Designstadt Essen – kurz korrigiert

 

Vor eiger Zeit habe ich über die Designstadt Essen geschrieben. Und zwar, dass von all den großen Plänen eines neuen creativen Viertels nicht mehr geblieben ist als eine Designetage in einem Bürohaus. Und dass diese Designetage jetzt auch noch größtenteils lehrgezogen wird.

In dem Artikel habe ich einen Fehler gemacht, den ich hiermit korrigieren möchte. Ich habe geschrieben, die Designer hätten einen Subventionsmietvertrag mit der Essener Wirtschaftsförderung abgeschlossen. Und zwar würde die EWE selbst vom Unternehmen SIG-Schürmann die Designetage mieten und die Räume dann zu einer günstigeren Miete an die Gründer weiterreichen. Nun, das stimmt so nicht. Die Essener Entwicklungsgesellschaft Zollverein (EGZ) bekommt das Fördergeld, mietet dann beim Unternehmen SIG-Schürmann die Büros an und gibt diese dann subventioniert an die Gründer weiter.

Mit anderen Worten: Der Artikel ist mit EGZ richtig, mit EWE falsch. Die Kürzel müssen ausgetauscht werden. Sorry für den Fehler.

An den anderen Tatsachen des Artikels ändert sich sonst eigentlich nichts.

Ruhr-Initiative sucht Unterstützer

Um den Bochumer Historiker Klaus Tenfelde und den Verein Pro Ruhrgebiet herum gründet sich eine sogenannte Bürgerschaftliche Initiative.

Ziel der Gruppe, die in den letzten Wochen damit begonnen hat, gezielt Unterstützer anzusprechen, ist es wohl unter anderem, die Landesregierung an ihr Versprechen, einen eigenen Ruhr-Bezirk zu gründen, zu erinnern. Tenfeldes Mitstreiter wollen allerdings wohl keinen schlichten Regierungsbezirk, sondern gewählte Ruhrgebietsgremien und einen von der Bevölkerung gewählten Repräsentanten. Die Initiative will nach den Sommerferien einen Aufruf veröffentlichen und ist  dabei, prominenter Unterstützer zu sammeln. Auch an einem umfangreichen Forderungskatalog für die Region soll gearbeitet werden. Vergleichbare Initiativen gibt es in Westfalen – dort wenden sie sich allerdings gegen die Reformpläne des Landes. Hoffentlich wird die Ruhrgebiets-Initiative nicht so betulich und langweilig wie ihr westfälisches Gegenstück.  

Public Viewing (2): Im Bett mit Netzer

Christina Stürmer singt dieses Lied zur Euro, und mich musste es erwischen: 39 Grad, Bettruhe, Langeweile. Da denkt man sich "Wetten, dass"-Wetten aus. An Hupkonzerten 16 Nationalitäten erkennen. Ich könnte das. Also Vormfernsehgedöse. Vitamingetränke. Sich über die  Fußballbegeisterung wundern. Und sich denken, im Bett ist meiner einer am besten aufgehoben. Stinkstiefelig, verschnupft, vergreist.

Seltsam, die jungen Menschen mit schwarzrotgelben Hawaiketten, Goaties, freundlichen Augen, Migrations-Hintergründen, wie die sich freuen können?! Ambivalente Gefühle aus Neid und Abscheu. Wie beim Karnevalgucken, einerseits möchte man schon dabei sein, mitbützen, mitkippen, lachen, singen, wehmütig katholisch sein. Andererseits: Warum?

Hab ich erwähnt, dass wir seit Tagen zwei Buntspechte im Garten haben, sie hacken in den halbwelken Riesenkirschbaum, rufen dazu lustig aufgeregt und sehen ganz zerzaust aus – fast wie Deutschlandfans.
PS: Muss sagen, als das erste Mal die Fahnen wieder rauskamen, achtzehn Jahre ist das her, da war ich jünger und auch draußen gucken. Bis zum Halbfinale war es wirklich nett – dann kam der Mob. War schon damals nichts für mich, Stinkstiefel bleibt Stinkstiefel.

