Zur Sprache des Fußballs

Es begann mit einer Abseitsstellung. Mitspieler Sul. war schon wieder unzufrieden mit der Schiedsrichterentscheidung, zeterte und meckerte, wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Der Referee zückte die gelbe Karte. Sul. war immer noch auf Touren und kommentierte die Verwarnung mit einer abwertenden Handbewegung. Der Schiri nestelte nach der roten Karte, zeigte sie und sagte dem weiter wütenden Sul.: "Das ist eine Missbilligung". Das wollte Sul. natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Er konterte: "Bist selber eine Missbildung". Verließ aufreizend langsam das Spielfeld. Buhrufe beider Mannschaften. Da sage einer, die Sprache des Fußballs ist international.

Muff Potter

Muff Potter (Mit Trashmonkeys, Herrenmagazin u.a.) Mittwoch, 10. Mai Juni, Campusfest Uni Duisburg-Essen, 18.00 Uhr, Uni Duisburg

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Karstadt: Arcandor steuert auf Insolvenz zu…FAZ

Karstadt II: Bund gibt letzte Chance…Spiegel

Interview: Horx glaubt nicht an Weltuntergang…Der Westen

Verkehr: Ruhrgebiet ohne Stau…Der Westen

Dortmund: Kommunalwahlkampf hat begonnen…Ruhr Nachrichten

Gelsenkirchen: Müssen Schulen geschlossen werden?…Der Westen

Netz: Berliner Zeitung kontert Wiefelspütz…Netzpolitik

Ruhr2010: "Ruhrgebiet hat Engagement verdient"…Kölner Stadtanzeiger

Fotowettbewerb: Was ist typisch an Europa?…Hometown Glory

Europawahl: SPD-Politiker fordern Strafen für Nichtwähler…Welt

Europawahl II: So hat das Ruhrgebiet gewählt…Dirk Schmidt

Online: Termine…Ruhr Digital

Piratenpartei: Vorkämpfer der Netzbürger…Tagesspiegel

Europawahl III: War es das mit links?…taz

Evonik: Spielraum zum sparen…Der Westen

Witten-Herdecke: Neustart für Krisen-Uni…FAZ

Konjunkturmittel: Die Prüfer kommen…Welt

Apple: Es geht auch ohne Steve…Macnotes

Ruhrolympiade: Start in Lünen…Ruhr Nachrichten

Presseschau Migration und Integration

Foto: Beate Moser

Das Ruhrgebiet ist die größte Einwanderungsregion Europas. Da kann es nichts schaden manchmal über den Tellerrand zu schauen, wie es in der Einwanderungs-, Integrations- und Flüchtlingspolitik zugeht. An dieser Stelle erscheint ca. einmal im Monat eine Presseschau zu diesem Thema. Sie erhebt keinen Anspruch auf enzyklopädische Vollständigkeit, sie enthält Texte, die aus meiner Sicht für – die oftmals kontroverse – Debatte in diesem Themenbereich von Interesse sind. Die Aufnahme von Texten bedeutet keine Identifikation mit ihren inhaltlichen Aussagen. Auf den Link klicken führt zum Text.

Einen sehr guten Überblick über die rechtsradikalen Kräfte in der EU gab Bernhard Schmid in der Jungle World

Rassismus und Rechtsextremismus in Tschechien und Ungarn (Telepolis)

EU-Kommission fordert Flüchtlingsaufnahme durch Mitgliedsstaaten (Die Zeit)

FR-Korrespondent meint, die griechische Regierung sollte härter gegen Flüchtlinge vorgehen

Die italienische Regierung lässt dagegen kaum etwas aus (Jungle World)

Zehntausende müssen Abschiebung fürchten (Junge Welt)

Die Residenzpflicht für Flüchtlinge erinnert an die Passgesetze der Apartheid (Telepolis)

Wiener Fußballfans organisieren Solidarität für Flüchtlingshelferin (Jungle World)

Kopftuchfrau berät Obama (Tagesspiegel)

Aaqil Ahmed, ein umstrittener Islam-Experte der BBC (Tagesspiegel)

