Städtebund Ruhr: Reiniger gibt Langemeyer einen Korb

Dortmunds OB Gerhard Langemeyer ist mit seinem Städtebund Ruhr gescheitert, bevor es überhaupt ernst wurde. Sein Essener Amtskollege will nichts mit Langemeyers Plänen zu tun haben.

Essens OB Wolfgang Reiniger. Foto: CDU

Ende Februar beschlossen zahlreiche Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets bei einem Treffen, zu dem Dortmunds OB Gerhard Langemeyer eingeladen hatte, die Gründung eines Städtebundes Ruhr – viele von ihnen hatten das von Langemeyer vorgelegte Papier allerdings gar nicht ganz gelesen, bevor sie es unterschrieben. In dem Papier wurde ein Städtebund als Alternative zum Regionalverband Ruhr propagiert. Das nächste Treffen der illustren Runde sollte nun in Essen stattfinden. Wird es aber nicht, denn Essens Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger, bei dem Treffen im Februar verhindert, distanziert sich scharf in einem Brief an die Oberbürgermeister und Landräte des Reviers von Langemeyers Plänen und will nicht Gastgeber eines solchen Treffens sein. Nur wenige Stunden, bevor die SPD Parteichefs und Amtsinhaber im östlichen Ruhrgebiet zu einem Strategietreffen über die Zukunft ihrer Sprengel  im Ruhrgebiet zusammen kommen, ist der Brief eine Klatsche für Langemeyer.

Hier der Brief von Reiniger im Wortlaut:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich sehe mich außerstande, zu einer nächsten Gesprächsrunde der Oberbürgermeister und Landräte nach Essen einzuladen. Eine solche Einladung könnte als nachgeholtes Einverständnis mit der am 28.02.2008 in Dortmund verabschiedeten Erklärung zum „Städtebund Ruhr“ missdeutet werden.

Die Art und Weise des Zustandekommens des Papiers zum „Städtebund Ruhr“ – ohne Vorabinformation; ohne Vorgespräch der Büroleiter -, aber auch seine Sprache und schließlich seine Weitergabe in die Medien haben mich unangenehm berührt.

Eine über das Aufgabenspektrum des RVR hinausreichende Kooperation innerhalb des Ruhrgebiets ist längst Realität. Nicht zuletzt unter dem Zwang der finanziellen Gegebenheiten wird sie auch weiter vertieft werden. Eine selbstverständliche Praxis mit dem bombastischen Etikett eines „Städtebund Ruhr“ zu versehen, ist nach meinem Verständnis jedenfalls unangemessen. Ginge es wirklich um einen institutionellen Zusammenschluss, bedürfte es ohnehin eines ganz anderen Abstimmungs- und Legitimationsprozess.

Geradezu peinlich wirkte die Verkündung eines gegen die „neue Bürokratie“ des RVR ausgerichteten Städtebundes Ruhr ganze drei Tage, nachdem man im RVR-Parlament noch mitbeschlossen hatte, die wichtigste Klammer für die gemeinsamen Interessen der Metropole Ruhr sei der RVR.

Da ich fürchte, dass das nächste Treffen der Hauptgemeindebeamten medial unter dem Stichwort „Städtebund Ruhr“ begleitet werden wird, ziehe ich es deshalb vor, von einer Einladung nach Essen abzusehen. Die Bereitschaft der Stadt Essen, sehr pragmatisch auf allen Feldern Möglichkeiten kommunaler Zusammenarbeit auszuloten, bleibt hiervon selbstverständlich unberührt. Die bestehenden Kontakte werden selbstverständlich weiter gepflegt. Ich lasse mich nur nicht für spektakuläre Aktionen vereinnahmen.

Mit kollegialen Grüßen
Ihr

-Dr. Wolfgang Reiniger-
Der Oberbürgermeister

 

Der Abgang der Ludolfs (drei Notizen)

I) Komme gerade aus Straubing. Altbayrische Keinstadt, keine 50.000 Einwohner – aber 30 Raucherclubs. Mehr als in Hamburg. Haben auch die Liberalen gemerkt und sitzen wieder im Stadtparlament; sind die in NRW nicht gegen Rauchen?

