Aus der Kohle politisches Kapital schlagen

Heute war eine Veranstaltung der Gewerkschaft IGBCE mit der SPD in Bottrop. Die Kumpel stellten ihre Kampagne zum Erhalt der deutschen Steinkohle vor. Wie bekannt ist, sollen ja alle deutschen Zechen bis 2018 dicht gemacht werden. Es gibt allerdings im Jahr 2012 die theoretische Möglichkeit diesen Beschluss zu revidieren, wenn die politische Mehrheit dafür da ist.

Foto:  Kraft ist die Dame ganz rechts und für Kohle und Wählerstimmen. Quelle: http://www.europa-helene.de.

Doch die Veranstaltung war mehr der Versuch poltische Unterstützung für die Chefin der NRW-SPD Hanelore Kraft zu organisieren. Unverholen forderte die Politikerin die Bergleute auf, sie bei den kommenden Wahlkämpfen zu unterstützen. Das Gegenangebot der SPD-Chefin: Sie werde sich dafür einsetzen, dass die Zechen im Revier nicht alle dicht machen müssen. Hannelore will weiter für einen Sockelbergbau kämpfen, obwohl dafür keine politische Mehrheit mehr in Deutschland zu holen ist. Und ohne weite politische Mehrheit kann Kraft ihr Versprechen nie umsetzen. Denn der Ausstiegsbeschluss wurde von der CDU und SPD gemeinsam mit der IGBCE im Bund, in NRW und im Saarland gefasst. Alle diese Gruppen müssten jetzt dem Ausstieg aus dem Ausstieg wieder zustimmen.

Doch Kraft will diese Mehrheit mobilisieren. "Wir dürfen nicht nachlassen. Wir müssen aufrecht stehen, auch wenn viele gegen uns sind", sagte Kraft. Ich kann nicht glauben, dass Kraft das schafft. Eher wird der Papst evangelisch.

Das erste was mir bei der Veranstaltung auffiel: Es waren rund 100 Leute da – in einem Saal in den über 200 Menschen reinpassen. Dann fiel auf, dass der Oberbürgermeister von Bottrop nicht da war, obwohl der in der SPD ist. Es war auch kein Bundespolitiker da, der was zu sagen hat, nicht einmal ein Vertreter der IGBCE-Zentrale, der Bedeutung hat. Es war ein Familientreffen von Kraft und Leuten von der IGBCE aus NRW. Nachher wich Kraft der Frage aus, ob sich den einer aus der Bundespolitik für die IGBCE-Kampagne einsetzen werde – irgendwann einmal später. Kraft wollte nichtmal sagen, dass es ihre Kampagne ist. Sie sagte nur sie werde die Kampagne der Gewerkschaft "inhaltlich" unterstützen. Ohne Bundesbeteiligung aber ist die Kampagne zum Misserfolg verdammt, denn es wird keine politische Mehrheit geben.

Dann ist aufgefallen, dass da keine auffallende, öffentlichkeitswirksame Kampagne vorgestellt wurde, wie einst die Kampagne "400 Jahre – ab heute". Hinterher hieß es, so etwas sei auch nicht geplant, Vielmehr gehe es darum, die Köpfe der Menschen durch Diskussionen zu erreichen.

Nun gut. Auch das kann man ja wollen.

Aber dann braucht man gute Argumente. Kraft setzt auf drei:

Zunächst sei die deutsche Kohle eine "Versicherungspolice" für die deutsche Energieversorgung, sagte Kraft. Aha: im Jahr 2012 wird es planmäßig noch drei Zechen geben. Die Pütts werden dann noch ungefähr neun Mio Tonnen Kohle im Jahr liefern, wenn es gut läuft. Dagegen verbraucht Deutschland schon heute Energie im Gegenwert von rund 140 Mio Tonnen Steinkohle. Die Versicherungspolice ist wohl nicht viel wert, oder?

Dann sagte Kraft, die steigenden Energiepreise der vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass die Kohle wirtschaftlich werden könne. Schließlich könnten jetzt die Subventionen wegen der hohen Preise von 2,4 Mio Euro um 500 Mio Euro auf 1,9 Mio Euro gesenkt werden. Nun ja. Es ist richtig, dass die Preise für Importkohle in den vergangenen Monaten gestiegen sind. Allerdings räumte der Vorstand des Gesamtverbandes Steinkohle, Franz-Josef Wodopia ein, dass nach dem Platzen einer Spekulationsblase die Kohlepreise im kommenden Jahr wieder sinken werden. Allein in den vergangenen drei Wochen sind die Preise an der Kohlebörse in Rotterdam um rund 20 Prozent eingebrochen. Tendenz weiter fallend.

