ZDF verkoppelt Juden und Finanzkrise

 "Es sin jo kei Juden mehr do", sagt der Geflügelzüchter und zeigt dem Zuschauer einen Hühnerstall, der mal eine Synagoge gewesen sei in der unterfränkischen Kleinstadt Rimpar. Gestern (2.11.08) lief im "heute journal" ein – wie ich finde – unfassbar dummer Beitrag über die Finanzkrise und die Juden. Man könnte das Stück von Reporter Christoph Röckerath auch so zusammenfassen:

Wussten Sie eigentlich schon, dass die durch die Finanzkrise berühmt gewordenen Lehman Brothers, dass die eigentlich Juden sind und aus Unterfranken stammen? Und wussten Sie schon, dass diese Weltfinanzjongleure aus Unterfranken bislang keinen Jota für das verfallende jüdische Erbe in Unterfranken übrig hatten? Nein, dann schauen Sie sich bitte diesen Bericht an: klick

Nicht nur dass hier ganz nebenbei der Zusammenhang zwischen Juden und Weltfinanzkrise hergestellt wird, den selbst der besinnungslose Wirtschaftsprofessor Sinn nicht so unelegant hingekriegt hat. Am äußersten ist die schwelende Anklage ("Geld gibt es keines") gegenüber den – ergo: geizigen – Lehman Brothers und Goldman-Sachs von heute, ihr jüdisches Erbe einer Dorfsynagoge und eines Friedhofes einfach verfallen zu lassen!

Wenigstens guckte Slomka  n a c h  diesem Beitrag etwas bedröppelt aus der Wäsche.

Nach Ypsilanti-Schock: Jetzt kauft Abramowitsch die SPD

Nach dem neuesten Parteikrach um Ypsilanti, die in Hessen wohl nicht an die Macht kommen wird, hat der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, bekannt für seine guten Kontakte in die Führungsspitze Rußlands, eingegriffen. "Die haben ja alle keine Ahnung, wie man an die Regierung kommt", so der Altkanzler. " Mir blieb nichts anderes übrig." Die Ära Müntefering/Steinmeier endet, bevor sie richtig begonnen hat.  Abramowitsch setzt beim Neuanfang auf ein All-Star-Team. 

Andrea Ypsilanti. Foto: SPD-Hessen

Der neuen SPD Vorsitzende heißt Roman Abramowitsch und ist von Beruf Oligarch. Abramowitsch besitzt bereits den FC Chelsea, eine Boeing 767-300 und ein Gemälde von Francis Bacon. Nun hat er für einen unbekannten Preis die SPD gekauft. Abramovitsch: "Ich wollte schon sehr lange in Demokratie investieren und bin überzeugt, dass die SPD künftig  gute Chancen hat, wieder an die Spitze zu kommen, wenn man die richtigen Leute hat und sie gut gemanagt werden." Bescheiden ist Abramovitsch auch bei seinen politischen Zielen nicht: "Es ist wie bei Chelsea. Ich will nicht in den UEFA-Cup, ich will in die Champions League – für die SPD heißt das: Ich erwarte die absolute Mehrheit im Bundestag, die Kanzlerschaft und die Eroberung des Amtes des Bundespräsidenten. "  Die für  SPD-Verhältnisse ungheuerlich anmutenden Ziele sollen mit einem internationalen Spitzenteam erreicht werden, was Abramowitsch mit guten Worten, Schröders Hilfe und wohl so manchem Rubel zur Mitarbeit bewegen konnte. Abramowitsch Schattenkabinett ist in der Tat beeindruckend: Kanzlerkandidat soll demnach Bill Clinton werden, als Außenminister ist Michael Gorbatschov im Gespräch und Franz Beckenbauer soll das Sportministerium übernehmen. Da Arnold Schwarzenegger als Innenminister nicht zur Verfügung stand, soll dieses Amt an den in Deutschland geborenen Bruce Willis gehen.  Der Dalai Lama wird ein eigens eingerichtetes Ministerium für Verbraucherschutz und Spiritualität übernehmen. Frauenministerin wird das SPD-Urgestein Katja Ebstein. Als Bundespräsident soll Nelson Mandela im Gespräch sein. Auch an alte Schröder-Freude wurde gedacht: Peer Steinbrück soll künftig als Leiter die Geschicke der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kamerun lenken, Steinmeier ist als Botschafter im Gespräch. Einsatzland: Portugal. Franz Münterfering zieht es indes zurück an die Basis: Er will als Landrat im Märkischen Kreis kandidieren. Einer ersten Forsa-Umfrage nach würden die Deutschen, wenn morgen Bundestagswahl wäre, mit an die 63 Prozent für die SPD stimmen – ein Comeback nach Maß für die große, alte Traditionspartei.

