Im Januar 1984 stelle Apple den Macintosh vor – und veränderte damit nicht nur eine ganze Industrie, sondern unsere Kultur.
Ur-Mac. Foto: Wikipedia
Ja, die Szene ist bekannt: Ein Frau in Turnhosen läuft durch einen Saal voller grauer Männer. Sicherheitstruppen mit Schilder, Helmen und Knüppel jagen sie, können aber nicht verhindern dass sie einen Hammer gegen die Leinwand schleudert, auf der ein großer Bruder gerade eine Rede hält. Aus dem Off tönt eine Stimme und erklärt, dass wegen des Apple 1984 nicht 1984 werden wird. Mit diesem Werbespot wurde der Mac eingeführt.
Der Apple Macintosh war von vorneherein mehr als ein schnöder Computer. Er kam der „Wunschmaschine“ am nächsten, wie sie die amerikanische Psychologin Sherry Turkle in ihrem gleichnamigen Buch ebenfalls 1984 beschrieben hat.
Sicher, Apple hat viele Ideen geklaut: Bei Alan Kay, der lange Fellow von Apple war, und natürlich bei Xerox, aber wenn dort das Management zu blöd war zu erkennen, welche Bedeutung die grafische Benutzeroberfläche haben wird? Wenn HP Wozniak freigegeben hat um Personal Computer zu bauen, weil sie die Idee von Einzelplatzrechnern für Jedermann blöd fanden? Was solls! Was herauskam konnte sich sehen lassen – und kann es bis heute: OS X ist mit Abstand das am Besten zu benutzende Betriebssystem und bis heute läuft Microsoft immer nur hinterher – und das in der Regel mit einem Abstand von mehreren Jahren.
Apple bestimmt den Weg: Bei Rechnern, Music-Playern und Telefonen. Der Rest der Industrie kopiert – meist mehr schlecht als recht.
Und als Wunschmaschine fordert der Mac er seinen Besitzer. Kaum ein Mac-User kam je auf die Idee, ihn mit einer Schreibmaschine zu vergleichen – obwohl es ein Buch gab, dass sich diesem Thema widmete – wie es in den 80ern und frühen 90ern bei PC-Besitzern häufig der Fall war.
Ein neuer Mac forderte einen immer dazu auf, etwas neues auszuprobieren: Am Anfang etwas selbst mit PageMaker zu layouten, später Fotos zu bearbeiten, CD-ROMS zu gestalten, Filme zu schneiden, Webseiten zu entwickeln oder wieder die alte E-Gitarre an den Rechner anzuschließen. Dank Garageband kein Problem.
Der Mac ist mehr als ein Werkzeug – er stimuliert durch eine Sinnlichkeit die Phantasie. Vielleicht ein Grund, warum Umberto Eco den Mac als katholisch bezeichnete – wegen seiner üppigen Bilderwelt und dem System, das jeden Fehler verzeiht. Ganz im Gegenteil zu Strenge von MS DOS, in dem immer ein zorniger Gott zu wohnen schien.
Immer wieder kam es vor, dass ich mir vor dem Beginn von neuen Projekten einen Mac gekauft habe – zu Motivationssteigerung und als gern genommener Anlass, das Konto zu plündern.
Das war nicht immer so: Mein erster Mac war Anfang 1992 ein Classic – mit seinen 8 MHz war er genau so schnell wie mein alter Atari ST, der für ihn weichen musste. Der Grund: Ich wollte keinen PC. MS-DOS fand ich fürchterlich, Windows lag technisch hinter Atari zurück, aber ich musste trotzdem an der Uni Texte mit PC-Besitzern austauschen. Mit OS 7.0 war das kein Problem.
Danach kamen etliche Macs: LC II, Performa 6300, Powerbook 5300c, ein Gravis-Clone und der erste iMac. Heute sitze ich an einem weißen iMac mit Intel-Chips.
Einmal in der ganzen Zeit bin ich Apple untreu geworden: 2003 kaufte ich mir ein Gericom-Laptop. Es war so viel billiger als die Macs und der Lampenschirm gefiel mir nicht. Das iBook war mir damals schlicht zu teuer für die Leistung. Nach einem guten Jahr kehrte ich reumütig zurück in den Schoß der Familie und kaufte doch ein G4 iBook.
Familie? Im Prinzip schon: Wie viele Mac-User übertreibe ich hemmungslos. Einen Mac zu haben ist für mich Teil meiner Identität wie für andere die Liebe zu einem Fußballverein. Und ich habe mir verdammt viel Mühe gegeben, andere mit meiner Leidenschaft anzustecken – nicht ohne Erfolg.
Und so freue ich mich heute nicht nur über den kurz bevorstehenden 25. Geburtstag des Macs, sondern darüber, dass es Steve Jobs wohl noch eine ganze Zeit lange machen wird – aber trotzdem nicht auf der Macworld auftritt.
Übrigens: Vielleicht zeigt ja ein Sender am 24. Januar „Die Silicon Valley Story“ – schöner Film über die Anfangsjahre von Apple, dessen grauenhaftes Ende, Gates rettet Apple, heute zum Glück von der Geschichte längst überholt wurde.