Formen als Herausarbeiten – Pia Bohrs Skulpturen in Essen

Ein Gespräch am Rande der Vernissage von "Kraft und Anmut – Neue Holzskulpturen von Pia Bohr" im Essener Hotel Margarethenhöhe. Passend zum Namen ihrer Website, piacensored.com, nahezu ungekürzt und fast wie gesprochen.

Ruhrbarone ?: In der Vorstellung gerade wurde Hans Arp und seine Initialzündung für Deine Beschäftigung mit verschiedenen Holzarten angesprochen. Aber er hat doch eher mit Kupfer, anderen Metallen und sogar Papier gearbeitet…

Pia Bohr !:
Es geht nicht um das Material dabei, sondern um die Glätte, die Harmonie, die Rundungen. Und darum wie fasziniert ich war, dass das ein Mann gemacht hat, wo Männer ja vom Klischee her eher grob mit Objekt und Werkzeugen umgehen.

?: Du entwickelst die Skulpturen dagegen schon an den Maserungen, den Gegebenheiten des Holzes allgemein, entlang…

!: Das Holz zeigt mir den Weg, ja. Es ist ein ständiges Kommunizieren auf eine Art. Bei manchen Hölzern stoße ich auf Unregelmäßigkeiten, und manchmal begegnen mir auf dem Weg ins Innere auch ganze Termitenfamilien. Dann ist darin halt eine Rinne, mit der dann gearbeitet wird. Ich schimpfe dann hin und wieder, aber wenn ich angefangen habe, dann wird das auch beendet.

?: Es kommt dann ja immer etwas sehr Aesthetisches dabei heraus. Ist es leicht festzustellen, wann etwas fertig ist?

!: Das Schleifen allein dauert sehr lange, und da ist dann immer der Gedanke, dass hier und da noch etwas verfeinert werden sollte. Aber dann kommt ja immer noch die Ölung – obwohl manche Hölzer das gar nicht bräuchten – und damit leben die Skulpturen dann für mich.

?: Und die dürfen oder sollen ja dann sogar angefasst werden, wie es gerade in der Begrüßungsrede hieß. Auch eher untypisch für den normalen Kunstbetrieb. Es ist doch sicher auch spannend zu sehen, wie die Gäste dann reagieren…

!: Ich komme ja nun nicht von der Akademie oder so, sondern bin wie in der Musik auch Autodidaktin. Schön ist es wenn, wie gerade, direkt ein Mann sagt, wie schön sich das anfühlt. Aber es gibt auch andere Reaktionen. So kann ich in Dortmund zum Beispiel teilweise nicht ausstellen, ohne Mitglied in einer Vereinigung zu sein. Oder manche sagen, meine Arbeit sei sexistisch. Dabei habe ich das doch gemacht!

?: Ich kann mir schon vorstellen, dass da so old school Feministinnen kommen und von Reduktion auf Geschlechtsmerkmale erzählen.

!: Die sollen mal gerne kommen! Die habe ich besonders gerne!

?: Dabei stehen die Skulpturen ja ziemlich deutlich für sich und brauchen gar nicht viel Erklärungen…

!: Ich kann ja verstehen, dass bei einem Beuys oder so jemandem eine Einführung in das Werk nötig ist, aber so ist das bei mir nicht.

?: (zu sich:) Der Kunstmarkt funktioniert halt gerne so: Vereine, Professuren, Kuratorenjobs, Sekundärliteratur…
Zum Titel: "Kraft und Anmut" ist ja eben nicht gerade ein Gegensatzpaar hier. Obwohl Kraft gerade in einer Regionalkultur Ruhrgebiet immer noch vor allem mit Muskeln und Schweiß gleichgesetzt wird….

!: Kraft und Anmut haben vor allem die Skulpturen selbst, damit ist gar nicht mal das Arbeiten daran gemeint, obwohl ich zunächst ja auch mit groben Werkzeugen arbeite. Manche verstehen meine Arbeit und gerade was ich daran liebe halt überhaupt nicht. Wobei viele Männer grundsätzlich Probleme mit Weiblichkeit in der Kunst haben, viele gar nicht und viele ja.

