Lichtinghagens auftauchen. "Wie kommen dann die Namen der Politiker dahin?", beharrt Töns. Die Justizministerin antwortet ungerührt: "Wahrscheinlich, weil sie jemand dahin geschrieben hat." Im Plenum wird lauthals gelacht.

Die Justizministerin trug in der Fragestunde des Landtags am vergangenen Donnerstag ein bemerkenswert dickes Fell zur Schau. Die 58-jährige Juristin benahm sich so, als könne ihr die Justizaffäre in der Bochumer Staatsanwaltschaft nichts anhaben – oder als habe sie ohnehin nichts mehr zu verlieren.

Es war eine Frage der Zeit, bis das Drama der Bochumer Staatsanwaltschaft um ihren Amtsleiter Bernd Schulte und die bekannte Staatsanwältin Lichtinghagen auch der Justizministerin eine führende Rolle zuteilen würde. Immerhin hatte ihr Haus am vorvergangenen Freitag eine vorläufige Schutzerklärung für Lichtinghagen abgegeben und immerhin angekündigt, die 54-jährige Ermittlerin mitsamt des Liechtenstein-Verfahrens der Staatsanwaltschaft Köln zuzuschlagen, wenn sämtliche Vorwürfe ausgeräumt seien. Doch stattdessen wird Staatsanwältin Lichtinghagen zum Jahreswechsel Amtsrichterin und Behördenleiter Schulte ist selbst mit Prüfungen konfrontiert.

Zum Ende einer turbulenten Woche haben viele Personen bei dieser Schlammschlacht Spritzer abbekommen. Das Ansehen der Justiz hat gelitten und eine Institution hat schweren Schaden genommen, denn die Schwerpunktabteilung 35 zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und Korruption galt jahrelang als bundesweites Vorbild für Ermittler. Die Abteilung hatte spektakuläre Verfahren gegen prominente Steuersünder vorbereitet und eingeleitet. Als vorläufige Krönung ihres Erfolges galt der "Liechtenstein"-Komplex, als ein Angestellter der LGT-Bank in Liechtenstein den Bochumer Ermittler Daten mit Angaben zu mehreren hundert Steuersündern überließ, die Schwarzgeld in Stiftungen angelegt hatten. Als am 14. Februar dieses Jahres die Steuerfahnder in der Kölner Villa bei Ex-Postchef Klaus Zumwinkel auftauchten, wurde Staatsanwältin Lichtinghagen mit einem Schlag berühmt. Die resolute Dame mit der Vorliebe für Seidentücher verkörperte nunmehr eine ganze Abteilung. Auf sie wurde medial die Arbeiter eines Ermittlungsstabes, dem auch Kollegen aus Köln zugewiesen wurden, reduziert.

Doch offenbar hat der größte Ermittlungserfolg die persönliche Feindschaft und den Neid noch vertieft. Aber wie kann es sein, dass offenbar ein jahrelang vorherrschendes Mobbing-Klima, das nun beklagt wird, nicht viel früher von Vorgesetzten bemerkt und bereinigt wurde? "Wir haben vor einigen Wochen zum ersten Mal davon gehört, dass es Probleme in der Zusammenarbeit geben könnte", erklärte Justizministerin Müller-Piepenkötter im Landtag. Man habe den zuständigen Generalstaatsanwalt in Hamm, Manfred Proyer, aufgefordert, die Probleme aufzuklären.

Die Konsequenzen freilich waren desaströs: Amtschef Schulte wollte Staatsanwältin Lichtinghagen aus der Schwerpunktabteilung und vom "Liechtenstein"-Verfahren abziehen. Dies soll mit Proyer so abgestimmt gewesen sein. Es gab nicht nur Vorwürfe der "Hinterhältigkeit". Ausgerechnet die bisher für Staatsanwälte und Richter weitgehend freihändige Vergabe von Bußgeldern an gemeinnützige Organisationen wurde skandalisiert. In einem 64-seitigen Dossier der Amtsleitung wurde Lichtinghagen vorgeworfen, in den vergangenen Jahren gemeinnützige Organisationen ihrer Heimatstadt Hattingen sowie die Privatuniversität in Witten/Herdecke mit Zuwendungen in Millionenhöhe bedacht zu haben.

"Für Staatsanwälte und für Richter ist es bereits problematisch, wenn auch nur der böse Anschein der Parteilichkeit bei der Ausübung des Amtes entstehen könnte", sagte die Justizministerin im Landtag und wurde noch konkreter: "Nach meiner derzeitigen Einschätzung ist dieser böse Anschein durch die Zuweisung von Geldauflagen an die Universität Witten-Herdecke durch Frau Lichtinghagen nicht von der Hand zu weisen."

Allerdings ist bemerkenswert, dass Lichtinghagen etwa in einem Gespräch mit dem Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) die Privatuniversität von sich aus angesprochen hatte. "Sie verband dies mit dem Hinweis, dass ihre Tochter dort studiere und sie eine Entscheidung zugunsten der Universität mit Vorgesetzen abstimmen wolle", sagte die Justizministerin. Hat sie sich korrekt genug verhalten oder hat das Gespür der Korruptionsermittlerin versagt?

