Knietief im Dispo

Die Creditreform hat den Schuldneratlas für das Ruhrgebiet vorgestellt.

 

Wegen der bis Ende vergangenen Jahres sinkenden Arbeitslosigkeit ist die Schuldnerquote in Deutschland von 10,85 Prozent auf 10.11 Prozent zurückgegangen – gut jeder zehnte Haushalt ist also verschuldet. Als verschuldet gilt ein Haushalt wenn die monatlichen Verpflichtungen höher sind als die Einnahmen. Auch im im Ruhrgebiet ist die Schuldnerquote im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen – von 13,85 Prozent auf 13,35 Prozent. Grob gerechnet bedeutet das, dass jeder siebte Haushalt im Revier schlicht pleite ist. Aber die Schuldensituation im Ruhrgebiet stellt sich unterschiedlich da. Zum einen nach Städten und Kreisen: EN: 10,85%, UN 11.12%, MH: 11,43%, BO: 11,76%, BOT: 11,76 %, RE: 12,16 %, E: 13,37 %, DO:13,67%, OB: 14,35%, HER: 14,99 %, DU: 16,29%, GE: 16,71 %. Was aber für uns alle wichtiger ist, ist die Sortierung der Schuldnerquoten nach Postleitzahlen – denn je nachdem in welchem Viertel man wohnt, fällt dadurch die Einschätzung der Bonität, unabhängig von den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen, besser oder schlechter aus. Kredite können so schnell teurer werden oder Waren werden auf Rechnung gar nicht mehr geliefert. Die übelste Postleitzahl im Ruhrgebiet lautet 45127 und liegt in Essen-Mitte: Hier sind 29,44 Prozent der Haushalte überschuldet. Dann folgen 44145 Dortmund (Nordstadt), 47053 Duisburg (Hochfeld), 47119 Duisburg (Ruhrort), 44147 Dortmund (Nordstadt), 47166 Duisburg (Marxloh/Alt-Hamborn), 45879 Gelsenkirchen (Altstadt/Mitte), 45881 Gelsenkirchen (Schalke), 45143 Essen (Altendorf), 45326 Essen (Altenessen-Süd), 47139 Duisburg (Beekenwerth), 47059 Duisburg (Kasslerfeld), 45139 Essen (Frillendorf/Ostviertel), 47137 Duisburg (Meiderich), 46045 Oberhausen (Altstadt-Süd), 45327 Essen (Katernberg). In all diesen Quartieren ist mehr als jeder fünfte Haushalt pleite. Top  sieht es dagegen in Essen-Heisingen aus: Hier sind nur gut fünf Prozent der Haushalte überschuldet.

Auf einer Pressekonferenz der Creditreform im Januar gab der Crediterform-Chef von Bochum  den Tipp, in eines der Top-Quariere zu ziehen, wenn man denn unbedingt viele Schulden machen wolle – die Chancen dort, bei den gleichen persönlichen Einkommenverhältnissen, einen großen Kredit zu bekommen, seien deutlich höher. Wer Geld braucht sollte also nach Heisingen ziehen und die Essener Innenstadt, Marxloh oder die Dortmunder Nordstadt meiden.

Mehr Infos über die Scoring Verfahren bei Krediten, bei denen auch der Wohnort eine Rolle spielt…Klack

Der Schuldneratlas der Creditreform…Klack

Ruhrpilot

Nachrichten aus dem Ruhrgebiet

Stahl: ThyssenKrupp auf Konfrontationskurs…Handelsblatt

Opel: Bürgschaft vom Land…Der Westen

Nazis: Aussteiger warnt Jugendliche…Der Westen

Krise: Deutsche Wirtschaft schrumpft…Der Spiegel

Stadtumbau: Phoenix-See später und teurer…Ruhr Nachrichten

Medien: WDR baut Unterhaltung um…Tagesspiegel

WAZ: Offener Brief an Zapp…Medienmoral NRW

Ruhr2010: Eselorden für Pleitgen…RP-Online

Wittke: Gut gelaunt im Landtag…Kölner Stadtanzeiger

Online: YouTube goes offline…zweipunktnull

Veranstaltungsreihe: Demokratie noch zu retten?…Hometown Glory

Update1: Guru Welt aus Recklinghausen

Wie berichtet, steht der Landrat des Kreises Recklinghausen, Jochen Welt (SPD), im Verdacht, seine Ausbildung zum Heilpraktiker vom Kreis finanzieren zu lassen. Das geht nicht. Nun hat Welt die Kommunalaufsicht in der Bezirksregierung Münster gebeten, seinen Fall zu untersuchen. Er hat ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Die Behörde untersucht deshalb, "ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen."

