In dieser Reihe wird beständig die Sinnhaftigkeit von Printpublikationen hinterfragt. Erste Opfer waren Rolling Stone und SFT. Und auch diesmal geht es wieder dahin, wo es weh tut. Nein, nicht nur nach Köln, sondern auch zu einem Stadtmagazin. Der Autor stand kurz vor einem Besuch in der Stadt und erinnerte sich an die Karnevalstradition, empfand also den Zeitpunkt für das Thema als gekommen. Es könnte jede andere Stadt sein, aber es trifft halt Köln – diese Art Magazin natürlich.
Dom, adrette junge Frau. "Ist Zukunft planbar?". Karneval. Fußball. Und noch zwei Herzensthemen auf dem Titel: Ein schließendes Bad und ein Museum im Umbau. Die erste Anzeige innen dann für die Philharmonie. War das nicht mal ein alternatives Stadtmagazin? Wieso dann all die offiziösen Themen? Und wie als Gegengewicht direkt ein Editorial, das "ganz Persönliches" von Redakteuren erzählt und dies mit dem Titelthema in Verbindung bringt. Fehlende Distanz? Berufsbedingte Überidentifikation? Marketingkniff? Man wird sehen. Rein ins Blatt.
Nach den Leserbriefen erst einmal weitere "Geburts- und Todesmeldungen". Club eröffnet, Zentrum schließt, Rheinuferstraßebäume in Gefahr, Schweinepest in Rösrath. Weitere Themen im Ticker: Nazis, Fußball, Drogen, Migranten, Arbeitsagentur, eine autofreie Siedlung, ein Anwohnerbeirat. Einzelne Stadtteile und Initiativen werden umarmt. Das ist natürlich für ein Monatsmagazin nett, wirkt aber irgendwie etwas pflichtbewusst und nur bedingt aktuell.
Es geht so weiter, sorry. Der Deutzer Hafen, Schüler beim Nachwuchsjournalistenwettbewerb. Nochmal Fußball und ein Gastkommentar des Geschäftsführers des Flüchtlingsrates, der seine Unschuld am Misslingen der Umsetzung eines Papiers zur Integration beteuern darf. Schwierig. Weiteres unter "Kommunal" – welch Rubrikenname! – ist dann Graffiti- und sonstige Jugendpolitik, bevor nach einer Seite Gastrotipps plötzlich die Redaktion in Karnevalskostümen dasteht. Daneben natürlich total alternative Tipps zur Sause. Und im Anschluss ein Bericht über ein Buch plus CD über Straßenmusiker von Mitte des 20. Jahrhunderts. Abtrünnige von Stockhausen haben das mal gemacht und resümieren im Schlussatz: "Dieses Kölsch ist mittlerweile historisch." Dann eine Fotostrecke über das sterbende Bad! Und die Titelstory zur Stadtplanung darüber wie die Nationalsozialisten die "drei Reiche" in der Stadt baulich repräsentiert wissen wollten, nach dem 2. Weltkrieg denn aber unkoordiniert Wiederaufbau betrieben worden sei und die neuesten Planungen irgendwie auch nur Schwammiges erwarten lassen. Durchaus lesenswert, aber inmitten von soviel Identifikationshuberei auch verstörend, denn nur sechs Seiten nach einem Foto von Hitler kommt dann eines von Clickclickdecker. Man ist nahtlos bei "Musik". Und findet auch gleich eine Beilage zur Reihe "Neue Musik Köln". Hängt ja auch alles bestimmt irgendwie zusammen.
Und im Kulturteil ist natürlich alles ordentlich, gute Themen und Kritiken, allerdings natürlich alles im Bewusstsein der Tatsache, dass es eher um stilsichere Alternativ-Unterhaltung geht. Anzeigen von Live-Clubs und sogar für CDs – die ersten nach einer Beilage für ausgerechnet einen Kurpark. Zielgruppe scheint tatsächlich 17 bis 70 zu sein. Man muss halt alles repräsentieren, Themen besetzen, etc. Kennt man ja. Wozu eigentlich nochmal? Hm.
Die Filmkritiken sortieren recht sezierend historisch ein, der Theaterteil bringt Porträts, Berichte und Kritik, "Kunst" ebenso, und bei "Literatur" geht es spätestens recht viel um Bücher, die wohl mit Bekannten oder Verlagspartnern zu tun haben – aber all das auf recht hohem Niveau. Da ist wirklich kaum zu meckern bevor der Kalender beginnt, die Kleinanzeigen kommen, dann Kolumne und Fotowitz (statt Comic) und schließlich Anzeigen des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg und von Rheinenergie. Und da gibt es denn auch keinerlei Glaubwürdigkeitsprobleme, ist ja alles irgendwie kölsch. Und man mag nach Lektüre einfach die Filme nicht sehen, die Musik nicht hören, die Orte nicht besuchen und erst recht nicht mit einzelnen Stadtteilinitiativen in Berührung kommen. Weil das alles so fürchterich Alternativ-Boulevard ist. StadtRevue halt. Dass einem schummerig wird. Und das ist gar nicht mal Schwarz-Grün. Eher so eine abblätternde Kinderfarbenschicht von einem im Grunde grau-braunen Haus irgendwo in Deutz. Aber es könnte natürlich überall (in Deutschland) sein. Nur: Köln ist so entsetzlich offensichtlich.