2010 in aller Stille

 Foto: Archiv

 

Zum Glück sprach die WAZ heute mal mit Dr. Oliver Scheytt, dem GF der Ruhr 2010 GmbH. Das Gespräch bekam einen abmoderierenden Bild-Teaser auf der Titelseite: "Noch 21 Monate bis 2010. Oliver Scheytt verrät – nichts". Stimmt aber nicht, denn Scheytt verriet doch etwas. Bitteschön:

Scheytt: Wenn das mit der A 40 gelingt, wird es eine Sensation (…) Kegelclubs haben schon Tische bestellt, und alle ehemaligen Bewerberstädte kommen. Köln hat 1000 Tische reserviert. Es heißt nicht umsonst „Stillleben A 40”! Das wird ein Feiertag, ein großes Gemeinschaftserlebnis. Und Fritz Pleitgen will mit einem Zeppelin da lang fahren und alles filmen.

Hm. Revier-Intendant Fritz Pleitgen wird also "mit einem Zeppelin da lang fahren und alles filmen". Wir freuen uns schon: Fritz sitzt in seinem Zeppelin und fährt die A 40 entlang und filmt 1.000 Kölner Kölschtische, ach was, 100.000 Kölner an Kölschtischen und macht daraus einen Dreiteiler für die ARD im Winter 2011. Die Kegelschwestern sind auch da und das ganz nennen sie Stillleben A 40. Köstlich. Raffiniert. Fabelhaft: Still Leben, weil alles still steht! Weil der Lärm weg ist! Und die Autos. Dafür gibt es aber den winzigen Rest von 1.000.000 Kölschtischen und Kegelgeschwistern, was natürlich auch hübsch still ist und auf jeden Fall den zentralen Gedanken vieler Stilleben gekonnt umsetzt: Vanitas, die Vergänglichkeit.

Statt knallbetrunkene Keglerinnen oder filmende Fernsehfritzen in Luftschiffen werden sonst allerdings lieber abbrennende Kerzen, Totenschädel oder faule Trauben genommen. Ich freu mich schon auf das Fernsehprogramm 2010/11. Fritz Pleitgen präsentiert das Fernseh- und Luftbildereignis zwischen den Jahren: "Die A40. Teil 1, Von Moers bis Kaiserberg. Die A 40, Teil 2, Von Styrum bis Kray. Die A 40, Teil 3, Von Frillendorf bis Kley."

Wie Apple alles richtig macht, weil es alles falsch macht

Wired, das amerikanische Magazin für den Kult um den Computer, hat einen schönen Artikel über Apple veröffentlicht – und eigene Analysen aus dem Jahr 1997 korrigiert. 

Foto: Foto: Flickr/Sigalakos

Moderne Unternehmen behandeln ihrer Mitarbeiter zumindest theoretisch als gleichberechtigte Partner. Apple bevorzugt das Modell venezianische Galeere. Moderne Unternehmen sind offen. Apple ist verschlossener als der nordkoreanische Geheimdienst.  Eigentlich, so die Analyse von Wired, macht Apple alles falsch. Das Unternehmen funktioniert nicht, so der Tenor des Artikels, wie ein  hippes, modernens Silicon Valley Unternehmen, sondern wie ein Industriekonzern aus dem 19. Jahrhundert. Aber es funktioniert.

Rommelspacher: Regionalplanung nicht mehr aufzuhalten

Das Ruhrgebiet wird ab dem kommenden Jahr für sich selbst planen. Daran wird wohl auch Dortmunds OB Langemeyer nicht viel ändern können.

"Nach der Verkündung des Kommunalwahlergebnisses im kommenden Jahr wird die Regionalplanung für das Ruhrgebiet nicht mehr in Arnsberg, Düsseldorf oder Münster gemacht sondern im Ruhrgebiet", erklärt RVR-Planungsdezernent Thomas Rommelspacher. "Was wir jetzt in der Öffentlichkeit erleben sind letzte Rückzuggefechte. Dazu gehören auch die Drohungen mit dem Austritt aus dem RVR." Erst gestern hatte Dortmunds OB Langemeyer wieder diese Karte gezogen und sich damit gegen seine Partei gestellt.

Rommelspacher sieht in keiner Stadt und in keinem Kreis im Ruhrgebiet die dafür notwendige 2/3 Mehrheit. Auch die Finanzierung der Regionalplanung durch das Land sei gesichert: "Die notwendigen Kosten wird die Landesregierung in den kommenden Haushalt einstellen." Mit Experten aus den Bezirksregierungen ist Rommelspacher schon Gespräch – nicht wenige wollen künftig für das Ruhrgebiet arbeiten. Mit der Übertragung der Regionalplanung auf den RVR gäbe es für das Ruhrgebiet ein deutliches Mehr an Selbstbestimmung: "Da setzt ja der RVR nicht einfach Landespolitik, um sondern das Ruhrparlament wird entscheiden. Das ist auch ein Zuwachs an Demokratie im Ruhrgebiet.."

