Trailer ist richtig gut geworden

Nein, dass ich jetzt das Hohe Lied auf Trailer singe, hat nix damit zu tun, dass in der aktuellen Ausgabe David Schraven einen kleinen Text veröffentlicht hat und Christoph Schurian interviewt wird. Beides hat mit dem Ende der taz-nrw vor einem Jahr zu tun und ist lesenswert – aber das Besondere ist, dass Trailer in den letzten Monaten eigentlich immer lesenswert war.

 

Jahrelang habe ich mich geärgert, wenn in der Döneria meines Vertrauens weder Heinz noch Coolibri (die basteln gerade an einer neuen Homepage!) zu finden oder gleichmäßig mit scharfer Soße und Zaziki bestrichen waren: Bei einem Kalb vom Rundspieß ließ ich mir den Gedanken an Gammelfleisch gerne mit der Lektüre der beiden kostenlosen Stadtmagazine vertreiben. Lag stattdessen Trailer da, wußte ich genau: Das Ding ist so dünn, da steht so wenig drin, das habe ich durchgelesen, bevor der erste Zwiebelring meinen Magen erreicht hat.

Das hat sich geändert. Ich weiß nicht genau warum, aber vor nicht allzu langer Zeit wurde am dem Konzept des Blattes geschraubt – und zwar in Richtung Qualität. Vor allem die Texte von Lutz Debus sind grandios – auf sein Interview mit Jochen Malmsheimer habe ich ja schon vor ein paar Monaten hingewiesen. Aber diese Ausgabe war nicht die Ausnahme. Gute Hefte sind bei Trailer zur Regel geworden. Viel Kultur und Kulturpolitik, gut geschrieben, schöne lange Texte – was will man mehr. Die Lücke, die MARABO hinterlassen hat – so es sie denn überhaupt gibt – wird von Trailer jedenfalls teilweise gefüllt. Also: Trailer bitte nicht mehr ungelesen in der Ecke liegen lassen sondern einstecken und lesen… es lohnt sich.

 

Bochum Total: Heute geht es los

Heute um 17.00 Uhr startet Bochum Total.

Das größte Festival Europas startet heute um 17.00 Uhr im Bermudadreieck. Je nach Wetterlage – heute eher mau, ab Morgen wohl gut, rechnen die Veranstalter mit bis zu 900.000 Besuchern. Fast 80 Bands werden bis Sonntag auf den Bühnen zu sehen sein. Zu den Highlights gehören in diesem Jahr Alpha Boyschool, Paula und Alec Empire.

Evolution: Krokodile holen auf!

Seit ein paar Milliarden Jahren läuft die Evolution – im Prinzip nichts anderes als die Europameisterschaft, nur dass die Verlierer nicht ausscheiden sondern aussterben.

Und lange Zeit haben wir uns ganz gut gehalten – zumindest für langsame Primaten mit etwas weinger Gehirn als ein Delphin. Doch nun haben die Krokodile die Nase vorn: Sie haben es geschafft, Menschen als Nutztieren zu halten. Das Futtertier mit der Mütze ist offensichtlich sogar darauf trainiert, den Kroko zum Essen zu tragen. Da müssen wir uns was einfallen lassen… 

„Monika ist frauenpolitisch aktiv…“

Viele hatten ja die Befürchtung, das die WAZ unter ihrem neuen Chefredakteur nach rechts kippt – immerhin gilt  Ulrich Reitz ja als Liberalkonservativer. Alles Unsinn. Die WAZ ist so offen wie nie.

