Uhlenbergs Eigentor: Kommt jetzt ein Untersuchungsausschuss?

Ich habe das Strafverfahren gegen den ehemaligen Abteilungsleiter des Umweltministeriums, Harald F., seit Monaten intensiv beobachtet. Ich war im Knast. Ich hab mit duzenden Leuten gesprochen. Und jetzt kommen wir zum Ende dieser Affäre und zum Beginn einer neuen. Aus dem Fall Harald F. entwickelt sich ein Justizskandal. Nach meinen Recherchen konnte die zuständige Staatsanwaltschaft auch nach gut sechsmonatigen Ermittlungen den Tatverdacht des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs, der Korruption und der Untreue gegen Harald F. und ein duzend weitere Beschuldigte nicht erhärten. Im Gegenteil: Nach Auskunft des ermittelnden Oberstaatsanwaltes Ralf Meyer wurden mittlerweile die besonders schweren Vorwürfe fallengelassen. Lediglich wegen eines möglichen Untreue-Verdachtes werde weiter ermittelt. Ich habe aus den Reihen von Grünen und SPD gehört, dass Parlamentarier darüber nachdenken, einen Untersuchungsauschuss einzuberufen. Es geht darum zu klären, ob Uhlenberg seine Macht mißbraucht hat. Nachdem er schon mindestens eine PFT-Tabelle frisiert hat, um damit die Öffentlichkeit über eigene Erfolge zu täuschen, wie das Landgericht Berlin in einem Urteil festgestellt hat.

Der Mann neben der Kuh ist Uhlenberg, der NRW-Umweltminister. Das Foto ist von der Seite des MUNLV.

Oberstaatsanwalt Meyer sagte, es seien alle beschlagnahmten Gelder wieder freigegeben worden. Auch ein Haftbefehl gegen den Hauptbeschuldigten Harald F. wurde zurückgenommen. Es gebe keine Verdunklungsgefahr mehr, sagte der Ermittlungsleiter. Das bemerkenswerte daran ist, dass Meyer noch vor ein paar Wochen wie ein Wolf gegen die Aufhebung der Arreste gekämpft hat. Die verfolgten Firmen sollten nicht ihr Geld frei kriegen. Auch wenn das deren Ruin bedeuten würde. Meyer setzte ein entsprechendes Urteil vor dem Landgericht in Wuppertal durch. 

Jetzt die Kehrtwende. Und auch bei dem letzten verbliebenen Vorwurf stapelt der Oberstaatsanwalt nun tief. Meyer sagte mir, er müsse zunächst einen Bericht an die Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf senden, dann werde über die mögliche Einstellung des Verfahrens entschieden. 

Zwischendurch habe ich erfahren, dass die Generalstaatsanwaltschaft schon seit Wochen mit dem Fall beschäftigt ist. 

Ich denke, es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Eingreifen der Generalstaatsanwaltschaft und der Wende im Fall F. Für Meyer, das LKA aber vor allem für den Anzeigenerstatter aus dem Umweltministerium ist das ein Debakel. 

Denn alles hatte so spektakulär angefangen, als in den Morgenstunden des 29. Mai eine der größten Polizeirazzien der letzten Zeit in NRW begann. Über 200 Beamte durchsuchten damals duzende Büros und Privatwohnungen. Es hieß, eine Bande rund um den Ex-Abteilungsleiter von Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) habe rund 4,3 Mio. Euro unterschlagen. Der Hauptbeschuldigte, Harald F., Mitglied der Grünen, wurde verhaftet.

Parallel zu den Durchsuchungen lief ein groß angelegter Lausch- und Spähangriff. Beamte des Landeskriminalamtes hörten tagelang über 30 Telefone ab. Gespräche zwischen Mandanten und Rechtsanwälten wurden mitgeschnitten. Emails aufgezeichnet. Und ein halbes Dutzend Personen wurde beschattet. Darunter Professoren, die für das Umweltministerium in Sachen PFT forschen. Prominentestes Lauschopfer ist der Geschäftsführer der Grünen im Landtag Johannes Remmel, von dem gleich ein Dutzend Gespräche aufgezeichnet wurden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurden die Unterlagen mittlerweile vernichtet. 

All diese Maßnahmen haben den Tatverdacht nicht erhärten können. Stattdessen führen sie ins Ermittlungs-Nirvana.

Ich habe umfassende Einsicht in die Ermittlungsakten. Nach meinen Recherchen gehen die meisten Vorwürfe vor allem auf die Aussagen von nur zwei Belastungszeuginnen zurück. Die beiden Frauen, Dorothea Delpino und Ulrike Frotscher-Hoof, arbeiten im Umweltministerium. Als Motiv für ihre Beschuldigungen gab Delpino einmal an, sie wolle sicherstellen, dass Harald F. nicht wieder ins Umweltministerium zurückkehren könne. Zunächst wurden die Aussagen der Zeuginnen im Umweltministerium zusammengestellt. 