Auch einer der Gegner eines Ruhrbezirks, der DGB Regionalvorsitzende für Südwestfalen, Heinz Rittermeier, teilt Rommelspachers Einschätzung – wenn auch mit Bedauern: "Die Regionalplanung für den RVR wird sich nicht mehr aufhalten lassen. Das ist für mich eine Schwächung Südwestfalens und der Einstieg in die Schaffung dreier Regierungsbezirke in NRW, darunter ein Ruhrbezirk." An einen Ausstieg von Städten und Kreisen aus dem RVR glaubt der Gewerkschafter nicht: "Die Mehrheit dafür wird es leider nicht geben." Für Rittmeister als DGB-Chef auch ein soziales Problem: "Damit verliert Arnsberg viele Jobs und aus Südwestfalen wir ohne Bochum und Dortmund zu Restfalen. Das können wir in Südwestfalen nicht einfach so hinnehmen. Wir werden weiter gegen die Dreiteilung des Landes kämpfen."

Da könnte das Ruhrgebiet auf der Gewinnerseite sein und die Politik ist dagegen. Typisch Ruhrdistan.

Werbung

Grüne Contra Langemeyer

Die grüne Fraktion im Regionalverband Ruhr wehrt sich gegen die Versuche des Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer, den Verband in eine Agentur umzuwidmen und einen Städtebund als Alternative zum RVR zu etablieren. Martin Tönnes, Fraktionsvorsitzender der grünen RVR-Fraktion meint: „Der Dortmunder Oberbürgermeister Dr. Langemeyer vertritt inzwischen ohne Rücksicht auf die Interessen der Metropole Ruhr einzig und allein seine eigenen Interessen.“

 

Martin Tönnes, B90/Die Grünen. Foto: Grüne RVR-Fraktion

Pikant wird die Lage durch zwei Punkte. Einmal ist die SPD im RVR in einer Koalition mit den Grünen. Zum anderen arbeitet die SPD auch in Dortmund mit den Grünen zusammen. Auch hier ist Martin Tönnes einer der führenden Köpfe.

„Um als Metropole Ruhr im Wettbewerb mit anderen europäischen Metropolen bestehen zu können, ist jedoch eine regionale Sicht und regionale Kooperation aller 53 Kommunen notwendig. Der von ihm geplante Städtebund geht zu Lasten der kleineren Städte, da ein solches Modell faktisch auf eine Dominanz weniger großer Städte hinauslaufen würde. Damit verabschiedet sich OB Dr. Langemeyer von der regionalen Solidarität in der Metropole Ruhr.“

Auch für Langemeyers Absage an eine einheitliche Regionalplanung und einen eigenen Regierungsbezirk für das Ruhrgebiet haben die Grünen kein Verständnis. „Das Gezerre um die Umweltzone hat erst kürzlich bewiesen, dass die bürokratische Dreiteilung der Region schadet und durch Doppel- oder Dreifachzuständigkeiten immer wieder städteübergreifende Initiativen gehemmt werden“, fährt Tönnes fort. „Und wo steht eigentlich die Ruhr SPD in dieser Diskussion? Erst vor drei Wochen hat sich die SPD-Fraktion einschließlich elf SPD-OberbürgermeisterInnen und SPD-Landräte im RVR gemeinsam mit allen anderen Fraktionen zum Regionalverband als starke regionale Klammer bekannt. Falls dies nicht nur ein Lippenbekenntnis war, ist es nun höchste Zeit zu einer klaren Aussage der Ruhr SPD. Die Störfeuer aus Dortmund müssen endlich ein Ende finden, weil dies dem Verband wie auch der Region massiv schadet.“

Dortmunds OB Langemeyer will den aktiven Städtebund

 

Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer. Foto: dortmund.de

Man muss dem Dortmunder OB Gerhard Langemeyer einiges lassen. Unter anderem, dass er sich kreativ für neue Lösungen im Ruhrgebiet einsetzt, auch wenn sie Kontroversen auslösen.

Vor diesem Hintergrund verteidigt Langemeyer im Gespräch mit mir auch die Idee eines Städtebundes Ruhr mit den Oberbürgermeistern als einzige legitime Spitze, die sich in geheimen Runden treffen, um gemeinsame Strategien abzusprechen.