Grönemeyer sang für das Konzerthaus

Bochum will ein Konzerthaus und braucht Geld. Um für Spenden zu werben, gab Herbert Grönemeyer gesten im Bermudadreieck ein  Konzert.

Herbert Grönemeyer und Steven Sloane. Foto: Görges

Vorher verkündeten allerdings Bochum Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz und der Chef der Bochumer Symphoniker, Steven Sloane, dass es statt der erhofften 10.000 Spender zum Abschluss des zehnwöchigen Spendenkampagne für das Konzerthaus derer 20.219 gegeben hätte und die zusammen 170.000 Euro gesammelt hätten – eine schöne Stange Geld, aber da Bochum noch über fünf Millionen zum Bau des vierten neuen Konzerthauses im Ruhrgebiet innerhalb von zehn Jahren fehlen, wird wohl ein privater Bürge dafür sorgen, dass mit dem Bau bald begonnen werden kann, denn bis zum Kulturhauptstadtjahr soll der Musentempelm fertig sein. Auch Grönemeyer wird sich für das Konzerthaus noch mal ins Zeug legen: Er wird im kommenden Jahr ein weiteres Konzert geben – gemeinsam mit Steven Sloane und den Bochumer Symphonikern im Ruhrstadion – die  Eintrittsgelder sollen dem Bau des Konzerthauses dienen.

Grönemeyer gab vor 4000 Zuschauern ein kurzes Konzert – spielte aber, zur Freude aller, zwei Mal Bochum. EInen ausführlichen Konzertbericht gibt es bei Jens.

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CDU-Ruhr will mehr Demokratie wagen

Die CDU-Ruhr diskutiert im Augenblick ihr Regionalprogramm 2009-2014. Im aktuellen Entwurf bekennt sie sich zur Schaffung eines eigenen Regionalrates für das Ruhrgebiet. Aber sie geht in ihren Vorstellungen über dieses Ziel hinaus. 

Norbert Lammert, Chef der Ruhr-CDU

Denn die CDU-Ruhr will mehr Demokratie wagen: Geht es nach den Vorstellungen der Christdemokraten sollen die Bürger im Ruhrgebiet künftig ein eigenes Parlament wählen – das heutige Ruhrparlament, die Verbandsversammlung des RVR – wird indirekt bei der Kommunalwahl mitgewählt. In dem Entwurf des Regionalprogramms, der mir vorliegt, heißt es: "Wir wollen den Regionalverband derart weiter entwickeln, dass er sowohl über eine von seinen Mitgliedskommunen abgeleitete und kommunal begründete, als auch eine starke regionalpolitische Legitimität (Hervorhebungen im Original) verfügt. Hier sollen sich die überörtlichen, regionalen Interessen der gesamten Region über die von den Bürgern der Metropole Ruhr direkt gewählten Repräsentanten widerspiegeln, um einen Ausgleich zwischen regionalen und lokalen Interessen zu treffen und die Spitzen der Städte und Kreise noch intensiver in regionalpolitische Entscheidungen einzubinden."  
Im Augenblick wird das Papier innerhalb der CDU-Ruhr diskutiert – allerdings setzt die Union mit dieser Forderung die anderen Parteienzur Kommunalwahl im kommenden Jahr unter Druck: Wer will mitmachen, wenn es um mehr Demokratie geht und wer sperrt sich gegen den Machtzuwachs für die Bürger?

Verdammter Feierabend

Kaum zu glauben, wie dämlich Verbrecher immer wieder sein können: Gegen ein Uhr heute Nacht wollten drei mit Sturmhauben maskierte Männer in Datteln eine Spielhalle auf der Dortmunder Straße überfallen. Der Plan scheiterte jedoch, weil die Spielhalle zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen hatte. Eine Zeugin konnte die hübsch zurechtgemachten Möchtegern-Ganoven noch beobachten, wie sie nach dem missglückten Überfall mit einem Auto in Richtung Oer-Erkenschwick flüchteten.