Dann zeigte das Umweltministerium von Eckhard Uhlenberg (CDU) den Ex-Abteilungsleiter im Sommer 2006 an. 

Wie ich aus Ermittlerkreisen erfuhr, waren die Recherchen im LKA zunächst umstritten. Doch besonders Kommissar L. trieb die Verfolgung in enger Kooperation mit dem Umweltministerium voran. Es liegen Emails des Kommissars vor, in denen er führende Mitarbeiter des Uhlenberg-Ministerium darum bittet, das weitere Vorgehen in Sachen Harald F. zeitnah mit ihm abzustimmen. 

Auch den Akten lässt sich eine Spirale rekonstruieren, in der sich die beiden Zeuginnen, die Ministeriums-Spitze, Kommissar L. und der Staatsanwalt Meyer immer weiter in ihren Verdachtsmomenten festfraßen, ohne tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten zu finden. Die Leute haben sich Akten hin und her geschickt. Aussagen abgesprochen und das weitere Vorgehen abgestimmt. Die Belastungszeugin Delpino durfte sogar Akten mit aus dem LKA nehmen, um sich privat dazu Gedanken zu machen. Das ist kein Unsinn. Das steht in den Ermittlungsakten. Aus denen ich aus rechtlichen Gründen nicht wörtlich zitieren darf. Sonst würde ich am liebsten die ganzen dubiosen Nummer hier im Original einstellen. 

Erst wenigen Wochen nach den Hausdurchsuchungen im Jahr 2008 erwiesen sich die meisten Beschuldigungen als haltlos. Zunächst wurde eine belastende Aussage über eine Reise des Ex-Abteilungsleiters nach Südfrankreich auf Kosten von Auftragnehmern des Ministeriums als Falschbeschuldigung entlarvt. Harald F. hatte die Reise selbst bezahlt. Ein angeblich als Schmiergeld ausgeteilter Laptop entpuppte sich als Projektrechner der Uni Aachen, den der Beschuldigte bereits vor Jahren zurückgegeben hatte. 

Nun stellt sich auch der letzte Vorwurf als kaum haltbar heraus. Und zwar beschuldigten die beiden Zeuginnen ihren Ex-Chef Mittel aus der Abwasserabgabe zweckwidrig verwendet zu haben. Die entsprechenden Mittel dürften nur zur Forschung und Entwicklung im Bereich des Gewässerschutzes ausgegeben werden. Nach bisheriger Meinung der Staatsanwaltschaft habe zum Beispiel ein Projekt zur Ermittlung der „Schadstoffeinträge in Oberflächengewässer“ nicht bezahlt werden dürfen. 

Aus der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ist zu hören, dass es schwer sei, dem Abteilungsleiter einen Vorsatz für falsche Mittelverwendung zu unterstellen. Schließlich belegen Unterlagen aus dem NRW-Umweltministerium, die mir vorliegen, dass selbst Umweltminister Uhlenberg, die Verwendung der Abwasserabgabe für das angegriffene Projekt lobt. So heißt es in einem Forschungsbericht aus dem Januar 2008: „Die vom Land finanzierten Vorhaben sollen einen Beitrag zur Verbesserung des Umweltschutzes leisten und gleichzeitig wirtschaftliche Maßnahmen aufzeigen, die den Umweltstandard definieren.“ 

Intern heißt es in Ermittlerkreisen: "Uhlenberg kann nicht auf der einen Seite 2006 Anzeigen stellen, in denen er eine angeblich falsche Verwendung der Mittel angreift, und auf der anderen Seite diese Projekte dann weiterführen." 

Tatsächlich werden noch immer Ministeriums-Aufträge aus den Mitteln der Abwasserabgabe bezahlt werden, die nicht unmittelbar der Verbesserung der Gewässergüte dienen. So steht beispielsweise im Landeshaushalt, dass Mittel aus der Abwasserabgabe herangezogen werden, um Altlasten zu sanieren oder ein Bildungszentrum zu unterhalten. Beides Ausgaben, die nach Informationen von ehemaligen Angestellten des Umweltministeriums kaum unter dem Begriff „Forschung und Entwicklung“ zu fassen sind. Das Umweltministerium hat mir gegenüber diese Ausgaben für die Altlasten und das Bildungszentrum bestätigt. 