Und nochmal zum Nachdenken. Selbst auf dem Höhepunkt der Spekulationsblase waren die Preise der Importkohle immer noch niedriger als heimische Subventionskohle. Und die Subventionen liegen immer noch im Milliardenbereich.

Zuletzt sagte Kraft, sie wolle den Zugang zu Kohle in Deutschland erhalten. Da frage ich mich, ob es nicht klüger wäre, die heimische Kohle solange unter der Erde zu lassen, bis es sich irgendwann mal lohnen würde, die Kohle zu heben. Etwa das Feld Donar bei Hamm. Wenn mans chon weiß, wo es ist. Laßt es liegen, bvis man es mit Gewinn ausbeuten kann. So frißt es wenigstens kein Geld.

Auch die technologischen Argumente von Kraft ziehen bei mir nicht so richtig. Wenn ich den Chinesen deutsche Technik verkaufen will, dann muss ich den Chinesen das in China zeigen. Ich kann ja meine Maschinen in Polen testen oder in Russland, wenn ich will. Dafür muss ich aber nicht 2,4 Mrd Euro Subventionen im Jahr unter dem Ruhrgebiet verbuddeln.

Mir tun die Bergleute leid, die sich von Kraft verführen lassen, an die Zukunft der Zechen über 2018 hinaus zu glauben. Aber ehrlich, so naiv ist doch keiner, oder?

Ruette: „Wir sollten Obama helfen“

Gestern erhielten wir doch diese SMS von Jürgen Rüttgers, dass unser Ministerpräsident heute sein "Statement" zu den US-Wahlen geben wird. Und zwar schwer bundespräsidential vor der Villa Hammerschmidt. Wir konnten es kaum aushalten, so gespannt waren wir. Euch wird es ja genauso gegangen sein, deshalb hier der besondere Service. Das hat R. heute morgen gesagt: "Barack Obama muss jetzt anpacken, aber darin besteht eine Chance und wir sollten ihm helfen». Natürlich geht Ruette selbst mit gutem Beispiel voran. Wie auf dem Bild zu sehen ist, wird er jetzt Hilfssheriff in New York. Congratulations!

Foto: Mediendatenbank.NRW.de

Die Nacht zum nachlesen

Lange Nacht gewesen? Noch kleine Augen? Dann fragen Sie mal Lukas Heinser von Coffee And TV wie es ihm geht.

Der hat sich nach der gestrigen Plogbar an den Rechner gesetzt und von Mitternacht bis 6.20 Uhr live berichtet.  Wer also nicht so lange durchgehalten hat (Bei mir war um drei Schicht im Schacht) kann jetzt also alles noch in Ruhe nachlesen

Der unwahrscheinliche Präsident: Obama im Weißen Haus

Vorläufiges Wahlergebnis um 7:00 Uhr deutscher Zeit: Obama gewinnt mit einem komfortablen Abstand auf John McCain mit 338 Wahlmännerstimmen.

Sieben Staaten sind noch nicht ausgezählt aber Barack Obama steht bereits jetzt als Gewinner und neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika fest. Er wird am 20. Januar ins Weiße Haus einziehen. Die Demokraten verfügen über eine Mehrheit in Senat und Repräsentatenhaus.

Werbung

USA: Do the right thing

Die Ruhrbarone frohlocken: Der Wandel nähert sich, smart, romantisch und stylisch, gepflastert mit politischen Plattitüden – aber was soll man machen? Wer den Wahlkampf zu differenziert bestreitet, muß mit Wählern rechnen, die schnell abschalten.

obama wahl

Ist man zu ehrlich, also zu unbequem, kriegen sie’s mit der Angst. Dürfen wir also tatsächlich erwarten, dass ein guter Mensch in Amerika gute Politik macht? Fern aller Sachzwänge, fern des angestammten Großmachtstrebens innerhalb des sich zu Ungunsten der USA verschiebenden Machtgefüges? Jedenfalls immerhin etwas, wenn ein Demokrat Präsident würde. Eine richtige Alternative zu Barack Obama haben die amerikanischen Wähler aus unserer Sicht ja auch gar nicht. Da ist George Bush, der den hässlichen Amerikaner verkörpert. John McCain steht zu sehr in dessen Tradition, wirkt politisch ungelenk und hätte für den Posten des Vize ein sorgfältiges Assesment-Center durchführen sollen. Aber wie wäre das: Von jedem ein bißchen? Die Coolness von Obama? Die Klarheit von Bush? Die Unbeirrbarkeit von McCain? Stellen wir uns mal vor, wie dann das politische Personal aussehen könnte…