Hat das FBI den jüngsten Terrorplot selbst inszeniert? (hintergrund.de)

"Ein Käfig voller Enten" (Deutschlandfunk-Feature dazu, wie das die deutschen Dienste machen)

Bei einer deutsch-britischen Tagung in London wird die Marxloher Moschee gepriesen (FAZ)

Necla Kelek kritisiert Leggewies Moscheenbuch (FR)

Der türkische Popstar Tarkan zeigt politisches Engagement gegen deutschfinanzierten Staudammbau (Sp-onl)

Deutsche Gesundheitstouristen nutzen türkisches Gesundheitswesen (Jungle World)

Bei Internetsperrverfügungen kennen Regierungen keinen Clash of Civilizations (Die Zeit)

Die Duisburgerin Fatmire Bajramaj hat das Frauenpokalfinale zugunsten ihres alten Vereins FCR-Duisburg gegen ihren neuen Verein Turbine Potsdam mitentschieden (7:0), vor dem Spiel erschien dieses Porträt im Tagesspiegel

Eine große Welle ging durch die deutschen Feuilletons, nachdem der Kölner Navid Kermani den Hessischen Kulturpreis erst bekommen, und dannn doch nicht bekommen sollte. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit folgende Textbeispiele, zuerst der Text, über den sich die christlichen Protagonisten – zunächst nichtöffentlich – erregten:

Warum hast Du uns verlassen (Im Original in der NZZ, hier dokumentiert vom KStA)

Kermani selbst zum Vorgang (FAZ)

"Ich liebe Jesus" (Tagesspiegel)

Micha Brumlik (FR)

Der Krieg der Kulturen (FR)

Deutschlands neue Eliten (Tagesspiegel)

Kant hätte dasselbe wie Kermani gelehrt (FAZ)

KWI-Chef Claus Leggewie (FR)

Kreuzbetrachtungen (Telepolis)

Glückwunsch an Navid, wer ihn noch nicht kannte, kennt ihn jetzt!

 Der rot-rote Berliner Senat hat Stress mit einer Gruppe von Roma, die aus Rumänien geflohen sind, dazu gibt es zahlreiche Berichte in der Berliner Presse, u.a. diese:

Roma wollen bleiben (Junge Welt)

Kontaktsperre für Roma (Berl.Zt.)

Auf gepackten Koffern (Tagesspiegel)

Kirchenasyl für eine Nacht (Berl.Zt.)

"Man soll uns eine Wohnung geben und Arbeit" (Berl.Zt.)

Roma sollen Autofenster putzen (Tagesspiegel)

Kommentar von Andrea Dernbach (Tagespiegel)

Kommentar von Brigitte Fehrle (Berl.Zt.)

 Weitere Themen:

Psychische Erkrankungen bei Muslimen (taz)

Streit um den nächsten Unesco-Chef (Tagesspiegel)

Mädchen in arabischen Ländern wehren sich gegen Zwangsverheiratung (Junge Welt)

Der Film "Tangerine" zeigt den Alltag marokkanischer Prostituierter (Berl.Zt.)

Analyse zur Ausgangslage vor den iranischen Präsidentschaftswahlen (Telepolis)

Zur Lage der Frauen im Iran vor der Präsidentschaftswahl (Die Zeit)

Im Iran brummt alles, was verboten ist, z.B. HipHop (Berl.Zt.)

Ein ägyptischer Maler stoppt Immobilienhaie in Kairo (Berl.Zt.)

Wibke Bruhns und Dunja Hayali über den Kampf der Kulturen beim ZDF einst und jetzt (FR)

Kulinarische Stadtführung durch Istanbul (Die Zeit)

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Die Arcandor-Welt ist schön

Arcandor versucht gerade Hilfe vom Staat zu erpressen: Geld oder Insolvenz. Blickt man auf die Internetseite des Konzerns gibt es gar keinen Grund für Hilfe, denn Arcandor strahlt vermögend um die Wette.