Auffällig ist, dass selbst das Umweltministerium die eigenen Anzeigen nicht besonders ernst genommen hat. So verzichtete das Haus von Minister Uhlenberg nach dem Ausscheiden des ehemaligen Abteilungsleiters darauf, einen möglichen Anspruch auf Schadensersatz geltend zu machen. Dafür hatte das Ministerium nach geltender Rechtslage bis Mitte 2007 Zeit. Entsprechende Forderungen sind aber bis heute nicht erhoben worden. 

Mehr noch: Aus den Ermittlungsunterlagen geht hervor, dass der der Uhlenberg-Staatssekretär Alexander Schink im Landtag NRW die Unwahrheit gesagt hat. So behauptete Schink gegenüber dem Parlament, das Ministerium habe nur zwei Anzeigen wegen kleinlicher Nebenaspekte gegen den Beschuldigten Ex-Mitarbeiter gestellt – alle Korruptionsvorwürfe seien vom Landeskriminalamt selbstständig ermittelt worden. „Warum das Dezernat Korruptionsbekämpfung dort tätig ist, entzieht sich meiner Kenntnis.“ 

Tatsächlich erstattete das Uhlenberg-Ministerium bereits am 14. Juli 2006 eine umfassende Strafanzeige gegen Harald F. Und zwar in der Korruptionsabteilung des LKA. Ausdrücklich bezog sich die Anzeige auf angebliche Korruption. In einem "Beiblatt zur Anzeige" heißt es: "Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, Forschungsaufträge mit einem Volumen von rund 2,1 Millionen Euro unter Missachtung der Vergaberichtlinien an die RWTH Aachen vergeben zu haben." Dafür sei ihm "zumindest ein hochwertiges Laptop seitens der RWTH zur Verfügung gestellt worden." Was ist das anderes als ein Vorwurf der Korruption? 

Doch das Umweltministerium ficht das nicht an. Bis heute bestreitet Schink die Anzeige vom 14. Juli. Bei der ersten Anzeige habe es sich lediglich um ein Schreiben gehandelt, in dem es um "Personalauswahlverfahren" ging. Ein Sprecher schrieb dazu in einer Email: "Die Unterstellung, Staatssekretär Dr. Schink habe den Landtag täuschen wollen bzw. getäuscht, wird mit Nachdruck zurückgewiesen." Weder dem Minister noch dem Staatssekretär sei eine Anzeige vom 14. Juli bekannt. 

Nicht beantwortet wird mikt dieser Aussage, warum der Justiziar des Umweltministerium mit einem Aktenkonvolut, Aussagen und einer detaillierten Vorwurfsliste der Belastungszeugin Delpino zum LKA gerannt ist. Denn auch das steht in den Akten. Will Schink behaupten, der Justiziar habe alleine gehandelt, gar eigenmächtig? 

Mittlerweile will das Umweltministerium, das verfolgte Firmen wieder für die Behörde arbeiten. Ein Sprecher sagt: "Das Ermittlungsverfahren stellt keinen Hinderungsgrund dar, laufende Projekte zu Ende zu führen oder neue Projekte bei Vorliegen der rechtlichen und fachlichen Voraussetzungen mit Auftragnehmern zu beginnen, die von dem Verfahren betroffen sind." Einer der beschatteten Professoren zeichnete verantwortlich für ein PFT-Gutachten des Ministeriums. Ein Uhlenberg-Sprecher sagte mir: Es seien keine Personen bekannt, die eine weitere Zusammenarbeit ablehnen würden. 

Nach meinen Recherchen stimmt auch das nicht. Etliche Personen haben ihre Jobs in den verfolgten Firmen verloren. Ein Ingenieur sagt: "Solange Frotscher-Hoof und Delpino noch im Amt sind, ist keine Vertrauensbasis mit dem Ministerium vorhanden." 

Ging es in erster Linie um Korruptionsbekämpfung? Das fällt schwer zu glauben. Harald F. gilt als einer der renommiertesten Kritiker des Umweltministers Uhlenberg im PFT-Skandal. Nach seiner Verhaftung liefen Gerüchte durch den Düsseldorfer Landtag, die vom Umweltministerium gestreut wurden, jetzt sei der PFT-Informant ausgeschaltet. 

Und tatsächlich kümmerten sich Beamte des LKA auch um das krebserregende Gift: Wie aus den Akten hervorgeht, hat das LKA etliche Unterlagen zum PFT-Skandal in den Räumen von Harald F. beschlagnahmt. Darüber hinaus fing das LKA mehrere Emails des Ex-Abteilungsleiters an Journalisten ab, in denen Informationen über den PFT-Skandal ausgetauscht wurden. Auch ich war betroffen. 

Weiter hörten die Ermittler mindestens ein Telefonat von mir mit dem Rechtsanwalt des Beschuldigten Harald F. und mit seiner Ehefrau ab. Nach Aussage der Staatsanwaltschaft wurden die aufgezeichneten Gespräche und Emails zwischenzeitlich vernichtet. 