„Wir sind als Oberbürgermeister direkt gewählt und für unsere Kommunen verantwortlich. Wenn wir uns treffen, dann sind wir von unseren Bürgern dafür demokratisch legitimiert“, sagte Langemyer. Mehr öffentliche Kontrolle sei also nicht nötig. Und wenn es was mitzuteilen gebe, werde das von den lokalen Pressestellen weitergereicht. Nachfragen – leider noch nicht vorgesehen.

Aber natürlich geht es um die Inhalte des Städtebundes, und hier zieht Langemeyer eine scharfe Trennlinie zum Regionalverband Ruhr. „Der RVR ist eine kommunale Veranstaltung. Wenn dorthin jetzt staatliche Aufgaben wie die Planungshoheit verlagert werden, dann ist das nicht hinnehmbar. Welcher Oberbürgermeister soll das gut finden?“ Und weiter: „Eine Quasi-Staatliche Form der regionalen Verwaltung ist nicht tragbar. Das ist Fremdbestimmung. Das brauchen wir nicht.“

Für den Fall, dass der RVR wie von der Landesregierung vorgesehen die Planungshoheit über das Revier im Jahr 2009 erhalten sollte, kündigte Langemeyer bereits jetzt weitreichende Schritte an. „Wenn wir aus dem RVR austreten, bleiben wir automatisch im Regierungsbezirk Arnsberg, dann ändert sich für uns nichts. Die Frage ist doch, was wir brauchen, eine staatliche Regionalplanung im RVR oder eine Regionalplanung in Arnsberg.“

Druck von außen will sich Langemeywer auf jeden Fall nicht beugen: „Die Landesregierung muss zur Kenntnis nehmen, dass es im Ruhrgebiet kommunale Interessen gibt. Und diese Interessen müssen vertreten werden. Es gibt keine Lösung an den Städten vorbei. Das kann kein Lammert durchsetzen.“

Auch an die Lösung der Kleinstädterei durch gemeinsame Finanzinstrumente glaubt der Dortmunder Oberbürgermeister nicht. Einen kommunalen Finanzausgleich bei den Gewerbesteuereinnahmen könne es nicht geben, so wie er von einigen Städten angestrebt wird. „Der Ausgleich funktioniert über das Land durch die Kommunalzuweisungen. Mehr ist nicht nötig.“ Eine Ausnahme macht Langemyer nur bei gemeinsam entwickelten Gewerbegebieten in städtischen Randlagen. „Hier kann es Insellösungen geben.“

Auch ein gemeinsamer Flächennutzungsplan mit anderen Städten, wie ihn das Landesplanungsrecht für das Ruhrgebiet vorsieht, ist für Dortmund kein Thema:. „Wir haben erst 2004 einen neuen Plan aufgestellt und ihn in die Planungen der Bezirksregierung Arnsberg eingepasst. Wir haben keinen Bedarf an neuen Planungen. Unser Plan ist sicher 20 Jahre gültig.“

Langemeyer will endich die Strukturdebatten im Ruhrgebiet beenden: "Wir brauchen Lösungen für konkrete Projekte. Darauf sollten wir unsere Kraft konzentrieren.“ In diesem Sinne könnte der RVR die Rolle einer Agentur übernehmen, die gezielt Projekte für die Kommunen umsetzt. Sei es in der Grünpflege oder im Tourismus. „Ich sehe die Rolle des RVR ähnlich wie die des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr. Er muss sich um konkrete Aufgaben kümmern und nicht um die Belange der Kommunen."

Von dem gemeinsamen Ruhrbezirk, wie ihn SPD und Grüne noch in den letzten Wochen der rot-grünen NRW-Koalition vereinbart hatten, will der Dortmunder OB nichts mehr wissen. Das "Düsseldorfer Signal", so hieß die Vereinbarung damals, spielt für Langemeyer „keine Rolle“ mehr. „Die SPD steht für diese Überlegungen nicht mehr zur Verfügung.“

Klare Worte des Oberbürgermeister.

 

 

 

Thoben: Es kommt auf den RVR an!