Bild: Ruhrbarone

Nun eine Umfrage unter Freunden: Wenn ab Sommer Rauchverbot in Nordrhein-Westfalen herrscht, wieviele Raucherclubs werden bis Jahresende wohl im Ruhrgebiet eröffnen?
a) 20     b) 40     c) 80     d) mehr als 100
Kleine Hilfe: klick  (der Sieger erhält einen Ruhrbarone-Fanartikel seiner Wahl)

Bild: Ruhrbarone

II) Noch eine Preisfrage, diesmal im Fußballfernsehen, Mittwoch Abend, Barca gegen Schalke. Letzteres hatte zwar nur wenig zu gewinnen, doch für die Zuschauer gab es immerhin einen Flachfernseher. Und gefragt wurde: Wer ist der Trainer von Schalke? a) Mirko Slomka oder b) Andreas Müller. Da Müller dem Spielfeldmoderator gleich zweimal Rede und Antwort stand, gar nicht so leicht. Deshalb half ein Gewinnspielansager vom Band. In der MAZ sagte er statt Andreas Müller (Schalke-Manager) dauernd Andreas Möller (Schalker Dortmunder), aber der ist ja auch ein gestandener Trainer. Nämlich hier.

III) Unweit von Aschaffenburg und Unterfranken leben schließlich auch ein paar abgewanderte Ruhris, die sich als Doku-Familie besser machen als die Hogans, die Beckhams und die Fußbroichs zusammen. Auf DMAX laufen sie seit zwei Jahren als Ludolfs: Vier Brüder aus Bochum-Langendreer, die das Schicksal in den Westerwald verschlagen hat, wo sie zu lebenden Gartenzwergen wurden, die einen märchenhaften Schrotthandel betreiben. Ich weiß, die Autoresteverwerter sind längst Stars der tiefergelegten D&W Gesellschaft, ich finde die aber trotzdem klasse. Und frage mich, warum das Ruhrgebiet so überhaupt keine Notiz von den verlorenen Söhnen nimmt?! Also: Die Ludolfs sind unbedingt einzuladen. Spätestens 2010!

Bild: dieludolfs.de

Lieblings-Ruhrbaron Wowi Clement in der Bredouille

 

Da entscheidet die SPD in Bochum über das Aus für ihren einstmals liebsten NRW-Ministerpräsidenten. Der jetzt lieber gegen seine eigene Partei stänkert. Und dann dass:

 

Da machen sich doch tatsächlich Öko-Utopisten über den ausgeglichenen Charakter von unserem Clement lustig. (Kann sich noch jemand an das spektakuläre Clement-Fernsehinterview im Wahlkampf-Bus erinnern?)

Jetzt soll Spielverderber Wowi den Spot per anwaltlicher Abmahung unterbunden haben. So richtig kann ich das nicht glauben. Aber die Utopisten behaupten das. Was weiß ich.

 

Warum geht es uns so dreckig?

Dass das Ruhrgebiet bis heute eine der Regionen mit der höchsten Arbeitslosigkeit ist, hat nicht nur mit dem Wegbrechen von Kohle und Stahl in den vergangenen Jahrzehnten zu tun. In den 60er Jahren standen Unternehmen teilweise Schlange, um sich im Revier anzusiedeln – aber sie bekamen keine Grundstücke. Es war die Zeit der Bodensperre. Ein Blick in die Archive.

Einzigartiger Ansiedlungserfolg: Opel in Bochum: Foto: RVR-Luftbildarchiv

OK, es sah nicht gut aus für das Ruhrgebiet in den 60er Jahre: Die beiden großen Jobmotoren der Region waren mächtig ins Stottern gekommen. Nach Jahren der durch den Wiederaufbau bedingten Hochkonjunktur  war die Stahlindustrie in der Krise und dass sich schon in den 20er Jahren unter anderem durch Aufstieg des Öls als Hauptenergieträger abzeichnende Ende der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Steinkohle war eingetreten: Aus dem Schwarzen Gold war ein schmutziger Subventionsempfänger geworden. Die Zechen des Ruhrgebiets schlossen in den 60ern im Akkord.