Es ist unbekannt, ob Lecks aus dem LKA Unterlagen rechtswidrig an das Umweltministerium weitergereicht haben. Bekannt ist allerdings aus den Ermittlungsunterlagen, dass ein vorgesetzter LKA-Beamter hunderte Dateien und Akten unter anderem zum PFT-Skandal, an das Umweltministerium weitergereicht hat. Dort wurden die Dokumente detailliert ausgewertet. Ziel der Aktion war es laut Akten unter anderem, einen Maulwurf im Ministerium zu enttarnen, der die Medien mit Informationen versorgte. Umweltstaatssekretär Alexander Schink stellte mindestens eine Anzeige wegen angeblichen Geheimnis-Verrats gegen Unbekannt. 

Statt zu versuchen, seine Kritiker zum Schweigen zu zwingen, hätte sich Uhlenberg besser mit den Problemen an der Ruhr beschäftigt. So geht der PFT-Skandal in NRW ungebrochen weiter. Eigentlich sollte Mitte des Jahres eine Datenbank ins Internet gestellt werden, aus der jeder Bürger die aktuellen Messwerte von Schadstoffen wie PFT in den Trinkwasserflüssen von NRW erfahren sollte. Doch das Projekt „Fluss-Win-IMS“ wurde auf unbestimmte Zeit verschoben, obwohl die Datenbank nahezu fertig ist. Ein Beteiligter sagte: „Es steht in den Sternen, wann das kommt.“ 

Ein Ministeriums-Sprecher sagte mir, es werde planmäßig zum Ende des Jahres hochgefahren. Mich würde interessieren, wie das gehen soll, ohne den nötigen technischen Input. Nur wieder ein Märchen mit kurzen Beinen? 

Einen aktuellen Überblick über die PFT-Daten im Land ist auf jedenfall schwierig ohne„Fluss-Win-IMS“. Nach den letzten bekannten Zahlen aus dem Sommer jedoch ist er sichtlich, dass immer noch das Umweltgift aus den Klärwerken des Ruhrverbandes in die Ruhr strömt. Besonders aus den fünf am stärksten betroffenen Kläranlagen im Ruhreinzugsgebiet hat sich im Großen und Ganzen nichts getan. In Rahmedetal und in Werdohl strömten nach den Daten täglich über 120 Gramm PFT am Tag aus den örtlichen Klärwerken in den Ruhrzufluss Lenne. 

Unterdessen stellt sich auch eine andere Frage, die der Umweltminister seit Jahren vernachlässigt. Dadurch, dass er die Ursachen der PFT-Verseuchung nicht wirkungsvoll bekämpft, setzt sich das PFT in der Umwelt durch. Es kommt aus den Kläranlagen – zumindest zu 50 Prozent – an der Ruhr und schwemmt in Felder, Getreide, Fische, was auch immer. 

Nur im Trinkwasser ist die PFT-Fracht mittlerweile einigermaßen OK, weil die Wasserwerke reagiert haben. 

Aber die Angler, die über 160.000 Nanogramm PFT im Blut haben, weil sie PFT-verseuchten Fische gefuttert haben, werden sich darüber nicht freuen. Zum Vergleich: im Trinkwasser sind 100 Nanogramm je Liter der Grenzwert. Es gibt PFT in Wildschweinen. In Kühen überall.

 

Stalin, Heilmann und der Flutsch-Express

Mit der Klage gegen Wikipedia hat sich der Linkspartei-Abgeordnete Lutz Heilmann nicht viele Freunde gemacht. Auch in seiner Heimatstadt Lübeck liegt er mit einigen seiner Parteifreunde über Kreuz. Ist die Wikipedia Anzeige der Höhepunkt eines länger laufenden Konfliktes? Heilmann selbst ist die Sache allerdings wohl zu heiß geworden.

Josef Stalin Foto: Wikipedia

Der 18. Dezember scheint für einige Mitglieder der Linkspartei nach wie vor ein ganz besondere Tag zu sein. Nicht nur Sarah Wagenknecht dürfte an dem Geburtstag von Josef Stalin ihrem Dutt eine Extraportion Haarspray gönnen, auch der Chef der Lübecker Linkspartei, Ragnar Lüttke feiert schon mal gerne das Wiegenfest des Diktators. Das berichtete zumindest der SHZ online am 7. Oktober. Lüttke, der die Feier als rein privates Ereignis darstellte (Das zufällig in den Parteiräumen begangen wurde), war sich sicher, wem er sein Outing als Anhänger des schnauzbärtigen Diktators zu verdanken hatte: SHZ: Dahinter vermutet Lüttke Parteikreise um Lutz Heilmann, denen er vorwirft, zu "Stasi-Methoden" zu greifen, "um mich fertig zu machen". 