Ausriss: Arcandor.de

Innerhalb von gut zehn Jahren wurde der Konzern Arcandor, damals noch Karstadt-Quelle, von wechselnden Managern mal eben gepflegt in den Boden gerammt. Stündlich droht die Insolvenz, der Staat hat  abgelehnt Arcandor Geld aus dem "Wirtschaftsfonds Deutschland" zu geben.   Aber hey, alles ist gar nicht so schlimm. Ein Blick auf die Internetseite des Noch-Konzerns zeigt: Die Arcandor-Welt ist schön – zumindest im Corporate-Film. (Auf der Arcandor-Seite bitte etwas runterscrollen – ich konnte den Film nicht direkt verlinken.)

RWE-Chef Großmann will eine Milliarde Euro Fördermittel für seinen Konzern

Foto: RWE

Vor ein paar Tagen habe ich mit meinem Kollegen Daniel Wetzel ein Interview mit Jürgen Großmann, dem RWE-Vorstandschef, für die Welt am Sonntag gemacht. Es ging um das angespannte Verhältnis zu den Kommunen, den Sinn und Unsinn CO2-reduzierter Kraftwerke sowie eine Milliardensubvention für den Energieriesen. Wir haben uns in Berlin getroffen, in der RWE-Repräsentanz, mit einem weiten Blick über die Hauptstadt. Es gab Kaffee und Gebäck.

Ruhrbarone: Herr Großmann, der RWE-Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Fischer hat auf der jüngsten Hauptversammlung seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt. Für viele Beobachter sah das nach dem Ende eines Machtkampfes zwischen Ihnen und Teilen des Aufsichtsrates aus. Liegen Sie mit dem Kontrollgremium im Clinch?

Jürgen Großmann: Wir haben nach dem Aktiengesetz eine bewährte Arbeitsteilung zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Der Aufsichtsrat hat ein Geschäftsführungsverbot, der Vorstand wiederum wird durch den Aufsichtsrat bestellt und überwacht. Im Aufsichtsrat sind Mitarbeiter und Aktionäre vertreten, das klappt hervorragend. Es hat keinerlei Reibereien zwischen Herrn Fischer und mir gegeben. Im Gegenteil, wir sind uns über die Ziele des Unternehmens immer einig gewesen.

Ruhrbarone: In Ihrem Aufsichtsrat sind Ihre wichtigsten Kunden, die nordrhein-westfälische Kommunen, ähnlich stark vertreten wie Vertreter der Kapitalseite. Ein institutionalisierter Dauerkonflikt. Kann der Vorstand gegen die widerstreitenden Interessen dort frei genug agieren?

Großmann: Vorab: Andere Unternehmen würden jubeln, wenn sie auch einen Anker-Aktionär mit einem Anteilsbesitz von rund 25 Prozent hätten, der sich so konstruktiv verhält und Konstanz in der unternehmerischen Planung ermöglicht. RWE kann die Interessen aller Stakeholder, von den Mitarbeitern bis hin zu den Aktionären, sehr gut abbilden. Mit unserem Kraftwerkspark bieten wir die Möglichkeit einer Risikostreuung, die es den Kommunen erlaubt, auf den Aufbau einer eigenen, kapitalintensiven Energieversorgung vor Ort zu verzichten.

Ruhrbarone: Offenbar sind aber nicht alle Kommunen glücklich mit RWE. Im Münsterland, im Sauerland und rund um Gelsenkirchen diskutieren Lokalpolitiker, die Netze zurückzukaufen und eigene Versorgungsunternehmen zu gründen.

Großmann: Ob es am Ende dazu kommt, wird man sehen. Ich weiß nicht, ob es viel Sinn macht, in jedem Konzessionsgebiet mit viel Geld das Knowhow für die Betriebsführung und Wartung von Stromnetzen und Erzeugungsstrukturen neu aufzubauen. RWE hat den Kommunen sehr viel zu bieten. Wir haben rund 100 Kraftwerke verschiedenster Größe und mit unterschiedlichen Energiequellen. So können wir es auffangen, wenn mal ein Kraftwerk ausfällt oder sich bei den Brennstoffpreisen ein paar Relationen verschieben. Wenn Sie als Kommune aber nur ein Kraftwerk haben, können Sie das nicht. Da machen Sie nur eine Wette, und wenn die daneben geht, hängen sie wirtschaftlich ganz schön in den Seilen. Risikostreuung, Dividenden und Konzessionsabgaben sind zugkräftige Argumente gegen den Ausstieg aus RWE und den Aufbau paralleler teurer Versorgungsstrukturen.