Die Ausstellung im Hotel Margarethenhöhe ist noch bis zum 29. März zu sehen.
Phillip Boa & the Voodooclub sind mit dem neuem Album "Diamonds Fall" ab Ende Februar auf Tour und u.a. am 10. März in der Bochumer Matrix.

Obamas Sparkasse muss nach Köln

Foto: Sparkasse

Kommt der Kommunismus jetzt aus Amerika? Präsident Obama will die Vorstandsgehälter für Banken, die unter den staatlichen „Schutzschirm“ wollen, auf 500.000 Dollar begrenzen. Das sind umgerechnet derzeit weniger als 400.000 Euro! Sind westdeutsche Jusos nicht in den 70er und 80er Jahren für solch radikale Forderungen aus der SPD ausgeschlossen und der moskaugesteuerten DKP quasi überwiesen worden?

Wie absurd Obamas Vorstellung ist, übertrüge man sie auf die blühende deutsche Finanzbranche, können wir am Beispiel der Stadtsparkasse KölnBonn, eine der größten bundesweit, verdeutlichen. Sie gab in diesen Tagen, zufällig 3 Wochen nach der Verjährung damit zusammenhängender möglicher Straftatbestände, die Existenz einiger Beraterverträge zu. Der begnadete Netzwerker Rolf Bietmann, ehemals Verwaltungsratsvorsitzender dieser Stadtsparkasse, ehemals CDU-MdB und bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Tagen auch erneuter CDU-Bundestagskandidat, erhielt z.B. von dieser wichtigen öffentlichen Bank ein Honorar von 900.000 Euro für seine Beratungsleistungen. Zwar fehlen dafür Belege, aber die Leistungen sollen doch sehr erheblich gewesen sein, denn Bietmann war und ist in Köln ein wichtiger Mann. Nach Obamas Maßstäben wäre eine solche wichtige Geschäftsverbindung gar nicht mehr möglich gewesen. In weiser Voraussicht wurde ein ähnlicher Beratungsvertrag mit dem ehemaligen Briefträger, ehemaligen CDU-Fraktionsgeschäftsführer und – seit Sonntag auch ehemaligen – Bürgermeister Jupp Müller zur Stadtsparkasse Düsseldorf ausgelagert (aber von Köln bezahlt), und ja, der wurde auch nur in D-Mark abgeschlossen. Müller soll, so wurde böswillig kolportiert, ein Problem mit einer „Rentenlücke“ gehabt haben – wer von uns kennt das nicht? Da wurde ihm geholfen. Sein bester Freund, Kölns Oberbürgermeister Schramma (auch CDU, auch langjähriges Sparkassenverwaltungsratsmitglied), versichert, dass Jupp mit ihm da nie drüber gesprochen habe.

Die CDU ist zur Recht empört darüber, dass alles nun so aussehe, als sei es eine CDU-Affäre. Denn angebahnt, so meint es nicht nur die CDU, hatte diese Beraterverträge der ehemalige Sparkassenvorstandsvorsitzende Gustav-Adolf Schröder (SPD), bis vor kurzem Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung (das ist die, die die „Ewigkeitskosten“ des deutschen Steinkohlebergbaus absichert). Herr Schröder ließ durch seinen Anwalt mitteilen, von Untreue könne keine Rede sein, weil alle Verträge mit dem Sparkassenvorstand abgestimmt gewesen seien. Viele Verwaltungsratsmitglieder können sich dagegen nicht daran erinnern, jemals etwas davon erfahren zu haben. Es soll außerdem noch viel mehr solcher Beratungsverträge geben. Schröder selbst wiederum liess sich im Jahre 2000 vom Verwaltungsrat genehmigen, einer „Nebentätigkeit“ nachzugehen. Dem Verwaltungsrat reichte es damals aus, dass er diese Nebentätigkeit nur gegenüber dem Vorsitzenden näher beschrieb. Der Vorsitzende damals: Bietmann. Die Tätigkeit sollte im „Anlageausschuss“ des OppenheimEschFond stattfinden, also dem privaten Immobilienfond, den die Stadtsparkasse bei mehreren Großprojekten von unternehmerischen Risiken freigehalten hat – Risiken die sich mittlerweile auf einen dreistelligen Millionenbetrag summiert haben. Schröder lässt beteuern, dass er diese Nebentätigkeit allerdings gar nicht ausgeübt habe. Entscheidungen für die Beraterverträge habe er mit allen zuständigen Gremien abgestimmt, überhaupt habe er immer nur den Interessen der Stadt Köln gedient, was so viel bedeuten kann, wie: liebe MitwisserInnen, ich kann auch viel über Euch erzählen! Immerhin: sein Vorstandsmandat bei der RAG-Stiftung lässt Schröder jetzt seit kurzem ruhen; ob er es jemals wieder ausüben wird, wird bezweifelt. Fortsetzung folgt sicherlich.