Wie zufällig beschäftigte sich kurz darauf die BILD mit Heilmann. Das Blatt berichtete Heilmann würde seinen ehemaligen Lebensgefährten per SMS bedrohen, was Heilmann zurück wies. Es ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Immunität des Abgeordneten schützt Heilmann in diesem Verfahren nicht. Der Immunitätsausschuss des Bundestages hat nach Aussage Heilmanns festgestellt: „ dass der mich betreffende Sachverhalt kein Sachverhalt ist, in dem Immunität herzustellen ist, da die fragliche vorgetragene Handlung nicht im Zusammenhang mit meiner Mandatsausübung steht.“ Nun sieht Heilmann es so, dass die Immunität nicht aufgehoben wurde, weil sie in diesem Fall nie bestand, andere sehen es anders – ein Frage für geübte Verwaltungsjuristen.

Während also in Lübeck über SMS, Bedrohung und Trennung getratscht wurde, rückte ein Unternehmen in den Mittelpunkt des Interesses, dass der ehemalige Lebensgefährte von Heilmann gemeinsam mit ihm geführt haben soll – was aus den Unterlagen über seine Einkommenssituation auf Heilmanns Homepage nicht ersichtlich ist. Die Lübecker Nachrichten dazu: „Flutsch-Express.de“: Wer Kondome oder Sex- Spielzeug-Pakete sucht, scheint hier richtig zu sein. Betreiber: Die „Heaven Media“. Als Geschäftsführer ausgewiesen: Marcel Müller. Doch wer Müller anrufen will und die angegebene Telefonnummer wählt, hat in der Tat sofort Lutz Heilmann am Apparat. Gegenüber den LN wiegelt der Abgeordnete allerdings ab: „Ich betreibe solche Geschäfte nicht!“

Aber irgendwer gibt diese Infos an die Medien weiter – und das nicht, um über gezielte PR die Geschäfte des Flutsch-Express zu beflügeln, der mittlerweile offline ist. Mag sein, dass Heilmann auch bei den Autoren des Wikipedia-Artikels Intriganten am Werk sah – es wurden ja auch drei Personen von ihm persönlich angezeigt. Nur wenn man den Wikipedia-Artikel über Heilmann liest, kann man die Aufregung nicht verstehen. Es hat den Eindruck, als ob Heilmann schlicht die Nerven verloren hat und durchgedreht ist – und dabei dankenswerter Weise auch sein Verhältnis zum ungehinderten Zugang zu Informationen offenbart hat. Mittlerweile rudert Heilmann zurück und will den Rechtsstreit mit Wikipedia beenden: "Mir ging es dabei keineswegs um Zensur, sondern schlicht um eine wahre Tatsachen-Darstellung. Der juristische Weg hat sich dafür insoweit als problematisch erwiesen, als durch die Struktur von Wikipedia die anderen Userinnen und User in Mitleidenschaft gezogen werden. Das war nicht meine Absicht. Gemeinsam mit Wikimedia e.V. werde ich nach anderen Wegen suchen, um den offenen und freien Charakter von Wikipedia so weiter auszugestalten, dass Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben." Tja, hätte der Jurist Heilmann mal an der Uni besser aufgepasst, wären ihm die Konsequenzen seiner Klage wohl klar gewesen. Zeit genug Wissen anzuhäufen hatte er jedenfalls: Heilmann studierte satte zwölf Jahre.

Das Prinzip Heilmann

Einstweilige Verfügungen und Abmahnungen sind wichtige  Bestandteile unseres Rechtssystems. Nur manche nutzen sie gerne als Waffe.

Was haben die Jungen Freiheit und Gregor Gysi gemeinsam? Die (und hier wird es schon schwierig) Wochenzeitig für den Rechten mit Abitur und der Retter der SED zeichnen sich durch eine hohe Klagefreudigkeit aus. Während die Junge Freiheit schnell dabei ist, alle vor den Kadi zu ziehen die sie mit Begriffen wie Neonazis und Rechtsradikalismus in Verbindung bringen ist es nicht ganz unkompliziert über Gregor Gysi und die Stasi zu schreiben – nicht wenige Verlage legen ihre Texte vor Drucklegung erst einmal einem Anwalt vor, um sich juristische  Ärger zu ersparen.