Aber während die Bergleute mit schwarzen Fahnen durch die Straßen des Reviers zogen, gab es zahlreiche Hoffnungszeichen: Viele Unternehmen wollten sich im Ruhrgebiet ansiedeln, wollten Fabriken bauen und von den nach damaligen Maßstäben gut qualifizierten Arbeitern profitieren: Ford, VW und Schering waren nur die prominentesten Beispiele für Unternehmen, die es Opel gleich tun und sich im Ruhrgebiet niederlassen wollten. Sie kamen alle nicht, und der Grund war die Bodensperre. 30% aller Flächen im Ruhrgebiet waren zu diesem Zeitpunkt in der Hand der Kohle- und Stahlkonzerne – und die hatten nicht das geringste Interesse an erfolgreichen Neuansiedlungen. Den damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller zitierte  Die Zeit „Die Zechengesellschaften haben einen riesigen Grundbesitz. Wir könnten… heute im Bergbau von einer Bodensperre sprechen, einer Bodensperre, die . .. den Ansiedlungswilligen fernhält“, empörte sich Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller anläßlich der Bundestagsdebatte über das „Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus“ am 8. November 1967. Ohne eine rasche Mobilisierung des bergbaulichen Grund und Bodens, soweit er nicht unmittelbar für den Bergbau genutzt werde, „ist eine schnelle Ansiedlung neuer Industrien unmöglich“, stellte der Sozialdemokrat klar.

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Medienvielfalt 2008: Ruhr Nachrichten entlassen Redakteure

In Bochum haben die Ruhr-Nachrichten zwei Redakteure entlassen. Geht das Sterben der Lokalausgaben im Ruhrgebiet  weiter?

Vor zwei Jahren schlossen die Ruhr Nachrichten ihre Lokalausgaben in Gladbeck, Gelsenkirchen und Bottrop – die meisten Mitarbeiter wurden gefeuert. Schon damals gab es Gerüchte, dass das Aus der Bochumer Lokalausgabe kurz bevor stehen würde – doch die gibt es bis heute. Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist seit Jahren schlecht. Ein Redakteur: "Du lebst jeden Tag mit dem Damoklesschwert der Kündigung über dir. Das macht einen fertig." Der Lensing-Wolff Verlag, der die Ruhr Nachrichten herausgibt, ist bekannt  für seinen rüden Umgang mit Journalisten. Nun  wurden zwei Redakteure in Bochum aus betriebsbedingten Gründen entlassen. Das Zeitungssterben im Ruhrgebiet scheint weiter zu gehen.

Vollpleite für grauen Ruhr-n-Bauern aus Deppendorf

Der Chef des Energieriesen E.on und nebenbei einer der führenden Köpfe im Imageverein Initiativkreis Ruhr, Wulf Bernotat, will den zweifelhaften Spruch Ruhr hoch N – Team Capital – oder wie der auch immer heißt – nachbessern. Und zwar deutlich. Das war heute in Düsseldorf aufzuschnappen.

 

Die WAZ hat es noch genauer. Er halte die Kampagne für "noch nicht ausgereift", sagte Bernotat da. Damit reagiert der Macher auf die deutliche Kritik am Deppert-Spruch aus dem Düsseldorfer Werbefuzzi-Haus Grey. Zuvor hatten Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet heftige Kritik geübt. Und der Initiativkreis hatte schon versprochen, bei der weiteren Ausgestaltung des Dachmarkenkonzeptes mit dem Regionalverband Ruhr und dessen Brauser-Tochter Wirtschaftsförderung Ruhr zusammenzuarbeiten. Vernunft siegt manchmal doch.

PFT – Das Problem des Umweltministers – Fortsetzung 6

Nun ist es soweit. Ich habe das Urteil des Landgerichts Berlin zu der Gegendarstellung, die Uhlenberg haben wollte.

 

Und Gott sei Dank hat das Gericht sich intensiv mit den Beweisen beschäftigt, die ich vorgelegt habe.

Foto: Eckhard Uhlenberg Copyright: nrw

Nach diesem Urteil ist die politische Aussage Uhlenbergs nicht mehr aufrechtzuerhalten, es habe eine Verbesserung der PFT-Emissionen aus den Klärwerken entlang der Ruhr gegeben. Vielmehr lässt sich nachweisen, dass aus den Klärwerken weiter wie bisher, ohne jede Verbesserung, PFT in die Ruhr gekippt wird.

Man kann es auch anders sagen. Uhlenberg hat Unsinn geredet in einem zentralen Punkt der Gesundheitsvorsorge. Wer soll ihm noch glauben, wenn das Gericht urteilt:

Er habe die Öffentlichkeit mit einer Gegendarstellung „offen unrichtige“ auf jeden Fall aber „irreführende“ Behauptungen verbreiten lassen wollen.