Ruhrbarone: Also nehmen Sie die Bestrebungen der Kommunen nicht besonders ernst?

Großmann: Ich nehme sie ernst. Wenn man als Kommune solche Pläne nicht mit aller Konsequenz verfolgt, kann man auch nicht ordentlich verhandeln. Aber am Ende, wenn es zum Schwur kommt, werden sich viele Kommunalpolitiker schon überlegen, an welcher anderen Stelle dann das Geld fehlt, das sie da in die Energieversorgung stecken wollen. Ob sie ihre knappen Mittel nicht lieber in Schulen, Kindergärten und Infrastruktur investieren als in eine schon bestehende Energieversorgung, wird man dann sehen.

Ruhrbarone: Die Kommunen könnten auch weges des Konzern-Umbaus verstimmt sein. Sie haben mit der RWE Energy und RWE Systems ganze Zwischenholdings aufgelöst und ihre Entscheidungskompetenzen in die Zentrale nach Essen verlagert.

Großmann: Die Straffung der Entscheidungsprozesse war alternativlos. Dortmund wird im Übrigen für RWE ein Standort von hoher Bedeutung bleiben. Denken Sie etwa an die neue RWE Vertrieb AG, die dort ihren Sitz haben wird. Was wir derzeit machen, ist ein vergleichsweise kleiner Umbau. Es ist ja nicht so, dass wir ganze Sparten auflösen. Wir versuchen nur, im bestehenden Geschäftsmodell effizienter zu werden. Veränderungsbereitschaft muss es in jedem Unternehmen geben.

Ruhrbarone: Mit der Auflösung der Zwischenholding RWE Energy verlieren Kunden allerdings vertraute Ansprechpartner.

Großmann: Keineswegs. Durch die Zusammenlegung der Regionalgesellschaften RWE Rhein Ruhr und RWE Westfalen Weser Ems zu einer neuen Vertriebs- und Netzgesellschaft werden wir für die Kunden sogar noch transparenter. Bislang gab es gleich drei Vertriebsvorstände in der Zwischenholding RWE Energy und jeweils in den Regionalgesellschaften. Auch aus Sicht der Kunden sind die Zuständigkeiten jetzt klarer.

Ruhrbarone: Die Zusammenlegung vieler Entscheidungskompetenzen in Essen könnte die Konzernzentrale überfordern

Großmann: Grundsätzlich ist es wünschenswert, kleine operative Einheiten mit eigener Gewinnverantwortung zu haben. Denn das fördert Unternehmertum. Allerdings kann man Dezentralisierung auch zu weit treiben. Schauen Sie sich die frühere Kaskade im Konzern doch an: Oben die RWE AG mit 20 Aufsichtsräten, darunter die RWE Energy AG mit 20 Aufsichtsräten und darunter wieder die Regionalgesellschaften mit ihrerseits 20 Aufsichtsräten. Bei RWE musste der Entscheidungsprozess dreimal hintereinander durchlaufen werden, bevor eine Vorgabe des Vorstands umgesetzt wurde. Deshalb hat es früher manchmal Monate gedauert, bis große Projekte unterschriftsreif waren. So konnte es nicht weiter gehen. Wir müssen schneller werden.

Ruhrbarone: Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen für die RWE?

Großmann: Im Ausland, zum Beispiel in Zentral- und Osteuropa. Nach den Entscheidungen des Bundeskartellamtes ist es uns ja praktisch untersagt, in Deutschland noch weiter zu wachsen.

Ruhrbarone: Gibt es Indizien dafür, dass das Bundeskartellamt seine Definition des wettbewerblich relevanten Marktes auf Europa ausweitet – und den großen Energiekonzernen damit auch wieder Übernahmen im Inland gestattet?

