Städte sind mit regionaler Flächenplanung gescheitert

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Der Regionaler Flächennutzungsplan (RFNP) für das Ruhrgebiet geht in die Geschichte ein. Die zuständige NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben ließ heute im Landtag eine Rede verteilen. Darin steht: Die Befristung des Experiments im Gesetz soll nicht aufgehoben und der RFNP damit nicht zu einem Regelinstrument der Raumordnung werden. Das ist sein Ende.

Allerdings sagte Thoben auch, dass die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet ihren RFNP noch fertig stellen dürften. Dann werde für die Gemeinden Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne eine Übergangslösung gefunden, nach der der erste kommunale stadtübergreifende Plan im einheitlichen Regionalplan des Ruhrgebietes aufgehen wird. Bereits im Januar soll ein Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt werden. In drei bis fünf Jahren wird es dann nur noch eine Planung für das gesamte Ruhrgebiet geben und die Zersplitterung des Potts in seine regionalen Kirchtürme weitgehend beendet. Dann müssen nur noch die kommunalen Kirchtürme geschliffen werden und wir haben die Metropole Ruhr. Mit der Beendigung des RFNP-Experimentes platzt damit die vorerst letzte Verhinderungs-Blase. 

Hier der Wortlaut der Thoben-Meldung:

Die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet können ihren Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) fertig stellen. Die Befristung des Experiments im Gesetz soll aber nicht aufgehoben werden, denn der Landtag hat die Zuständigkeit für die Regionalplanung im Ruhrgebiet ab Oktober 2009 dem Regionalverband Ruhrgebiet übertragen. Spätere Änderungen des Plans der sechs Städte (Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne) werden daher nur unter Beteiligung des RVR möglich sein.

Diesen Kompromissvorschlag hat die für die Raumordnung in Nordrhein-Westfalen zuständige Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, Christa Thoben, heute im Wirtschaftsausschuß des Landtages vorgestellt. Die Ministerin berichtete über den Abschluß einer Evaluierung, mit der untersucht worden war, ob und wie das Instrument RFNP in die Planungsgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen passt.

„Die Zuständigkeit des RVR für die Regionalplanung eines einheitlichen Ruhrgebiets steht für mich nicht in Frage,“ sagte Wirtschaftsministeriun Christa Thoben. „Die Arbeit am Regionalen Flächennutzungsplan wird abgeschlossen und die Ergebnisse werden Bestandteil des Regionalplans für das Ruhrgebiet, sobald der RVR in der Lage ist, einen solchen Plan vorzulegen. Ich erwarte, dass dies auf der Grundlage der bereits geleisteten Arbeit und bei tätiger Mithilfe der sechs Städte der Planungsgemeinschaft zügig gelingen wird.“

Die Ministerin wertete auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten den RFNP als eine erfolgreiche Vorstufe einer einheitlichen Planung im Ruhrgebiet mit einer besseren Abstimmung der Kommunen untereinander. Allerdings seien auch deutliche juristische Bruchlinien mit den funktionierenden Planungsinstrumenten deutlich geworden, die eine Übertragung des Experiments auf das ganze Land nicht empfehlen. Das Gesetz hatte die Möglichkeit auf Experimente mit dem RFNP räumlich auf das Ruhrgebiet beschränkt; auch hier war es nur zu einer einzigen Planungsgemeinschaft gekommen, deren Arbeit nun vor dem Abschluß steht.

Der gesetzliche Auftrag für die Evaluierung und das Verfahren ergab sich aus dem Landesplanungsgesetz. Ein erheblicher Teil der vorliegenden Gutachten kommt zu der Einschätzung, dass der gewollte Beitrag zu mehr kommunaler Gemeinsamkeit im Ruhrgebiet in der Planungsgemeinschaft der Städte Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne erreicht werden konnte.