Early Adopters zur Wahl

Eine ganz neue Art der Meinungsforschung hat das Unternehmen Setfive zur Präsidenten-Wahl entwickelt. Es nutzt den Dienst Twitter um eine Wahlprognose abzugeben. Alle öffentlichen Nachrichten des Netzwerkes werden nach Aussagen zur Wahl gefiltert, um so eine Prognose für die Stimmenverteilung in einzelnen Bundesstaaten abzugeben. Unter election.setfive.com/ lässt sich feststellen, dass die Early Adopters wie zu erwarten war, eher bei den Democrats zu finden sind:

Spannend ist das Experiment auf jeden Fall. Vor allem, was zukünftige Wahlen angeht. Jetzt müsste Setfive nur noch offenlegen, wie deren Twitter-Filter funktioniert. Für alle anderen hier noch ein schöner "Beweis", dass vor der Wahl immer vor der Wahl ist:

 

Eilige SMS von Ruette

Ich bin ja so gespannt. Denn morgen um 9.45 Uhr tritt unser Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vor die Villa Hammerschmidt und die Mikrofone der versammelten Weltpresse, um sein Statement zur Wahl des US-Präsidenten abzugeben. Woher ich das weiß? Habe gerade eine Eil-SMS aus der Staatskanzlei in Düseldorf bekommen. Und in mir kribbelt es vor Neugier, wird er Obama oder McCain gratulieren? Wird er die Freundschaft mit den USA beschwören, gerade hier, an diesem Ort? Weiß er um die Bedeutung seiner Worte an diesem Tag, an dem die ganze Welt wissen will, was Jürgen Rüttgers zum Ausgang der US-Wahlen zu sagen hat? Jetzt glaube ich es auch, Rüttgers wird Bundespräsident. Eines Tages.

Werbung

Dortmund versus RWE

In Dortmund ist heute etwas sehr denkwürdiges passiert. Die rot-grüne Mehrheit im örtlichen Stadtrat hat sich entschlossen, offen gegen den Energieriesen RWE Front zu machen. Das bemerkenswerte ist der Hintergrund der politischen Attacke. Die Stadt Dortmund kontrolliert das größte Aktienpaket des Konzerns. Von den Stimmen der Dortmunder Politik ist mittelbar sogar Vorstandschef Jürgen Großmann abhängig.

Aber lest selbst unten den Antrag, den die beiden Koalitionäre in Dortmund eingereicht haben. Meines Wissens gab es so etwas noch nie. Bislang habe ich dazu auch nur gehört, dass Betriebsräte gesagt haben, Großmann wisse wahrscheinlich nicht, was Gegenwind ist. Den müsse er anscheinend mal spüren. Den ganzen Konflikt habe ich hier beschrieben: klack

———————————————————-

Absender: SPD-Ratsfraktion Dortmund

Zwei Appelle an RWE: Standort Dortmund nicht gefährden / Kein Atomkraftwerk in Belene

Gleich zwei Resolutionen wollen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen in der Ratssitzung am Donnerstag in Richtung RWE schicken.

Zum einen erinnern SPD und GRÜNE an frühere RWE-Zusagen, dass wichtige Unternehmensteile und Entscheidungszentralen des Energieversorgers ihren Sitz in Dortmund haben sollen.

Zum anderen sprechen sich SPD und GRÜNE gegen ein Atomkraftwerk in Belene (Bulgarien) aus und appellieren an RWE, auf eine Beteiligung zu verzichten. Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer wird gebeten, im Falle einer Abstimmung gegen die Investition zu stimmen.

  —– Hier die Anträge im Wortlaut: —-

Zusammenarbeit der Stadt Dortmund mit dem RWE Konzern

Der Rat hat im Jahre 2000 seine Zustimmung zur Fusion zwischen der VEW und der RWE an Bedingungen geknüpft. In der Sitzung des Rates am 3.2.2000 wurde seitens der Dortmunder Politik besonderer Wert gelegt auf die Präsenz wichtiger Unternehmensteile und Entscheidungszentralen des neuen Konzerns am Standort Dortmund,
– die Beibehaltung der qualifizierten Mitbestimmung, wie sie auch bei der VEW üblich gewesen war,
– und die Sicherung und Fortentwicklung der Beschäftigtenzahlen am Standort Dortmund.

Die Unternehmenspolitik der vergangenen Jahre hat zwangsläufig das Gesicht des RWE Konzerns durch die Verkäufe wesentlicher Unternehmensteile erheblich verändert. Die hohen RWE Dividenden sind eine wesentliche Einnahmequelle der DSW 21.

In der jüngsten Vergangenheit sind mehrere Veränderungen der Konzernstruktur besonders zu Lasten der Stadt Dortmund gegangen.