Monika im Wahlkampf. Ausriss: Ruhrbarone

Deutlichstes Zeichen dieser neuen Offenheit ist ein Interview auf DerWesten.de, in dem Monika Gärtner-Engel, im Text als Sozialpädagogin, die sich seit den 80er frauenpolitisch engagiert, beschrieben, sich mit Silvie Freisel, der Pressesprecherin des Centro, unterhält. Der geneigte WAZ-Leser erfährt leider nicht, dass sich Frau Gärtner-Engel auch im ZK der MLPD engagiert. Die will natürlich den wahren Sozialismus, verehrt Stalin und Mao und äußert sich zur Perspektive der Bundesrepublik in ihrem Programm wie folgt: "Auch im Kommunismus, nach dem Sieg der Weltrevolution, bleibt die Diktatur des Proletariats vorerst bestehen. Ihre Hauptaufgabe besteht in der allmählichen Aufhebung der Klassen überhaupt. Noch lange wirkt die Tradition der bürgerlichen Ideologie nach. Erst wenn die bürgerliche Ideologie endgültig besiegt ist, sterben Klassen und Staat ab und die klassenlose Gesellschaft beginnt." Auch frauenpolitisch bietet die MLPD den darbenden Massen eine klare Perspektive: "Die kämpferische Frauenbewegung gegen die besondere Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen muss zum Bindeglied zwischen der Arbeiterbewegung, dem aktiven Volkswiderstand und der Rebellion der Jugend werden. Dazu muss sie einerseits die gesamte Bandbreite der Frauen unterschiedlicher Klassen und Schichten in sich aufnehmen, andererseits jedoch mit der zersetzenden und spalterischen Wirkung des kleinbürgerlichen Feminismus fertig werden"  Ihre eigene Rolle scheint die MLPD zum Glück gefunden zu haben: "Ohne die Führung durch ihre revolutionäre Partei wird die Arbeiterklasse nicht erfolgreich zum Sturm gegen den staatsmonopolistischen Kapitalismus übergehen können. Die revolutionäre Partei muss sich auf Grundlage der proletarischen Denkweise zu einer wirklichen Partei der Massen entwickeln, die allseitige Wechselbeziehungen mit den verschiedenen Selbstorganisationen der Massen auf den unterschiedlichsten Gebieten hat."
Wer mehr über die Partei erfahren will, die bald all unsere Probleme lösen wird, dem sei ein schönes Portrait von Monika Gärtner-Engels Mann, Stefan Engel, ans Herz gelegt, das im vergangenem Jahr in der taz erschienen ist: Klick

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Von einer Frau besiegt?

Schlimm genug, dass D gegen E verloren hat. Ganz schön merkwürdig, dass die inoffizielle Turnier-Lala – White Stripes Seven Nation Army – verblüffend an Eviva Espana erinnert. Ruhig mal ausprobieren: PoopopopopopooopoooEVIVA Espana!

Aber am allerbösesten ist diese Bezopfte auf Spaniens Bank. Haben wir tatsächlich gegen eine Assistenztrainerin verloren? Gegen eine Frau? Das ist so grausam, so gemein. Kennt die wer? Oder ist das die Pflegerin von Spaniens Coach Luis Aragones, auch nicht mehr der jüngste… Andere Vorschläge, Hintergründe, Beruhigendes bitte hier posten. Sofort.

Warum wir Faruk Sen vermissen werden

Obwohl der Zentralrat der Juden bestürzt über den Rauswurf von Faruk Sen als Direktor des Zentrums für Türkeistudien ist, wird Sen sich kaum halten können. Er hat sich zu viele Feinde in der Politik gemacht – aber es wird nicht lange dauern, bis alle Faruk Sen vermissen werden. 

Über Sens blöden Vergleich der Situation der Juden und der Türken wurde in den vergangenen Tagen viel geschrieben – auch hier in diesem Blog (Klick oder Klick). Ich würde mich freuen, wenn er es noch einmal schaffen würde, zurück zu kehren, glaube aber, dass es das nun war. Faruk Sen hat sich in den vergangenen Jahren in der Politik zu viele Feinde gemacht: Die SPD wollte ihn rauswerfen, weil er sich bei der letzten Kommunalwahl für Oliver Wittke stark gemacht hat, und mit der CDU liegt er über Kreuz, weil er dagegen war, dass sein Institut zugunsten der Industrie- und Handelskammern aus der Beratung von Existenzgründern mit Migrationshintergrund geflogen ist, in der es jahrelange Erfahrung sammeln konnte. Die Aufregung über seine Äusserungen in dem türkischen Magazin Referans waren da ein günstiger Anlass, und nun ist Zahltag. Faruk Sen ist ein Citoyen, ein unabhängiger Geist – und davon gibt es im Ruhrgebiet wenige. Beliebt sind sie schon einmal gar nicht.

Sens Gegner werden sich die Hände reiben, wenn er seinen Posten endgültig verloren hat. Seine Mitarbeiter werden weniger fröhlich sein: Ohne Sen sind die Überlebenschancen des Institutes gering. Es ist sein Institut, er hat es verkörpert, hat immer wieder die Projekte aufgetan, mit denen es seine Arbeit finanzierte – ohne ihn wird das alles bald vorbei sei oder so stark zurückgehen, dass das Zentrum für Türkeistudien in Vergessenheit (ZfT) geraten wird.