Änd se Winnä is Roland Koch

Vier Mitglieder werden die nicht für Ypsilanti stimmen.  Der Machtwechsel in Hessen ist gescheitert.

Roland Koch. Foto: CDU-Hessen

Neben Dagmar Metzger werden nach einer Meldung des Hessischen Rundfunks auch Jürgen Walter, Silke Tesch und Carmen Everts nicht für Andrea Ypislanti stimmen. Andrea Ypsilanti hat damit keine Mehrheit, um sich am Dienstag zur Ministerpräsidentin wählen zu  lassen. Nun gibt es nur noch einen Ausweg: Neuwahlen im kommenden Frühjahr. Die Austritt  der vier, deren Pressekonferenz  der Hessischer Rundfunk ab 12.45 Uhr live übertragen wird, stürzt die hessische SPD in eine tiefe Krise – und die Bundes-SPD gleich mit. Das Wählervertrauen, das die SPD nicht mit der Linkspartei zusammen geht, ist von Ypsilanti zerstört worden –  gleichzeitig werden linke Wähler nun endgültig verschreckt. Die Sozialdemokraten stecken in einem Dilemma: Entscheiden sie sich für eine Zusammenarbeit mit den Linken, verlieren sie Stimmen in der Mitte. Stellt sich die SPD gegen die Linke, verliert sie Stimmen am linken Rand. Die SPD muss nun wieder lernen, aus eigener Kraft Wahlen zu gewinnen – und das wird ihr schwer fallen. Zuerst müsste die Partei die Frage klären, wozu man sie überhaupt noch braucht. Merkels Chancen, Kanzlerin zu bleiben, sind wieder ein wenig besser geworden. Und Roland Koch hat gute Chancen Ministerpräsident in Hessen zu bleiben.  

Dazu auch:

Wer braucht noch die SPD?

Münteferings Rechtsruck fodert nächstes Opfer

Rechstruck der SPD sorgt bei NRW-Jusos für Stirnrunzeln

…und schon wieder eine Steinkohledebatte

Auf der verzweifelten Suche nach einem Wahlkampfthema ist die SPD mal wieder in die abgesoffenen Schächte gestiegen. Das macht ein Interview wieder aktuell, dass ich vor ein paar Wochen mit Dr. Manuel Frondel und Prof. Dr. Christoph M. Schmidt vom RWI geführt habe.

Manuel Frondel und Christoph M. Schmidt. Foto: RWI

Frage: Immer lauter werden die Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Kohleausstieg. Steht die deutsche Steinkohle vor einer Renaissance?
Christoph M. Schmidt: Nein, ganz sicher nicht. Die Rahmenbedingungen für die deutsche Steinkohle haben sich nicht entscheidend geändert und werden es aller Voraussicht nach auch in der Zukunft nicht tun: Deutsche Steinkohle ist und wird nicht rentabel zu fördern sein. Es gibt keinen Grund, den Ausstiegsbeschluss vom vergangenen Jahr zu revidieren.

Frage: Aber war nicht Kokskohle aus deutscher Förderung in den vergangenen Monaten teilweise preiswerter als auf dem Weltmarkt?
Manuel Frondel: Man sollte sich nicht von Hinweisen auf die hohen Spotmarktpreise für Kokskohle in die Irre führen lassen. Die Umsätze, die zu diesen Preisen getätigt werden, sind sehr gering. Tatsache ist: Eine Tonne Steinkohle zu fördern, kostet in Deutschland inklusive der Ewigkeitskosten rund 280 Euro. Die neuen, seit Mitte 2008 geltenden Preise für eine Tonne Kokskohle dürften inklusive Frachtraten im Durchschnitt bei rund 240 Euro liegen. Es gibt aber keine Garantie, dass die Marktpreise für Kohle dauerhaft auf hohem Niveau bleiben werden. Viel eher ist davon auszugehen, dass sie wieder sinken werden: Die Förder-Kapazitäten werden laufend erhöht, neue Anbieterländer mit besseren Abbaubedingungen kommen hinzu. Das Hauptproblem ist im Augenblick nicht ein Mangel an Kohle, sondern fehlende Förder- und Transport-Kapazitäten. Dieses Defizit wird sich mittelfristig auflösen.