Das spannende daran: es kann durchaus sein, dass sich Welt die Ausbildung juristisch legal über einen Topf für Weiterbildung hat bezahlen lassen dürfen. Aber dies ändert nichts an der moralischen Fragwürdigkeit seines Tuns, den Begriff der Weiterbildung überweit zu strapazieren.

Die Idee, sich einen Persilschein über ein Diziplinarverfahren abzuholen zieht nicht, wenn die Menschen unabhängig von der juristischen Frage verstehen, dass es einfach nicht OK ist, wenn sich ein Landrat aus der Kasse seiner Verwaltung eine Ausbildung zum Ersatzmediziner bezahlen läßt.

Was sagt dazu der Mann von der Ecke, Herr Welt? Das ist die richtige Frage, nicht die Frage nach einem Ablass aus Münster.

„Das Risiko steigender Inflationsraten besteht?

In den vergangenen Monaten habe ich in Gesprächen angesichts der riesigen Schuldenberge, die von den Regierungen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise angehäuft werden,  immer häufiger die Worte "Inflation" und "Währungsschnitt" gehört. Über beides sprach ich mit Dr. Torsten Schmidt, dem stellvertretender Leiter des Kompetenzbereichs "Wachstum und Konjunktur" beim RWI-Essen.

 

Ob in Europa oder in den USA – die Staaten bekämpfen die Wirtschaftskrise mit Schulden. Eine Möglichkeit sie abzubauen ist Inflation. Ist das in den USA oder in Europa eine Option?
 
Dr. Torsten Schmidt: Die ausschließliche Verpflichtung der EZB auf die Wahrung der Preisniveaustabilität und die mit acht Jahren relativ langen Amtszeiten der Mitglieder des Zentralbankrates bieten einen guten Schutz gegen politische Einflussnahme.
 
In den USA ist die Option eines Schuldenabbaus durch Inflation höher?
 
Schmidt: Die Fed ist neben der Preisniveaustabilität auch auf die Konjunkturstabilisierung verpflichtet. Nicht zuletzt deshalb sind die Inflationsraten in den USA in den vergangenen Jahren höher gewesen als in Deutlich land oder dem Euroraum insgesamt. Ein Schuldenabbau durch Inflation findet also bereits in einem höheren Ausmaß in den USA statt als im Euroraum. Da es in den USA im Gegensatz zum Euroraum keine explizite Obergrenze für die Inflation gibt, scheint ein gradueller Anstieg der Inflation nicht undenkbar.
 
Kann nicht nach einer Inflation ein Währungsschnitt kommen?
 
Schmidt: Da Inflationsraten in nahezu allen Ländern dauerhaft positiv ist, ist eine Umstellung der Währung von Zeit zu Zeit nötig, damit das Geld seine Funktion als Recheneinheit erhalten kann. Wie die Einführung des Euro zeigt, müssen solche Umstellungen nicht mit großen gesamtwirtschaftlichen Effekten verbunden sein.
 
Wie sähe die wirtschaftliche Situation während einer solchen Inflationsphase aus?
 
Schmidt: In jüngster Zeit werden ja gerne Parallelen zur Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre gezogen. Mit galoppierender Inflation, wo die Leute täglich ihren Lohn ausbezahlt bekommen und so weiter. Eine solche Entwicklung ist gegenwärtig nicht zu erwarten, weil die damalige Entwicklung auch auf Fehler der Wirtschaftspolitik zurückzuführen ist, die heute wohl niemand mehr machen würde. Wenn es überhaupt zu einem politisch gewollten Anstieg der Inflation kommt, dann sind einige Prozentpunkte wahrscheinlich. Was in einem solchen Fall passiert, zeigt die Erfahrung des vergangenen Jahres. Durch den Kaufkraftentzug leidet der private Konsum und es wird zu einer Verteilungsdebatte kommen mit entsprechenden Lohnforderungen.
 