Update: Neuer NRW-Slogan: „We love the new“

Nun hat auch das Land Nordrhein Westfalen einen neuen Slogan: "We love the new"

Liebt das Neue: Ex-Zukunftsminister und heutiger NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Foto: nrw.de

Den neuen Slogan hat auch diesmal die WAZ herausbekommen – erst morgen sollte er vorgestellt werden. Er ist – wie auch der Ruhrgebietsslogan Ruhrr TeamworkCapital für den internationalen Einsatz gedacht und soll NRW i Ausland bekannter machen. Und im Ausland, um der Kritik vorzugreifen, wird schon gerne einmal Englisch gesprochen. Die Idee kommt von einer Düsseldorfer Tochter der Hamburger Agentur Scholz & Friends, die neben der Landeswerbung für Baden Würtemberg (Wir können alles. Außer Hochdeutsch) auch noch die Slogans "Heute ein König" (Köpi) und "Alles Müller oder was" (Müller-Milch) getextet haben. 

Für meine Ohren klingt er Slogan wie ein wenig holprig aus dem Deutschen ins Englische übersetzt, aber er ist kurz und knackig. Und natürlich kann man ihn fröhlich auseinandernehmen, was in den nächsten Tagen sicherlich geschehen wird. Dabei liegt doch Liebe im Trend: Pro 7 liebt es, uns zu unterhalten und bei McDonalds kann sich auch der gute alte Big Mac, glaubt man der Werbung, unserer Gefühle sicher sein.   

Update: Weltkind hat in ihrem Blog sich sehr schön mit den sprachlichen Unzulänglichkeiten des Slogans auseinander gesetzt…Klick

Danke Peter für das Viertelfinale!

Deutschland ist im Viertelfinale. Knapp setzte sich die Mannschaft von Bundestrainer Jogi Löw gegen Österreich durch.

Nur auf den ersten Blick ist dieser Triumph über die Fußballtitanen aus dem Alpenvorland Michael Ballacks Freistoßtor zu verdanken gewesen. In Wirklichkeit war es ein erneuter Sieg des kleinen, blauen Elefanten von Peter Podewitz. Der Comedian hatte ihn gestern beim Public Viewing im Intershop dabei. Dumm nur, dass Podewitz sein Maskottchen beim Spiel gegen Kroation vergessen hatte. Diese Schlunzigkeit kostet Deutschland den Gruppensieg. Im Viertelfinale gegen Portugal darf sich diese Nachlässigkeit nicht wiederholen!

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PFT – Das Problem von NRW – Die Kette

Nach gut zwei Jahren Arbeit habe ich vermutlich die ganze Kette der PFT-Verschmutzung an der Ruhr aufgeklärt. Wie also das Gift auf die Äcker im Sauerland kam. Von da aus in die Ruhr und weiter ins TRinkwasser. Dann habe ich aufklären können, dass für 50 Prozent der PFT-Einträge n die Ruhr der Ruhrverband mit seinen Kläranlagen sorgt, das versuchert zumindest der Laborleiter des Ruhrverbandes, Ralf Klopp, an Eides Statt. Nur noch eine kleine Quelle oben an dem Möhnesee ist offen. Da weiß ich noch nciht, wo das Zeug herkommt. Aber auch das werde ich eines Tages herausfinden.

Dabei sind im Skandal um die krebserregende Chemikalie immer noch nicht die Hauptursachen der Giftverseuchung ausgeschaltet worden. Dies habe ich herausgefunden. Noch immer gelangt das krebserregende Gift aus den neun am stärksten betroffenen Kläranlagen nahezu unverändert in die Ruhr und von da aus weiter in die Nahrungskette.