Nun hat jeder das Recht, davor geschützt zu werden, in der Öffentlichkeit diffamiert zu werden. Niemand möchte zum Beispiel als Alkoholiker bezeichnet werden, weil er mal ein Bier trinkt oder als Krimineller, weil er mal falsch geparkt hat. Der Schutz des Rechtes ist ihm gewiss und das ist gut. Aber bei der Jungen Freiheit oder Gysi (und jetzt Heilmann) gibt es noch einen weiteren Aspekt: Abschreckung. Die Botschaft der klagefreudigen Postille und des Berliner Anwalts ist klar: Sich mit mir anzulegen ist ärgerlich und kann schnell teuer werden, eine unbedachte Formulierung reicht. Wer keine Lust auf Ärger hat lässt besser die Finger von gewissen Themen bei JF und Gysi und genau das ist wohl der gewünschte Effekt: Niemand soll sich genauer mit der Nähe der JF zu Neonazis und Rechtsextremisten beschäftigen und auch Gysis Interesse an einer öffentlichen Auseinandersetzung über sein Verhältnis zur Stasi ist eher gering.

Bei Heilmann hat das alles nicht so gut funktioniert.  Das passt zu seinem Looser-Lebenslauf:  Egal welche Aspekte des Wikipedia-Beitrages über ihn den Hinterbänkler gestört hat – jetzt kennen ihn alle. Aber das Prinzip ist das Gleiche wie bei JF und Gysi: Mit Recht Autoren zu verunsichern und so dafür zu sorgen, dass zumindest einige die Finger von Themen lassen, an denen man sich die selbigen schnell verbrennen kann.

SPD-Annen alle. Rechter Flügel fordert nächstes Opfer

Die Nachricht ist kurz und war erwartbar. Der SPD-Parteilinke Niels Annen verliert sein Direktmandat in Hamburg. Der clevere Köpfchenzähler Danial Ilkhanipou, Jusochef der örtlichen Hanseaten und Parteirechter, hat ihn rasiert. Mit nur einen Stimme zu wenig unterlag der Annen im Kampf um eine erneute Kandidatur für die lokale SPD-Hochburg in der kommenden Bundestagswahl.

Nun zicken die Unterlegenen um Annen gegen den siegreiche SPD-Mann Ilkhanipour. Aber: So läuft das nunmal, wenn man nicht rechtzeitig aufpasst. Insofern gebührt dem Jusochef für den erfolgreichen Putsch ein Kompliment. Er ist ab heute einer der kommenden Männer in der SPD. Jede gute Karriere begann mit einem erfolgreichen Machtkampf. Ilkhanipour hat sich Müntegerings Truppe empfohlen – wenn er ab jetzt keinen Mist mehr baut.

 

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Ex-Stasi-Staat-Freund kämpft gegen die Wahrheit

Wenn Lutz Heilmann von den Linken nicht mit seiner Vergangenheit klarkommt, soll er doch in den Keller gehen und da weinen. Aber der Ex-DDR-Unterdrückerfreund zieht statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung immer noch die Repressionsmittel eines totalitäten Staates vor. Die Vergangenheit prägt halt die Zukunft eines jeden Menschen. Lutz Heilmann hat aus diesem Grund die Internetseite wikipedia.de sperren lassen. Dort gab es nämlich einen Link auf de.wikipedia.org, in dem über die angebliche Mitgliedschaft von Heilmann in der Stasi-Welt berichtet wurde. Er soll im Personenschutz und in der Wehrmacht des Unterdrückerregimes besoldet worden sein. Auf wikipedia.de steht seither.

Mit einstweiliger Verfügung des Landgerichts Lübeck vom 13. November 2008, erwirkt durch Lutz Heilmann, MdB (Die Linke), wird es dem Wikimedia Deutschland e.V. untersagt, "die Internetadresse wikipedia.de auf die Internetadresse de.wikipedia.org weiterzuleiten", solange "unter der Internet-Adresse de.wikipedia.org" bestimmte Äußerungen über Lutz Heilmann vorgehalten werden. Bis auf Weiteres muss das Angebot auf wikipedia.de in seiner bisherigen Form daher eingestellt werden. Der Wikimedia Deutschland e.V. wird gegen den Beschluss Widerspruch einlegen.

Ich gebe eine Botschaft an Heilmann auf: Wegen Unterdrückern wie Dir, fehlt mir die Sympathie für die Linken in Deutschland. Du schadest Deiner Sache mehr als jeder Artikel über Dich jemals schaden könnte. Geh doch einfach weg. Lös Dich auf, wie dein Unterdrückerapparat sich aufgelöst hat.

Und dann habe ich eine Frage an die Linken hier und hier und hier.

Rüdiger Sagel. Arbeitest Du weiter mit dem Repressenten Heilmann zusammen?

Wolfgang Freye: Arbeitest Du weiter mit dem Repressenten Heilmann zusammen?

