Rettet die alte Dame dpa

Die Deutsche-Presse Agentur (dpa) hat Probleme: Erst geht ihr die Rheinische Post von der Fahne und nun wohl die Westdeutsche Allgemeine Zeitung. Sollten die beiden Regionalzeitungen Nachahmer finden, dann droht dem Fundament der deutschen Medienlandschaft ein böser Schlag.

Jeden Tag verfassen die Mitarbeiter der deutschsprachigen Agenturen Nachrichten, die ein Buch vom Volumen der Bibel füllen. Der weitaus größte Teil davon stammt von der dpa mit ihren weltweit 800 Schreibarbeitern. Ohne deren Texte kommt die WAZ nun seit einigen Tagen aus. Offenbar ein Probelauf, da die Ruhrzeitung sich von dem Nachrichtenlieferanten verabschieden will.

Statt der dpa will die WAZ auf andere Agenturen setzten und eigene Schreiber ran lassen. Was die eigene Schreibleistung angeht, finde ich das gut. Aber der WAZ-Führung geht es ums Geld sparen, nicht um Qualität. Denn will man die in seinem Blatt haben, dann geht es nicht ohne die gute alte Dame aus Hamburg.

Die dpa ist mehr als das Grundrauschen im Nachrichtenstrom; die dpa ist das Fundament für unsere Medien. Wie ein Seismograf liefert die Agentur Informationen aus allen Teilen Deutschlands, nicht nur in NRW unterhält dpa Büros, auch in Zeitungs-armen Bundesländern wie dem Saarland und Sachsen-Anhalt hat die Gesellschaft Leute vor Ort.

Und die leisten gute Arbeit. Sicherlich lässt sich gelegentlich über die Qualität einzelner Berichte diskutieren, aber die Masse der Nachrichten ist sauber bearbeitet. Das wissen Journalisten in allen Redaktionsstuben zu schätzen. Aber nicht nur sie, fast jedes Unternehmen, Verband und jedes Bundestagsbüro bezieht die Nachrichten der dpa. Bringt die Agentur eine Meldung, dann hat sie jeder gleichzeitig auf dem Tisch und kann reagieren, Stellung beziehen. Diese Durchsetzung hat kein anderes Medium in Deutschland, auch nicht die Konkurrenz AP, AFP, Reuters und ddp zusammen.

Von dieser Informations-Aorta will sich die WAZ nun verabschieden. Das kann nicht klappen, glaube ich. Die WAZ-Oberen sollten sich die bisherigen Abtrünnigen anschauen. Vor einigen Jahren ging die Lausitzer Rundschau, und kam wieder. Auch die Rheinische Post ging, wie die WAZ vom Sparzwang getrieben. Die RP ist nicht schlecht, aber bei einigen Themen hängt sie einfach hinten dran. Und das ist nicht gut für eine Zeitung. Ich will das hier nicht als Kritik an den RP-Kollegen sehen, meine Kritik gilt der Führung der Düsseldorfer Zeitung. Sie haben ihr Blatt vom System abgeklemmt. Kann das Sinn machen, wenn auch der Spiegel oder eine FAZ nicht auf die Dienste der dpa verzichten wollen? Sollte die WAZ dem Beispiel folgen?

Die dpa steckt in einem Dilemma. Zum einen ist da die ungelöste Frage wie man auf die Umwälzung der Medienlandschaft reagieren soll, schwerer wiegt aber die Eigentümerstruktur. Das Unternehmen ist im Besitz der Zeitungen, Radio- und TV-Sender. Also ihren Kunden – und die wollen sparen und zwingen die dpa-Führung zu immer neuen Sparprogrammen. Diese Vorzeichen erschweren es der Agentur, sich fit für die Zukunft zu machen. Eine Internetstrategie erkenne ich nicht, die Nachrichten werden günstig ins Netz verkauft. Das kann nicht klappen.