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben. Foto: nrw.de

In einem Interview wollte Landeswirtschaftsministerin Thoben wie zuvor schon andere Mitglieder des Landesregierung und der Koalition, keinen Termin zur Schaffung eines Ruhrbezirkes nennen. Thoben auf die Frage, wann mit der Schaffung eines Ruhrbezirks zu rechnen sei:

"Mich irritieren Menschen, die über den zweiten, dritten und vierten Schritt diskutieren, bevor der erste vollzogen ist. Die Landesregierung wird die Planungskompetenz für das Ruhrgebiet nach der Kommunalwahl im Jahr 2009 auf den RVR übertragen. Das ist ein historischer Schritt, der seit mehren Jahrzehnten gefordert und nun endlich umgesetzt wird. Ich denke, dass die Art und Weise, wie die Verantwortlichen im Revier mit der neu gewonnenen Planungshoheit umgehen, großen Einfluss auf den Fortgang der Verwaltungsmodernisierung in Nordrhein-Westfalen haben wird. Wir reden über Verwaltungsstrukturen, die zum Teil über 200 Jahre alt sind. Angesichts solcher Zeiträume ist man gut beraten, wenn man Modernisierungsschritte sorgfältig und in stetigem Dialog mit den Betroffenen vorbereitet und dann auch umsetzt."

Die Zukunft des Ruhrgebiets in den Händen des RVRs – wer sich dass Führungspersonal des Verbandes anschaut, das die dort regierende Rot-Grüne-Koalition zusammen gewählt hat, dem kann Angst und Bange werden. Das gewählte schwache Personal zeigt nun, was es alles nicht kann. Regionaldirektor Klink hat es geschafft, in seinem eigenen Verband mehr für Erheiterung als für Ideen zu sorgen und der für den Bereich Planung zuständige Bereichsleiter, Thomas Rommelspacher, gilt zwar als Experte, hat aber in den Auseinandersetzungen mit den Planungsdezernenten der Städte beim Aufbau einer starken Regionalplanung kaum politische Rückendeckung – schin gar nicht von seinem Chef, der einfach nur in Ruhe seiner Pensionierung entgegendämmern möchte. Die Städte wollen keine Regionalplanung, sondern, ganz Kirchturmspolitiker, lieber laue Absprachen ohne große Verbindlichkeiten, ganz so, als ob die Entwicklung des Ruhrgebiets in den vergangenen Jahrzehnten so strahlend und erfolgreich war, dass es eigentlich keinen Änderungsbedarf gibt. Zudem gibt es wohl Personalprobleme: Der RVR braucht Experten aus den Regierungsbezirken, die ihre Arbeit für das Revier künftig in Essen erledigen und weiterhin vom Land bezahlt werden –  gerade über den letzten Punkt gibt es wohl noch Diskussionsbedarf. Wenn es das Land mit dem Ruhrgebiet ernst meint, muß es dem RVR die Fachleute zur Verfügung stellen, die das Ruhrgebiet für eine eigene Planung braucht.

 

Volksherrschaft in Bottrop – ach Sch… drauf

Flugplatz Schwarze-Heide. Foto: Flickr/der dennis

In Bottrop wird in diesen Tagen über die Erweiterung des Flugplatzes "Schwarze Heide" diskutiert.

Das ist eine alte Feldpiste aus dem zweiten Weltkrieg, auf der bis Mitte der neunziger Jahre nur Segelflieger und ein paar Motorflieger ihrem Hobby nachgingen. Nun hat sich die Lage geändert. Auf Beschluss der SPD-Mehrheit wurde die Graspiste vor ein paar Jahren asphaltiert. Die Schwarze Heide soll ein richtiger Flugplatz werden. Den Bedarf dafür gebe es auch, sagt die Stadt, schließlich würde ein Flugzeugbauer eine Werft am Platz unterhalten und Geschäftpiloten immer mal wieder Station zwischen Dorsten und Kirchhellen machen.

Schon jetzt gibt es ein Gewerbegebiet mitten in der Pampa neben einem aufgegebenem Munitionsdepot der NATO. Leider stehen die Hallen größtenteils leer. Und auch die örtliche Flugschule am Waldessaum ist weniger als gut besucht.

Doch das soll bald alles anders werden, denn die SPD will ja die Landebahn verlängern. Dazu muss der Rat der Stadt am Nordrand des Ruhrgebietes dem Projekt zustimmen, denn er herrscht ja im Namen des Volkes über die Knete der Kommune, die im Sand der Heide verbuddelt werden soll.

Und genau hier, im Rat von Bottrop, trug sich vor wenigen Tagen folgendes zu:

Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte auf 220-Seiten in einer Stellungnahme zum Planfeststellungsbeschluss festgestellt, dass der "auf eine Prognose gestützte Bedarf" für den Flugplatz Schwarze Heide "nicht nachgewiesen werden konnte." Sprich: Nach Ansicht der Bezirksregierung wird der Flugplatz nicht wirtschaftlich zu führen sein und stattdessen zu einem Millionengrab. Das Ding ist überflüssig wie ein Kropf. Insgesamt listete die Bezirksregierung knapp 70 Problemfelder contra "Schwarze Heide" auf.