Und das wird ein Verlust sein, denn das ZfT hat die türkischstämmigen Migranten in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen: Hier waren sie Männer und Frauen, Unternehmer und Arbeitslose, vergnügungssüchtige Party-People oder konservative Familienmenschen – und manchmal mehreres zugleich. Kurzum: Ganz normale Leute wie Du und ich. Wenn Faruk Sens Stimme bald fehlen wird, werden sich andere für die türkischstämmigen Migranten einsetzen. Sie werden aus dem Kreis der Gläubigen kommen und die Türken vor allem als Muslime sehen – ob diese mit dieser eindimensionalen Sicht einverstanden sind, fragt sie natürlich niemand. Sen war eine Stimme der säkularen Türken – und ausser Vural Öger fällt mir keine weitere mit Bedeutung in Deutschland ein. Sen war ein Anhänger des liberalen Euro-Islams, wie ihn sein Freund Bassam Tibi vertritt – und  Kemalist durch und durch.

Die Arbeit des ZfT und Faruk Sens hatte zwei Ziele: Es machte auf die Probleme der türkischen Migranten aufmerksam – und wollte zeigen, dass die Unterschiede zwischen ihnen und den Deutschen gar nicht so groß sind, wenn man sie in aller Ruhe betrachtet. Sen wollte Normalität und Entspannung, wollte Verständnis erzeugen und Vorurteile abbauen.

Bei den letzten Treffen mit ihm machte er auf mich einen entäuschten Eindruck. Die Dinge liefen nicht so, wie er es sich wünschte: Der EU-Beitritt der Türkei war in weite Ferne gerückt, das Verhältnis zwischen Türken und Deutschen war nach wie vor eher reserviert oder von Desinteresse geprägt als von dem Willen, zusammen zu leben und sich kennen zu lernen. Sen ärgerte sich über Türken, die ihre Ehepartner aus Anatolien holen und über die mangelnde Kreativität vieler türkischer Unternehmer. Er ärgerte sich über die mangelnden Fortschritte bei der Verständigung und über die Rücksicht der Politik auf religiöse Gruppen. Nein, er wirkte nicht zufrieden. Und er spürte, dass sich seine "Freunde" in der Politik und in den Medien von ihm abwenden. Wenn Faruk Sen bald wohl nicht mehr der Direktor des ZfT ist, ist das für ihn persönlich schlimm. Doch dass seine Stimme bald fehlen wird, ist für uns alle, ob Deutsche oder Türken, wesentlich schlimmer.

Die Akte F. – Wie das Umweltministerium einen Ex-Mitarbeiter verfolgt

 

Die Geschichte, die ich hier erzähle ist fast unglaublich. Sie handelt davon, wie in NRW das Umweltministerium das Landeskriminalamt (LKA) auf die Fährte eines unbequemen Kritikers hetzte. Wie sich das Ministerium dabei der Dienste zweier Frauen bediente, und diese dafür später beförderte. Diese Geschichte konnte nur deswegen bekannt werden, weil wir Gott sei Dank in einer freien Gesellschaft leben, in der diese Menschen keine Chance haben ihre Intrigen im Verborgenen durchzuziehen.

Als am Morgen des 29. Mai 2008 im Sauerland die Polizei im Örtchen Meschede an der Tür des ehemaligen Abteilungsleiters des NRW-Umweltministeriums, Harald F., klingelte, begann eine der größten Polizeiaktionen der letzten Zeit in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt durchsuchten 270 Polizeibeamte bundesweit 45 Wohnungen und Büros. Die Vorwürfe waren extrem. Es ging um Korruption im NRW-Umweltministerium. Ein Haftbefehl gegen den Harald F. wurde vollstreckt. Den Einsatz hatte das Korruptionsdezernat des Landeskriminalamtes organisiert. Das LKA stellte bei den Razzien umfangreich Papiere und elektronische Speichermedien sicher. Die Vorwürfe gegen den 55-Jährigen F. und seine zwölf Mitbeschuldigten lesen sich wie die Anklage aus einem Mafia-Film: banden- und gewerbsmäßiger schwerer Betrug, damit einhergehend Untreue- und Korruptionsdelikte. Der Schaden liege bei rund 4,3 Mio. Euro, teilte die Staatsanwaltschaft Wuppertal mit. Erst vor wenigen Tagen wurde Harald F. aus der Untersuchungshaft entlassen.