(Anmerkung: Die Kohlepreise sind zusammen mit den Ölpreisen in den vergangenen Wochen wieder drastisch (rund 20 Prozent) gefallen)

Frage: Aber gibt es nicht eine generelle Tendenz zu steigenden Rohstoffpreisen?
Schmidt: Im Augenblick sinken die Preise – sogar beim Öl. Und bei der Kohle sind die Lagerstätten weltweit gut verteilt und in den Vergangenheit wurden immer mehr Länder zu Kohle-Exporteuren. So haben Länder wie Indonesien früher keine Rolle gespielt, ergänzen aber heute die Angebote aus Australien, den USA und Polen, die heute zu unseren Hauptlieferanten zählen. Kohle ist nicht knapp und der Kohlepreis wird noch sehr lange auf einem günstigen Niveau bleiben. Wir sollten mit dem Abbau der deutschen Reserven warten, bis der Preis in vielleicht hundert Jahren so hoch ist, dass der Abbau gewinnträchtig sein wird. Allerdings glaube ich, dass wir dann andere Technologien zur Energie-Gewinnung haben und niemand mehr Kohle verfeuern wird.

Frage: Aber plant die RAG nicht den Kokskohle-Abbau auf dem Feld Donar in Hamm?
Frondel: Die dafür nötigen Verfahren liegen derzeit alle auf Eis.
Schmidt: Für mich gehört alles, was mit Donar zu tun hat, ohnehin eher in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt offenbar keine Investoren und keinen Bedarf an der Kohle aus diesem Feld. Kurzum: Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass dort eine neue Zeche entstehen wird.

Frage: Warum kommt dann die Kohlediskussion wieder auf?
Schmidt: Das müssen sie diejenigen fragen, die sie wieder aufleben lassen. Ich sehe keinen Bedarf, darüber neu zu diskutieren. Die Fixierung auf den Erhalt der Steinkohle hat hier sehr lange viele Kräfte gebunden, aber seit der Entscheidung über das Aus für die Steinkohle-Förderung stehen heute andere Themen wie die Kulturhauptstadt, der Ausbau der Hochschulen oder die Erfolge bei den Ansiedlungen von Unternehmen im Vordergrund. 

Dazu auch:
Kohledebatte führt SPD ins politische Abseits

Der Bergbau – bis 2018 was sinnvolles tun

In Marl hat Bergbau noch eine Zukunft

Mythos Bergmann

Werbung

Fremdschämen mir Goveneur Palin

Ich weiß, wir sind damit nicht vorne weg. Trotzdem, vielleicht hat es der eine oder andere noch nicht gehört, wie die "Justiciers masqués" aus Québec die Vizepräsidentenkandidatin Sarah Palin von den Repubikanern frisch gemacht haben. Die "Maskierten Rächer" haben Palin erzählt, sie seien der französische Präsident Sarkozy und ein Gehilfe. Sarah fällt drauf rein. Mir hat am besten die Stelle gefallen, wo Sarkozy mit Palin auf Jagd gehen will. Robbenbabies töten. 🙂

 

Hoffentlich sind die Lacher die Sargnägel auf die Palin-Maccain-Kampagne.

Umweltschützer wieder gegen RWE erfolgreich

Der Energiekonzern RWE hat einen erneuten Rückschlag beim Einstieg in das umstrittene bulgarische Kernkraftwerk Belene erleiden müssen. Auf einer eigens einberufenen Aufsichtsratssitzung wurde kein Beteiligungsbeschluss gefasst. Obwohl das ursprünglich geplant war. Nun hieß es, der Vorstand habe den Aufsichtsrat nur über das Projekt unterrichten wollen, eine Entscheidung habe nicht auf der Tagesordnung gestanden. Der Vorstand habe vor allem deutlich gemacht, dass Sicherheit bei RWE oberste Priorität habe. Das Atomkraftwerk im Wert von mehr als vier Milliarden Euro soll bis Mitte 2014 fertiggestellt werden.

copyright: Ulrich Baatz/Greenpeace

Das RWE will möglichst bald mit dem staatlichen bulgarischen Energieunternehmen NEK einer gemeinsamen Projektgesellschaft zum Neubau des Kernkraftwerkes gründen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und Urgewalt protestierten am Rande der Aufsichtsratssitzung. Nach eigenen Angaben nahmen etwa 30 Demonstranten an den Protesten teil. Nach Ansicht der Umweltschützer ist das AKW nicht sicher genug. Es soll in einem Erdbebengebiet gebaut werden. Zudem wird es von einer russischen Firma errichtet.