Gut, dass die Stadtsparkasse KölnBonn unter keinen Rettungsschirm muss, weder bei Obama noch bei Merkel. Sonst würde sie all diese intelligenten und effizienten Köpfe verlieren, und wäre dem harten globalen Wettbewerb in der Finanzwirtschaft geradezu hilf- und kompetenzlos ausgeliefert. Die bekannt vermögenden und in Steuereinnahmen förmlich schwimmenden Kommunen Köln und Bonn haben selbst gerade 350 Mio. (Mio., nicht Mrd.!) € nachgeschossen, und zwar ausdrücklich nicht, weil es ihrer Stadtsparkasse schlecht ginge – das zu behaupten, wäre geschäftsschädigend – sondern, um das Kreditgeschäft auszuweiten. Bedrohte Unternehmer, klamme Häuslebauer, und politisch verfolgte Berater in Deutschland, Europa und Amerika, kommt ins Rheinland! Hier ist die Welt noch in Ordnung!

Was meinen Sie? Ist der Filz im Ruhrgebiet weniger schlimm als in Köln? Genauso schlimm? Oder schlimmer? Woran sieht man das?

Chef der Monopolkommission will Ebay beobachten

Foto: Monopolkommission

Justus Haucap, 39, ist Professor für Wirtschaftswissenchaften an der Uni Erlangen. Aber wichtiger noch, er ist Vorsitzender der deutschen Monopolkommission. Er wacht unabhängig von der Regierung darüber, ob sich in Deutschland Kartelle bilden, die den Wettbewerb gefährden, oder ob einzelne Firmen Monopolartige Strukturen ausbilden und ausnutzen. Im Gespräch mit den Ruhrbaronen glaubt Haucap nicht an eine Gefahr für das Internet durch Google. Überraschend stellt er aber fest, dass der Online-Marktplatz Ebay "beobachtet werden sollte". Es stehe zu befürchten, dass der Dienst seine einzigartige Stellung im Privathandel zu Lasten der Bürger missbrauche. Harte Worte eines Wissenschaftlers, der sich der Verteidigung des freien Marktes verschrieben hat. Justus Haucap wohnt mit seiner Frau und zwei Kindern in Berlin, er hat in Bochum gelehrt und unterhält enge Beziehungen zur Uni in Düsseldorf.

Ruhrbarone ?: Sie sind Blogger auf Carta.

Justus Haucap !: Ja, ab und zu, wenn es die Zeit erlaubt.

?: Wie kam es, dass Sie als Wissenschaftler in einem Blog schreiben.

!: Mir kam das Angebot dort mitzumachen, seriös vor. Es geht um hohe Qualität. Zudem ist es schön, mal etwas lockerer zu schreiben, als man es in der Wissenschaft gewohnt ist.

?: Glauben Sie, das Internet hat bereits Bedeutung für die Meinungsbildung in Deutschland?

!: Ich denke, bei den Menschen unter 40 ist das Internet sehr wichtig. Portale wie Spiegel Online haben eine große Meinungsmacht. Immer mehr Leute informieren sich über economist.com oder tagesschau.de. Immer weniger greifen allein auf traditionelle Medien zurück, um sich eine Meinung zu bilden. Ich finde das sehr spannend. Natürlich hat das Vor- und Nachteile. Die Qualität muss ja irgendwie sichergestellt werden. Oft genug gelingt das nicht. Es gibt ziemlich viel Schrott da draußen im Internet – wenn auch manchmal ziemlich unterhaltsamen. Wobei, es gibt ja auch in Printmedien ziemlich viel Schrott. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich durch das Internet schlimmer wird.