Neu ist allerdings, dass neben den bekannten Schwierigkeiten mit PFT nun noch ein neues Problem auftritt. So wurde eine weitere Substanz aus der Familie der PFT in einer Konzentration von 200 Nanogramm je Liter Trinkwasser im Wasserwerk Möhnebogen nachgewiesen. Der Stoff heißt PFBA. Der Zielwert für die Stoffgruppe von 100 Nanogramm je Liter wird überschritten, teilte das Landesumweltamt mit.

Offensichtlich kann diese Chemikalie nicht von den bestehenden Aktivkohlefiltern aus dem Trinkwasser entfernt werden. Allerdings gelten die PFBA als weniger krebserregend als die bereits bekannten PFT. Die Herkunft der PFBA-Stoffe ist unbekannt.

Die PFT-Belastung allein aus den Klärwerken Werdohl, Rahmedetal, Menden, Iserlohn-Baarbachtal, Wickede, Hemer, Arnsberg-Neheim, Lüdenscheid-Schlittenbachtal sowie Sundern lag nach Angaben des nordrhein-westfälischen Landesumweltamtes im Mai bei rund 142 Gramm am Tag. Dazu kommt das Gift aus über fünfzig weiteren Kläranlagen.

Genaue Aussagen zu den PFT-Einträgen dieser Kläranlagen sind nicht möglich, da das Umweltministerium die ständige Beobachtung für diese Anlagen weitgehend eingestellt hat. Eine Sprecherin des Landesumweltamtes erklärte dazu, die vorhandenen Mittel müssten auf wenige Anlagen konzentriert werden. Proben für die Monate März wurden darüber hinaus vernichtet. Bislang hatte Umweltminister Eckhard Uhlenberg öffentlich vertreten, dass jeden Tag 147 Gramm PFT aus den Kläranlagen in die Ruhr abgehen. Nach meinen Recherchen der lag dieser Wert im vergangenen Januar bei über 200 Gramm am Tag.

Heute will Uhlenberg keine Fracht-Werte mehr nennen. Seine Argumentation ist einfach: Da die Gift-Konzentration im Ruhrwasser unterhalb der Trinkwasserschwelle liege, sei es nicht nötig, die Daten zu erheben, wie ein Sprecher des Umweltministeriums erklärte. Allerdings geben allein die Frachten Aufschluss darüber, wie viel Gift in die Natur und weiter in die Nahrungskette gelangt. PFT konnte bereits in Mais, Fischen und in einer Kuh in bedenklicher Menge nachgewiesen werden.

Die PFT-Konzentrationen im Ruhrwasser geben dagegen nur an, wie viel Wasser verschmutzt wird. Auch bei der Suche nach den weiteren Ursachen für die PFT-Verseuchung spielen Kläranlagen nach meinen Recherchen eine entscheidende Rolle. Das Gift wird vor allem in der Industrie eingesetzt. Über das Abwasser der Betriebe gelangt es in die Kläranlagen und von dort aus weiter in die Flüsse. Ein Teil des PFT lagert sich dabei im Klärschlamm ab.
Nach Angaben des Ruhrverbandes weisen die Schlämme von 18 Kläranlagen an der Ruhr einen "erhöhten" PFT-Wert auf. Jahrelang wurde demnach Klärschlamm auch aus den belasteten Anlagen ins Sauerland gefahren und dort auf die Felder gekippt.

Allerdings ist nicht nur der Ruhrverband verantwortlich. Augenzeugen aus dem besonders von der PFT-Belastung betroffenen Ort Rüthen berichten, dass bis vor wenigen Jahren auch nachts Lastwagen aus Hessen gekommen seien, um Klärschlamm auf die Felder zu kippen. Neben der bereits bekannten Firma GW Umwelt seien mehr als ein halbes Dutzend weitere Unternehmen beteiligt gewesen. Auch liegt der Verdacht nahe, dass die Firma GW Umwelt tatsächlich stark PFT-verseuchten Klärschlamm aus Belgien oder Holland unter eigenen Klärschlamm gemischt hat. Nur eines ist klar: Auch die Firma GW Umwelt ist nicht der einzige Verursacher. Es gibt neben dem Ruhrverband noch weitere.