Großmann: Es wird sich etwas ändern müssen. In anderen europäischen Ländern betrachten die Kartellbehörden längst nicht mehr nur ihre eigenen inländischen Marktverhältnisse. Weil sie den europäischen Markt zum Maßstab nehmen, erlauben sie es den dortigen Konzernen viel eher, durch Übernahmen zu wachsen. Das ist eine kartellrechtliche Ungleichbehandlung, die unseren ausländischen Wettbewerbern einen erheblichen Vorteil garantiert. Und den werden sie auch gegen uns ausspielen.

Ruhrbarone: Um die kartellrechtlichen Fesseln zu sprengen, brauchen Sie politische Unterstützung.

Großmann: Die werden wir mittel- und langfristig auch bekommen.

Ruhrbarone: Sind Sie sicher? Für Politiker war es zuletzt nicht sehr vorteilhaft, sich öffentlich mit Energiekonzernen zu solidarisieren.

Großmann: Glauben Sie nicht, dass sich das schon ändert? Die Politik nimmt inzwischen zur Kenntnis, dass bei allen großen deutschen Energiekonzernen die Bereitschaft vorhanden ist, ohne staatliche Beihilfen zu investieren und damit Konjunkturprogramme ohne Belastung für öffentliche Haushalte loszutreten. Wir werden von der Politik nicht mehr in dem Maße wie früher als Sündenbock gesehen, wofür ich mich auch persönlich eingesetzt habe. Warum kommt denn Frau Merkel zu RWE, Eon oder anderen Energieunternehmen zu Grundsteinlegungen von Kohlekraftwerken? Die deutsche Energiediskussion befreit sich aus der Zweidimensionalität von Preisen und Umweltschutz. Sie sieht die Versorgungssicherheit wieder als hohen Wert.

Ruhrbarone: Woran machen Sie das fest?

Großmann: Nehmen Sie als Beispiel den Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland. Es gibt in der Politik wieder erhebliche Zweifel, ob man die Energieerzeugung in Deutschland wirklich allein aus Gründen des Klimaschutzes komplementär zu den erneuerbaren Energien stark auf Erdgas umstellen und die ohnehin hohe Importabhängigkeit noch weiter steigern sollte. Wenn Sie Ihren Strom aus Erdgas machen, schicken Sie 70 Prozent des Strompreises zurück an den Gaslieferanten. Wenn Sie ihn aber aus heimischen Brennstoffen wie Braunkohle machen, bleiben 100 Prozent der Wertschöpfung hier im Lande. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise gewinnen solche Überlegungen wieder an Bedeutung.

Ruhrbarone: Im Dezember wollen die Vereinten Nationen auf einer Gipfelkonferenz in Kopenhagen ein internationales Klimaschutzregime gründen, um das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu ersetzen. Auf was stellt sich die RWE als größter CO2-Emittent Europas ein?

Großmann: Der Erfolg der Kopenhagener Konferenz hängt stark vom Verhalten der USA ab. Wenn sich die USA nicht klar zu einem globalen System zur Begrenzung von CO2 und zum Handel mit Emissionsrechten bekennen, ist die Konferenz zum Scheitern verurteilt. Die CO2-Emissionen der USA sind 1,5mal so hoch wie die Gesamteuropas. Daneben stehen China und Indien im Fokus: China hat gerade die Erhöhung der Kohleverstromung und Kohleförderung um 30 Prozent bis zum Jahr 2015 bekannt gegeben. Das heißt, die Weltenergieversorgung geht im Moment eher in die Kohle hinein als von ihr weg. Was nützt es uns, wenn wir in Deutschland mit der guten Absicht, CO2 zu sparen, wichtige Industrien mit Tausenden Arbeitsplätzen aus dem Land vertreiben, während woanders Kohlekraftwerke in den Himmel wachsen?

Ruhrbarone: Sie räumen dem Klimaschutz keine große Chancen ein?