?: Was gefällt ihnen?

!: Ich kann mich über alles informieren. Ohne Probleme. Wenn eine Kuh in Quakenbrück entlaufen ist, kann ich das lesen. Das ist gut. Ich stamme aus Quakenbrück. Außerdem ist das Internet schneller und vielfältiger als andere Medien, und jeder kann im Prinzip mitmachen.

?: Wie sind die Resonanzen auf ihre Blogbeiträge.

!: Ich bekomme Kommentare und Emails auf meine Beiträge. Das passiert auch, wenn ich in Printmedien schreibe. Allerdings habe ich den Eindruck, dass es im Internet manchmal direkter zugeht – aber auch unhöflicher und teilweise weniger durchdacht.

?: Wie schätzen Sie die Vormachtstellung von Google unter den Suchmaschinen ein? Droht ein gefährliches Monopol?

!: Natürlich suchen sehr viele Leute über Google im Internet nach Inhalten. Und Google nimmt eine Gatekeeper-Funktion war, die auch wirtschaftlich ausgenutzt wird. Etwa indem Google Suchergebnisse nach kommerziellen Gesichtpunkten listet. Wer bezahlt, bekommt einen besseren Platz. Aber wie lange kann diese Macht existieren? Wenn die Leute mit Google unzufrieden werden, kann sich die Position der Suchmaschine schnell ändern. Das Schöne ist doch, dass sich im Internet sehr viele Menschen einbringen, die zunächst keine finanziellen Interessen haben und kostenlos Programme bereitstellen. So entsteht ein großer Konkurrenzdruck auf die etablierten Marken. Ich bin gespannt, wer in 20 Jahren die dominierende Suchmaschine anbietet.

?: Google?

!: Ich glaube nicht. Yahoo ist doch noch gar nicht so lange her. Benutzen Sie Yahoo? Denken wir nur an Altavista oder AOL. Bislang wurden Suchmaschinen oder auch Portale als Gatekeeper immer schnell voneinander abgelöst. Jetzt im Augenblick ist Google sehr stark. Ob das so bleibt, ist offen.

?: Glauben Sie an politischen Einfluss der Suchmaschine?

!: Ich kann nicht erkennen, dass Google aus politischen Gründen Suchergebnisse manipuliert. Da ist ein Fernsehsender wie der Fox-News Channel in den USA doch sehr viel politischer. Entscheidender sind generell im Internet hierzulande die wirtschaftlichen Fragen.

?: Haben Sie etwas Spezielles im Sinn?

!: Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem Erfolg von Ebay. In wieweit hat die Online-Börse einen Monopolcharakter und nutzt ihre Stellung in Deutschland und anderen Ländern aus? Ich glaube im professionellen Bereich ist der Konkurrenzdruck stark genug. Da muss Ebay immer neue Anbieter fürchten. Dann gibt es auch noch Wettbewerber aus dem klassischen Einzelhandel. Die Leute können sich schließlich bei Saturn mit Elektrogeräten eindecken. Schwieriger wird es aber mit dem privaten peer-to-peer Handel. Hier ist die Position von Ebay sehr stark. Wenn ich privat einen Kindersitz fürs Auto verkaufen will, kann ich auf den nächsten Flohmarkt warten, oder aber den Sitz bei Ebay einstellen. Viele andere vernünftige Alternativen habe ich nicht. Zudem könnte man vermuten, dass Ebay seine starke Marktstellung ausnutzt. Erst vor Kurzem hat die Online-Börse ihre Preise für den Privathandel erhöht. Das sollte man beobachten.

?: Sehen Sie andere Gefahren für das Internet? Etwa wenn wenige Anbieter den Zugang kontrollieren?