Am besten wäre es, wenn ein Eigentümer die dpa übernehmen würde. Es muss nicht gleich eine Finanzinvestor oder ein Murdoch sein. Aber ein Verleger mit Bewusstsein für die Bedeutung der dpa als Fundament für einen qualitativ hochwertigen Journalismus.

Polizeigewerkschaftler nennt BKA-Gesetz-Kritiker „Karlsruhe-Touristen“

Der Vorsitzende der  Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, hat in einem Kommentar zum Kompromiss zum BKA-Gesetz die Kritiker Gerhart Baum und Burkhard Hirsch (beide FDP) als "Karlsruhe-Touristen" bezeichnet. Der Gewerkschaftsvorsitzende, der gleichzeitig den NRW-Landesverband der DPolG führt, ist sich zwar sicher, dass das Bundesverfassungsgericht mit "den jetzigen Verbesserungen (machen sie sich bitte selbst ein Bild, d. Redakteur) keine Probleme mit dem Gesetz haben" werde, bedauert aber die von ihm schon jetzt vorhergesagte Klage der beiden Herren der FDP mit einem "leider".

Rainer Wendt. Foto: DPolG

 

Weiter fordert der forsche Polizist die Justiz solle "mehr Richter zur Verfügung stellen, die die Ermittlungen der Polizei unmittelbar begleiten und notfalls auch morgens um drei notwendige Entscheidungen treffen, die unter Richtervorbehalt stehen."

Jaha, auf diesen Staat freue ich mich auch schon, Herr Wendt. Wo endlich einmal ein Polizist den Herrn Richtern sagen kann, wo es herrgottsakramentnochmallanggeht! WannderWeckerzuklingelnhat! Und liebe Richter, wenn es um die grund(gesetz)-sätzliche Klärung der Rechtsansprüche von zwei Touristen geht, dann aber bitte schön aus- und verschlafen, denn schließlich waren sie ja schon um drei Uhr in der früh mal wach, denn da mussten sie ganz dringend ein paar Sachen genehmigen, die sich nicht bei Tageslicht erledigen ließen.

Da kann man mal sehen – und schön, dass Sie uns das nochmal mit Ihren Formulierungen ins Gedächtnis bringen, Herr Wendt – dass das mit diesen drei seltsamen Dingern hier doch irgendwie Sinn macht.

Ein Verleger

Sicher hat Thomas Knüwer in vielem Recht, wenn er beschreibt, wie sich die Journalismus wird ändern müssen.

Aber es tut auch gut, das Interview mit Condé-Nast-Chef Jonathan Newhouse in der FAZ zu lesen. So klingen Verleger. Newhouse setzt auf Qualität, hat Durchhaltevermögen und macht sich keine Illusionen, wenn er sagt "Wir befinden uns in einem Wettbewerb um Aufmerksamkeit, der sich nach Darwins Evolutionslehre gestaltet. Die Aufmerksamkeit des Publikums, die Lesezeit, verteilt sich auf Magazine, auf Zeitungen und auf das Internet. In diesem Wettstreit befinden wir uns. Manche Verleger haben den Glauben an Print verloren – das gibt uns bei Condé Nast neue Chancen."
OK, ich bin kein großer Leser von Condé-Nast-Produkten. Vanity Fair hat mir nicht gefallen, Vogue interessiert mich nicht und Glamour auch nicht. Nicht meine Welt. Aber die Art und Weise, mit der sich Newhouse für seine Produkte einsetzt, wie er die Arbeit seines Hauses beschreibt,  die langfristig orientiert und nicht von Bilanzbuchhalter getrieben ist, ist einfach schön und zeugt von einer Liebe zum Produkt. Sicher, es werden nicht alle Titel überleben. Viele Zeitungen und Magazin werden gegen die Wand fahren. Die Mediennutzung ändert sich –  Print und auch das Fernsehen werden Leser und Zuschauer  verlieren. Das Internet gewinnt – keine Frage. Aber egal auf welchem Trägermedium – es werden die Magazine, Zeitungen, Webseiten, Blogs und Sender überleben, die mit der Leidenschaft betrieben werden, die aus jeder Zeile des Interviews mit Newhouse spricht. 

