Es ist der ganz große Deal des Essener Energiekonzerns RWE. Die Übernahme des holländischen Versorgers Essent. Und ausgerechnet bei diesem sowohl wichtigen, wie prestigeträchtigen Deal kommt es jetzt überraschend zu Problemen.
Die niederländische Wirtschaftsministerin Maria van der Hoeven lehnt das Geschäft politisch ab und ist bereit alle möglichen Hebel in Bewegung zu setzen, um die größte Übernahme des RWE seit Jahren zu blockieren. Das hat mir ihr Sprecher so gesagt.
Zudem zeichnen sich Schwierigkeiten ab, die Essent-Entsorgungsparte wie geplant vor der Übernahme durch das RWE zu verkaufen. Nach Brancheninformationen ist derzeit kein größerer Müllkonzern bereit, für die Essent-Sparte die geforderte Summe von rund 1 Mrd Euro zu zahlen. Ich hab mit einigen der dicken Entsorger gesprochen, die sagen, das Geschäft sei nicht realistisch. Zu teuer und zu unsicher, gerade jetzt in der Kreditkrise und Zeiten von zusammenbrechenden Sekundärrohstoffmärkten. Müll hat gerade keine Konjuntur.
Ein RWE-Sprecher sagte mir, die Schwierigkeiten würden den Prozess der Übernahme nicht behindern. „Wir sind zuversichtlich, alle Bedenken ausräumen zu können.“
Aber der Reihe nach. In den vergangenen Tagen hatte die christdemokratische Politikerin Maria van der Hoeven einen Brief an die EU-Wettbewerbskomissarin Neelie Kroes gesandt, in dem sie erhebliche Vorbehalte gegen die Übernahme formulierte. Zum Hintergrund: die gebürtige Holländerin Neelie Kroes wurde von der niederländischen Regierung in die EU-Kommission geschickt. Im Brief von Holländerin an Holländerin hieß es, solange RWE Stromübertragungsnetze in Deutschland behalte, drohe der Wettbewerb in Holland verzehrt zu werden. Denn in Holland gelte die Regel, dass jeder Stromhändler nicht Eigentümer von Stromnetze sein dürfe. Ein Sprecher der holländischen Wirtschaftsministerin sagte zudem, dass Maria van der Hoeven die Privatisierung des derzeit noch von Kommunen kontrollierten Versorgers Essent sehr kritisch sehe. „Wir wollen unsere Sorgen klar machen und hoffen darauf, dass RWE und die EU unsere Bedenken entkräften.“ Gleichzeitig machte der Sprecher der Wirtschaftsministerin klar, dass die Niederlande die Übernahme nicht verhindern könnten. Dies stehe alleine in der Verantwortung der EU.
Ich hab dann in Brüssel angerufen. Ein Sprecher von der EU-Wettbewerbskomissarin Kroes sagte mir, Kroes werde im Rahmen der Essent-Übrnahme durch RWE nichts erlauben, was negative Einflüsse auf den Wettbewerb habe. „Das ist unser einziges Kriterium.“
Tja, RWE weist die Kritik zurück. Ein Sprecher sagte: „Unser Übernahmevorstoß auf Essent entspricht voll und ganz EU-Recht.“ Es gebe keine Wettbewerbsverletzungen. So würden die Essent-Netze nicht vom RWE übernommen, sondern blieben in niederländischem Besitz. Zudem spiele es für die Übernahme in Holland keine Rolle, wem die deutschen RWE-Netze gehören, solange die rechtlichen Vorgaben eingehalten würden. Hier folge RWE den EU-Ansprüchen, das eigene Netz von einer organisatorisch unabhängigen RWE-Tochter betreiben zu lassen. „Wir sind guten Mutes, dass die Transaktion durchgeführt wird.“ Die holländischen Kommunen, denen bislang Essent gehört, hätten bereits weitgehend dem Verkauf zugestimmt. Rund 90 Prozent der Anteile könnten demnach abgegeben werden.
Und auch das offenbar mangelnde Interesse an der Essent-Entsorgungssparte stößt beim RWE nicht auf Besorgnis. Offiziell wird nichts dazu gesagt, doch intern heißt es, zur Not würden die holländischen Kommunen einfach das Müllgeschäft behalten. Ein Essent-Sprecher hat das mir gegenüber bestätigt: „Wir werden die Entsorgungssparte nicht um jeden Preis verkaufen.“
Die Schwierigkeiten kommen vor allem überraschend, nachdem RWE und Essent in den vergangenen Tagen den Verkauf der holländischen Anteile an den Bremer Stadtwerken in die Wege leiten konnten. Die Beteiligung an dem kommunalen Unternehmen galt als Hindernis bei der notwendigen Kartellrechtlichen Genehmigung der Übernahme in Deutschland. Nach Ansicht der Wettbewerbshüter darf RWE keine weiteren Gemeindebetriebe in Deutschland übernehmen. Auch nicht über Eck, etwa über den Kauf der Essent und deren Beteiligungen an deutschen Stadtwerken.