Großmann: Das habe ich nicht gesagt. Aber aus unserer Sicht liegen in der Erneuerung der Kraftwerke riesige Chancen. Der durchschnittliche Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken weltweit beträgt weniger als 30 Prozent. RWE baut derzeit Kohlekraftwerke, deren Effizienz zwischen 45 und 50 Prozent liegt. In dieser Erhöhung des Wirkungsgrades liegt eine gewaltige CO2-Ersparnis. Bei meinem Amtsantritt hat RWE pro Jahr zwischen 180 und 190 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Wir können das kurzfristig unter 140 Millionen Tonnen drücken.

Ruhrbarone: Sie planen auch die Entwicklung einer neuen Generation so genannter CCS-Kraftwerke, in denen Kohlendioxid herausgefiltert werden kann.

Großmann: Wichtig ist dabei, ob sich die CCS-Technik auch wirtschaftlich realisieren lässt. Wir gehen davon aus, dass sich ein CCS-Kraftwerk rechnet, wenn die Preise für Emissionszertifikate zumindest bei 35 bis 40 Euro pro Tonne CO2 liegen. Wir sind im Moment bei 15 Euro, waren aber auch schon einmal bei mehr als 30 Euro.

Ruhrbarone: Die EU fördert den Bau von CCS-Kraftwerken.

Großmann: Das von RWE geplante Demonstrationskraftwerk in Hürth kostet 2,2 Milliarden Euro, wobei allein die CCS-Technik Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro ausmacht. Die Förderung durch die EU macht nur einen kleinen Teil dieser Zusatzkosten aus. Bei solchen Beträgen für ein einziges mittleres Kraftwerk muss ich mich von meinen Aktionären fragen lassen: Hättest du nicht besser gewartet, bis jemand anders die Kastanien aus dem Feuer geholt hat?

Ruhrbarone: Der Bau des CCS-Kraftwerks Hürth steht also noch unter dem Vorbehalt einer Co-Finanzierung durch Steuergelder?

Großmann: Wir wollen dieses Kraftwerk bauen und tun alles, was zur Verfahrensentwicklung nötig und möglich ist. Der Tag der Bauentscheidung kommt Ende 2010 oder Anfang 2011. Ohne zusätzliche Förderung bin ich aber skeptisch, ob sich die Baupläne halten lassen. Dennoch schauen wir konstruktiv nach vorn. Deutschland hat mit CCS eine Chance und sollte sie unbedingt nutzen. Wir sollten zumindest eine, besser zwei CCS-Demonstrationsanlagen in unser Land holen. Richtig ist andererseits aber auch, dass CCS nicht der alleinige Königsweg ist. Viele andere Projekte sind ebenfalls nötig, um das Klima zu schützen. Dazu zählt die Aufforstung tropischer Regenwälder.

Ruhrgebiet ist keine SPD-Hochburg mehr

Erinnert sich noch jemand daran, dass das Ruhrgebiet einmal eine SPD-Hochburg war? Nicht? Dann fragt mal Euren Opa.

Kam die SPD in irgendeiner Stadt im Ruhrgebiet noch über 40 Prozent? Ich habe keine gefunden. Oberhausen gilt mit 38 Prozent schon als Hochburg. In Bochum kamen die Sozialdemokraten nur noch auf 33 Prozent, in Dortmund sieht es ähnlich aus. Im ganzen Ruhrgebiet waren die Grünen stabil, konnte die Union ihre Rekordergebnisse aus 2004 nicht halten und haben vor allem die FDP und die Linke dazugewonnen. Letztere allerdings blieben deutlich unter den noch vor nicht allzu langer Zeit sehr hohen Erwartungen. Nimmt man das Ergebnis der Linkspartei für NRW haben sie hier im Land noch nicht einmal die 5-Prozent-Hürde genommen. 4,6 Prozent – da dürfte mancher Linksgenosse nervös werden, der sich schon bei den kommenden Landtagswahlen sicher im Parlament sah.

Früher war das mit der SPD einmal anders: Da haben die Sozialdemokraten fast überall immer über 50 Prozent geholt. Bei jeder Wahl und egal wen sie aufstellten. Man kann den Sozialdemokraten nicht vorwerfen, nicht gekämpft zu haben: Sie dominierte mit ihren Plakaten den Wahlkampf und in der Bochumer Fußgängerzone wurden Tag für Tag tapfer Würstchen verlauft. Genutzt hat es nichts.