Update: Kulturhauptstadt nicht mehr gemeinnützig

Die Nachricht sieht seltsam aus: Die Firma hinter der Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet, die Ruhr 2010 GmbH, hat ihre Gemeinnützigkeit aufgegeben. Sie will wie eine normale Firma Geschäfte machen dürfen. Aus diesem Grund hat die Gesellschaftsversammlung der Ruhr 2010 bereits am 30. November entschieden, die staatliche Steuerbefreiung abzugeben.

Was steckt dahinter? Nun, die Ruhr 2010 nimmt kaum Spenden ein. Deswegen muss sie keine Spendenquittungen ausstellen. Zudem wird die Ruhr 2010 keine Körperschaftssteuer zahlen müssen. Es sind Verluste geplant und keine Gewinne.

Die Ruhr 2010 kann die Vorteile der Gemeinnützigkeit also gar nicht nutzen. Für die Firma ist es nicht nötig, gemeinnützig zu sein.

Stattdessen drohte eine große Gefahr. Die Kulturhauptstadt ist auf Sponsoren angewiesen. Insgesamt sollen 11,5 Mio Euro an Zuwendungen eingenommen werden. Sponsorengelder sind aber nicht uneigen- und damit gemeinnützig. Denn wer als Sponsor Geld gibt, erwartet eine Dienstleitung. Im Fall der Ruhr 2010 die Nennung des eigenen Namens auf nahezu jedem Flyer und im Internet. Eine Dienstleistung ist normalerweise  Steuerpflichtig. Zudem darf eine gemeinnützige Institution nur in geringem Umfang Sponsorengelder einnehmen, ohne die Gemeinnützigkeit zu verlieren.

Im Fall der Ruhr 2010 sind die Einnahmen von Sponsoren nicht gering. Sie bilden eine wesentliche Säule des Finanzierungskonstrukts. Das bedeutet: sobald die ersten Sponsorengelder auf die Konten der Ruhr 2010 eingegangen wären, hätte die Firma ihren Status als gemeinnützige Firma verlieren können. Mit unabsehbaren Folgen. So hätten unter Umständen von den Sponsorengeldern nachträglich 19 Prozent Umsatz- und Ertragssteuer abgeführt werden müssen. Bei 11,5 Mio Einnahmen hätte das eine Belastung von über 2 Mio Euro ausmachen können, bestätigt der kaufmännische Direktor der Ruhr 2010, Ronald Seeliger.

So ist es sinnvoller, die Gemeinnützigkeit direkt selber aufzugeben, um die Probleme zu lösen, bevor sie auftreten. Ein Sprecher der Ruhr 2010 sagte: "Trotzdem arbeiten wir selbstverständlich schwer für die Gemeinheit. Es ändert sich nicht einmal der Briefkopf, da wir weiterhin nicht gewinnorientiert arbeiten."

Für die Sponsoren ändert sich genauso wenig. Sowohl RWE als auch E.on Ruhrgas sagten, dass sie einfach die Umsatzsteuer oben drauf legen würden. „Die Summen sind vorsteuerabzugsfähig. Für uns ist die Steuer damit kostenneutral“, sagte eine RWE-Sprecherin.

Der Ruhr-2010-Sprecher sagte. „Die eingeplanten, bekannten und benannten Sponsorenbeträge waren immer schon netto und bleiben es auch.“

Allenfalls kleinere Sponsoren werden schmallippig schauen, wenn sie nun statt 100.000 Euro geschmeidig 119.000 Euro überweisen sollen. Sei es drum.