Wie würde sich ein Währungsschnitt auswirken? Würden die Busse am nächsten Tag noch fahren und der Bäcker Brötchen verkaufen?

 
Schmidt: Die Umstellung der Währung selbst ist mit keinen großen Gesamtwirtschaftlichen Folgen verbunden. Das zeigt die Erfahrung auch mit der Euro-Einführung. Sehr viel gravierender sind die Folgen für die Gesamtwirtschaft, wenn die Notenbank versucht, die Inflationsrate wieder zu reduzieren. Solche „Stabilisierungskrisen“ sind mit erheblichen Wachstumseinbußen verbunden.
 
Was wäre, wenn es in den USA, aber nicht bei uns zu einer Inflation mit anschießendem Währungsschnitt kommen würde? Wie würde sich das auf uns auswirken?

 
Schmidt: Wie gesagt, die Währungsumstellung dürfte kaum Effekte haben. Die Wechselkurse würden sich entsprechend anpassen, so dass auch Auslandsvermögen nicht betroffen sind. Die Reduzierung der Inflation in den USA dürfte man über die Wachstumsverluste auch in der übrigen Welt spüren.
 
Gibt es Alternativen Schulden in dieser Größenordnung abzubauen und wo liegen dabei die Schwierigkeiten?

 
Schmidt: Die Alternative ist natürlich die Haushaltskonsolidierung über Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen. Es besteht ja keine Notwendigkeit, die Schulden schnell abzubauen. Sie müssen nur abgebaut werden. Das Problem ist, dass die Konsolidierung das Wachstum kurzfristig dämpfen dürfte und sich erst mittelfristig positiv auswirkt. Das ist aus Sicht der Politik natürlich nicht sehr beliebt. Letztlich ist der Schuldenabbau über die Inflationierung eine Steuererhöhung, nur dass die Steuererhöhung nicht von der Regierung beschlossen wird. Darin liegt der Reiz dieser Maßnahme.  
 
Könnte die Wirtschafskrise so weit eskalieren, dass die beschrieben Szenarien – Inflation und Währungsschnitt – eintreten könnten?
 
Schmidt: Angesichts der derzeit expansiven Wirtschaftspolitik besteht das Risiko durchaus, dass die Inflationsraten in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Aufgrund der Finanzmarktkrise wird gerade die Geldpolitik eher später als früher auf einen restriktiven Kurs einschwenken. Die große Gefahr dabei ist aus meiner Sicht aber nicht ein möglicher Währungsschnitt, sondern das Entstehen neuer spekulativer Blasen auf irgendwelchen Märkten für Rohstoffe oder Vermögenstitel oder etwas Ähnliches.  
 
Zu gute letzt: Sie sind Konjunkturexperte: Wann geht es wieder aufwärts und gibt es vielleicht schon erste Anzeichen dafür?

 
Schmidt: Anzeichen für einen wirklichen Aufschwung gibt es noch nicht. Bestenfalls deutet sich eine gewisse Stabilisierung an. Allerdings deutet das erneute Nachbessern der Rettungspakete in den USA an, dass die Krise an den Finanzmärkten noch nicht ausgestanden ist. Zudem entstehen nun neue Belastungen durch den realwirtschaftlichen Einbruch. Die Risiken für die Konjunktur sind als nach wie vor erheblich.

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Ein freier Mann

Foto: Lincoln Birthplace National Historic Site


Heute ist ein bedenkenswerter Tag. Vor 200 Jahren wurde Abraham Lincoln geboren. Der 16. Präsident der USA. Die meisten sehen in ihm nur den Sklavenbefreier, der die USA in einem blutigen Bürgerkrieg geführt hat. Und die Südstaaten zwang in der Union zu bleiben. Tatsächlich aber ist Lincoln wegen einer anderen Nummer in meinen Augen wichtiger. Er hat es geschafft, aus einfachsten Bedingungen aufzusteigen in das höchste Amt seines Landes. Er hat den amerikanischen Traum nicht nur vorgelebt, sondern sich auch bemüht, die rechtlichen und ökonomischen Vorraussetzungen zu schaffen, dass auch andere diesen Traum leben können. Er war ein freier Mann und half anderen, frei zu werden.