Doch die Suche nach der Wahrheit ist schwierig. Das LKA mauert genauso, wie die 13 Beschuldigten und deren Anwälte. Auch die Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt. Offiziell teilte die Ermittler lediglich mit, dass Harald F. zwischen Oktober 2003 und Mai 2006 aus Abwassergebühren Ingenieurleistungen und Programmierarbeiten an der Uni Bochum und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) finanziert hat, obwohl das Geld für Forschungsarbeiten zweckgebunden gewesen sei. Zudem seien Leistungen überhöht abgerechnet worden, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde.

Der Ruf von Harald F. wurde durch die anschließende Berichterstattung ruiniert. Während er in Haft saß, erschienen duzende Zeitungsartikel unter Überschriften wie: „Wasserexperte leitete Millionen um“, „Unter Korruptionsverdacht“ oder „Ende eines Kettenhundes“.

Erst jetzt habe ich umfangreich Einblick in die Ermittlungsunterlagen nehmen können. Mehrere tausend Seiten Vernehmungsprotokolle, LKA-Vermerke und Emails konnten dabei gesichtet werden. Aus juristischen Gründen darf nicht wörtlich aus den Akten zitiert werden. Die Auszüge aus den Unterlagen werden deswegen sinngemäß wiedergegeben.

Beim Lesen der Papiere zeichnet sich das Bild einer Hetzjagd auf einen unliebsamen Angestellten. Angefacht und befeuert von führenden Mitarbeitern des Umweltministeriums. Das Vorgehen war dabei laut Unterlagen bis in Ministeriumsspitze hinein mit dem LKA abgestimmt.

Begonnen hat alles im Sommer 2006. Harald F. wurde während eines Urlaubs fristlos gefeuert. Das Ministerium warf dem Angestellten Ausschreibungsverstöße und Geheimnisverrat vor. Das anschließende Arbeitsgerichtsverfahren zog sich über Monate. Schließlich mussten die Vorwürfe im Oktober 2006 zurückgenommen werden. Das Ministerium unterschrieb eine Ehrenerklärung für Harald F. und zahlte eine hohe Abfindung.

Im Zuge des Arbeitsgerichtsverfahrens wandte sich das LKA laut Vermerk an das Ministerium und erkundigte sich, ob der Kündigung auch Anhaltspunkte für Korruption zugrunde liegen würden. Die Behörde von Minister Eckhard Uhlenberg (CDU) reagierte schnell. Bereits am 14. Juli 2006, kurz nach Beginn des Arbeitsgerichtsverfahrens, registrierte das LKA eine Anzeige gegen Harald F durch das Umweltministeriums. Ein Uhlenberg-Justiziar warf dem Ex-Abteilungsleiter in der Anzeige die „freihändige Vergabe von Forschungsaufträgen“ und die „Verletzung von Dienstgeheimnissen“ vor. Dabei habe sich Harald F „geldwerte Vorteile in derzeit nicht bekanntem Umfang“ verschafft. Der Anzeige waren „Aussagen“ und „schriftliche Unterlagen“ aus dem Ministerium als Beweismittel beigefügt. Die Vorwürfe bezogen sich unter anderem auf die Korruptionsparagraphen des Strafgesetzbuches.

Heute will das Umweltministerium nichts mehr von dieser Anzeige wissen. Stattdessen versucht der amtierende Staatssekretär, Alexander Schink, die Rolle seines Hauses in der Causa Harald F. herunterzuspielen. So sagte Schink im Landtag, es habe keine Strafanzeige gegeben, die sich auf „Vergabeverfahren“ bezog. Für einen „Korruptionsverdacht“ habe es damals „keine Anhaltspunkte“ gegeben, „die eine Strafanzeige gerechtfertigt hätten.“ Stattdessen verweist Schink auf zwei weitere Anzeigen, in denen es allenfalls um Nebensächlichkeiten gegangen ist. Schink sagte weiter: „Um welche Verfahren es im Einzelnen bei dem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft geht, ist mir nicht bekannt.“

Dabei sollte es Schink eigentlich genau wissen. Seit das Uhlenberg-Ministerium die Korruptionsanzeige stellte, konzentrieren sich die Ermittlungen des LKA vor allem auf Material aus seinem Haus. In einer Email der Ermittler an den Justiziar des Ministeriums vom 21. November 2007 heißt es beispielsweise, sobald im Ministerium das weitere Vorgehen mit Schink abgestimmt worden sei, könnten LKA und Ministerium gemeinsam besprechen, welche Schritte als nächstes unternommen werden sollen.