Die Ministerin würdigte, dass im Kern des Ruhrgebiets fast drei Jahre lang mit erheblichem Kräfteaufwand sehr engagiert und verantwortungsvoll in einem Planungsprozess zusammengearbeitet wurde. Von den Wissenschaftlern werde in den Gutachten die Auffassung vertreten, dass aufgrund der dadurch möglichen gemeinsamen, konsistenten Betrachtung des Kernraumes des Ruhrgebietes ein Mehrwert geschaffen wurde. Ministerin Thoben: „Diese Zusammenarbeit ist nicht vergebens – umsonst war sie ohnehin nicht. Sie ist ein Wert, der nutzbar gemacht werden sollte für die gesamte Region.“

Im Jahr 2007 hat der Landtag beschlossen, dass mit der Kommunalwahl 2009 der Regionalverband Ruhr für sein gesamtes Verbandsgebiet die Zuständigkeit für die Regionalplanung und die Beratungskompetenz für die Förderprogramme erhalten wird, die bisher bei den drei für das Ruhrgebiet zuständigen und bis 2009 gewählten Regionalräten der Bezirksregierungen liegt.

„Der Gesetzgeber hat mit dieser kompletten Übertragung der Regionalplanungskompetenz und des Beratungsrechts auf den RVR eine klare Entscheidung für die Eigenständigkeit dieser Region als Ganzes getroffen“, sagte die Ministerin im Wirtschaftsausschuss. „Ich bin davon überzeugt, dass der Planungsraum Ruhrgebiet nach mehr als 30 Jahren Fremdbestimmtheit diese Aufgabe erfolgreich und eigenverantwortlich wahrnehmen wird. Damit wird die Region einen wesentlichen Beitrag in eigener Verantwortung für einen erfolgreichen Strukturwandel an der Ruhr leisten. Der Regionale Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft war damit in gewisser Hinsicht der historische Einstieg in eine eigenständige Regionalplanung im Ruhrgebiet. Diesen Regionalplan aus einer Hand werden wir nicht durchlöchern.“

Die vorliegenden Gutachten gehen überwiegend davon aus, dass die Integration im Planungsprozess gelingen kann. Der Plan muss dazu im neuen Regionalplan Ruhr aufgehen, der vom RVR erstellt wird. Der RVR kann auf der intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit der Planungsgemeinschaft wirkungsvoll aufbauen. Änderungen des genehmigten Regionalen Flächennutzungsplans werden später nur unter Beteiligung des RVR als gesetzlichem Träger der Regionalplanung erfolgen können.

Die Ministerin kündigte für das zeitige Jahr 2009 einen Referentenentwurf zum Landesplanungsgesetz an, in den im Sinn der jetzt erfolgten Evaluierung eine Übergangsregelung für den Regionalen Flächennutzungsplan einarbeitet werde. Sie erlaubt es der Planungsgemeinschaft, ihre Arbeit erfolgreich abzuschließen und schafft zugleich die Basis für die Integration in die Planung des RVR.

 

Rot sehen – die Welle kommt

Auf Deutschland rollt eine Welle der Kurzarbeit zu, von der hunderttausende Arbeitsplätze betroffen sein werden. Das ist ein Fakt. Doch das wirkliche Problem ist ein anderes, denn das Anschwellen der Kurzarbeit verzögert für einen Augenblick die tiefere Bedrohung. Momentan werden alle Instrumente genutzt, die Mitarbeiter in Beschäftigung zu halten und Entlassungen zu vermeiden: Urlaube werden verlängert, Überstunden abgebaut und eben Kurzarbeit eingesetzt. Sollte es in wenigen Monaten wieder mehr Arbeit geben, wäre alles wieder gut.

Da aber in allen Bereichen Pannas am Schwenkmast ist, steht zu befürchten, dass die Welle im Frühjahr bricht. Die Folge Massenarbeitslosigkeit.

Wie es mit der Kurzarbeit tatsächlich aussieht, zeigt ein Blick auf folgende Karte: tiefrot markiert sind alle Arbeitsamtsbezirke in denen Kurzarbeit "viel mehr" nachgefragt wird. Blassrot sind alle Bezirke in denen es "mehr" Nachfrage gibt. Blassgelb sind die fünf Bezirke in denen es normal zugeht. Kein Bezirk ist grün.