Das spannendste Lincoln Memorial steht nicht in Washington. Diese Ikone eines sitzenden, gütigen, strengen, alten Mannes mit geneigtem Marmorkopf, die der billigste Drehbuchautor in mittelmäßige Plots einbaut.

Das spannendste Lincoln Memorial steht im westlichen Kentucky, irgendwo auf einer Hügelkuppe, ungefähr da, wo Lincoln geboren wurde. In der Nähe vom Kaff Hodgenville.

Genau hier steht die Nachbildung der Hütte, in der Lincoln geboren wurde, am 12. Februar 1809. Die Hütte ist nichts mehr als ein nackter Raum, zugig, aus Holz und Dreck mit gestampften Lehmboden. Kaum fünf Schritte lang und vier Schritte breit. Ein Loch, halb so groß wie eine normale Küche. Im Kentucky-Memorial wird die Lincoln-Hütte von einem klassizistischen Palast eingefasst und überragt. Das soll die Chance zum Aufstieg symbolisieren.

Aus dem Schlamm hat Ab es nach oben geschafft, mit Mühe, mit Ehrgeiz, und mit viel Arbeit.

Ich will jetzt nicht über Lincolns Rolle als Sklavenbefreier reden. Das macht jeder heute. Ich will über seine Botschaft als Wirtschaftslenker sprechen.

Wie gesagt, Lincoln stammte aus beschissenen Verhältnissen. Er lebte mitten im Wald. Sein Vater war ein mittelmäßig erfolgreicher Farmer. Später zog die Familie nach Indiana in ein neues Loch, das die Amerikaner Log Cabin nennen. Seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester sind, nun ja, in der Hütte verreckt. Sein Vater ist abgehauen. Ab hat sich durchgeschlagen. Im Wald. Alleine mit seiner zweiten Schwester und einem Cousin. Da war Lincoln 10 Jahre alt, seine Schwester 12.

Später kam der Vater zurück mit einer neuen Frau. Lincoln schaffte es, lesen zu lernen. Er fand einen Job und konnte Schritt für Schritt aufsteigen. Soweit so gut.

Bei seinem Aufstieg verstand Lincoln ein paar Dinge:

1. Bildung ist das wichtigste.

2. Jeder muss die gleichen Chancen im Leben bekommen, egal aus welcher Schicht oder Rasse er stammt.

3. Das Leben in einer Holzhütte ist Scheiße, da gibt es nichts Romantisches dran.

4. Und der Staat muss eingreifen, um die Chancengleichheit herzustellen.

Das versteht jeder Bergmann, jeder Stahlarbeiter, jeder Fuzzi in jeder Fabrik.

Einer der wichtigsten wirtschaftspolitischen Sätze von Lincoln war in meinen Augen dieser:

Ich glaube nicht an ein Gesetz, das einem Mann verbietet, reich zu werden. Das würde mehr Schaden anrichten als Gutes tun. Wir werden keinen Krieg gegen das Kapital anzetteln, aber wir wünschen uns, dass der ärmste Mann die gleichen Chancen bekommt reich zu werden – wie jeder andere auch.“

Das ist so was wie die Kodifizierung des amerikanischen Traums.

Die gleichen Chancen auf alles.

Revolutionär. Mit seinen Ansichten war Abraham Lincoln eine Art Sozialdemokrat im wichtigsten Amt seines Landes. Um 1860. Da haben bei uns Fürsten Arbeiter erschossen.

Das tolle an der Nummer ist heute noch: oft genug gelingt es einem Ami, diesen Traum zu verwirklichen. So oft jedenfalls, dass andere an den Traum glauben können.

Gut. Spannend ist auch, dass Lincoln nicht nur geschwatzt hat, er hat auch gehandelt. Er hat staatliche Banken gefördert, in Illinois zuerst, er hat Mikrokredite an kleine Leute vergeben und große Kredite für dicke Projekte. Er hat den Ausbau von Kanälen vorangetrieben, von Straßen und schließlich von Eisenbahnen – mit staatlichem Geld. Er hat dafür gesorgt, dass Universitäten und Schulen gegründet werden konnten.

Mit staatlichem Geld, um jedem eine Chancen zu geben, an der Bildung und am Markt teilzuhaben.