Was heißt das für die Kommunalwahl am 30. August? Durch die sehr geringe Wahlbeteiligung ist es schwer, klare Aussagen zu treffen aber  eines deutet sich an: Rot-Grüne Bündnisse wird es nur noch in wenigen Städten geben. Ohnehin scheint die Zeit der Zweierbündnisse auch auf kommunaler Ebene vorbei zu sein. SPD und Grüne werden die Linkspartei in Boot holen müssen, es wird große Koalitionen in den Räten geben und in ein paar Städten  vielleicht auch Jamaica. Und es wird in vielen Räten künftig wechselnde Mehrheiten geben. Das ist spannend und hochdemokratisch, aber wer sich Städte wie Marl anschaut, in denen seit Jahren mit wechselnden Mehrheit regiert wird, wird auch feststellen: Bei Ausgaben sind sich alle sehr schnell alle einig – für Einsparungen und Einschnitte gibt es nur selten eine Mehrheit. Für Städte die finanziell am Abgrund stehen und vielleicht sogar schon einen Schritt weiter sind, ist das keine gute Nachricht.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Das Ruhrgebiet hat längst ganz normale Wahlergebnisse – vergleichbar mit denen in anderen Großstädten. Die SPD bleierne Dominanz, die für mich auch immer ein Zeichen eines Modernisierungsdefizits war, verblasst mittlerweile selbst in der Erinnerung.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem aus dem Ruhrgebiet

Ruhr2010: Straßen als Kunstprojekt…Süddeutsche

NRW: Schwarz-Gelb liegt vorne…Der Westen

Benefiz: Grönemeyer sang für Konzerthaus…Ruhr Nachrichten

SPD: Gelsenkirchen ist rot…Gelsenkirchen Blog

Karstadt: Middelhoff im Zwielicht…FAZ

Karstadt II: Verwirrung um Fusionspläne…FR-Online

Karstadt III: Poker um die Zukunft…taz

Kanal: Hafenfest in der Marina-Rünthe…Sonja

Kitas: Streik geht weiter…Ruhr Nachrichten

Wiefelspütz: Das Problem Internetgrundrecht…Netzpolitik

Protest: Demo gegen Spielekiller…Isotopp

Bing: Wer suchet…2.0

Special Europawahl

SPD: Existenzielle Krise…Der Westen

Bundestagwahl: CDU und FDP träumen…Spiegel

SPD II: Adieu Volkspartei…Stern

SPD III: Kommunizierende Röhren…Pottblog

Europa: Kontinent rückt nach rechts…Welt

Schweden: Pirat entert Europaparlament…Heise

Piraten: Grosse Beute in Berlin…Tagesspiegel

 

 

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Und der Barsch geht an…… Andreas Scholz:

Barsch Foto: Wikipedia/GeradM/Lizenz: GNU

Wir hatten um einen Barsch gewettet, wer am besten Vorhersagen kann, wann die ersten vernünftigen Prognosen zur Europawahl online gehen. Die These war, dank Twitter kommt alles früher raus.

Nun, gewonnen hat Andreas Scholz: Er lag nur eine Minute daneben. Andreas Scholz hatte kurz nach 18:00 Uhr getippt. Und damit hatte er recht. Alle Gerüchte, die über Twitter gingen, waren nämlich Bullshit. Und kaum mehr als die Wiederholungen der letzten tagealten Prognosen. Erst um 18:01 lieferten ARD und ZDF verläßliche Zahlen. Das Prognosegeheimnis hat also noch einmal gehalten. Bis zur Bundstagswahl?

Wie kommt Andreas Scholz jetzt an seinen Barsch? Per Fax, Email, oder Verleihnix? Wir finden es raus. 🙂

Update: Piratenpartei: Leinen los?

In Schweden hat die Piratenpartei aus dem Stand heraus deutlich über 7 Prozent geholt und ist damit ins Europaparlament eingezogen. In Deutschland hat es dafür nicht gereicht. Trotzdem: Die 0,9 Prozent die sie geholt hatsind ein sehr gutes Ergebnis.