 

Freihand Sport im Regionalverband Ruhr

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Im Regionalverband Ruhr soll ein Auftrag für die Erstellung des Masterplans Sport freihändig vergeben werden. An einen alten Funktionär des Landessportbundes. Volumen 89.339 Euro. Ohne Wettbewerb – einfach so. Ursprünglich war eine Ausschreibung für den Auftrag vorgesehen. Doch diese wurde abgeblasen. Ist das ein Problem für den Verband? Mal sehen…

Mit dem Masterplan Sport soll geklärt werden, wie sich das Ruhrgebiet sportlich entwickeln lässt. Es geht nicht nur um Fußballclubs und Wirtschaft, sondern auch um Breitensport und Turnen. In Vorbereitung auf den Masterplan hat der Projektverantwortliche Dieter Nellen etliche Gespräche mit Universitäten geführt. Das geht aus Unterlagen hervor, die mir vorliegen. Zum Beispiel hat er mit dem Institut für Sportwissenschaft der Uni Osnabrück kommuniziert und mit dem Institut für Kooperative Planung und Sportstättenentwicklung in Stuttgart.

Nellen sagt, er hätte versucht eine Ausschreibung für den Auftrag zu organisieren. Dafür hätte er die Institute überzeugen müssen, an einem Wettbewerb teilzunehmen. Doch die hätten nach einigem Zaudern einfach abgesagt. „Die Etats von den Bundes- und Länderministerien sind einfach höher. Wir waren zu klein.“ Mit anderen Worten, es habe kein Interesse an dem Auftrag gegeben. Zudem habe auch keine Geld mehr vergeudet werden sollen, um noch irgendwo weitere potentielle Auftragnehmer zu finden. In den RVR-Unterlagen heißt es dazu: „Das letztlich begrenzte Auftragsbudget erlaubt keine weiteren umfangreichen Vorrecherchen.“

Am Ende habe es noch zwei mögliche Auftragnehmer gegeben. Einmal das Büro STADTart in Dortmund und zum anderen den Ex-Funktionär des Landessportbundes Rainer Kusch, der heute als freier sportpolitischer Berater tätig ist.

Nellen sagt, die STADTart habe mehr Kompetenzen in der Planung gehabt, aber wenig im sportlichen Bereich zu bieten. Somit sei Kusch als einziger möglicher Auftragnehmer übrig geblieben. Und der Mann habe als Berater das Sportkonzept der Stadt Mülheim entwickelt. Sein Angebot wurde detailliert aufgeschlüsselt. Er arbeitet für einen Tagessatz von rund 750 Euro. Das Rechnungsprüfungsamt des Regionalverbandes habe die freihändige Vergabe überprüft und ein OK gegeben, den Auftrag direkt an Kusch zu geben. Nellen hat für die Prüfung die Gespächsvermerke mit den anderen möglichen Anbietern vorgelegt und eben auch deren Absagen.

Nun hat auch die RVR-Verbandsversammlung dem Verfahren zugestimmt und in wenigen Tagen wird der Auftrag unterschrieben. Der Berater Kusch soll tätig werden.

Ist das Verfahren also ein Problem? Auf den ersten Blick nein, auf den zweiten Blick auch nein.

Nur ein Punkt bleibt offen. Warum wurde die Erstellung des Masterplanes nicht offen und Deutschlandweit ausgeschrieben? Wer weiß, ob nicht noch irgendwo irgendwer ein gutes Angebot abgegeben hätte, von dem man nichts wusste?

Nellen sagt, er hätte auch lieber eine Ausschreibung gehabt, dann hätte er sich die Nachfragen ersparen können.

Als Freund der Transparenz hätte auch ich das gut gefunden. Ansonsten freue ich mich auf die Ergebnisse des Masterplans.

Unser 1. Geburtstag

Heute setzen wir alle unsere Partyhütchen auf: Seit einem Jahr gibt es die Ruhrbarone.