Lincoln sagte: Der normale Lauf der Dinge sei, dass ein armer Mann zunächst für einen anderen arbeitet und Lohn verdient. Davon legt er was zurück, für eigene Werkzeuge oder für Land. Dann wird er selbstständig und arbeitet für sich selbst. Schließlich kann er einen anderen armen Mann anstellen und ihm die Chance geben, Geld für eigene Werkzeuge oder Land zu verdienen. Schritt für Schritt ans Licht.

Auch während großer Finanzkrisen in den USA hat Lincoln staatliches Geld rausgehauen. Er hat gleichzeitig die Einkommenssteuer eingeführt und sonstige Belastungen für die vermögende Bürger.

Er hat gesagt, wenn eine große Dampfmaschine steht, und der Treibarm am toten Punkt ist, kostet es unheimlich viel Kraft den Kolben wieder anzuschieben. Aber dann geht es. Los. Der Kolben schlägt immer schneller auf den Treibarm und die Maschine erwacht zum Leben.

Er hat die Bauern im Süden gezwungen, ihre Sklaven freizulassen. Und den Grundstein für die Industrialisierung der USA gelegt.

Klar wurde er angegriffen. Ihm wurde vorgehalten, die Sklaven im Süden würden sich von den Arbeitern im Norden nur durch ihre Hautfarbe unterscheiden.

Lincoln hat geantwortet:

Freie Arbeit wird von Hoffnung inspiriert. Nackte Sklaverei kennt keine Hoffnung.

Jeder kann aufsteigen. Es gibt keine festgefügten Klassen.

Lincoln war auch Realist in seiner Zeit. Er sagte, Schwarze würden kaum in absehbarer Zeit in der sozialen Hierarchie mit den herrschenden Weißen gleich ziehen. Aber er sagte auch.

Ein schwarzer Mann ist mir und jedem lebenden Mann im Recht gleich, das eigene Brot zu essen, das er mit seiner eigenen Hände Arbeit verdient – ohne davon irgendwem etwas abgeben zu müssen.

Ich denke, auch daran sollten wir heute denken – in Zeiten der Krise. Es ging Lincoln nicht nur um Sklavenbefreiung. Das wäre zu bequem. Denn die Sklaven in Amerika und Europa sind heute frei.

Es geht um gleiche Chancen für alle – überall. Und diese Botschaft Lincolns müssen auch wir hören. Immer noch.

Im Ruhrgebiet. In Bottrop-Ebel, Duisburg-Marxloh, Gelsenkirchen und Herten und Dortmund und überall sonst.

Flunkerei: Citroen C1 verbraucht zuviel Benzin

Foto: privat

Vor knapp anderthalb Jahren habe ich mir ein Auto gekauft. Einen Citroen C1. Der wichtigste Grund für den Kauf des Wagens war dessen angeblicher Benzinverbrauch. Klar, ich fand den Franzosen auch schick und er war schnell, klein und kompakt. Alles gute Gründe für das Auto. Aber, wie gesagt, entscheidend für den Kauf war der angegebene Benzinverbrauch. Und da bin ich reingefallen. Denn die Angaben im Citroen-Prospekt waren richtig fett geschummelt.

Aber der Reihe nach: Ich wollte mir ein kleines Auto kaufen. Einen Wagen, der so wenig wie möglich verbraucht. Denn ich wollte möglichst wenig Geld zur Tankstelle tragen. Dafür war ich auch bereit ein wenig mehr Geld zu bezahlen. Für den PKW.

Nun denn, ich habe zuerst nachgesehen, welche Autos die sparsamsten sind. Dabei bin ich auf den Begriff 3-Liter-Auto gestoßen. Ich habe mich direkt entschieden, nur die Autos anzuschauen, die unter diesen Begriff geführt wurden. Neben dem VW Lupo waren das der Audi A2 und der Smart.

Dann wurde ich das erste Mal überrascht. Ein Drei-Liter-Auto heißt nämlich auch so, wenn es 3,8 Liter je hundert Kilometern Benzin verbraucht. Das ist ein Ding, was?

Ich habe dann bei der Suche nach den angeblichen Drei-Liter-Wagen eine Liste gefunden, in der mehrere Niedrigenergie-Wagen aufgeführt waren, die sich alle nicht viel im Verbrauch getan haben.