Das einzige, was ich mich frage ist: Warum wusste die Ruhr 2010 das nicht früher und hat die Gemeinnützigkeit erst erwirkt? Worauf haben die Experten der Firma gehofft? Auf eine Riesenspende? Die eine Gemeinnützigkeit sinnvoll gemacht hätte und neben der die Sponsoreneinnahmen geringfügig ausgesehen hätten?

Auch hier gibt der kaufmännische Direktor der Ruhr 2010 Seeliger eine schlüssige Antwort: "Wir haben am Anfang mit größeren Spenden von Stiftungen aus dem Ruhrgebiet gerechnet. Davon gibt es ja einige hier. Natürlich hat man auch in Richtung Krupp-Stiftung geschaut."

Es ging um über 50 Mio Euro. Leider hat die Krupp-Stiftung dieses Geld nicht gespendet. Stattdessen hat der Chef der Kruppianer, Berthold Beitz, die Millionen direkt dem Folkwang-Museum für einen Neubau zur Verfügung gestellt. Über den Hintergrund kann man nur spekulieren. Man kann den Streit zwischen der Stadt Essen und Beitz ins Feld führen. Oder die Kritik des Oberkruppianers Beitz an der der Ausrichtung der Ruhr 2010. Egal.

Seeliger sagt einfach: "Die Stiftungen engagieren sich lieber bei unseren Projekten." Damit sei die Gemeinnützigkeit sinnlos geworden.

Zur Erinnerung: Die Ruhr 2010 hat einen Etat von 52 Mio Euro. (12 Mio kommen jeweils vom Bund, vom Land und vom Regionalverband Ruhr (RVR). Dazu kommen 6 Mio von der Stadt Essen, 8,5 Mio vom Initiativkreis Ruhrgebiet und nur 1,5 Mio von der EU.) Das Geld wird auf vier Jahre verteilt.

Dazu sollen noch freie Mittel über Sponsoren zusammengetragen werden. Bislang haben RWE 2,5 Mio und und E.on Ruhrgas 2 Mio Euro zugesagt. Es werden weitere 7 Mio gesucht.

Damit hat die Kulturhauptstadt einen Etat von maximal 63,5 Mio. Euro.

Zum Vergleich: die österreichische Variante von Herne, die Stadt Linz, hat für seine Kulturhauptstadt im kommenden Jahr einen gleich hohen Etat.

Zusammen mit dem Ruhrgebiet wird Istanbul im Jahr 2010 europäische Kulturhauptstadt: Die Türken haben 600 Mio Euro zur Verfügung gestellt.

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Konsumschecks: Was kaufen für 500 Euro?

Das Jahr 2009 wird mies. Das Jahr 2010 vielleicht auch. Immer häufiger sind Konsumgutscheine in der Diskussion. Doch was fangen wir damit an?

500 Euro Foto: Flickr/Landahlaut

500 Euro zusätzlich: In normalen Zeiten würde ich das Geld für neue Boxen für den Rechner und eine kleine, digitale Videokamera ausgeben – und mich freuen. Wenn jetzt der 500 Euro Konsumgutschein  kommen sollte ist das allerdings keine Grund zur Freude, sondern ein Zeichen dafür, dass es wirklich ernst wird. Habt ihr schon mal Geld vom Staat geschenkt bekommen? Eben! Also wollen die Ausgaben gut überlegt sein. Im Moment tendiere ich zu schweren, wintertauglichen Stiefeln, einem Daunerschlafsack und einer Angel – Sachen, die man zum Überleben braucht, wenn alles ganz übel daneben geht. Oder  sollte man alles, wie die Kollegen von Spreeblick raten, einfach schnell in Alkohol umsetzen? Oder doch ganz ruhig bleiben, sich freuen und Gadgets kaufen, die ja spätestens nach Weihnachten noch einmal billiger werden? Oder sparen? antizyklisch Aktien kaufen? Was wollt Ihr mit dem letzten Extra-Geld für vielleicht längere Zeit machen? 