!: Das Thema Net-Neutrality ist in den USA sehr stark. Dort wird über Gesetze diskutiert, wie man den neutralen, gleichberechtigten Zugang zum Internet garantieren kann. Alle Inhalte sollen diskriminierungsfrei nebeneinander stehen. Hier in Europa oder Deutschland gibt es die Diskussion eher nicht, oder sie wird nur in sehr kleinen Zirkeln geführt. Ich denke, das ist auf der einen Seite darin begründet, dass wir in Europa eine andere Struktur haben. Unsere entscheidenden Knotenpunkte im Netz werden nicht von großen Einzelfirmen kontrolliert, wie in den USA. Bei uns besitzen diese Knoten Firmen, die Anbieter gleichberechtigt ins Netz lassen. Zudem gibt es im Markt sehr viele Provider, die einen großen Wettbewerb garantieren. Ich kann als Kunde entscheiden, welche Geschwindigkeit ich haben will. DSL oder einen analogen Anschluss. Auf der anderen Seite ist auch inhaltlich fraglich, ob eine Email mit der gleichen Geschwindigkeit verschickt werden muss, die ein Telefonat über das Netz benötigt. Eine Email kann doch auch ruhig drei Sekunden später ankommen oder über eine schlechtere Verbindung verschickt werden, oder? Es gibt schon gute Gründe, warum manche Dienste priorisiert werden. Eine vollkommene Gleichbehandlung aller Dienste ist daher auch gar nicht sinnvoll.

?: Sie glauben also, die Debatte über Netz-Neutralität muss hier nicht geführt werden?

!: Ich sehe da keinen großen Bedarf. Wie sehen Sie das denn?

?: Irgendwie ist die Debatte spannend. Aber die Marktstruktur über AT & T und die Baby-Bells ist in den USA auch sehr viel stärker konzentriert als hier bei uns.

!: Zudem spielt auch das kommerzielle Peering in den USA eine große Rolle. Bei uns gibt es dagegen an manchen Orten fast genossenschaftliche Strukturen, die einen freien Zugang garantieren. Wir haben einfach eine andere Netz-Geschichte und eine andere Entwicklung hinter uns.

3000 sind schon weg

Bei ThyssenKrupp müssen sich die Beschäftigten um ihre Jobs sorgen. Deutlich mehr als eine Milliarde Euro will das Unternehmen sparen. Jeder fünfte Euro soll durch Einschnitte beim Personal geholt werden.

Es wird also ruppig zwischen Konzernführung und Arbeitnehmerschaft. Den Aufschlag machte Vorstandschef Ekkehard Schulz mit seiner Drohung, betriebsbedingte Kündigungen seien nicht ausgeschlossen. Vermeiden will er sie zwar, aber ein Unternehmen dürfe sich diese Option nicht nehmen lassen.

Die Betriebsräte konterten umgehend: Betriebsbedingte Kündigungen seien bis 2013 ausgeschlossen, heißt es. Dies stehe im Tarifvertrag Zukunft. Für einen Stellenabbau über andere Instrumente sind sie durchaus aufgeschlossen.

Was auch sonst, denn alleine in den Monaten Oktober bis Dezember mussten schon 3000 Mitarbeiter gehen. Zynisch klingt es an, wenn Schulz betont, zwei Drittel davon seien Leiharbeiter.

Werbung


Ruhrpilot

 

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

 

Foto: Stadt Bottrop

Bottrop: OB steht hinter Grimm...Der Westen

Termine: Die Community in der 8. und 9. KW…Ruhr Digital

Thüringen: Nazis attackieren Busse…Der Spiegel

Energie: RWE will in holländische Kernkraftwerke investieren…Handelsblatt

Opel: Kommt die Staatsbeteiligung?…Der Westen

Literatur: Bücher-Baumhaus mit Cornelia Funke…Ruhr Nachrichten

Amerika: Mexikanisches Tagebuch…Zoom

Online: Berlin bleibt offline – Ruhrgebiet nicht…Berliner Morgenpost

Hellau: Türkischer Karnevalsverein stellt sich vor…Ostroplog

Religion: Burkini statt Bikini…Der Westen

Ruhrpilot

Das  Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Live: Ter Haar, It´s A Musical und Kid Dakota…Unruhr