Wie dem auch sei. Der Smart war mir zu klein, da ich zwei Kinder habe. Den Lupo und den Audi A2 gab es nicht mehr als Neuwagen.

Dann habe ich erfahren, dass aus einer Autofabrik im tschechischen Kolin gute Autos kommen – die Wagen standen auch in der Liste der Sparwagen.

In Kolin werden der C1 von Citroen, der Aygo von Toyota und der Peugeot 107 baugleich erstellt. Nur die Rücklampen sehen ein wenig anders aus.

Auch vom Preis her waren die Wagen nahezu identisch.

Ich hab mich dann für das schönste Logo entschieden. Die beiden Citroen Dächer haben mir irgendwie gefallen. Deswegen habe ich mich weiter nur noch mit dem C1 näher beschäftigt.

Sein Verbrauch wurde im Datenheft so angegeben:

Gesamtverbrauch: 4,6 Liter auf 100km

Verbrauch innerorts: 5,5 Liter auf 100km

Verbrauch außerorts: 4,1 Liter auf 100km

Ok, habe ich mir gesagt, die lügen sowieso.

Die Wahrheit des Gesamtverbrauchs wird irgendwo so bei 5 Liter liegen, vielleicht knapp drüber.

Nun habe ich 50 Mal getankt. Ich bin in der Stadt gefahren, auf dem Land, auf der Autobahn und ich habe im Stau gestanden. Mit anderen Worten, ich habe ganz normal das Auto genutzt.

Manchmal, nicht zu oft, habe ich meine Kinder mitgenommen. Sehr oft war ich alleine im Auto unterwegs, denn wir haben ein größeres Auto, das wir nehmen, wenn wir alle zusammen unterwegs sind.

Und was soll ich sagen: Der Verbrauch liegt bei gemessenen 6,11 Litern je hundert Kilometern.

Gut 35 Prozent mehr als im Prospekt angegeben.

Ich habe die Tankliste hier hingestellt. Klack.

Insgesamt bin ich 27414,6 Kilometer gefahren. Ich habe gut 1,6 Liter je hundert Kilometer mehr Benzin verbraucht – als versprochen.

Das bedeutet: ich habe bis jetzt 438 Liter Benzin zu viel verfahren. Das macht ein Verlust von rund 500 Euro aus – den ich tragen muss, weil Citroen im Prospekt Unsinn erzählt hat.

Wenn ich die echten Daten gekannt hätte, hätte ich den Citroen C1 nie gekauft.

Es gibt schon große Autos, die 6 Liter verbrauchen. Ich hätte mir einen BMW kaufen können, oder was weiß ich.

Jedenfalls denke ich, jeder der sich jetzt einen Wagen kaufen will, sollte wissen, dass die Angaben im Citroen C1 Prospekt nach meinen Erfahrungen Quatsch sind.

Ruhrpilot

Nachrichten aus dem Ruhrgebiet

Leggewie: Ruhr2010 letzte Chance für das Ruhr-Gefühl…Marler Zeitung

Hacker: Falsches Kuranyi-Aus…Spiegel

A40: Gericht weist Einspruch zurück…Der Westen

Ruhr2010: "Kulturhauptstadt" ohne Kulturdezernent…Der Westen

Kino: Schauburg Chef übernimmt…Gelsenkirchen Blog

Film: Die Zukunft in Gelsenkirchen…Hometown Glory

Kunst: Manfred Vollmer Ausstellung…RP-Online

BarCamp 2.0: Anmeldung in der nächsten Woche…Hirnrinde

Bahn: VRR legt Berufung ein…Münsterländische Volkszeitung

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Wittke: Och nee, nicht deswegen

Es gibt viele gute Gründe für einen Politiker seinen Hut zu nehmen. Ordnungswidrigkeiten gehören nicht dazu.

Viele Politiker haben schon aus gutem Grund ihren Rücktritt erklärt: Sie haben sich bestechen lassen oder haben ihre Position genutzt, um Parteifreunde und alte Kumpels zu versorgen. Viele Politiker hätten Grund gehabt zu gehen, weil sie mit ihrer Politik komplett gescheitert sind, zogen es aber vor zu bleiben. Und es gibt Gründe die überflüssig wie ein Kropf sind. Zu letzteren gehört jender der zum Rücktritt von Landesverkehrsminister Oliver Wittke führte. Er ist in zwei Jahren zwei mal dabei erwischt worden, zu schnell gefahren zu sein und musste seinen Führerschein abgeben. Das ist als  Strafe für diese Vergehen vorgesehen und ausreichend. Seinen Hut für zwei Verkehrsdelikte nehmen zu müssen, bei denen niemand zu Schaden gekommen ist, ist schlicht lächerlich.