Genug der Vorrede: Zunächst also die Gegendarstellung, die Uhlenberg durchsetzen lassen wollte:

In der „Welt am Sonntag", NRW-Ausgabe, vom 20.01.2008 ist auf Seite NRW 6 unter der Überschrift „Gift-Skandal Ist Iängst nicht ausgestanden" ein Bericht veröffentlicht, in dem ich erwähnt werde.

Es heißt, in einem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Bericht des Ministers seien Klarwerke, in denen sich die PFT-Situation verschlechtert habe, auf Null-Emission gesetzt worden. Hierzu stelle ich fest: Kein Klarwerk wurde auf Null-Emission gesetzt.

Weiter wird behauptet, die Tabelle des Ministeriums gebe für das Klärwerk Werdohl eins PFT-Last von 0 Gramm an. Hierzu stelle Ich fest: Die PFT-Last wird in der Tabelle nicht mit 0 Gramm angegeben.

Es heißt, die Daten des Klärwerks in Brilon-Scharfenberg seien in dem Bericht gelöscht worden. Hierzu stelle ich fest: Es wurden keine Daten gelöscht.

Weiter heißt es, aktuelle Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg seien in dem Bericht nicht berücksichtigt worden. Hierzu stelle ich fest: Die aktuellen Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg sind berücksichtigt worden.

Nach Ansicht des Gerichts ist das alles Mumpitz. Eine Verfälschung der Tatsachen, eine Irreführung der Öffentlichkeit. Oder wie die zuständige Richterin sagte. „Geschönt.“

Hier also die Begründung des Landgerichts Berlin, warum Uhlenberg nur gebabbelt, nicht aber geredet hat. Ich zitiere aus dem Urteil:

Der Antragsteller (also Uhlenberg – Erklärung durch den Autor) hat eingeräumt, dass Messdaten der Bezirksregierung Arnsberg in Bezug auf die Kläranlage Witten-Herbede in der Komkas-Liste nicht berücksichtigt worden sind, nämlich die Frachtwerte von März und April 2007. Es kann dahinstehen, ob deren Berücksichtlgung zu einer – so der Antragsteller – ,,Verfälschung des Ausgangsniveaus" geführt hätte; jedenfalls ist seine Entgegnung. die aktuellen Messdaten seien berücksichtigt, insoweit falsch oder zumindest irreführend. Mag der Antragsteller (also Uhlenberg) auch seine Gründe für die Nichtberücksichtigung bestimmter Daten bzw. Frachtwerte gehabt haben, steht außer Streit, dass er solche nicht berücksichtigt bzw seinen Berechnungen in der Komkas-Liste zugrunde gelegt hat. Es hätte dem Antragsteller (also Uhlenberg) freigestanden, die selektive Datenauswahl in der Komkas-Liste, mit der er zum Nachweis der Frachtreduzierung nach Bekanntwerden des PFT-Skandals an die Öffentlichkeit getreten ist, zu erläutern und die Nichtberücksichtigung aktueller Messdaten zu begründen: der Hinweis auf die Berücksichtigung der aktuellen Messdaten ist ihm jedoch verwehrt.

Noch deutlicher zeigt sich am Beispiel der Klaranlage Werdohl die Nichtberücksichtigung bzw. falsche Berücksichtigung von Messdaten in der Liste des Antragstellers (also Uhlenbergs) mit der er die inzwischen erreichte PFT-Frachtreduzierung im Ruhreinzugsgebiet aufzeigen will: Zwar gibt die Tabelle die PFT-Frachtreduzierung zur Kläranlage Werdohl mit Null an, lässt jedoch unberücksichtigt. Dass die Fracht dort aktuell im Verhältnis zu den Ausgangsbedingungen um über 60 Gramm am Tag angestiegen ist. Der Antragsteller (also Uhlenberg) hat es unterlassen, in seine Berechnungen diesen positiven Emissionswert einzustellen, hat vielmehr nur die Frachtreduzierungen addiert und ist so am Ende zu einem falschen Wert bezüglich der hervorgehobenen Frachtreduzierung gekommen. Die aktuellen Werte zum Frachtanstieg wurden offenkundig im Endergebnis nicht berücksichtigt.