Foto: Flickr/hfb

Vielen Dank an alle, die uns lesen, mögen, nicht mögen und uns trotzdem lesen. Und an alle, die hier kommentieren und so der ganzen Sache Leben einhauchen. Es macht Spaß mit Euch. Wir hoffen, es macht Euch auch Spaß mit uns.

Eure Ruhrbarone

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Grüne wanzen sich wieder an Blogger ran

Ich finde es immer noch nicht gut. Aber die Grünen feiern das Trip-Sponsoring für Blogger als Erfolg und wollen es auf ihrem Parteitag in Dortmund noch einmal tun: Kauf-Die-Blogger 2.0. Wie gesagt, negative Werbung ist besser als keine Werbung.

Konkret wollen Grüns genauso wie auf der Bundesdeligiertenkonferenz in Erfurt Bezahlschreibern Hotel und Bahnfahrt ausgeben, wenn die Leute dafür ihre Blogs mit Inhalten aus Grünland füllen. In meinen Augen ist das ethisch sehr bedenklich. Auch wenn Jens vom Pottblog und andere das anders sehen. Man muss halt auch unterschiedliche Meinungen aushalten. Die Diskussion zum Thema gab es bei Shop-den-Blog 1.0 unter anderem hier – inklusive ausführlicher Begründungen der verschiedenen Positionen. Wer sich ein paar Euro bei den Grünen erarbeiten will, kann hier klicken.

Das ganze ist Teil einer grünen Strategie, das Internet als Wahlkampfplattform zu nutzen und eigene Inhalte prominetter zu platzieren. Deswegen werden vor allem relevante, gute Blogger für die Sponsor-Tourneen ausgesucht. Es geht nicht darum, besonders positiv zu schreiben, sondern überhaupt zu schreiben. Es geht nicht darum, dass die Blogger direkte PR machen, die Blogger sollen den Parteitag nur wahrnehmen und nett ins Netz streuen. Der Grüne Malte Spitz sagte damals (Kommentar 11) andere Parteien würden noch mehr machen, um Blogger zu kaufen. Belege hat er bislang aber noch nicht vorgelegt. (Schade, ich würde gerne drüber berichten.)

Ich denke, die Strategie Blogger einzushoppen, ist gefährlich, da sie jeden politischen Inhalt von einem Parteitag in einem Blog unter den Generalverdacht der Kaufberichterstattung setzt. Egal, ob positiv oder negativ berichtet wird. Der Leser muss befüchten, eine Berichterstattung zu lesen, die von PR-Strategen gesteuert wird.

Ich persönlich hätte Lust gehabt, nach Dortmund zu fahren, auch weil es um die Ecke liegt. Aber ich will nicht als Einkaufblogger erscheinen, deswegen läuft die Nummer ohne mich. Sollen sich andere bezahlen lassen. Viel Spaß.

Weihnachtspost von Uhlenberg

Foto: Ruhrbarone.de

Ist das nicht traumhaft! Die Schwalm bei Brüggen-Born. Rauhreif hat das Auenland zart überzuckert. Die Januarsonne lässt die Zweiglein aufglänzen und den Wasserlauf gar funkeln. Es ist so schön bei uns, bei uns in NRW!

Und das geht so weiter, in 2009: Ein Bergbach an der Rur, die Düssel im Neandertal, die Brempter Mühle, – nein, wem dabei kein Herz aufgeht, der hat keines mehr! So oder so ähnlich dachten sie wohl auch im "Referat IV-6, EG-Wasserrichtlinie, Gewässerqualität, Grundwasserschutz des MUNLV" und schickten an Pressevertreter wie mich diesen  Jahreskalender 2009 mit dem passenden Titel "Bäche und Flüsse in Nordrhein-Westfalen". Umweltminister Eckhard Uhlenberg hat mir selbst geschrieben: klick.