Nähern wir uns den USA an, in denen man von Politikern nicht nur verlangt, dass sie ihren Job machen, sondern auch dass sie nicht rauchen,  gläubige Christen sind  und den Dämon Alkohol meiden?  Zu einer Demokratie passt das nicht: Wer erwartet, das Politiker Vorbilder sein sollen, hat etwas nicht verstanden: Wir wählen sie aus unserer Mitte und im  Idealfall sind sie so wie wir – und ich kenne verdammt viele, die schon einmal den Lappen abgeben mussten. Aus guten Gründen – aber das war es dann auch. Ein Rücktrittsgrund wäre gewesen, wenn Wittke seine Position genutzt hätte, um seinen Führerschein NICHT abgeben zu müssen (Wie Strauß es einmal getan hat) – das  ist allerdings nicht passiert. Oder hatte  Rüttgers endlch einen Grund gefunden den eher ungeliebten Wittke zu entsorgen?

Übrigens: Wenn Wittke erklärt, er müssen nun zurück treten weil er kein Vorbild mehr sei, ist das natürlich auch Unfug: Ich fahre regelmässig Auto und weder Wittke noch Tiefensee sind meine Vorbilder. Das ist und bleibt Walter Röhrl!

Antideutsche Fußballgedanken

Die Antideutschen sind junge, ziemlich obskure Menschen, die meinen, der Kapitalismus würde sich nur durch immer mehr Kapitalismus überwinden lassen, weshalb sie aus Prinzip für England, USA und für Israel sind, die einzige westliche und marktwirtschaftliche Demokratie im Nahen Osten. So weit habe ich es verstanden. Doch was haben die eigentlich gegen Deutschland? Herrschen nicht auch hier  Marktwirtschaft und Demokratie? Anders gefragt: Warum dürfen wir nicht teilhaben an der Entfesselung der globalen Marktkräfte auf dem Siegeszug zum Kommunismus? Vielleicht habe ich es jetzt begriffen – durch Fußball: Denn nirgendwo auf der Welt war und ist es so schwer für den Kick. Auch Leibesübungen sind auf dem deutschen Sonderweg. Immer noch.

Foto: ruhrbarone.de

Als der Fußball noch Trendsport war, stellte sich die deutschtümelnde Turnbewegung Strauchballspielen, Fußlümmelei und " englischer Krankheit" erst in den Weg, um die immer populärer werdende Sportart dann einzuheimsen – allerdings zu ihren Bedingungen: Man spricht seither Deutsch aufm Platz, Eckball statt Cornerkick, Elfmeter statt Penalty, Spielkaiser, Schiedsrichter statt Ref. Und alle mussten Amateure sein und den Fußball, um seiner selbst willen treten. Wer ausscherte, Geld annahm, wurde bestraft und gesperrt, auch mal ins Ausland oder den Freitod getrieben.

Mehr als 70 Jahre lang hielt das der Deutsche Fußballbund von 1900 eisern durch. Keine Profis, keine Profiliga, stattdessen Vertragsspieler, strikte Gehaltsobergrenzen, Werbeverbote. Erst als im Bundesligaskandal herauskam, das Nationalspieler für ein paar Tausender käuflich waren und selbst Weltstars wie Günter Netzer oder Gerd Müller mit der Herausgabe von Stadion-Magazinen nebenbei ihre Bezüge aufbesserten, wurde mehr Marktwirtschaft gewagt: Spielergehälter wurden frei gegeben, Trikots durften Werbung bekommen, die Gründung einer Zweiten Bundesliga.