Vor allem die Kronzeugin des Umweltministeriums, Dorothea D., brachte in ihren Aussagen und Vernehmungen immer neue Vorwürfe gegen Harald F. vor. Sie beschuldigte den früheren Abteilungsleiter, geldwerte Vorteile angenommen zu haben. Und dafür Millionenausschreibungen manipuliert zu haben. Konkret sagte sie zum Beispiel aus, Harald F. habe einen Lap-Top der Firma Dell im Gegenzug für eine Auftragsvergabe erhalten. Dann beschuldigte sie Harald F., er habe auf fremde Kosten Urlaub in Südfrankreich gemacht oder sich einen Smart von Auftragnehmern zuschustern lassen. Dorothea D sagte, der Abteilungsleiter habe nach der Philosophie gelebt, keine Leistung ohne Gegenleistung.

Ein mögliches Motiv, warum sie immer weiter beschuldigte, lieferte Dorothea D. gleich zu Beginn der Aussagen im August 2006. Sie wolle verhindern, dass Harald F. wieder zurück ins Amt kommt. Sie mochte seinen Führungsstil nicht.

Wenn man den Vorwürfen nachgeht, bleibt in den Akten nicht viel mehr als Kantinentratsch, der mit Hilfe der Ministeriumsspitze aufgebauscht wurde.

Der angesprochene Lap-Top beispielsweise trägt eine Inventurnummer der RWTH Aachen. Nach Aussagen mehrerer Zeugen wurde auf den Lap-Top die Testversion einer Umweltsoftware aufgespielt, die Harald F. im Rahmen seines Jobs überprüfen musste. Er selbst hatte in dieser Zeit keinen Dienstcomputer. Nachdem der Abteilungsleiter seine Stelle im Ministerium verloren hatte, gab er den Rechner im Sommer 2006 zurück. Das LKA bestätigt diese Version in den Akten. Ein normaler Vorgang also, könnte man denken.

Allerdings sehen die Ermittler trotzdem einen geldwerten Vorteil: In einem Vermerk heißt es, Harald F. habe nach seiner Kündigung im Juni 2006 den Rechner für einige Wochen nur privat nutzen können, da er ja nicht mehr für das Ministerium arbeiten durfte. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass er seinen Job erst offiziell zum 1. Oktober 2006 verloren hatte. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal bestätigte, dass in der Sache Lap-Top weiter wegen Vorteilsannahme ermittelt werde.

Der Vorwurf des überlassenen Mercedes Smart ist ähnlich. Tatsächlich nutzte der ehemalige Abteilungsleiter einen entsprechenden Miniwagen rund drei Wochen privat, als ein befreundeter Wissenschaftler in den Urlaub fuhr. Die beiden Männer kennen sich seit Jahren und Harald F. hatte sich zuvor über das Kleinstauto lustig gemacht. Nach der Rückkehr des Freundes war Harald F. zwar von dem Auto begeistert, kaufte sich aber trotzdem später einen Volvo. Der geldwerte Vorteil ist hier die Nutzung des Autos.

Um den Vorwurf einer fremdfinanzierten Reise nach Südfrankreich zu erhärten, filzte das LKA großangelegt Konten von Firmen und Privatpersonen. Die Ermittler konnten nichts finden. Trotzdem glaubten sie den Verdacht. Denn: Im fraglichen Zeitraum seien vom Konto des Verfolgten Harald F. nur 300 Euro abgehoben worden, heißt es in einem Vermerk. Und so ein Urlaub sei sicher teurer. Später stellte sich heraus, dass der Reiseveranstalter alles vorfinanziert und erst nach dem Urlaub eine detaillierte Rechnung über 739,12 Euro gestellt hatte, die Harald F. umgehend beglich. Das ist nicht einmal mehr ein Hauch von einer kriminellen Handlung. Das ist nichts. Wie auch das LKA nach den Hausdurchsuchungen einsah und den Vorwurf aus der Liste der Verdächtigungen strich – nachdem sie wie die Stasi im Privatleben von Harald F. herumgeschnüffelt hatte, die Lebensverhältnisse seiner ehemaligen Freundin ausspioniert und alle Konten der Frau kontrolliert hatte.