Und ich habe mich über die Aufmerksamkeit aus dem Umweltministerium natürlich gefreut wie ein Schneekönig an den Gestaden der Schwalm. Bis ich bei einer Bildunterzeile ins Stocken geriet. Steht da im März wirklich "Alarm der Ruhr bei HS-Kempen"? Ach nein, da steht "Altarm der Rur bei HS-Kempen". Alarm, Altarm? Wie komm ich nur darauf?! Übrigens, sind keine Bilder von der Ruhr (mit h) und auch keine vom Möhnesee dabei, eigentlich schade, sind doch so schöne Gewässer.

Na dann bestimmt beim nächsten Mal, liebes Referat IV-6, lieber Herr Minister, und bis dahin: Dankeschön! Ich warte übrigens schon auf die nächsten Kalendergeschenke: Ansichten von Spardosen, überreicht von der BayernLB. Bahnchef Mehdorn schickt mir "Auf die Achse kommt es an – ein Jahr im neuen ICE" und Nokia wird seinen Jahreskalender "Nokia, fair globalisieren" nennen.   

World Games fallen aus

Eigentlich wollte Duisburg zusammen mit Düsseldorf 2013 die World Games,  die Weltspiele der nichtolympischen Sportarten, veranstalten. 2005 fanden sie auch schon mit Erfolg Duisburg statt, doch nun hat der Rat die Sportveranstaltung platzen lassen: Kein Geld. Schade, denn wo sonst wenn nicht bei den Worldgames kann man so atemberaubende Sportarten wie Orientierungslauf , Kegeln oder Präzisionsangeln bewundern.

Pendlerpauschale kehrt zurück

Schlechte Nachricht für die Städte: Das Bundesverfassungsgericht hat die Pendlerpauschale erst einmal wieder eingeführt.

Dorf Foto: Wikipedia

Die 2007 gültig gewordene Änderung der Pendlerpauschale ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes ungültig. Für viele Arbeitnehmer ein Grund zu Freude: Die Fahrtkosten zur Arbeit sind wieder ab dem ersten und nicht erst ab dem 21 Kilometer voll absetzbar. Der vom Gesetzgebeber angeführte Grund für die Änderung der Pendlerpauschale – die Haushaltskonsolidierung –  überzeugte die Richter nicht.
Für die Städte kein Grund zu jubeln: Leben auf dem Land und arbeiten in der Stadt wird wieder ein lohnender Lebensentwurf. Die Subventionierung des ländlichen Raums geht damit erst einmal weiter.  
Komisch, dass niemand der in der Stadt wohnt seine höheren Mietkosten von der Steuer absetzen kann.

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Großmanns Entscheidungsschlacht beim RWE

Der Konzernchef des RWE, Jürgen Großmann, steht vor seiner Entscheidungsschlacht. Gelingt es ihm nicht, sich gegen Wünsche des Aufsichtsrates durchzusetzen, seine Kompetenzen zu beschneiden, wird er seinen Job aufgeben müssen. Kann er sich aber durchsetzen, wird er unangreifbar. Und dann kann Großmann die tief greifende Reform der RWE-Struktur durchsetzen, die derzeit geplant wird. In der Essener Zentrale ist bereits vom „Big Bang“ die Rede, wie ich gehört habe.

Den Plänen zufolge sollen Kompetenzen aus den wichtigsten Führungsgesellschaften RWE Power und RWE Energy in die Zentrale überführt werden. Gleichzeitig sollen die Regionalgesellschaften entmachtet werden. Darüber hinaus sollen neue Ländergesellschaften entstehen, die als Satelliten in den europäischen Staaten direkt der Zentrale in Essen zugeordnet werden sollen. Die Pläne zum Konzernumbau wurden den Informationen zu folge von RWE-Chef Jürgen Großmann in Auftrag gegeben. Ziel der neuen Struktur sei es, das Eigenleben der RWE-Töchter zu beenden und diese der Kontrolle der Konzernzentrale zu unterwerfen. Die ersten Eckpunkte der neuen Struktur sollen bereits bei einer Aufsichtsratssitzung am Donnerstag beschlossen werden. Ein RWE-Sprecher wollte die Informationen nicht kommentieren.