Wolfgang Zimmermann: Arbeitest Du weiter mit dem Repressenten Heilmann zusammen?

Ich frage Euch, weil ich Euch als integre Menschen kennengelernt habe: Arbeitet Ihr weiter mit dem Wikipedia-Verbieter Heilmann zusammen?

Wenn ja, warum? Seid Ihr kritiklose Freunde von Ex-Stasi-Kanallien? Oder seht ihr in der Stasi-Vergangenheit kein Problem?

Ich nämlich habe ein Problem mit Unterdrückern. Ob sie aus der Welt der Stasi sind oder von wem sonst.

Wer will kann Sagel, Freye und Zimmermann auch persönlich anmailen und fragen – und vielleicht sollte man Heilmann erklären, dass die Zeit vorbei ist, in der Leute wie er bestimmen konnten,  welche Informationen zugänglich sind und welche nicht:

Hier die Mailadressen:
Rüdiger Sagel
Wolfgang Freye

Wolfgang Zimmermann
Lutz Heilmann

 

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RVR bekommt richtig was zu sagen

Nach der kommenden Kommunalwahl wird der Regionalverband Ruhr die Regionalplanung für das Ruhrgebiet zurückerhalten – und damit künftig  über sehr viel Geld zu entscheiden haben.

Haus des Ruhrgebiets Foto: RVR

1920 war ein gutes Jahr für das Ruhrgebiet. Der Siedlungsverband Ruhr, der Vorläufer des Kommunalverbandes Ruhrgebiet und des heutigen Regionalverbandes Ruhr, wurde damals gegründet, um endlich für das bis dahin wild vor sich hin wuchernde Ruhrgebiet eine gemeinsame Planung zu organisieren. In den Jahren davor dauerte eine Fahrt von Essen nach Bochum Stunden, weil niemand es für nötig hielt, über die Grenzen der schon damals existierenden Regierungspräsidien hinweg für das Ruhrgebiet als Ganzes zu planen. Auch um den Erhalt der Grünflächen kümmerte sich niemand. Fabriken und Siedlungen entstanden auch Gutdünken und so war es eine der wichtigsten Aufgaben des SVR, für die Menschen im Ruhrgebiet Freiräume zu schaffen.

Das tat der SVR von da an über 40 Jahren so erfolgreich, dass er lange Zeit als weltweites Vorbild für die Planung und Organisation eines großen Ballungsgebietes galt. In den Jahren  nach seiner Gründung erarbeitete der Siedlungsverband unter der Führung seines ersten Vorsitzenden Robert Schmidt kommunale Wirtschaftspläne aus, begann mit dem Ausbau des Straßennetzes und machte Vorschläge zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. 1925 begann der Verband schließlich einen Verbandsgrünflächenplan aufzustellen, der 37 Prozent des Verbandsgebietes umfasste. Die dort aufgeführten Flächen waren von nun an geschützt und durften nicht ohne Zustimmung des Verbandes bebaut werden.

Argwöhnisch beobachteten sowohl die Regierungsbezirke, als auch die Provinzen und die Bürgermeister der Verbandsstädte die Aktivitäten des Verbandes. Immer wieder war bereits in den 20er Jahren die Forderung, aus dem Ruhrgebiet eine Stadt zu machen, laut geworden. Vorbild dieser Ideen war Groß-Berlin, das 1920 aus Alt-Berlin und sieben weiteren Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken gebildet und in 20 Bezirke eingeteilt wurde. Doch weder der erste Verbandsdirektor der SVR, Robert Schmidt, noch die preußische Regierung wagten einen solchen Schritt – zu groß war schon damals die Macht der Besitzstandswahrer, zu schwach das Ruhrgebiet, um seine Interessen durchzusetzen.
Seit Mitte der 60er Jahre gewannen allerdings die Kräfte im Land, die den SVR abschaffen wollten. 1975 setzten sie sich im Landtag durch. Dem SVR wurden die Kompetenzen zur Landesplanung entzogen. Dem SVR, der seit Jahrzehnten planerische Kompetenz erworben hatte war damit seiner wichtigsten Kompetenzen beraubt worden.

1979 kam dann das Ende: Der Landtag beschloss die Auflösung des SVR und die Gründung des Kommunalverbandes Ruhrgebiet. Der war nun, wie es der neue Verbandsdirektor des KVR, Prof. Jürgen Gramke in einem WDR Interview formulierte ein „reinrassiges kommunales Instrument ohne staatliche Aufgaben.“ Was da so positiv von Gramke formuliert wurde, war ein Desaster für das Ruhrgebiet. Die Planung für das größte Ballungsgebiet Deutschlands lag seitdem bei Gremien, die von Politikern dominiert wurden, deren Heimatstädte oft weniger Einwohner hatten als eine große Kneipe im Ruhrgebiet des Nächtens trunkene Besucher.
Das wird sich nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr ändern. Die Landesregierung hat dem RVR die Regionalplanung zurückgegeben. Künftig dürfen sich die Regionalparlamente bei den Regierungspräsidien in Arnsberg und Münster um Wege für den lokalen Gülletransport kümmern – aus der Verkehrsplanung einer 5 Millionen Region sind sie raus.