Im Ministerium drehte die Hausspitze im Zuge der Ermittlungen jeden Stein um und suchte neue Vorwürfe. So zeigte das Ministerium die Reisekostenabrechnungen von Harald F. per Fax beim LKA an. Dieser habe sich unter anderem für zwei andere Fahrten nach Aachen einen Gesamtbetrag in Höhe von acht Euro erstatten lassen. Bei einer Dienstfahrt nach Rostock habe er ein bereitgestelltes Mittagessen nicht in der Abrechnung angeben. Ein Ermittler sagt dazu im vertraulichen Gespräch: „Das ist alles Pipifax.“ Nichts für das man 270 Polizisten auf Razzien schickt.

Selbst die Staatsanwaltschaft in Wuppertal spricht nicht mehr von einer Vorteilsannahme im herkömmlichen Sinn. Also Geld für Leistung. Stattdessen führen die Ermittler gegenüber Journalisten nun vor allem vom Motiv „Ego“ an. So habe Harald F. eine Ehrenprofessur angestrebt. Damit er diesen Titel anstreben konnte, so das Vorwurfs-Konstrukt, habe er die RWTH Aachen bei Auftragsvergaben bevorzugt. Zudem habe keine Nebentätigkeitserlaubnis für die Dozententätigkeit vorgelegen, fügt der Uhlenberg-Sprecher Fliege hinzu. Doch das stimmt so offenbar nicht. Zwar geht aus den Unterlagen hervor, dass Harald F. unentgeltlich fünf Jahre lang Vorlesungen gehalten hat. Doch der Rektor der RWTH Aachen, Burkhard Rauhut, sagte mir: „Wir haben alle Ausschreibungen des beschuldigten Institutes überprüft. Darunter ist nichts Auffälliges.“ Zudem geht aus den Ermittlungsunterlagen hervor, dass seine Vorlesungen von Ministerin Bärbel Höhn genehmigt wurden. Was bleibt ist das Bemühen, eine Ehrenprofessur anzustreben. Kann das strafbar sein?

In einigen Aussagen aus den Akten wird die Vermutung geäußert, Harald F. habe sich während seiner Amtszeit und danach aufgrund seines energischen Umweltschutzes mächtige Feinde gemacht, die nach einer Möglichkeit gesucht hätten, ihn zu zerstören.

Tatsächlich ist Harald F. einer der Profiliertesten Kritiker von Umweltminister Uhlenberg im PFT-Skandal, bei dem es um die Einleitung von Gift in den wichtigsten Trinkwasserfluss des Landes geht. Harald F. hielt engen Kontakt zu mehreren Journalisten. Unter anderem sprach er auch mit der Welt am Sonntag über Hintergründe des Skandals. Der Pressesprecher des Umweltministeriums, Markus Fliege, sagte nach der Verhaftung von Harald F. zu Journalisten in Düsseldorf, nun werde die PFT-Berichterstattung im Land in sich zusammenbrechen. Harald F. habe als eine Art Strippenzieher die Informationen in dem Skandal gelenkt.

Während der Hausdurchsuchungen beschlagnahmte das LKA unter anderem einen Ordner mit der Aufschrift „PFT-Ruhr“ und etliche weitere Unterlagen zum PFT-Skandal. Diese Unterlagen wertet das LKA nun akribisch aus. Eine Email aus dem Umweltministerium zum PFT-Skandal wurde vom LKA beispielsweise an den Umweltstaatssekretär Schink weitergeleitet. Dieser stellte daraufhin eine Strafanzeige gegen einen angeblichen Informanten in den eigenen Reihen.

Nach Ansicht der zuständigen Haftrichterin konzentriert sich das weitere Verfahren gegen Harald F. nicht auf die Frage, ob er bestechlich gewesen sei. Vielmehr gehe es um die Frage, ob die Vergaben aus dem Topf für Abwasserabgaben finanziert werden durften. Auch die Staatsanwaltschaft bestätigt diese Version. Dieser Vorwurf kann den Straftatbestand der Untreue erfüllen.

Normalerweise werden diese Fragen vom Landesrechnungshof behandelt. Im Fall von Harald F. ließen sich die Ermittler des LKA vom Umweltministerium zu Haushaltsexperten machen. Denn nach einem Vermerk aus dem LKA sah der Rechnungshof keinen Prüfbedarf in Sachen Vergaben durch Harald F.

Stattdessen ließen sich die Ermittler Vermerke aus dem Umweltministerium schreiben, nach dem insgesamt elf Vergaben nicht koscher gewesen seien. Zudem übergab das LKA der Belastungszeugin Dorothea D. Ermittlungsakten, damit die Bauingenieurin nach Durchsicht der Papiere ihre rechtliche Bewertung abgeben konnte. Das reichte weitgehend für die Ermittlungen.