Diese Messdaten wurden einfach weggelassen im Ergebnis der die Frachtreduzierung präsentierenden Liste des Antragstellers (also Uhlenbergs), so dass die Gegendarstellung insoweit offensichtlich unrichtig ist.

Im Ergebnis wurde in der Tabelle zum Klärwerk Werdohl mit einer Null-Emission gerechnet; damit sind auch die beiden ersten Absätze der Gegendarstellung offenbar unrichtig, jedenfalls aber irreführend.

Ich denke, mit dieser Wahrheit muss Schönfärber Uhlenberg jetzt klarkommen.

Mich würde noch interessieren, wie viel Geld der Bonner Rechtsanwalt Gernot Lehr für der Sache bekommen hat. Wahrscheinlich hat keine Leistungsprämie verdient.

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Ein Fall für DiCaprio: Das Leben kommt zurück nach Oer-Erkenschwick

Egal von wo man kommt, der Förderturm des Bergwerks ist das erste, was man von Oer-Erkenschwick sieht. „Andere haben eine Kirche in der Mitte, wir haben die Zeche“, sagte einmal der ehemalige Bürgermeister Clemens Peick. Die Zeiten sind vorbei, die Zeche schon Jahre geschlossen – doch jetzt geht es endlich weiter auf dem Zechengelände. Am kommenden Dienstag wird der Rat wohl beschließen, zehn Hektar von „Ewald-Fortsetzung“ zu kaufen.

Die verlassene Zeche in der Stimbergstadt – jetzt gibt es wieder große Pläne für das 64 Hektar große Gelände. Foto: Mengedoht

 

In Oer-Erkenschwick, für viele Bundesbürger ein Synonym für das Ruhrgebiet schlechthin, kann man den Klischees vom „Pott“ nur schwer ausweichen. Statt einer Kirche ein Bergwerk mitten im Stadtzentrum, auch das hat etwas. Der 79 Meter hohe Förderturm aus Stahlbeton beherrscht noch heute das Stadtbild. Nur ein paar Dutzend Meter weiter stehen im Schatten der Zeche das Rathaus, die Post und klobige Kaufhäuser am Berliner Platz, ein Großteil der gut 30.000 Einwohner lebt noch immer in den „Kolonien“, Zechensiedlungen, die vom Bergwerk gebaut wurden.

Das wurde 1899 errichtet, schon 1906 waren auf „Ewald-Fortsetzung“ 1.600 Bergleute beschäftigt. Die Einwohnerzahl erhöht sich in den 20er Jahren von 1.000 auf 13.500 – der große Bedarf an Arbeitskräften wurde mit Menschen vor allem aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs gedeckt, neben Slowenen aus der Steiermark und Krain (Österreich), Masuren und Polen deutscher Staatsangehörigkeit auch Schlesier, Sachsen, Saarländer, Bayern sowie Tschechen und Ungarn.

Nach der Weltwirtschaftskrise wurde die Zeche von 1931 bis 1938 geschlossen und Oer-Erkenschwick war mit 80 Prozent Arbeitslosen ärmste Gemeinde Preußens. Nach dem Krieg brummte es, bis 1957. Erst vier Jahre zuvor hatte  Oer-Erkenschwick die Stadtrechte erhalten, ist eine der jüngsten Städte nicht nur des Ruhrgebiets – obwohl einzelne Stadtteile schon vor bald 900 Jahren Erwähnung fanden.

4.500 Kumpel fuhren zu dieser Blütezeit ein und förderten 5.000 Tonnen Kohle täglich. So wurde 1959 der große Förderturm errichtet, 1960 die Zechenbahn nach Suderwich zum Kanalhafen eröffnet. Gleichzeitig wurde die Werksbahn nach Sinsen nach über einem halben Jahrhundert Betrieb stillgelegt. Durch diese Modernisierungen konnte die alte Schachtanlage bis in die 70er Jahre hinein betrieben werden, bevor die Belegschaft ab 1977 zur neuen Anlage „An der Haard 1“ wechselte.

Doch seit dem Ende der 50er begann der jahrzehntelange Abstieg. 1960 gab es in der Stimbergstadt nur noch 3.600 Bergleute, 1968 noch 2.227 Kumpels. Zu der Zeit gingen die Zechen in der Ruhrkohle AG auf, „Ewald-Fortsetzung“ überlebte als Bergwerk nur auf Kosten der Nachbarzeche „Emscher-Lippe“ in Datteln. 1992 wurde die Zeche mit „General Blumenthal“ in Recklinghausen zusammengelegt und der Schacht geschlossen. Gesprengt oder abgerissen wurden neben dem 70 Meter hohen Schornstein auch die Kokerei, das Kraftwerk, Kühltürme, Gasometer und Stickstoffwerk, 99 das Bergwerk aufgegeben.