RVR verklagt „Don Wolfijotes“

NRW-Innenminister Ingo Wolf will dass der RVR das Windrad auf der Halde Hoppenbruch aufgibt. Der RVR wird dagegen klagen.

Halde Hoppenbruch Foto: Wikipedia

Wie gut, dass dieses Land im Moment keine anderen Sorgen hat: NRW-Innenminister Ingo Wolf will dass der RVR das Windrad auf der Halde Hoppenbruch (Kreuz A2/A43) aufgibt. 
Auf der nächsten Sitzung des Ruhrparlaments am kommenden Montag wird die Klage gegen die Anweisung von Wolf beschlossen. Grüne und SPD sind jedenfalls dafür. „Diese absurde Anordnung macht deutlich, wie blindwütig die FDP und ihr Innenminister Wolf gegen jedes einzelne Windrad in NRW ankämpfen“, erklärt dazu Grünen-Fraktionsvorsitzender Martin Tönnes. „Der Kampf von Don Wolfijotes gegen das einzige RVR-Windrad erinnert an den Ritter der traurigen Gestalt. Mit allen Mitteln soll das angebliche Unrecht und die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen bekämpft werden. Ganz nach dem FDP Motto: Gewinne gehören in die Hände der Privaten. Dabei handelt es sich bei der Ruhrwind-Anlage auf der Halde Hoppenbruch um ein reines Demonstrationsobjekt für regenerative Energien im Rahmen einer touristischen Erschließung der Haldenlandschaft in der Metropole Ruhr. Durch dieses Windrad, verschiedene Informationstafeln und vor allem den „Skulpturen-Garten Windkraft“ hat sich die Halde Hoppenbruch in den letzten zehn Jahren zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt.“ 

Wirtschaftserfolg in Dortmund

Der Discounter TEDi will seinen Verwaltungsstandort in Dortmund zur Europazentrale ausbauen. Insgesamt sollen vor Ort 650 zusätzliche Arbeitsplätze in der Logistik, im kaufmännischen Bereich und in der Informationstechnologie entstehen – das teilte die Stadt Dortmund gerade mit. Das Land NRW hat nach Angaben der Stadt Dortmund "grünes Licht" für die Vergabe von Mitteln aus dem regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm gegeben. "Die dauerhafte Ansiedlung von TEDi ist eine gute Nachricht für den Logistikstandort Nordrhein-Westfalen", sagte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU). Die Zentrale von Tedi ist die zweite große Logistikansiedlung aus dem Handel in Dortmund nach dem Bau des IKEA-Großlager.

Während sich Dortmund über den Erfolg freuen kann und erneut Steuergelder von einem Schwerreichen Handelshaus privatisiert werden, drängt sich die Frage auf, was ist eigentlich mit den anderen öffentlich geförderten Logistikstandorten? Vor allem der in Herne ansässigen Initiative Last Mile Logistik Netzwerk? Immerhin wurde das Projekt von 2006 bis 2008 mit 550.000 Euro aus Mitteln des NRW-EU-Programms für Ziel 2-Gebiete gebuttert, ungefähr die gleiche Summe sollte von Sponsoren eingesetzt werden? Passiert da auch was? Oder ist das Konzept der überall verstreuten Logistikcluster gescheitert?

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Update: WAZ ohne DPA

Heute erschien die WAZ zum zweiten Mal fast ohne DPA-Meldungen im Mantelteil. Auch die dpa-Fotos wurden nicht mehr abgedruckt.

Fast der gesamte Mantelteil der WAZ kam heute wieder ohne DPA-Meldungen aus. Nur eine dpa-Meldung tauchte auf Seite 6 auf über zwei erschossene irakische Politiker. Keine Ahnung, ob das eine echte dpa-Meldung war, oder jemand die Meldung falsch ausgezeichnet hat. Fast alles hatte die WAZ-Redaktion in Eigenarbeit geschrieben. Ausnahme: Einige kleine Meldungen von Agenturen wie DDP oder AFP. Die Fotos waren auch alle entweder von kleineren Agenturen, von ddp oder eigenen Fotografen. Bereits gestern hatte die WAZ den ersten Testlauf ohne dpa gemacht.