Im Kern geht es bei den Vorwürfen darum, ob die Arbeiten, die Harald F. in Auftrag gegeben hat, der Forschung und Entwicklung im Wasserhaushalt zugute gekommen seien. Das LKA hat zur Beantwortung dieser Frage unter anderem eine Definition von Forschung und Entwicklung aus dem Internet-Nachschlagewerk Wikipedia in die Akten kopiert. Unter anderem auf dieser Grundlage, zusammen mit den Vorwürfen aus dem Umweltministerium, kommen die Ermittler zu dem Schluss, dass etwa die Entwicklung von Computerprogrammen durch die RWTH Aachen oder die Uni Bochum nicht der Wissenschaft dienen konnten.

Unberücksichtigt blieben bei diesen Einschätzungen bislang die Aussagen des zuständigen Referatsleiters Viktor M., der genauso wie gut ein duzend Zeugen aus den betroffenen Universitäten zu dem Schluss kommt, dass die angegriffenen Vergaben der Forschung und Entwicklung neuer Wassersysteme diente. In der Bewertung der Vorwürfe spielen diese Aussagen, obwohl sie in den Akten stehen, bislang keine Rolle.

Bereits im Arbeitsgerichtsprozess vor zwei Jahren spielten die Vergaben eine zentrale Rolle. Als die Ermittler von der Ehrenerklärung des Ministeriums hörten, rief ein LKA-Mann laut Vermerk vom 27.Oktober 2006 im Ministerium an und erkundigte sich, ob nun das Verfahren eingestellt werden könne? Der Uhlenberg-Justiziar wiegelte ab. Nein, auch wenn man aus taktischen Gründen die Ehre des beschuldigten wieder hergestellt habe, bestehe nach wie vor der Verdacht der Korruption. Das Ministerium sei bereit, die Ermittlungen weiter aktiv zu unterstützen.

Aufgrund der Ermittlungen und der Anzeigen aus dem Uhlenberg-Ministerium stehen bislang unbescholtene Unternehmer vor der Pleite. Etliche Arbeitsplätze sind gefährdet. Renommierte Wissenschaftler sehen sich als Kriminelle Vereinigung verunglimpft. Alles weil das Umweltministerium unter Uhlenberg einen Ex-Angestellten verfolgt hat.

Erst heute bekommt man im Umweltministerium langsam kalte Füße. In einer Vernehmung am 6. Juni sagte die Hauptbelastungszeugin Dorothea D., ein Mann aus der Hausspitze des Ministeriums habe sie unter vier Augen aufgefordert, beim LKA vorsichtig mit ihren Aussagen zu sein. Sonst drohe der Beschuldigte Harald F. reingewaschen zu werden – wie einst im Arbeitsprozeß. Und zurückzuschlagen.

Ich werde weiter in dieser Sache recherchieren. Ich suche nach dem Grund, warum sich das LKA in die Sache so tief reingekniet hat? Wie konnte so eine Jagd passieren. Ich kenne einige der Ermittler. Das sind enorm korrekte und gute Männer und Frauen, denen ich nichts vorwerfen kann. Aber sie wurden hier offenbar auf eine Schiene gesetzt, die in die Irre führte. Warum und von wem? Wer war über die Jagd informiert und deckte sie?

Wenn einer Hinweise hat. Ich freue mich auf Leserbriefe oder ein gutes Gespräch. david.schraven@ruhrbarone.de

 

Langemeyer schlägt zurück – und setzt sich durch

Der größte Kämpfer unter allen Sozialdemokraten in NRW, der Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer, hat es den aufmüpfigen Genossen in der Bierstadt mal wieder gezeigt. Ob man es glaubt oder nicht. Der SPD Vorstand unterstützt Langemeyer nun bei der kommenden Oberbürgermeisterbewerbung – obwohl er ihn vor zwei Wochen noch absägen wollte. Die Langemeyer-Festspiele sind heftiger als damals die Treueschwüre auf Stoiber.

Der Parteivorstand beschloss schon am Dienstag abend, dass Gerhard Langemeyer die SPD im Juni 2009 als Nr. 1 der Liste und als OB-Kandidat in die Kommunalwahl führen soll. Das ist der Fakt. Für Langemeyer spricht diese unglaubliche Durchsetzungsstärke. Wäre er zehn Jahre jünger könnte er die Hoffnung der NRW-SPD sein.