Insgesamt elf Bereiche werden es sein, bei denen in Zukunft kein Weg mehr am RVR vorbei führen wird: Über Städtebau, Wohnungsbau, Schul- und Sportstättenbau, Krankenhausbau, Verkehr, Freizeit- und Erholungswesen, Landschaftspflege, Wasserwirtschaft, Abfallbeseitigung und Altlasten, Kultur und  Tourismus wird künftig auch im Ruhrparlament entschieden. Der RVR wird allerdings, eine eindeutige Inkonsequenz der Landesregierung, nicht die Fachplanung erhalten. Die bleibt bei den Regierungspräsidien, was zu Reibungsverlusten führen dürfte –allerdings wird der RVR nach Jahrzehnte der weitgehenden Bedeutungslosigkeit einige Zeit brauchen, um an die Leistungsfähigkeit der 60er Jahren anzuknüpfen. Allzu viel Dynamik strahlt die Behörde mit Sitz im Haus des Ruhrgebiets nun wirklich nicht aus. Eine neue Kultur muss da entstehen, schade, dass im Augenblick mit Heinz-Dieter Klink der schwächste Chef aller Zeiten zu einem Zeitpunkt dort das sagen hat, wo jemand mit Initiative, Ideen und Tatkraft gefragt wäre. Nicht wenige Sozialdemokraten bereuen mittlerweile in Hintergrundgesprächen seine Wahl.

Was der RVR in all diesen Punkten künftig leisten wird ist eine grobe Rahmenplanung, deren Details weiterhin in den Städten ausgearbeitet werden. Der RVR wird dafür sorgen, dass sich der Blick der Planer verändern wird. Es wird ein Blick auf das gesamte Ruhrgebiet sein, der sich in den Regionalpräsidien in den über 30 Jahren, in denen dort für das Ruhrgebiet geplant wurde, nie entwickelt hat.

Beispiel Verkehr: Die Regierungspräsidien stellen einen Gesamtverkehrsplan für ihre Teilräume auf, zu denen bislang immer nur einige Bereiche, aber nie das Ruhrgebiet als Ganzes gehört. Neue Verkehrsprojekte werden danach beurteilt, ob sie innerhalb dieser Teilräume die Verkehrssituation verbessern. Da eine bessere Nahverkehrsanbindung Gladbecks (Regierungspräsidium Münster) an sein natürliches Oberzentrum Essen (Regierungspräsidium Düsseldorf) weder die Verkehrssituation im RP-Münster noch im RP-Düsseldorf verbessert, haben solche Projekte kaum eine Chance. Dass sie die Situation ZWISCHEN Gladbeck und Essen verbessern kann auf diesem Weg noch nicht einmal erkannt werden. Solche Verbindungen sind blinde Flecken aus der Sicht der Regierungspräsidien. Das wird sich künftig ändern, wenn im RVR die Region als Ganzes gesehen und Projekte nach ihrer Bedeutung für das Ruhrgebiet hin beurteilt werden. Dieser neue regionale Blick wird künftig für viele Bereiche gelten. Welche Krankenhäuser werden vorrangig ausgebaut? Wo werden neue Schulen errichtet? Die Grenzen von Städten und Regierungspräsidien spielen dabei künftig eine immer geringere Rolle. Das Ruhregbiet wird zusammen wachsen können. Der RVR wird die Projekte der Städte nach ihrer Bedeutung für die Region ordnen und diese Empfehlung, wie bislang die RPs, an das Land weiter leiten, dass in der Regel diesen Empfehlungen folgen wird. Im Laufe der Jahre wird damit der regionale Blick auch ein ganz normaler Bestandteiler der städtischen Planung werden.

Bleibt zu hoffen, dass der RVR dieser Aufgabe gerecht wird. Über Klink habe ich schon genug geschrieben, aber auch der Planungsdezernent Thomas Rommelspacher (Grüne) könnte ein Problem werden. Er stößt bei den Planern der Städte auf ein Maß an Ablehnung, dass rational kaum noch nachvollziehbar ist. Da herrscht offensichtlich noch ein großer Kommunikationsbedarf – oder aber die lokalen Planer sind einfach nur auf der Suche nach einem Buhmann. Überraschen würde auch das nicht.