Foto: Nospickel

OK, noch ist Hamburger Stadtteil "Kleiner Grasbrook" nicht überall: Mit 8,6 Prozent erreichte die Piratenpartei in dem Hamburger Stadtteil nicht nur ein fantastisches Ergebnis sondern lag sogar vor der Union. Die Christdemokraten kamen dort nur auf 7,1 Prozent. Trotzdem: Mit  0,9 Prozent und  229.117 Wählern  hat die Piratenpartei einen großen Erfolg erzielt. Gut, er wird etwas eingeschränkt durch die niedrige Wahlbeteiligung, von der die Piraten profitiert haben, aber es bleibt ein Erfolg. Die "Generation C64" hat sich erstmals bei Wahlen bemerkbar gemacht. Vielleicht sind die Netizens dabei, sich als Gruppe wahr zu nehmen und ein Gefühl für die eigene Stärke zu entwickeln. Die Begeisterung für die Piraten auf Twitter und in den Blogs war beeindruckend. Damit ist vielleicht ein Prozess in Gang gesetzt worden, der eine neue politische Kraft hervorbringt. 

Es gibt keinen Grund für die Wähler der Piraten, enttäuscht zu sein: Auch die Grünen sind in den 70er Jahren, damals noch als Wählerlisten unter den verschiedensten Namen, nicht viel besser gestartet. OK, es war heute viel Protest dabei, aber das war es bei den Grünen auch. Ihr Vorteil war, dass sie durch eine breite soziale Bewegung getragen wurden. Themen wie Umwelt und Atomkraft waren seinerzeit wesentlich präsenter als es die Themen der Netz-Community heute sind. Umso beeindruckender ist das heutige Ergebnis. Was es wirklich gebracht hat? Das wird sich in den nächsten Stunden und Tagen zeigen. Wenn die Medien das Thema Piratenpartei aufgreifen, sich mit den Themen und dem Personal der Partei beschäftigen, die "Generation C64" entdeckt, haben wir alle gute Chancen, unsere Themen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Und damit auch etwas Unruhe in den Reihen der etablierten Parteien zu säen. Die können, wenn sie ganz hoch auf den Mast steigen, am Horizont ein kleines Schiff mit einer Piratenfahne erkennen.

Schauen wir uns die Zahlen der Piratenpartei etwas genauer an. Sie sind überraschungsfrei: In Uni-Städten haben sie zum Teil gute Ergebnisse geholt, in einzelnen Bezirken auch über drei Prozent. Auf dem Land waren die Ergebnisse eher mau. In NRW, wo es bei Kommunalwahlen keine 5 Prozent-Hürde gibt, hätten die Piraten in Städten wie Aachen, Dortmund oder Bochum gute Chancen, in einzelne Bezirksvertretungen oder vielleicht auch in den Rat einzuziehen. Und nur so wird es gehen: Die Piratenpartei muss, will sie langfristig erfolgreich sein, den jetzigen Schwung nutzen und Orts- und Stadtverbände gründen. Dort werden sich die Piraten sammeln und sich auf die nächsten Wahlen vorbereiten: Erste Mandate wird es in Kommunalwahlen geben. Dafür muss es dann aber auch Kommunalwahlprogramme geben. Klingt langweilig? Unmöglich für die Piraten? Im Gegenteil: Der "Transparente Staat" macht auch als "Transparente Stadt" Sinn. Beim Verkauf von Grundstücken, bei der Planung des Haushaltes, im Vergaberecht oder bei den zum Teil unübersichtlichen Konstrukten städtischer Beteiligungen und ihren Verbindungen zur Politik gibt es genug Aufgaben für alle, die auf Kaperfahrt gehen wollen. Die Piratenpartei wird sich aber darüber hinaus thematisch breiter aufstellen müssen. Kann sie das schaffen? Vielleicht. Warum nicht? Das Ergebnis der Europawahl war ein guter Anfangserfolg. Und ein massiver Vertrauensvorschuss. Die nächsten Erfolge wird sich die Piratenpartei erarbeiten müssen. Und dafür wird sie die Unterstützung der Netizens brauchen. Klar zum ändern!