Die Kollegen von DPA befürchten, dass sich die WAZ-Printausgaben komplett von DPA verabschieden könnte und die größte deutsche Nachrichtenagentur künftig nur noch für DerWesten zuliefern darf. Das Problem dabei: Auf diesem Weg könnten die WAZ-Printredakteure den Nachrichtenfluss von DPA weiter verfolgen, dafür weniger bezahlen und die relevanten Meldungen kurz für das Blatt nachschreiben.

Kleiner Nachtrag: Warum tut die WAZ-Führung ihrer Zeitung dies an? Die Zeitung ist heute nicht besser, die Mannschaft musste sich stattdessen mit dem Kleinkram rumschlagen. So gelangte gestern auf die prominente Seite 3 die Kurzmeldung, dass auch in diesem Jahr "Weihnachten in Bottrop" ist. Knaller-Meldung – richtig platziert? Jau, da steht, dass gleich drei Tage lang 60 Buden vor dem Rathaus stehen. WOW. Heute war im Wirtschaftsteil eine nahezu sinnfreie Meldung über eine Agentur zu finden, die zu einer Informationsveranstaltung für Lehmann-Anleger einlädt. Man könnte auch sagen, die Meldung war eine schlecht abgeschriebene Pressemitteilung. 

Neuer Trend bei der SPD: Datenschutz unterliegt Fraktionsdisziplin

Jörg Tauss, Fraktionsbeauftragter für Datenschutz der SPD-Bundestagsfraktion hat die Brocken hingeworfen. Laut heise.de hat der baden-württembergische Abgeordnete nach einem Gespräch mit der Fraktionsspitze, namentlich Peter Struck, seinen Job als Koordinator für Datenschutzfragen innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion niedergelegt. Auch seinen stellvertretenden Sitz im Innenausschuss des Bundestages soll der Datenschutzexperte zurückgegeben haben.

Foto: tauss

Das ganze bekommt insofern ein Geschmäckle, da Tauss im Bundestag bei der Abstimmung zum neuen BKA-Gesetz, das nach dem Willen der großen Koaltion zukünftig Online-Durchsungen zulassen und den Schutz von Geheimnisträgern einschränken sollte, seine Zustimmung verweigerte. Letztlich scheiterte das Gesetz im Bundesrat. Tauss hatte für sein Ausscheren aus der Fraktionsdisziplin Gründe. Seine Weigerung, in Sachen BKA-Gesetz Struck und Schäuble zu folgen, mag ihn nun seine Zuständigkeiten gekostet haben. Dass er seinem Nachfolger Michael Bürsch zukünftig in Sachen Datenschutz zuarbeiten solle, soll Tauss vor seinen Fraktionskollegen folgendermaßen kommentiert haben: "Dies bedeutet inhaltlich, dass wir uns in Sachen Datenschutz weiterhin von Herrn Schäuble und der Union die Agenda diktieren lassen."

Und dass sich die SPD-Fraktion im Bundestag mit dem Tauss-Nachfolger Michael Bürsch einen relativ unbedarften "Experten" an Land gezogen hat, zeigt einerseits, wie wichtig den Sozialdemokraten die Datenschutzproblematik ist. Und anderseits, wie wenig Komptenz in dieser Sache überhaupt innerhalb der SPD-Fraktion vorhanden ist. Dabei soll Datenschutz doch gerade im Moment ein Topthema sein. Und Herr Bürsch hat den Datenschutz erst in diesem Jahr für sich neu entdeckt. Neben anderen wichtigen Sachen.