Ein Fall für DiCaprio: Das Leben kommt zurück nach Oer-Erkenschwick

Egal von wo man kommt, der Förderturm des Bergwerks ist das erste, was man von Oer-Erkenschwick sieht. „Andere haben eine Kirche in der Mitte, wir haben die Zeche“, sagte einmal der ehemalige Bürgermeister Clemens Peick. Die Zeiten sind vorbei, die Zeche schon Jahre geschlossen – doch jetzt geht es endlich weiter auf dem Zechengelände. Am kommenden Dienstag wird der Rat wohl beschließen, zehn Hektar von „Ewald-Fortsetzung“ zu kaufen.

Die verlassene Zeche in der Stimbergstadt – jetzt gibt es wieder große Pläne für das 64 Hektar große Gelände. Foto: Mengedoht

 

In Oer-Erkenschwick, für viele Bundesbürger ein Synonym für das Ruhrgebiet schlechthin, kann man den Klischees vom „Pott“ nur schwer ausweichen. Statt einer Kirche ein Bergwerk mitten im Stadtzentrum, auch das hat etwas. Der 79 Meter hohe Förderturm aus Stahlbeton beherrscht noch heute das Stadtbild. Nur ein paar Dutzend Meter weiter stehen im Schatten der Zeche das Rathaus, die Post und klobige Kaufhäuser am Berliner Platz, ein Großteil der gut 30.000 Einwohner lebt noch immer in den „Kolonien“, Zechensiedlungen, die vom Bergwerk gebaut wurden.

Das wurde 1899 errichtet, schon 1906 waren auf „Ewald-Fortsetzung“ 1.600 Bergleute beschäftigt. Die Einwohnerzahl erhöht sich in den 20er Jahren von 1.000 auf 13.500 – der große Bedarf an Arbeitskräften wurde mit Menschen vor allem aus den Ostgebieten des Deutschen Reichs gedeckt, neben Slowenen aus der Steiermark und Krain (Österreich), Masuren und Polen deutscher Staatsangehörigkeit auch Schlesier, Sachsen, Saarländer, Bayern sowie Tschechen und Ungarn.

Nach der Weltwirtschaftskrise wurde die Zeche von 1931 bis 1938 geschlossen und Oer-Erkenschwick war mit 80 Prozent Arbeitslosen ärmste Gemeinde Preußens. Nach dem Krieg brummte es, bis 1957. Erst vier Jahre zuvor hatte  Oer-Erkenschwick die Stadtrechte erhalten, ist eine der jüngsten Städte nicht nur des Ruhrgebiets – obwohl einzelne Stadtteile schon vor bald 900 Jahren Erwähnung fanden.

4.500 Kumpel fuhren zu dieser Blütezeit ein und förderten 5.000 Tonnen Kohle täglich. So wurde 1959 der große Förderturm errichtet, 1960 die Zechenbahn nach Suderwich zum Kanalhafen eröffnet. Gleichzeitig wurde die Werksbahn nach Sinsen nach über einem halben Jahrhundert Betrieb stillgelegt. Durch diese Modernisierungen konnte die alte Schachtanlage bis in die 70er Jahre hinein betrieben werden, bevor die Belegschaft ab 1977 zur neuen Anlage „An der Haard 1“ wechselte.

Doch seit dem Ende der 50er begann der jahrzehntelange Abstieg. 1960 gab es in der Stimbergstadt nur noch 3.600 Bergleute, 1968 noch 2.227 Kumpels. Zu der Zeit gingen die Zechen in der Ruhrkohle AG auf, „Ewald-Fortsetzung“ überlebte als Bergwerk nur auf Kosten der Nachbarzeche „Emscher-Lippe“ in Datteln. 1992 wurde die Zeche mit „General Blumenthal“ in Recklinghausen zusammengelegt und der Schacht geschlossen. Gesprengt oder abgerissen wurden neben dem 70 Meter hohen Schornstein auch die Kokerei, das Kraftwerk, Kühltürme, Gasometer und Stickstoffwerk, 99 das Bergwerk aufgegeben.

2001 wurde das Verbundbergwerk „Blumenthal/Haard“ mit „Auguste Victoria“ in Marl zu „AV/Blumenthal“ zusammengelegt, doch seit auch die Schächte in Haltern verfüllt sind, heißt dieses Bergwerk mit 3.800 Bergmännern seit letztem Jahr wieder „Auguste Victoria“ – keine Erinnerung mehr an Oer-Erkenschwick, außer den leeren Gebäuden auf dem Zechengelände mitten in der Stadt.

Nach 100-jähriger Bergbaugeschichte hat die Stimbergstadt mittlerweile ihre Abhängigkeit von der so dominanten Kohle verloren. Ein völliger wirtschaftlicher und sozialer Niedergang konnte verhindert werden, mit der Ausweisung neuer Gewerbe- und Industrieflächen wurden neue Arbeitsplätze geschaffen, auch wenn die Arbeitslosigkeit noch immer hoch ist. Größter Arbeitgeber der Stadt ist heute die Fleisch- und Wurstwarenfabrik Barfuss. Die meisten Oer-Erkenschwicker arbeiten heute außerhalb und die Stadt versteht sich immer mehr als Wohn- und Freizeitstadt.