Beeindruckt das die Bottroper Stadtverwaltung oder die SPD? Ach wo!

Stattdessen heißt es: In der Feststellung der Bezirksregierung wimmele es vor "sachlichen Fehlern". Und deswegen habe man die Stellungnahme auch erst gar nicht an den Rat weitergeleitet, sagt Rechtsdezernent Paul Ketzer. Schon gar nicht, bevor der Beschluss zur Finanzierung gefallen ist. Wo käme man denn da hin, schließlich werde das Papier der Bezirksregierung ja soweiso in ein paar Wochen "Makulatur" sein, hofft Ketzer, wenn man erst eine eigene Stellungnahme abgegeben habe.

Und deswegen wurde im Bottroper Rat auch zuerst der Haushalt verabschiedet und dann ließ sich die Herrschaft herab, ein paar Worte zum Flugplatz zu sagen.

Ablauf klar?

1. Stadt will Landebahn für Flugplatz Schwarze Heide ausbauen.

2. Bezirksregierung sagt, das ist Unsinn.

3. Stadtverwaltung gibt Stellungnahme der Bezirksregierung nicht weiter.

4. Rat bleibt dumm.

5. Rat beschliesst Enwurf der Stadtverwaltung zum Haushalt – und damit Förderung der Landebahn.

6. Stadtverwaltung gibt Einwände der Bezirksregierung teilweise bekannt und sagt, das ist alles Mumpitz.

7. Stadtverwaltung beantwortet einige Fragen des Rates zur Stellungnahme der Bezirksregierung.

8. Aber das ist auch egal, weil der Haushaltsbeschluss ja schon gefällt ist.

Mir fällt zu einem solchen Gehabe nichts mehr ein.

 

 

Werbung

Die gelbe Gefahl und Mall

Chinesische Investoren mit Marls Bürgermeisterin Uta Heinrich. Foto: Ruhrbarone

Die Chinesen kommen nach Marl – vielleicht, aber das reicht schon. Nein, nicht die Volksbefreiungsarmee plant die Besetzung Marls, sondern chinesische Geschäftsleute. Die wollen eventuell – die Chancen stehen wohl ganz gut, wie bei solchen Deals üblich, kann man das erst ganz am Ende sagen – dass chinesische Unternehmen aus den Städten Wenzhou und Hangzhou in Marl ein Groß- und Einzelhandelszentrum bauen. Es ist so etwas wie eine permanente Messe. Chinesische Unternehmen stellen ihre Waren aus und versuchen, neue Geschäftskontakte zu knüpfen. Wohnen wollen die chinesischen Geschäftsleute in 200 Häusern, die eigens für sie gebaut werden sollen.

So ein ähnliches Projekt gab es auch einmal in Duisburg. Es hieß Gate to Asia und scheiterte am überraschenden Tod eines Investors. Duisburg wäre aus gutem Grund froh gewesen, wenn es Wirklichkeit geworden wäre. Nun also Marl. Auch hier ist die Politik für den Bau, aber wir wären nicht in Deutschland, wenn sich nicht schon eine Bürgerinitiative gegen das Projekt gegründet hätte. Sie fürchten den Untergang des Marler Teils des Abendlandes und sind unter der Internetadresse www.buerger-gegen-chinatown.de zu besichtigen. Die Chinesen, so argumentieren sie, würden hier keine Steuern zahlen, denn sie würden ja nichts produzieren (Ich verstehe das auch nicht, ich gebe es nur wieder!!!), den Bauauftrag bekämen chinesische Unternehmen, deutsche Firmen wären nur Zulieferer und Jobs gäbe es auch nur für Chinesen.

Das eigentliche Problem aber scheint zu sein, dass Chinesen Chinesen sind. Anders. Und das ganze Herumgelaber ist nichts anderes, als schlecht kaschierte Fremdenfeindlichkeit. Die richtet sich ausnahmsweise nicht gegen arbeitslose Türken, sondern gegen reiche Investoren aus China. Das macht sie nicht weniger widerwärtig. Nur die Konsequenzen eines solchen Verhaltens sind in Zeiten der Globalisierung andere: Statt einem Schulterklopfen von den anderen – sagen wir, Menschen mit einer nicht nobelpreisträchtigen Auffassungsgabe – kann man sich ja schon einmal in Google-Maps den Weg zur Bundesagentur für Arbeit raussuchen. Irgendwas Nettes für einen Euro in der Stunde gibt es sicherlich auch für die Chinatowngegner.