Bundesliga: Pleite in Bochum…Welt

Ruhr2010: Dortmund blickt nach Istanbul…Istanbul Post

Kultur: Avangarde aus Gelsenkirchen…Hometown Glory

Konzert: David Orlowsky Trio…Zoom

Online: Telemediengesetz bringt wenig Rechtssicherheit…FAZ

Genuss: Döner-Flat…Buer en blog

WebTV: Neues von Nokia…WDR

Barcamp: Volles Unperfekthaus…Polaroid Memories

 

Werbung


Geschäftstüchtiger Genosse Grimm

Mein alter Kumpel Werner Boschmann vom Bottblog hat mich auf eine schöne Geschichte in seiner Heimatstadt aufmerksam gemacht, die dort die Gemüter bewegt.

Foto: SPD Bottrop

Der Vorsitzende des SPD Unterbezirks Bottrop Hans Georg Grimm ist offenbar ein Mann, der politisches Engagement, unternehmerischen Mut und eine hauptberufliche Tätigkeit gut miteinander vereinbaren kann. Neben seinem Parteiamt ist Grimm Personalamtsleiter der Stadt Bottrop, eine Tätigkeit, die er sicher nur seinem Können und nicht seinem Parteibuch verdankt und Inhaber der Personalservice Arbeitsvermittlung H-Georg Grimm. In letzter Tätigkeit, die Grimm etwas unglücklich im August vergangenen Jahres, wenige Wochen vor Beginn der Wirtschaftskrise aufgenommen hat, widmet er sich der ehrenvollen Tätigkeit, Menschen wieder in Lohn und Brot zu bringen.

Wie gut, dass seine Lebensgefährtin ganz auf seiner Welle liegt: Sie ist selllvertretende Vorsitzender der örtlichen ARGE und bemüht, den unglücklichen Menschen, die von Hartz IV leben müssen, eine neue Lebensperspektive zu geben.

Nun wundert es nicht, dass in einem von Neid zerfressenen Land wie Deutschland eine Persönlichkeit wie Grimm, die rund um die Uhr daran arbeitet, das Los  seiner  Mitmenschen ein wenig zu verbessern, mit Vorwürfen überschüttet wird: Die DKP spricht in der WAZ von einer Affäre Grimm und die ÖDP will konkrete Auskünfte über Grimms Nebentätigkeiten. Die wird sie wie alle Parteien am Dienstag im nicht-öffentlichen Teil der Hauptausschussitzung bekommen. Wir können davon ausgehen, dass Grimms Weste rein wie ein nordhessisches Märchen sein wird.        

Update 1: Mülheimer Explosionen erschüttern CDU-Chef Rüttgers

Foto: NRW.Bank Baganz steht rechts

Gestern hat der Mülheimer CDU-Oberbürgermeisterkandidat Stefan Zowislo für Aufregung gesorgt. Er hat angekündigt, die Wahrheit über den Rücktritt von Jens Baganz zu enthüllen. Dabei spielt eine Frage eine große Rolle: Warum tut er das?

Ich habe mit Stefan Zowislo gesprochen. Er sagt, er will für einen sauberen Umgang in der Stadt stehen. Er will sich dafür einsetzen, dass es ehrlich und offen zugeht. Und wenn er das erreichen will, müsse er eben bei sich selber anfangen. „Natürlich müsste ich mir die Frage stellen lassen, wie meine Rolle im Baganz-Fall aussah. Deswegen habe ich mich entschlossen, diese Frage selber zu stellen.“ Das sagt Stefan Zowislo. Bevor er die Probleme in der Stadt angehen kann, will er seine eigenen Probleme angehen.

Bis jetzt ist schon einiges bekannt aus dem Fall Baganz. Konsequenzen gab es bis auf den Rücktritt des damaligen Oberbürgermeisters nicht.

Im Kern hatte Baganz seiner Geliebten Aufträge zugeschanzt und sich mit ihr in Hotels getroffen, während seine Frau mit den Kindern zu Hause saß. Es ging um den Verkauf von städtischem Eigentum: zum Beispiel der Deal mit dem RWE um die Wasserwerke RWW oder den Teilverkauf der Müllheimer Entsorgungsbetriebe an Trienekens. Immer dabei Baganz und seine Geliebte.