Die Änderung der Konzernstruktur wird von einem heftigen Streit zwischen den kommunalen RWE-Aktionären, den Gewerkschaften und dem RWE-Spitzenmanagement begleitet. Während die Grundsätze des Konzernumbaus von allen anerkannt werden, fürchten Kommunen und Arbeitnehmer um ihren Einfluss auf die Konzernpolitik. Vor allem die Stadt Dortmund macht gegen RWE-Chef Jürgen Großmann mobil. Entzündet hatte sich der Streit bereits vor einigen Wochen an der Umfirmierung der Dienstleistungstochter RWE Systems AG in eine Service-GmbH, die Großmann durchgesetzt hatte. Mit der Änderung der Rechtsform wurde gleichzeitig der Aufsichtsrat der Gesellschaft aufgelöst – etliche kommunale Aufsichtsräte und Arbeitnehmervertreter verloren ihre Posten. Ein Vertreter der Stadt Dortmund sagte mir: „Ohne den Aufsichtsrat haben wir keine Möglichkeit mehr, die Geschäftspolitik der Service-GmbH zu beeinflussen.“

Die Stadt Dortmund beauftragte daraufhin mit den Stimmen von SPD und Grünen die kommunalen Vertreter in allen RWE-Gremien gegen Großmanns Firmenpolitik Stellung zu beziehen und für eine Stärkung der kommunalen Macht im Energiekonzern zu sorgen. Vor allem in Dortmund müssten Kompetenzen von RWE-Firmen konzentriert werden.

Das erste Mal blitzte der Streit in einer vorbereitenden Sitzung zum kommunalen RWE-Beirat so richtig auf. Es kam zum lautstarken Streit zwischen Dortmunder Vertretern und Großmann Vertrauten. Sinngemäß sollen die Großmänner gerufen haben: Wenn Euch unser Kurs nicht passt, verklagt uns doch. In der anschließenden Beiratssitzung allerdings war der Streit schon wieder runtergekocht. Ein Gemeindevertreter bestand auf einer starken Rolle der Kommunen, Großmann hielt persönlich und sanft dagegen. Damit war erstmal Schluss mit der offenen Debatte.

Im Untergrund geht es aber weiter. Pikant ist dabei, dass die Stadt Dortmund über eine Schachtelgesellschaft rund 16 Prozent des RWE-Kapitals kontrolliert. Ein Vertreter der Stadt Dortmund sagte der Welt, die Kommune bemühe sich unter den RWE-Aktionären eine Mehrheit gegen die Strukturpläne Großmanns zu mobilisieren. Das Argument: Großmann dürfte nur unterstützt werden, wenn er bereit sei, den Einfluss der Kommunen auf den Konzern zu erhalten.

In den bisherigen Plänen ist von einer besonderen Rolle der Kommunen wenig zu sehen. Im Gegenteil. Die Rolle der Städte im RWE wird in weiten Teilen der Kapitalbank und auch im Konzern selber als Behinderung angesehen. Die Folge sei eine Totalblockade in der Konzernentwicklung. Nach Ansicht der Großmann-Vertreter müsse es gelingen, die Struktur des RWE zukunftsfest zu machen. Und dazu gehöre eben die Loslösung von den Städten und Gemeinden. Der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, sieht so aus: Zunächst will Großmann die Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Tochterfirmen im RWE beenden. Dann soll der Konzern stärker zentralisiert werden, damit er schneller auf neue Situationen reagieren kann. Zudem soll eine Struktur gefunden werden, die ein Wachstum im Ausland möglich macht.

Im Detail soll die Konzerntochter RWE Energy in zwei Vertriebsgesellschaften und zwei Netzgesellschaft aufgespalten werden. Das Geschäft mit den Großkunden soll zudem aus diesen Firmen herausgeschält und in die Handelstochter Supply and Trading eingefügt werden. „Der Handel soll direkt das Geschäft mit den Industriekunden in die Hand bekommen“, heißt es. Die Regionalgesellschaften mit kommunaler Beteiligung sollen zudem zu „Filialen“ umgebaut werden, die eine zentrale Vertriebspolitik umsetzen. Alle Gesellschaften sollen direkt der Kontrolle der Essener Holding unterworfen werden.