Die Zerlegung der Harpen AG mit dem finalen Verkauf der Immobilienreste an die Whitehall hat nicht nur das älteste börsennotierte Unternehmen vom Markt genommen, sondern auch eine wichtige Immobilenkompetenz aus Dortmund zerschlagen. Die Fähigkeiten der Alt-Harpen AG im Bereich der regenerativen Energien sind in die RWE Energy, mit dem Sitz in Essen, aufgegangen.

Die Zerschlagung der RWE Systems AG, mit Sitz in Dortmund, ist zwischenzeitlich realisiert. Mit der Ausgründung der IT-Gesellschaft mit Standort in Essen, die Zuordnung des Facilitybereiches in die einzelnen Gesellschaften sind wesentliche Unternehmensteile in Dortmund verlorengegangen.

Die neuesten Vorstellung der Essener Konzernführung, der RWE Energy AG ihre Rolle als Zwischenholding zu entziehen und die Westfalen-Weser- Ems AG mit der Rhein-Ruhr AG zu verschmelzen, entzieht weitere Entscheidungskompetenz am Standort Dortmund.

Die Mitglieder des Rates ignorieren nicht, dass auch der RWE-Konzern sich organisatorisch auf die Veränderung im Energiemarkt einstellen muss.

Allerdings wird ohne die Beteiligung des Rates heftig über die zukünftige Organisation der Beteiligung des RWE-Konzerns an der DEW 21 gesprochen.

Der Rat fordert die Verwaltung auf, folgende Fragen bis zur nächsten Sitzung des Rates zu klären:

– Ist die Zerschlagung der Zwischenholding, RWE Energy AG, im Sinne des Geistes des Ratsbeschlusse vom 3.2.2000?
– Sind seitens der RWE AG kompensatorische Ansiedlungen von Entscheidungszentralen am Standort Dortmund, für den Verkauf der Harpen AG und die vollzogene Zerschlagung der RWE Systems AG vorgesehen?
– Sind die Vorstellung der RWE AG zur Mitbestimmung mit den Forderungen aus dem Rats­be­schluss vom 3.2.2000 kompatibel?
– Wohin entwickelt sich der RWE Konzern wirtschaftlich und unternehmensstrategisch?
– Ist RWE auf den notwendigen Wandel in der Energiepolitik in Richtung nachhaltiger Energiekonzepte eingerichtet?
– Wird das wirtschaftliche Engagement der Stadt Dortmund auf Dauer nachhaltige Erträge sichern?

Der Rat wird die Art und Weise und die Felder der weiteren Zusammenarbeit mit dem RWE Konzern in nächster Zukunft grundsätzlich zu diskutieren haben. Die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen wird sicher Einfluss auf diese Debatte haben.

Der Rat geht davon aus, dass alle laufenden Gespräche über Projekte wie Unisono unverbindlich bleiben oder ausgesetzt werden, bis das grundsätzliche Verhältnis zwischen Dortmund und dem RWE Konzern abschließend beraten ist.

Über die weitere Zusammenarbeit zwischen der Stadt Dortmund und dem RWE Konzern bei der DEW 21 nach dem Jahr 2014, wird der Rat zu gegebener Zeit beraten. Auch bei diesem Thema sind alle Gespräche der Verwaltung und/oder der Leitungen der städt. Unternehmen unverbindlich.

Kein Atomkraftwerk in Belene

SPD-Fraktion und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen sich gegen des Bau eines Atomkraftwerkes in Belene (Bulgarien) und der Beteiligung von RWE als Investor aus.

Belene liegt in einer Erdbebenzone und gilt als eines der gefährlichsten Atomkraftwerke, die derzeit in Europa geplant werden. Nur wenige Kilometer vom geplanten Kraftwerksstandort fand 1977 ein starkes Erdbeben statt. Selbst Atomexperten warnen deshalb vor dem Bau des Atomkraftwerkes Belene.

Tschernobyl und die Folgen in Europa sind unvergessen. Menschen in der Umgebung von Tschernobyl leiden noch heute unter den Spätfolgen des Reaktorunfalls. Verstrahlte Gebiete sind nicht mehr bewohnbar. SPD und GRÜNE halten den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie nicht zuletzt wegen der Gefahrenpotenziale für unumgänglich.

Der Rat bittet den Oberbürgermeister, in seiner Funktion als RWE-Aufsichtsratsmitglied, entsprechende Bedenken vorzutragen und die ablehnende Haltung des Rates der Stadt Dortmund deutlich zu machen und im Falle einer Abstimmung gegen die Investition zu stimmen.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Poch
SPD-Ratsfraktion Dortmund