Nach seinem Rücktritt sah es zunächst aus, als wollten SPD und Grüne wissen, was genau vorgegangen war. Doch die Aufklärung war tatsächlich mau. Bis heute wird der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zum Fall B. geheim gehalten. Nur soviel ist sicher: Die Prüfer fanden „korruptionsspezifische Indikatoren”. Und sie empfahlen eine Strafanzeige.

Das war’s. Die städtische Spitze lehnte eine Anzeige ab, wusch sich die Hände und Ende. Die Staatsanwaltschaft Duisburg stellte alle Ermittlungen ein – unter anderem, weil die Stadt keine Strafanzeige gestellt hatte.

Baganz selbst bestreitet auch heute noch jede Untat. Alles nur Gerede, das sich selbst entlarvt und nichts zu bedeuten hat. Genauso weist er die Anschuldigungen von Zowislo zurück.

Dabei kann man damit rechnen, dass sich der heutige Mülheimer Oberbürgermeister auskennt. Als Baganz noch Stadtchef von Mülheim war, war Zowislo als sein enger Vertrauter an vielen Entscheidungen beteiligt.

Und als Ex-Insider wundert sich Zowislo nicht, dass Baganz und die heutige Stadtspitze keine Probleme sehen: Die Leute, die selbst an der Nummer beteiligt waren, wollten sich halt nicht selbst vor Gericht bringen. Ganz vorne mit dabei neben Baganz:

– der CDU-Mann Frank Steinfort, Stadtdirektor und Rechtsdezernent, damals enger Mitarbeiter von Baganz,

– Ulrich Ernst (SPD), damals ein Mann der Stunde in Baganaz Umfeld, oft mit dabei, wenn es um Entscheidungen ging, dann Bürochef (in Mülheim großspurig Stadtkanzleichef genannt) von Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) und heute Sozialdezernent der Gemeinde

– Jörg Dehm, damals persönlicher Referent von Baganz und heute Kämmerer in Dinslaken.

Diese Kombo hat noch nicht aufgegeben. Seit gestern prüft Steinfort im Auftrag der Stadt, ob er gegen Zowislo juristische Schritte einleiten kann – welche auch immer.

Diese Spur will ich jetzt nicht vertiefen. Ich will etwas anderes fragen.

– Warum kann sich Zowislo diesen nie gesehenen Affront überhaupt erlauben?

– Warum traut er sich, einen amtierenden Staatssekretär aus der eigenen Partei anzugreifen, zumal bekannt ist, wie wütend CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers über Querschläger in der eigenen Partei werden kann.

Wenn Leute aus der CDU-Führung in Düsseldorf heute in Mülheim nach Antwort auf diese Fragen suchen, werden sie das hier finden.

Jens Baganz hat die Erde an der Ruhr verbrannt.

Ich bin mir sicher, kein CDU-Mann aus der ersten Mülheimer Reihe wird ein gutes Wort an Baganz lassen. Es geht zum einen um möglicherweise kriminelle Hintergründe.

Dann geht es aber auch um die persönliche Integrität des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium. Und was man hört, ist nicht freundlich.

In seiner Zeit als Oberbürgermeister lebte Baganz als evangelischer Presbyter mit Frau und zwei Kindern in einer geräumigen Villa. Bieder könnte man sagen. Andere meinten, die Familie habe den Kennedys von der Ruhr geglichen.

Damals sollten 49 Prozent der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft verkauft werden. Ein Abnehmer stand bereit. Die mittlerweile berüchtigte Trienekens AG aus Viersen übernahm am 30. September 2000 genau 49 Prozent an der MEG.

Nach einem Bericht des Mülheimer Rechnungsprüfungsamtes war das ein dubioser Deal, ganz im Filzmuster der rheinländischen Müllskandale von Köln und anderswo.

