Die ganze Sache rund um den PFT-Fall und die Ermittlungen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter im Umweltministerium, Harald Friedrich, wird immer wilder. So wurden nach meinen Recherchen bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wuppertal noch mehr Leute abgehört. Bereits jetzt ist bekannt, dass ein Telefonat des grünen Landtagsabgeordneten Johannes Remmel belauscht wurde, bei dem es um politische Einschätzungen des Falls durch Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) ging. Darüber hinaus berichten Betroffene des Verfahrens nun von weiteren Lauschangriffen. So sei zumindest ein Gespräch des Rechtsanwaltes von Friedrich durch das LKA abgehört worden. Ebenfalls wird berichtet, dass möglicherweise Telefonate von Friedrichs Ehefrau mit Journalisten belauscht wurden.
Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Ralf Meyer sagte auf meine Anfrage: „Wegen des Medienrummels möchte ich keine Angaben zum Verfahren machen.“ Der Landtagsabgeordnete Remmel sagte: „Nach allem, was ich weiß, ging es bei den Gesprächen um politische Einschätzungen. Das hat nichts in Ermittlungsakten zu suchen.“ In den nächsten Tagen soll der Rechtsanwalt Remmels die Lauschbänder prüfen dürfen.
Am 29. Mai war der Ex-Abteilungsleiter im NRW-Umweltministeriums Friedrich wegen des Verdachts auf Korruption und banden- und gewerbsmäßigen Betrug verhaftet worden. 270 Beamte durchsuchten bundesweit Wohn- und Geschäftsräume von 12 weiteren Tatverdächtigen. Den Schaden bezifferte die Staatsanwaltschaft Wuppertal auf rund 4,3 Mio Euro.
Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass das Verfahren auch einen politischen Hintergrund haben könnte. Der anerkannte Umweltfachmann Friedrich (Grüne) gilt als einer der schärfsten Kritiker von NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) im PFT-Skandal, bei dem es um Gifteinleitungen in die Ruhr geht.
Die Ermittlungen gegen Friedrich wurden auf Grund von drei Strafanzeigen aus dem Haus von Uhlenberg ausgelöst. Während des ganzen Jahrs 2007 gab es immer wieder Kontakte zwischen dem Umweltministerium und dem LKA bei dem das Umweltministerium neue Vorwürfe vorgelegte, oder das Umweltministerium für das LKA Auservate auswertete. Teilweise gab der Staatssekretär Alexander Schink in 2007 dem LKA Tipps wie die Ermittlungen zu führen seien und das LKA ging diesen Vorschlägen nach. Nach seiner Verhaftung verbreitete das Ministerium in vertraulichen Runden: der PFT-Informant sei abgeschaltet worden. Das Ministerium sagte jetzt der WAZ, der Fall sei eigentlich für das Ministerium 2006 abgeschlossen gewesen. Das ist eine Lüge, die sich nach Einsicht in die Akten nicht mehr halten lässt.
Bei Hausdurchsuchungen im Laufe der Ermittlungen beschlagnahmten die LKA-Beamten reihenweise Unterlagen zum PFT-Skandal. Wie aus den Akten hervorgeht, sind die Ermittler mit den beschlagnahmten Papieren in das Umweltministerium gefahren. Dort stellte Staatssekretär Schink daraufhin eine weitere Anzeige wegen des Verdachtes auf Geheimnisverrat.
Doch zwei Vorgänge, auf die sich diese Anzeige zentral bezieht, sind dafür denkbar ungeeignet. Einmal haben die Ermittler Akten aus der Bezirksregierung Arnsberg beschlagnahmt, die dort nach einem Antrag auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz offiziell herausgegeben worden waren. Dann haben die Ermittler einen Brief des Ministeriums an die Landtagspräsidentin mitgenommen. Der Brief was eine offizielle Antwort des Ministeriums auf eine PFT-Anfrage des Landtagsabgeordneten Remmel. Wie die Geschäftsordnung des Landtages das vorschreibt, musste die Antwort über die Präsidentin an Remmel weitergereicht werden. Dessen Büro schließlich übermittelte den Brief an den Fachmann Friedrich mit der Bitte um eine Einschätzung.
Der dritte Vorgang ist die Email, über die ich schon geschrieben habe. Das LKLA will hier Fingerabdrücke von der Email nehmen, um herauszufinden, wer der Absender ist. Den Inhalt der Email war kein Geheimnis, sondern wurde später per Pressemitteilung bekannt gemacht.
In meinen Augen liegt hier der Verdacht nahe, dass nur ein „Maulwurf“ im Ministerium gesucht wird. Schade, dass sich das LKA für so etwas hergibt.