Einige Felder können identifiziert werden. Eines liegt an der Kreisstraße 776 in der Nähe des Stadtwaldes Rüthen. Dort werden heute Erdbeeren direkt von einem Klärschlammacker verkauft, berichtet ein Augenzeuge, der aus Angst vor seinen Nachbarn anonym bleiben will.

Aus den Unterlagen, die mir vorliegen, können weit über 100.000 Tonnen Klärschlamm nachgewiesen werden, die im Kreis Soest verklappt wurden. Insgesamt müssen mehrere hundert Äcker im Sauerland betroffen sein. Das Umweltministerium hat bislang allerdings nur zwei Äcker bekannt gemacht: Einen in Rüthen und einen in Brilon-Scharfenberg. Einige wenige weitere Äcker würden "beobachtet", hieß es. Um die Bauern zu schützen, werde die genaue Lage dieser Felder geheim gehalten.

Das Verklappen auf den Feldern lief bis mindestens 2006. Aus einer Ausschreibung des Ruhrverbandes geht hervor, dass im Sommer des Jahres 1500 Tonnen Klärschlamm aus der Anlage Warstein-Beleke "möglichst regional" auf ein Feld gekippt werden sollten. Die Aktion wurde nach Auskunft eines am Verfahren Beteiligten erst gestoppt, als der PFT-Skandal bereits bekannt war.

Es liegt nahe, dass mit der oben beschriebenen Klärschlammkette der Kreis der PFT-Verseuchung geschlossen werden kann. Einmal geben die Kläranlagen direkt PFT in die Ruhr ab. Daneben sickert das Gift aus Hunderten Äckern ab, die mit Zehntausenden Tonnen Klärschlamm verdreckt worden sind. Einer der Klärschlamm-Produzenten ist der Ruhrverband, der auch die Kläranlagen kontrolliert.

Update: Langemeyer vor dem Aus? Dortmunder OB kämpft um sein Amt

Dortmunds OB Gerhard Langemeyer ist dabei, die Zustimmung in der SPD für eine erneute Kandidatur zum OB im kommenden Jahr zu verlieren.

Langemeyer hat seit längerem Probleme mit der Parteibasis in Dortmund – und mit seinem autokratischen Regierungsstil. Ein wenig geht es ihm da wie Schröder: Er kam mir immer zu schlau für seine Partei vor, die mit dem kompromisslosen Macher ihre Schwierigkeiten hatte und immer lieber jemanden fürs Gemüt gehabt hätte. Langemeyer hat viele Projekte in Dortmund angestossen – auch wenn etliche davon weit entfernt sind, Wirklichkeit zu werden. Ideeen  hatte er  mehr Ideen als die anderen OBs der Region und seine Bilanz ist unter dem Strich erfolgreich. Das Dortmund auf einem guten Weg ist, ist auch das Ergebnis seiner Arveit – und er ist ein genialer Strippenzieher: Ob Erhalt der Rot-Grünen Koalition im RVR, Geld für den Ausbau des Us oder ein Sitz im Aufsichtsrat der Ruhr2010 GmbH: Langemeyer bekommt was er will, ist bis in höchste Konzernkreise gut vernetzt und verfolgt seine Pläne für Dortmund langfristig. Nur mit dem Ruhrgebiet kann er wenig anfangen.

Man kann gegen das Grummeln in der eigenen Partei regieren – wenn man Erfolg hat. Und daran haperte es in letzter Zeit: Nach einem satten Finanzskandal im Rathaus, nach Dauerstreit um den Flughafen und nach einem "Alleingang" bei der Erstellung eines Finanzierungskonzeptes zur Rettung des Klinikums diskutieren  Fraktion und Partei über einen neuen Kandidaten zur Kommunalwahl im kommenden Jahr – und das könnte Ulrich Sierau werden.