Der Reihe nach: Laut Bericht hat die Stadt Mülheim die Düsseldorfer Anwaltskanzlei Heuking, Kühn und Partner mit der rechtlichen Beratung bei dem Müllgeschäft beauftragt. Allerdings, so die Rechnungsprüfer, habe es keine Ausschreibung für den Beratervertrag gegeben. Weiter bemängeln die Prüfer, dass nicht einmal ein Vertrag über die Beratung „vorgelegt“ werden konnte.

Vertreten wurde die Kanzlei im Trienekens-Geschäft unter anderem von der Anwältin Ute Jaspers.

Frau Jaspers vertrat die Stadt laut Prüfbericht auch am 15. Juni 2000 vor der Vergabekammer der Bezirksregierung als „Verfahrensbevollmächtigte der Stadt“.

Pikant dabei: Jaspers wurde in etwa dieser Zeit die Geliebte des damaligen Mülheimer Oberbürgermeisters Baganz, wie sich Vertraute des Pärchens erinnern.

Auch gut. Aber es geht mieser. Man würde erwarten, dass die Stadt ihre Rechtsberater Heuking, Kühn und Partner bezahlt.

Doch genau das passierte nicht.

Vielmehr beglich Trienekens die Beratungskosten der Stadt. Dazu rechnete der Müllmanager nach einer Kostennote vom 29. September 2000, die im Besitz der Stadt ist, 316.922 Euro direkt mit der Kanzlei der Baganz-Geliebten ab.

Im Klartext: Müllmann Trienekens bezahlt die Baganz-Geliebte, damit diese ihren Geliebten dabei berät, wie er städtische Betriebe an Trienekens verkauft. Und obendrauf sitzt die betrogene Frau mit den Kindern zu Hause und ahnt nichts.

Integer geht anders.

Als die Nummer bekannt wurde, verließ Baganz seine Familie. Nach kurzer Schamfrist zog er mit seiner Geliebten in eine geräumige Villa mit Rheinblick und Treppengiebel. Ganz tief versteckt hinter den anonymen Mauern des Düsseldorfer Reichenvorortes Wittlaer.

Die verlassene Frau mit den Kindern zog in eine Mülheimer Etagenwohnung. Baganz sorgte nicht besonders gut für sie.

Stattdessen gab es Streit vor Gericht. Der in einer Rheinvilla lebende Baganz forderte von seiner Ex-Frau Unterhalt. Angeblich insgesamt 2000 Euro. Sich selbst rechnete Baganz in diesem Streit fast mittellos. Die Luxuswohnung habe schließlich seien Geliebte gemietet. Das ganze wurde öffentlich.

Einem großen Skandal entging der damals schon als Staatssekretär vereidigte Baganz trotzdem um Haaresbreite. Die Bild-Zeitung hatte einen dicken Patzer gemacht und geschrieben, der Unterhalt wäre jeden Monat zu zahlen. Das war Unsinn, es ging nur um einen Betrag. Juristen stoppten die Veröffentlichungen.

Die Ex-Frau von Baganz leidet. Sie wurde in ihrer Etagenwohnung gedemütigt. Von ihrem damaligen Mann, der mit seiner Geliebten in einer Villa lebte.

Aber damit ist nicht Schluss. Baganz ärgert seine Ex-Frau weiter, auch heute noch. Oft geht es um Kleinigkeiten, wie man hört.

Fast jedes CDU-Mitglied in Mülheim weiß das.

Das ist der Grund, warum die CDU-Spitze in NRW bei ihre Nachfragen hören wird, dass Baganz in Mülheim keine Freunde hat. Und Stefan Zowislo handeln kann, wie er handelt. Es geht ihm, wie gesagt, um politische Integrität.

Ein Mitglied des CDU-Landesvorstands hat mir mal gesagt: "Es war Irrsinn, Baganz in die Regierung zu holen." Und der damalige CDU-Fraktionschef in Mülheim, Paul Heidrich meinte: „Ich hätte dringend davon abgeraten, ihn zu berufen.“

Aber offensichtlich wurde niemand in Mülheim gefragt, was von Baganz zu halten sei.

NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) muss jetzt die Folgen ertragen oder handeln.