Ähnlich können sich die Probleme für die Kraftwerkstochter RWE-Power aufstauen. Die Firma wurde bereits jetzt auf ihren fossilen Kern rund um die Braunkohlekraftwerke sowie die Kernkraftwerke beschnitten. Alle Zukunftsenergien lies Großmann der neuen Öko-Tochter RWE Innogy übertragen. Nun wird überlegt, auch die Beteiligungen der RWE Power im Ausland auf die neuen Ländergesellschaften zu übertragen. Grundsätzlich sollen alle Beteiligungen der direkten Kontrolle der Holdung unterworfen werden.

Auch hier setzt die Kritik der Kommunen an: Wenn die Verflechtung mit den Städten aufgegeben wird und den kommunalen Beteiligungen in einem zentralisiertem Konzern Kompetenzen fehlen, dann bestehe kein Grund mehr, die enge Partnerschaft zum RWE zu suchen. Die Folge: Konzessionsverträge würden nicht verlängert – so wie es sogar Dortmund androht. Und Partnerschaften aufgekündigt. Gleichzeitig werfen die Kommunen Großmann Misserfolg vor. Statt den Aktienkurs zu treiben oder neue Projekte anzugehen habe der frühere Stahlmanager eine Negativ-Bilanz vorzuweisen. Bislang seien nur wenige seiner Projekt erfolgreich abgeschlossen worden. Die Übernahme an eines namhaften europäischen Konkurrenten? British Energy wurde abgeblasen. Stattdessen Aktivitäten in Südosteuropa – in der Republik Srpska. Das ist der serbischen Teil von Bosnien-Herzigowina.

Damit nicht genug: vor allem die SPD-regierten Städte werfen Großmann fehlendes Fingerspitzengefühl vor. Sein Wunsch-Engagement bei einem Kernkraftwerk in einem Erdbebengebiet in Bulgarien sorgt für Demonstrationen vor Rathäusern in Mülheim und Dortmund. Die Umweltschützer von Urgewalt, Greenpeace und Robin Wood protestieren gegen den bulgarischen Risikoreaktor und erinnern die SPD-Politiker vor einem Wahljahr an die Linie ihrer Partei – den Ausstieg aus der Kernkraft. Selbst vor der RWE-Konzernzentrale kommt es seit über einer Woche immer wieder zu Demos. Am vergangenen Freitag protestieren Umweltschützer vor der Hamburger Wohnung von Großmann. Am Donnerstag soll es in Essen Proteste geben.

Der Widerstand gegen Großmann ist groß. Einige Kommunen und Arbeitnehmer wollen im RWE-Aufsichtsrat eine Änderung der Geschäftsordnung durchsetzen. In Zukunft soll sich Konzernchef die Unternehmensplanung vom Aufsichtsrat absegnen lassen. Bisher liegt diese Kompetenz allein beim Vorstand.

Aber auch die Unterstützung für Großmann ist nicht zu unterschätzen. Die Kapitalbank setzt nach wie vor auf den Macher aus der Stahlbranche. Zudem unterstützen offensichtlich weite Teile des IG-BCE Flügel im Konzernteil RWE-Power den großen Chef – während der Verdi-Flügel im Restkonzern eher Großmann kritisch ist. Die Arbeitnehmer misstrauen sich hier selbst.

Unmittelbarer Auslöser des offenen Konflikts ist nun die oben angsprochene geplante Beteiligung des RWE am bulgarischen Kernkraftwerk Belene. Großmann will diese Beteiligung, ein Teil des Aufsichtsrates um Verdi-Chef Frank Bsirske und Aufsichtsratchef Thomas Fischer nicht. Der Reaktor liegt in einem Erdbebengebiet und ist nach Meinung von Kritikern zu unsicher.