Auch die Vorwürfe im Vergabeverfahren sind denkbar dünn. Sie basieren vor allem auf die Aussagen von nur zwei Belastungszeuginnen aus der Abteilung Friedrichs: Dorothea Delpino und Ulrike Frotscher-Hoof. Beide Zeuginnen wurden im Laufe der Ermittlungen im Umweltministerium befördert. In einer Aussage vor dem LKA gab Delpino an, Friedrich bei Staatssekretär Schink angeschwärzt zu haben, weil dieser die Zeugin Frotscher-Hoof „massiv gemobbt“ habe. In mehreren privaten Schreiben an Schink bot Delpino an, belastendes Material in den Unterlagen des Ministeriums zu suchen.
Bei ihren privaten Ermittlungen schreckte Delpino auch vor harten Methoden nicht zurück. Am 27. Juni 2006 trafen sich Delpino, Frotscher-Hoof, Professor Harro Stolpe von der Uni Bochum, der ein von Delpino angegriffenes Projekt betreute, sowie ein Ingenieurbüro, das im Auftrag der Uni die Projektdaten auswertete, im Umweltministerium. Aus einem Protokoll des Treffens, das der WELT am Sonntag vorliegt, geht hervor, dass die Belastungszeuginnen auf einen Abbruch des Projektes drängten. Während einer Pause soll Delpino schließlich im Beisein des Projektleiters Stolpe laut Protokoll gesagt haben: „Sie müssen verstehen, ich muss meine Aufgaben erledigen. Ich will nicht demnächst noch von einer Uni in der Zeitung lesen.“ Auf die Frage, ob das eine Drohung sei, soll Delpino geantwortet haben. „Natürlich nicht.“
Professor Stolpe und das Ingenieurbüro beharrten zunächst auf einer Fortführung des Projektes. Heute zählen die beiden zu den Beschuldigten der Ermittlungen. Beide werden vor allem durch Aussagen von Delpino und Frotscher-Hoof belastet.
Im Kern konzentrieren sich die Ermittlungen heute auf den Vorwurf, es habe bei Vergaben von Forschungsprojekten Fehler gegeben. Doch auch hier stehen die Vorwürfe auf dünnen Boden. Das Gutachten eines renommierten Kölner Juristen, beweist zumindest in drei Vergabefällen, die vom LKA und der Staatsanwaltschaft auf Anregung des Umweltministeriums angegriffen worden sind, dass es keine falsche Vergabe gab. Das Gutachten wurde im Auftrag von betroffenen Firmen erstellt, die im Zuge der Ermittlungen an den Rand des Ruins getrieben wurden, da ihr gesamtes Vermögen beschlagnahmt wurde. Alle Zeugen in diesem Fall haben aber bislang, zumindest nach Aktenlage, bestritten, dass es Vergabefehler gab.
So ist auch folgender Vorgang nachvollziehbar. Am 4. April 2007 schlug der Justitiar des Umweltministeriums dem LKA in einer Besprechung vor, den Landesrechnungshof einzuschalten. Laut Justitiar sollte ein interner Prüfbericht des Ministeriums über das LKA weitergereicht werden. Die Anregung wurde vom LKA ausgeführt. Allerdings teilten die unabhängigen Rechnungsprüfer dem LKA am 14. Mai 2007 mit, dass „kein Bedarf für Prüfungen“ gesehen werde. Die ganze Nummer entwickelt sich zum Flopp.
Es gibt nur eine Spur, die in eine tatsächlich möglicherweise strafbare Richtung führt. Wie gesagt möglicherweise. Es geht um die Wasserwirtschaftsinitiative NRW. Eines dieser Leuchtturmprojekte der Ära Clement. Dieses Projekt hatte wenig mit Forschung zu tun, wurde aber aus dem Forschungstopf zumindest mitfinanziert.
Allerdings waren hier die Initiatoren Wolfgang Clement und Kumpane. Da hatte der angegriffene Harald Friedrich wenig mit zu tun.
Auch jetzt führen die Ermittlungen in ziemlich wirre Richtungen. So schmierte das Umweltministerium unter anderem den Umweltprofessor Johannes Pinnekamp von der RWTH Aachen an. Dieser habe sich ungerechtfertigterweise die Taschen vollgemacht. Umweltstaatssekretär Schink war über die Vorwürfe informiert. Trotzdem beauftragte Schink den Professor einen PFT-Bericht zu schreiben, der die Taten des Umweltministers entlasten sollte. Man könnte auf die Idee kommen, hier sollte ein Abhängiger über die Ermittlungen gefügig gemacht werden.
meine Recherchen in diesem Fall gehen weiter. Wenn jemand Hinweise, Tipps oder Dokumente hat. Ich bin immer dankbar für Informationen unter david.schraven@ruhrbarone.de