Ich bin auf die nächste Drehung im Dortmunder SPD-Lager gespannt. Im Kommunalwahlkampf wird sicher der wegen der Klinikum-Affäre angespannte Haushalt unter Langemeyer und der Strafprozeß wegen der unterschlagenen Million aus dem Langemeyer-Büro eine Rolle spielen. Zudem denke ich, der Einfluss der Linkspartei wird in Dortmund heftig sein. Wenn die einen Kandidaten gegen Langemeyer aufstellen, kann es knapp werden. Denn es gibt keine Stichwahl mehr. Und die Schwierigkeiten des jetzigen OB belasten vor allem dessen Ruf in der eher linken Wählerschaft.

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Faruk Sen abgeschossen

Der streitbare Türkeispezialist Faruk Sen ist gescheitert. Wegen des Eklats um seinen Vergleich von Türken und Juden muss der Direktor des Zentrums für Türkeistudien nun abtreten. Das beschloss der Vorstand nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag in einer Sondersitzung. Sen selbst ist zu der Sitzng gar nicht mehr aufgetaucht. Er sei erkrankt, hieß es. Als Grund für den Abschuss nannte der Vorstand Sens Juden-Vergleich. Er habe "dem deutsch-türkischen Verhältnis, der Integrationspolitik und vor allem dem Stiftungszweck schwer geschadet." Beim Kuratoriumsvorsitzenden wurde zudem beantragt, Sen mit sofortiger Wirkung seiner Amtsgeschäfts zu entbinden.

Sen hatte in einem Artikel in der türkischen Zeitung "Referans" die Diskriminierung von Türkeistämmigen in Europa mit der Judenverfolgung während der Nazizeit verglichen. Er bezeichnete die Türken als "die neuen Juden Europas", die "wie die Juden diskriminiert und ausgeschlossen" würden, wenn auch "in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlichen Erscheinungsformen".

Sen bedauerte erneut seine umstrittene Äußerung. Es sei "vollkommen klar, dass nicht nur das Schicksal der Juden in der Nazizeit und das der Türken unvergleichbar sind, sondern die gesamte 2000-jährige Geschichte der Judenverfolgung eine einmalige Qualität hat, die historische Vergleiche überhaupt verbietet". Er wolle dies auch in seiner nächsten Kolumne in der Zeitung "Referans" klarstellen.

Bereits vor wenigen Monaten war Sen wegen angeblich überzogener Bewirtungsrechnungen und Verschwendung von Steuermitteln in seinem Institut in die Kritik geraten. Damals allerdings konnten die Vorwürfe ausgeräumt werden. Nun heißt es aber aus dem Kuratorium, das Vertrauen in Sen habe aufgrund der damaligen Kabale erheblich gelitten.

Clements Revanche

Wolfgang Clement geht in die nächste Runde. Weil ihm die vom Unterbezirk Bochum ausgesprochene Rüge wegen parteischädlichen Verhaltens nicht passte, rief der einstige NRW-Ministerpräsident die Schiedskommission des SPD-Landesverbandes an. Dort wird die Causa Clement am 12. Juli – parteiöffentlich – verhandelt. War der Wahl-Bonner den Verhandlungen im Bochumer Unterbezirk seinerzeit lieber fern geblieben, hat er sein Erscheinen zum Termin mit der Parteischiedskommission in Düsseldorf angekündigt.

Im hessischen Landtagswahlkampf hatte der heutige Wirtschaftsberater in einer Zeitungskolumne von der Wahl der SPD-Kandidatin Andreas Ypsilanti abgeraten. Das vor allem auf erneuerbare Energien setzende Wahlprogramm der Hessen-SPD hatte Clement, treuer Anhänger von Kohle, Gas und Atomkraft, als unverantwortlich kritisiert. Mehrere SPD-Ortvereine stellten daraufhin den Antrag auf Parteiausschluss wegen parteischädlichen Verhaltens. 

Bereits am 1. Juli kommt es zu einem sozialdemokratischen Streitgespräch in Köln. Jochen Ott, frisch gebackener Landesvize der SPD, wird sich auf Einladung des Kölner Stadtanzeigers mit Clement ein Wortgefecht liefern. Für Clement übrigens ein Heimspiel: Er ist als Berater auch für den Herausgeber des Stadtanzeigers tätig.