Bereits am Freitag hatten die Umweltschützer vor den Rathäusern der Oberbürgermeister von Essen, Dortmund und Mülheim demonstriert. Diese Lokalpolitiker sitzen im Aufsichtsrat des RWE und halten zusammen mit den Arbeitnehmervertretern die Mehrheit im Kontrollgremium.

Besonders diese SPD-Bürgermeister von Dortmund und Mülheim, Gerhard Langemeyer (SPD) und Dagmar Mühlenfeld (SPD) wurden unter Druck gesetzt das Projekt Belene abzulehnen. Als SPD-Politiker müssten sie im Aufsichtsrat einem unsicheren Atomprojekt im Ausland zustimmen, obwohl die Partei in Deutschland den Atomausstieg betreibt.

Die Umweltschützer kündigten an, weiter in den Kommunen gegen die RWE-Pläne zu demonstrieren.

Die Absage an eine Entscheidung nun ist ein herber Rückschlag für das RWE-Management, das seine Atomprojekte im Ausland offensichtlich nicht gegen die Lokalpolitiker im Aufsichtsrat durchsetzen kann.

Deutsche Welle auf chinesisch

Die Deutsche Welle hat ein Chinaproblem. Das Bonner Funkhaus soll im chinesischen Service eifrig Staatpropaganda im Sinne der kommunistischen Machthaber in Peking betrieben haben. Die Welt am Sonntag schreibt am 2. November, dass bei der chinesischen Fassung der Deutschen Welle im Gegensatz zu der Ausgabe auf Deutsch aus „tibetischen Protesten“ „gewalttätige Krawalle“ und aus Demonstranten „Separatisten“ gemacht worden seien.

Das ist bedenklich, denn die chinesische Staatsführung hat den Separatismus auf gleiche Stufe mit dem Terrorismus gestellt. Der Verdacht liegt nahe, dass die chinesische Redaktion der Deutschen Welle für die Herren in China auf Kosten der deutschen Steuerzahler Propaganda macht. Die Deutsche Welle wird direkt aus dem Staatssäckel finanziert.

Der Intendant der Deutschen Welle Erik Bettermann, dies berichtet die Welt am Sonntag, weise bisher die Vorwürfe zurück wolle aber Einzelfälle überprüfen.

Vielleicht ist aber die Chinaberichterstattung der Deutschen Welle ja kein Einzelfall. Auch in Usbekistan unterhält die Deutsche Welle enge Beziehungen zu einer regimenahen Organisation und bildet mit dieser in Usbekistan sogar Journalisten aus.

Usbekistan steht bei der von Reporter ohne Grenzen herausgegebenen Rangliste der Pressefreiheit seit Jahren immer ganz unten. In diesem Jahr auf Platz 162. Den letzten Rang hat Eritrea auf Platz 173 inne.

In Usbekistan bekämpfen die Sicherheitsorgane jede Form einer unabhängigen Berichterstattung. Usbekische Journalisten werden getötet, außer Landes vertrieben oder ins Gefängnis geworfen.

2007 wurden die lokalen Journalisten der Deutschen Welle in dem zentralasiatischen Land verfolgt. Diejenigen, die nicht außer Landes fliehen konnten, mussten sich öffentlich demütigen und verloren die Akkreditierung. Doch die Deutsche Welle Akademie bildet in Usbekistan unverdrossen Journalisten aus.

Hat der chinesische Fall in der Deutschen Welle somit Methode?

Es ist ja kein Geheimnis, dass der Deutsche Welle-Intendant Erik Bettermann und der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier sich gut verstehen. Der SPD-Kanzlerkandidat betreibt die deutsche Außenpolitik im Kriechgang vor Tyrannen, die weltweit auf dem Thron sitzten. Es ist ein Rätsel, warum Sozialdemokraten, die früher mal gegen Pinochet tapfer die Fäuste reckten und Juso Kongresse unter dem Titel „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ besuchten, gerade in dem Diktatorenflüsterer Steinmeier einen Hoffnungsträger sehen. Aber das müssen die Genossen schon mit sich aus machen. Schade wäre aber, wenn die Deutsche Welle deshalb zum Despotenfunk würde.

Werbung

Imperium Ruhrmanum

Aufsehenerregende archäologische Grabungen rücken endlich eine – zu Unrecht in Vergessenheit geratene – frühe Hochkultur ins öffentliche Bewußtsein: das Imperium Ruhrmanum, oft fälschlich übersetzt als „das rührende Reich“ oder, schlimmer noch, „das Ruhetag-Reich“.