Großmann hat intern angekündigt, die Beteiligung auch ohne Zustimmung des Aufsichtsrates umzusetzen. Sollte dies nicht gelingen, werde er zurücktreten, sagte der Manager vor Vertrauten. Er sie schließlich als Eigner einer Stahlhütte unabhängig.

Bisher haben sich alle Seiten bemüht, einen offenen Konflikt zu vermeiden. Deshalb wurde die Abstimmung über das Projekt Belene bereits mehrmals verschoben. Nun allerdings ist der Streit zur offenen Feldschlacht geworden. Die Entscheidungsschlacht tobt. DieTelefone laufen heißt.

Lustigerweise hat gerade der RWE-Power Aufsichtsrat Wolfgang Clement in dieser Situation nichts besseres zu tun, als seinen ehemaligen Parteifreunde von der SPD und die Gewerkschaftsvertreter anzugreifen. Er fordert alle auf den RWE-Aufsichtsrat zu verlassen, wenn sie nicht bereits seien, für die Kernenergie zu streiten.

Finanzkrise: Wie viele Städte können wir uns leisten?

Eigentlich sollte eine Resolution von Rot-Grün zur Finanzsituation der Städte auf der gestrigen Verbandsversammlung des RVR verabschiedet werden.

RVR-Gebäude Foto: RVR

Daraus wurde nichts: Auf Bitten von CDU und FDP wurde die Abstimmung über die Resolution auf die erste Sitzung im kommenden Jahr verschoben. FDP und CDU wollten mehr Zeit um sich mit dem Thema Finanzsituation auseinander zu setzen – und hoffen wohl auch, dass die Landesregierung bis dahin ihr Hilfspaket für die Städte geschnürt hat.

Rot-Grün fordern in der Resolution unter anderem einen Entschuldungsfonds für die klammen Städte, die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips (Wer Leistungen bei den Kommunen bestellt, muss sie auch bezahlen) und dass der infrastrukturelle Lastenausgleich zwischen ost- und westdeutschen Kommunen wieder gesamtdeutsch konzipiert wird – also nicht mehr die geographische sondern die finanzielle Lage über Zahlungspflicht der Städte entscheidet.
Die Resolution wendet sich an die Bundesregierung und den Bundestag sowie die NRW-Landesregierung und den NRW Landtag.

Gegen die meisten Forderungen in der Resolution kann man kaum Einwände haben. Warum das klamme Herten Zonen-Städte finanziert, denen es finanziell längst besser geht, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Aber dauerhaft wird sich die Finanzsituation der Städte im Ruhrgebiet auch auf diesem Weg nicht lösen lassen. Würden die Ruhrgebietsstädte, wo immer möglich, miteinander kooperieren, Behörden und Abteilungen  zusammenlegen könnte viel Geld gespart werden.
Und wiir müssen uns die Frage stellen, ob wirklich jede Stadt im Revier auch künftig eine eigene Stadt bleiben muss mit all den Kosten für eine eigene Verwaltung.

Auch wenn die Ideallösung, die Bildung einer „Ruhrstadt“, nicht wirklich auf der Tagesordnung steht, stellt sich die Frage: Warum müssen Kommunen die nicht lebensfähig sind, sich auf alle Zeiten weiter durch ihr ärmlichen Leben schleppen? Bürger wollen gute Schulen, Büchereien und Schwimmbäder. Auch den Personalausweis sollte man in der Nähe abholen können. Aber brauchen die Bürger wirklich all die Verwaltungen und Rathäuser oder geht es nicht eine Nummer kleiner? Die Kleinstädterei im Ruhrgebiet, die viel gelobte polyzentristische Struktur des reviers, sollten wir  hinterfragen – wir können sie nicht mehr bezahlen und eine wirkliche Stärke des Ruhrgebiets ist sie auch nicht. Polemisch gesagt: Niemand braucht all die Waltrops und Hertens. Und vielleicht braucht auch niemand Oberhausen.