2001 wurde das Verbundbergwerk „Blumenthal/Haard“ mit „Auguste Victoria“ in Marl zu „AV/Blumenthal“ zusammengelegt, doch seit auch die Schächte in Haltern verfüllt sind, heißt dieses Bergwerk mit 3.800 Bergmännern seit letztem Jahr wieder „Auguste Victoria“ – keine Erinnerung mehr an Oer-Erkenschwick, außer den leeren Gebäuden auf dem Zechengelände mitten in der Stadt.

Nach 100-jähriger Bergbaugeschichte hat die Stimbergstadt mittlerweile ihre Abhängigkeit von der so dominanten Kohle verloren. Ein völliger wirtschaftlicher und sozialer Niedergang konnte verhindert werden, mit der Ausweisung neuer Gewerbe- und Industrieflächen wurden neue Arbeitsplätze geschaffen, auch wenn die Arbeitslosigkeit noch immer hoch ist. Größter Arbeitgeber der Stadt ist heute die Fleisch- und Wurstwarenfabrik Barfuss. Die meisten Oer-Erkenschwicker arbeiten heute außerhalb und die Stadt versteht sich immer mehr als Wohn- und Freizeitstadt.

Dazu gepasst hätte der Traum eines Erkenschwickers, aus der Bergehalde einen Golfplatz zu machen. Das war vor elf Jahren… Und jetzt?
Die Entwicklung auf dem prägenden Zechengelände kommt auf Trab. Die Stadt wird – vorbehaltlich der Zustimmung des Rates am Dienstag – die etwa zehn Hektar große südliche Fläche der Schachtanlage von der RAG erwerben, wie Bürgermeister Achim Menge und Professor Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Montan-Grundstücksgesellschaft (MGG) Ende Januar bekanntgaben. „Die Beiträge für den Ankauf sind schon jetzt in den Haushalt eingestellt“, erklärt der Bürgermeister.

„Mit der hochwertigen und innenstadtbezogenen Nutzungsplanung können wir endlich eine Lücke im Zentrum der Stadt schließen und sind auf dem besten Wege, die Entwicklung der ehemaligen Zechenbrache zum Abschluss zu bringen.“ Das Schachtgerüst soll als „Denkmal und Leuchtturm“ erhalten bleiben und die lange, gute Zusammenarbeit der Stadt mit dem Bergbau dokumentieren.

Die MGG hat mit der Verwaltung zusammen das Konzept erarbeitet, das auf der Südfläche eine Wohnnutzung mit Einrichtungen für die Gesundheitswirtschaft vorsieht. Schon im letzten Jahr hatte die Stadt die historischen Gebäude Fördermaschinenhaus und Ausbildung samt Lehrstollen erworben, der Geschichts- und Heimatverein bekam das Maschinenhaus, 33.000 Quadramteter mit Verwaltung, Lohnhalle und Kaue sicherte sich die „Ewald-Fortsetzung Immobilien GmbH“ und 16.000 Quadratmeter erwarb das Gerüstbauunternehmen Eickermann.

Geplant ist ein Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit nach dem Konzept des Instituts für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. Zusammen mit der Vestischen Kinderklinik in Datteln und der Uni Witten/Herdecke sollen adipöse, also stark übergewichtige Kinder und Jugendliche wohnortnah betreut werden, finanziert von Versicherungen und Sozialhilfeträgern. In die Kaue sollen unter dem Schwerpunkt-Motto „regenerative Energie Mensch“ Reha-Angebote einziehen, eine Ernährungsberatung mit Lehrküche, ein Tanzstudio und weitere Gesundheitsdienstleister.

Im Bereich der Lichthalle und der angrenzenden Büros sieht Diplom-Ingenieur Ludger Heine, Projektleiter des Investors Ewald-Fortsetzung Immobilien GmbH, Unternehmenansiedlungen im Bereich Energie, Strom und Wärme vor, vom Kleinblockheizkraftwerk über Anbieter von Wärmepumpen, Solartechnik und Biogasanlagen bis zu Holzpellets-Heizungen.