Sierau ist der Planungsdezernent Dortmunds und deutlich charismatischer als sein Chef. Anders als Kulturdezernent Jörg Stüdemann, der auch als OB-Kandidat gehandelt wird, hat Sierau die Unterstützung des Langemeyer-Intimfeindes Franz-Josef Drabig. Der mächtige Dortmunder SPD-Parteichef wollte zwar eigentlich selbst OB werden, ist aber am Widerstand der eigenen Fraktion und einem Skandal gescheitert, an dem wohl Teile der eigenen Partei nicht ganz unbeteiligt waren.

Sierau soll sich jetzt bis Ende Juni entscheiden, ob er gegen Langemeyer antritt. Wie Langemeyer ist Sierau eher ein Intellektueller – aber er kann besser reden. Sierau kann mit Polemik das Hinterzimmer einer SPD-Versammlung zum Beben bringen – aber seine Ideen auch bei Bedarf mit Zitaten in Altgriechisch schmücken. Im Gegensatz zu Langemeyer ist Sierau ein Freund der Zusammenarbeit der Städte des Ruhrgebiets – aber nicht des RVR. Dessen Chefplaner Rommelspacher nimmt er nicht für voll, den RVR hält er für überflüssig und so wundert es nicht, dass Sierau als der Autor des Oberbürgermeisterpapiers gilt, mit dem Langemeyer auch noch die SPD des Ruhrgebiets gegen sich aufgebracht hat. Wahrscheinlich stellt sich Sierau das ideale Ruhrgebiet als eine Variane des Attischen Seebundes vor – und Dortmund als  Revier-Athen.

Sierau wurde früher von Zöpel gefördert und arbeitete mit ihm in der Landesregierung zusammen. Mit der Westfalentümelei von Langemeyer kann er nicht viel anfangen –  er steht zum Ruhrgebiet, nur will den Weg des Reviers selbst bestimmen. Eigentlich wäre Sierau auch ein idealer  Nachfolger für RVR-Chef Klink, eine Top-Besetzung für die noch zu schaffende Stelle eines Ruhrgebiets-OBs – wenn denn der Posten adäquat ausgestattet wäre und es mehr Gestaltungsmöglichkeiten gäbe. Aber soweit wird es nicht kommen: Sierau wird in Dortmund bleiben und vielleicht Nachfolger von OB Langemeyer. Der hätte meiner Meinung nach einen anderen Abgang verdient, als er sich jetzt abzeichnet, denn bei aller Kritik, die ich an Langemeyer hatte: Unter den OBs des Ruhrgebiets stach er hervor – und für seine Stadt hat er viel geleistet. Das können nicht alle seine Amtskollegen von sich behaupten.

Update: Langemeyer wird sich am 29. November auf dem SPD-Nominierungsparteitag als Kandidat für das OB-Amt bewerben. Die nächsten Wochen und Monate in Dortmund werden also richtig spannend. Langemeyer wird aber, so ein Sprecher von ihm, auf keinen Fall ohne ein Votum der Partei als unabhängiger Kandidat antreten. Nun muß sich Sierau entscheiden, ob er innerparteilich gegen Langemeyer antritt. Kenner der SPD  in Dortmund glauben das nicht. Sierau hätte immer gesagt, dass er nicht gegen Langemeyer kandidieren wird: "Der Uli ist loyal", so ein Sozialdemokrat  zu mir vor ein paar Tagen. Zwei Dinge sind klar: Langemeyer ist ein harter Brocken und eine SPD, diesich zwischen Sierau und Langemeyer entscheiden muß, kann sich eigentlich glücklisch schätzen. Auch weil die Opposition bislang noch nicht einmal ernsthaft versucht, aus dem Streit der Sozialdemokraten politisches Kapital zu schlagen.