Montage: Römerpark Xanten

 

Die teilweise sensationellen Fundstücke – darunter gut erhaltene Scherben des berühmten Manta-Tellers – beleuchten noch einmal die Geschichte der Kaiser unter Tage.Der eigenen Mythologie zufolge erschuf Gott die erste Stadt und lockte dann mit dem Ruf „Essen ist fertig!“ die ersten Bewohner herbei. Noch heute werden unter Historikern hitzige Debatten geführt, welche Stadt gemeint sein könnte. Tatsächlich aber entstanden die ersten Siedlungen ca. 1000 vor Christus, möglicherweise etwas später. Genauere zeitliche Eingrenzungen sind in dieser Epoche insgesamt eher schwierig, weil damals angeblich die Ruhr immer nachgegangen sein soll.
Jedenfalls begannen die Ruhrer eine rege Expansion, vermutlich nicht aus edlen zivilisatorischen Motiven, sondern einfach, weil sie Kohle machen wollten. Einige Ortschaften entstanden auch aus mönchischer Missionierungsarbeit, etwa Dortmund, welches von einem Mönchsorden mit Schweigegelübde ursprünglich als Dort-Mund-halten gegründet worden war. Andere Ortsnamen lassen sich mit dem seltsamen Dialekt der Menschen erklären, beispielsweise: „Du bist der Gelsen, auf den ich meine Kirche baue“ – ein Schalker, wer Böses dabei denkt.
Politisch unterteilten die Ruhrer die Welt in ihr eigenes Reich, das Imperium, und das Land drumrum, das Vormperium, wobei dessen Bewohner zumeist eher herablassend betrachtet wurden. So kennt das teilweise recht drakonische Gesetzbuch das Vergehen der Blödheit und sah als Strafe vor, die Unglücklichen „westphälen“ zu lassen.
Der Tag dieses fleißigen Völkchens begann bei Sonnenaufgang, „wenn der Bierhahn kräht“, und währte bis in die Abendstunden zum Anzapfenstreich. Dennoch schaltet das Reich nach einem rasanten Aufstieg einen Gang zurück, und zwar in den Niedergang: Der früher so begehrte Stahl verkam wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit immer mehr zum Dieb-Stahl, und irgendwann waren die benachbarten Völker nicht mehr bereit, die Zeche zu bezahlen, weshalb eine nach der anderen geschlossen wurde. Das Imperium Ruhrmanum erlischt unter seinem letzten Kaiser „Marl dem Großen“, und bis heute behaupten viele Menschen, für seinen Ur-Henkel zu arbeiten.

Gruner+Jahr macht in Zahnpflege

Dem Verlagshaus Gruner+Jahr (G+J) geht es wirtschaftlich schlecht. Wie am Wochenende bekannt wurde, tritt Verlagschef Bernd Kundrun wegen der Werbekrise auf die Kostenbremse und denkt auch über die Schließung einzelner Titeln nach. In der Not haben sich die Verlagsleute aus Hamburg nach neuen Erlösquellen umgeschaut. Und sie sind fündig geworden – leider.

Nach dem Modell „Drückerkolonne“ behelligt G+J nun seine Leserschaft mit Offerten von so genannten Partnerunternehmen. Ich erhielt unter dem Banner von G+J gleich zwei Angeboten der Karstadtquelle Versicherung. Ich soll doch bitteschön eine Zahnersatz-Versicherung abschließen, dann würde ich auch eine elektrische Zahnbürste nebst Batterien erhalten.

Eigentlich könnte man die Schreiben wie andere Werbebriefe in den Müll werfen und gut ist. Ich wunderte mich aber schon, warum ein etablierter Verlag wie G+J mit solchen Methoden arbeitet. Aufklärung brachte ein Anruf im Callcenter. Nachdem ich zweimal weiter verbunden wurde, landete ich bei einer freundlichen Dame. Sichtlich betroffen räumte sie ein: "Uns geht es wirklich schlecht." Den Abonnenten – wozu auch ich gehöre – würden daher Werbeangebote unterbreitet. Schließt der G+J-Leser einen Vertrag mit der Karstadtquelle Versicherung ab, dann wird der Verlag an der Beute beteiligt. So erklärte die Kundenbetreuerin das Geschäftsmodell, wenn auch mit anderen Worten.

Unaufgefordert schickte mir die Dame dann einen Brief, in dem mir versichert wurde, dass meine persönlichen Daten für weitere Werbemaßnahmen gesperrt seien. "So dass Sie zukünftig keine Werbe- und Informationssendungen, bzw. Anrufe, mehr erhalten werden." Besten Dank, dem Verlag hatte ich dies auch nie erlaubt.