Doch die Beharrungskräfte im deutschen Fußball waren nur geschlagen, nicht besiegt. Bis heute machen DFB und deutsche Sportöffentlichkeit den Profi-Fußball hier anders als anderswo. Der verhinderte Einstieg eines Finanz-Investoren beim Traditionsclub 1860 München KLICK zeigt mal wieder, wie schwer sich Verband, Liga und Fußballöffentlichkeit mit dem Kapitalismus tun. Oder warum untersagen ausgerechnet Statuten einer Profiliga, dass Geldgeber Einfluss auf Gremien und Management nehmen dürfen, dass Fußballclubs geschützt sein müssen vor Übernahmen? Trotz Börsenganges von Borussia Dortmund, trotz der FC Bayern München AG – am Traditions-Verein wird immer noch festgehalten. In der Finanzkrise gilt Verein sogar als Rettungsmodell.

Vereinsmeierisch fummelt sich der FC Schalke 04 übrigens gerade an die Tabellenspitze. Gestern startete der Club eine eigene Veranstaltungsreihe namens "Tore und Gewinne" KLACK. Obwohl Schalke längst ein Wirtschaftsunternehmen mit Veranstaltungsstätte ist und vor neun Jahren eine AG gegründet hat, unter derem Dach einige Töchterunternehmen agieren, preisen sie in Gelsenkirchen die heimelige Vereinstradition. Und Schalke-Präsident Josef Schnusenberg – als langjähriger Berater des dem Schalker Aufsichtsrat vorstehenden Feischmagnaten Clemens Tönnies marktwirtschaftlichem Treiben durchaus zugetan – begreift Fußball mindestens als soziale Marktwirtschaft, lieber noch als Volksgut.

Schalke, soll der Steuerberater gestern Abend auf Schalke gesagt haben, Schalke gehöre keinem "arabischen Scheich, keinem russischen Milliardär, keinem reichen Onkel". Schalke gehöre seinen Mitgliedern. Natürlich wird Applaus aufgebrandet sein – auch bei Ehrenredner Günter Netzer: "Ein Fremdinvestor", soll der ehemalige Schalkemanager, heutige Wahlschweizer, Fernsehstar und Sportrechtehändler gesagt haben, würde die "Schalker Identität verfälschen".

Leider habe ich den aufschlussreichen Abend im "Tibulsky" verpasst. Oder zum Glück: Ich hätte mich gut antideutsch geärgert. Vemutlich weniger über Wirtschaftsemigranten Netzer – irgendwie hat er ja Recht mit den Grenzen der "Schalker Identität". Mehr über Schnusenberg Angriffe auf das Gebahren der englischen Premier League. Denn auf der Insel herrsche "Gigantomanie", die Premier League sei eine Art "Fußball-Bank", die das Geld einsammle, aber hinter den Kulissen türmten sich "hässliche Schuldenberge" auf. Deshalb gelt es die Engländer genaustens zu beobachten. Und auch hierzulande müsste man sich den Anfängen erwehren. Und dann soll Präsident Schnusenberg sich auch noch zu diesem hübschen Satz verstiegen haben: "Im 18.Jahrhundert stand der Manchester-Kapitalismus für den Niedergang der englischen Fußball-Kultur. Dieser Fußball-Kapitalismus frisst seine Fans, die zum Teil gar nicht mehr in der Lage sind, die hohen Ticket-Preise zu bezahlen. Diese Entwicklung im Mutterland des Fußballs ist für mich nur noch tragisch".

Abgesehen vom historischen Lapsus – im 18. Jahrhundert gab es keine englische Fußballkultur die der Manchester-Kapitalismus hätte zerstören können – hätten das deutsche Turnväter und andere Protofaschisten kaum besser sagen können. Vor mehr als hundert Jahren!

Letzte Frage: Weiß jemand, ob sich Antideutsche für Fußball interessieren? Fordern sie das Ende des Fußballprotektionismus? Den umgehenden Einstieg ausländischer Investoren in den deutschen Fußball? Die Umbennnung der Bundesliga in Pepsi-Cola-League? Die dezentrale Vermarktung aller Fernsehrechte an Fußballspielen? Das Ende einer öffentlich-rechtlichen Fußballgrundversorgung? Die Abschaffung aller Einsatzschranken für Fußball-Ausländer? Und die bedingungslose Anerkennung der ersten Fußballweisheit: "Geld schießt Tore"?

Sie wären mir nicht unsympathisch.

PS: Ich werde heute Abend eine Michael-Ballack-Fahne anfertigen.