Die Entwicklung der Flächen sei Bestandteil des Fernwärmekonzepts für Oer-Erkenschwick. „Als wir 2006 vom MGG-Wettbewerb ‚Chance Denkmal‘ erfuhren, interessierten wir uns sofort für Verwaltungsgebäude, Lohnhalle und Kaue und durch die guten Kontakte zur Stadt war auch frühzeitig die Nutzungsidee klar, hier ein Zentrum für regenerative Energien einzurichten“, erklärt Heine.

Nicht zuletzt ist auch die Halde unter Dach und Fach. Die hat im Dezember der Regionalverband Ruhr (RVR) übernommen und baut zu einem Naherholungsgebiet aus, das ab 2008 für 350.000 Euro Stück für Stück für die Bevölkerung geöffnet werden soll, mit 14 Kilometern Rad- und Spazierwegen. Damit sind nun 95 Prozent der 64 Hektar großen Schachtanlage einer neuen Nutzung zugeführt, freut sich MGG-Chef Noll.
„Für Oer-Erkenschwick ist das ein Zeichen, auf das seine Bürger lange gewartet haben: Unmittelbar in Nachbarschaft des Zentrums kommt jetzt wieder das Leben zurück und damit Arbeitskräfte und Wirtschaftskraft“, frohlockt auch Bürgermeister Menge.

Somit könnte, wenn alles wie geplant weitergeht, das Kapitel Bergbau in der Stimbergstadt ein filmreifes Ende nehmen. Und das könnte doch auch etwas für Leonardo DiCaprio sein – der Hollywoodstar wohnte in seiner Jugend zeitweilig bei seinen Großeltern in Oer-Erkenschwick und besucht sie auch heute noch ab und zu…

Gelsenwasser Deal geplatzt?

Nach Informationen aus Dortmund und Bochum sperrt sich der Konzern RWE gegen die kommunale Zusammenarbeit der Ostruhrstädte unter dem Dach der Gelsenwasser AG. Eigentlich sollte hier ein neuer Energiekonzern entstehen. Wow.

Foto: Wikipedia

Das ist ein herber Schlag. Bereits zum zweiten Mal droht damit die Fusion/Kooperation der Bochumer und Dortmunder Stadtwerke zu scheitern. Und das, obwohl die beiden Städte mitlerweile erprobt und stabil im Unternehmen Gelsenwasser zusammenarbeiten. Beim ersten Mal war übrigens die Kirchturmspolitik der auslösende Brechpunkt.

Der Hebel, den das RWE jetzt offenbar nutzen kann, ist eine Minderheitsanteil am Dortmunder Energieversorger DEW 21, den der Konzern nutzt. Die Mehrheit von DEW 21 gehört den Stadtwerken Dortmund. Siehe auch den Bericht in der WAZ.

Eigentlich sollte gerade die DEW 21 in Gelsenwasser aufgehen.

Die Gründe warum sich RWE sperrt, sind noch im unklaren.

Auch ist unklar, ob die Weigerug des RWE eine neue Ohrfeige für den Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) ist. Grundsätzlich arbeitet Dortmund in den DEW 21 gut mit RWE zusammen. Andererseits konnte auch Langemeyer als RWE-Aufsichtsrat und einflussreichster Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre nicht verhindern, dass RWE Systems nun zerschlagen wird. Und das Unternehmen hat seinen Sitz in Dortmund.

Hintergrund des Versuches einen neuen Ruhrversorger zu konstruieren ist eine kartellrechtliche Besonderheit. So muss 2014 die 47-Prozent-Beteiligung des RWE an DEW 21 neu vor den Behörden verhandelt werden. Dabei könnte es unter den gegenwärtigen Bedingungen gut sein, dass RWE seinen Anteil abgeben muss, um nicht gegen Wettbewerbsrecht zu verstoßen.

Im Gelsenwasser-Deal sollte nun RWE seinen DEW 21-Anteil gegen eine 20-Prozent-Beteiligung am neuen Ruhrversorger aufgeben.

Eigentlich müste die Nummer beim RWE gut angesehen sein. Denn mit dem neuen Versorger wäre der Verbund aus Kommunen und RWE im Kernmarkt des Konzern festgehämmert. Auch wenn die städtischen Beteiligungen ihre Sperminorität am RWE verloren haben.