Die Justizministerin sprach allerdings nicht darüber, dass Lichtinghagens bevorzuge Vergabe an bekannte oder heimische Organisationen in der nordrhein-westfälischen Justiz seit langem üblich ist.

Darüber könnte ihr Erzfeind, der Bochumer Amtsleiter Schulte, wohl einiges erzählen. Der Oberstaatsanwalt soll ebenfalls dafür gesorgt haben, dass Strafgelder an befreundete Organisationen verteilt wurden. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm ermittelt ergebnisoffen, wie es heißt. Sollte Schulte ein sogenanntes Aufsichtsversagen nachgewiesen werden, könnte dies zu einer Strafversetzung führen. Nach meinen Informationen hat sich Schulte in auffälliger Weise bei Lichtinghagen für den Rotary Club Lüdenscheid eingesetzt. Schulte soll diesem einen Kontakt mit Staatsanwältin Lichtinghagen vermittelt haben. Die Rotarier wollten auf dem kurzen Dienstweg Mittel für den Wiederaufbau einer Rokoko-Kirche in Thüringen besorgen. Das Pikante dabei: Schulte ist Mitglied der Lüdenscheider Rotarier. Ein Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft bestätigt den Freundschaftsdienst: "Es trifft zu, dass der Behördenleiter einen Bittsteller an die Dezernentin verwiesen hat, ohne auf die Entscheidung selbst in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen."

Ein Rechtsverstoß liegt wahrscheinlich nicht vor. Freilich könnte man in diesem Fall auch ein Geschmäckle insinuieren.

Von den Rotariern war nämlich früher schon einmal die Rede und zwar in einem erheblich brisanteren Korruptionsfall, in dem gegen den Landrat des Märkischen Kreises, Aloys Steppuhn (CDU), ermittelt wurde. Ein mit dem Verfahren vertrauter Staatsanwalt berichtet, der Amtschef habe sich regelmäßig detailliert über die Ermittlungen unterrichten lassen. Dabei könnte es eine Verbindung von Schulte zu Steppuhn gegeben haben: über die Rotarier. Der damalige CDU-Fraktionschef aus dem Märkischen Kreis und Steppuhn-Vertraute, Manfred Rahmede, gehört dem Rotary-Club Lüdenscheid-Mark an. Schulte wiederum ist Rotarier in Lüdenscheid. Darüber hinaus spielten Schulte und Rahmede zusammen in einem Tennisclub. Die Ermittlungen gegen Steppuhn versandeten. Aber reicht dies für den schwerwiegenden Verdacht aus, es wurde in Korruptionsermittlungen eingegriffen? "So eine enge Verbindung ist ungewöhnlich. Eigentlich hätte Schulte den Fall an eine andere Behörde geben müssen, da er befangen war", meint ein Ermittler.

Offenbar muss sich Schulte nun gegenüber Generalstaatsanwalt Manfred Proyer in Hamm für die Rokoko-Connection rechtfertigen. Doch dies sorgt intern für Unruhe. Immerhin gilt Schulte als guter Bekannter des Generalstaatsanwaltes. Proyer war Amtvorgänger von Schulte in der Bochumer Behörde und soll demnach die Zustände dort selbst mit verursacht haben. "Da kann man auch den Frosch fragen, ob der seinen Sumpf austrocknen möchte", beklagt sich ein Staatsanwalt aus Bochum.

Trotz der Justizaffäre in Bochum soll der Prozess gegen ehemaligen Postchef Zumwinkel wie vorgesehen am 22. Januar nächstens Jahres beginnen – ohne Lichtinghagen.

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Müllmänner, Neujahr und ein frohes Fest

Am Wochenende war ich in Köln. Da gab es ein wunderschönes Weihnachtsmenu. Wildschwein, Knödel, Rotkohl. Perfekt. Zum Essen dazu gab es eine nette Geschichte. In Köln, wie im Ruhrgebiet auch, ist es üblich, dass die Müllmänner am Ende des Jahres von Haustür zu Haustür ziehen, ein frohes Fest wünschen und einen Schnaps und 10 Euro kriegen.

In Köln ist aus dem Brauch für die Müllmatrosen ein nettes 14 Gehalt geworden. Schwarz und Steuerfrei. Je Tour ziehen die Entsorger an hunderten Haustüren vorbei. Überall wird geklingelt. Fast überall gibt es Schotter. Der Boss, der Fahrer, sammelt das Geld ein – und verteilt es anschließend nach Gutdünken an seinen Trupp. Der Einsammler war nett dies Jahr, der kriegt 10 Prozent. Der Rücksteller hat genervt, der kriegt nur einen Schein. Und so weiter. Willkür eben.

In Köln ist die Nummer wohl so attraktiv geworden, dass die Müllmänner in fremde Bezirke, fremde Touren eindringen, um dort auch die Hand aufzuhalten. Es gibt Schlägereien, Platzkämpfe und Erpressungen. Müllbarone mal anders. Hört sich an, wie eine spannende Story. Vielleicht steig ich da mal richtig ein. Bis dahin hier dies Lied. Es gibt soviel zu sehen…..