Dazu gepasst hätte der Traum eines Erkenschwickers, aus der Bergehalde einen Golfplatz zu machen. Das war vor elf Jahren… Und jetzt?
Die Entwicklung auf dem prägenden Zechengelände kommt auf Trab. Die Stadt wird – vorbehaltlich der Zustimmung des Rates am Dienstag – die etwa zehn Hektar große südliche Fläche der Schachtanlage von der RAG erwerben, wie Bürgermeister Achim Menge und Professor Hans-Peter Noll, Vorsitzender der Geschäftsführung der Montan-Grundstücksgesellschaft (MGG) Ende Januar bekanntgaben. „Die Beiträge für den Ankauf sind schon jetzt in den Haushalt eingestellt“, erklärt der Bürgermeister.

„Mit der hochwertigen und innenstadtbezogenen Nutzungsplanung können wir endlich eine Lücke im Zentrum der Stadt schließen und sind auf dem besten Wege, die Entwicklung der ehemaligen Zechenbrache zum Abschluss zu bringen.“ Das Schachtgerüst soll als „Denkmal und Leuchtturm“ erhalten bleiben und die lange, gute Zusammenarbeit der Stadt mit dem Bergbau dokumentieren.

Die MGG hat mit der Verwaltung zusammen das Konzept erarbeitet, das auf der Südfläche eine Wohnnutzung mit Einrichtungen für die Gesundheitswirtschaft vorsieht. Schon im letzten Jahr hatte die Stadt die historischen Gebäude Fördermaschinenhaus und Ausbildung samt Lehrstollen erworben, der Geschichts- und Heimatverein bekam das Maschinenhaus, 33.000 Quadramteter mit Verwaltung, Lohnhalle und Kaue sicherte sich die „Ewald-Fortsetzung Immobilien GmbH“ und 16.000 Quadratmeter erwarb das Gerüstbauunternehmen Eickermann.

Geplant ist ein Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit nach dem Konzept des Instituts für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen. Zusammen mit der Vestischen Kinderklinik in Datteln und der Uni Witten/Herdecke sollen adipöse, also stark übergewichtige Kinder und Jugendliche wohnortnah betreut werden, finanziert von Versicherungen und Sozialhilfeträgern. In die Kaue sollen unter dem Schwerpunkt-Motto „regenerative Energie Mensch“ Reha-Angebote einziehen, eine Ernährungsberatung mit Lehrküche, ein Tanzstudio und weitere Gesundheitsdienstleister.

Im Bereich der Lichthalle und der angrenzenden Büros sieht Diplom-Ingenieur Ludger Heine, Projektleiter des Investors Ewald-Fortsetzung Immobilien GmbH, Unternehmenansiedlungen im Bereich Energie, Strom und Wärme vor, vom Kleinblockheizkraftwerk über Anbieter von Wärmepumpen, Solartechnik und Biogasanlagen bis zu Holzpellets-Heizungen.

Die Entwicklung der Flächen sei Bestandteil des Fernwärmekonzepts für Oer-Erkenschwick. „Als wir 2006 vom MGG-Wettbewerb ‚Chance Denkmal‘ erfuhren, interessierten wir uns sofort für Verwaltungsgebäude, Lohnhalle und Kaue und durch die guten Kontakte zur Stadt war auch frühzeitig die Nutzungsidee klar, hier ein Zentrum für regenerative Energien einzurichten“, erklärt Heine.

Nicht zuletzt ist auch die Halde unter Dach und Fach. Die hat im Dezember der Regionalverband Ruhr (RVR) übernommen und baut zu einem Naherholungsgebiet aus, das ab 2008 für 350.000 Euro Stück für Stück für die Bevölkerung geöffnet werden soll, mit 14 Kilometern Rad- und Spazierwegen. Damit sind nun 95 Prozent der 64 Hektar großen Schachtanlage einer neuen Nutzung zugeführt, freut sich MGG-Chef Noll.
„Für Oer-Erkenschwick ist das ein Zeichen, auf das seine Bürger lange gewartet haben: Unmittelbar in Nachbarschaft des Zentrums kommt jetzt wieder das Leben zurück und damit Arbeitskräfte und Wirtschaftskraft“, frohlockt auch Bürgermeister Menge.

Somit könnte, wenn alles wie geplant weitergeht, das Kapitel Bergbau in der Stimbergstadt ein filmreifes Ende nehmen. Und das könnte doch auch etwas für Leonardo DiCaprio sein – der Hollywoodstar wohnte in seiner Jugend zeitweilig bei seinen Großeltern in Oer-Erkenschwick und besucht sie auch heute noch ab und zu…

Gelsenwasser Deal geplatzt?

Nach Informationen aus Dortmund und Bochum sperrt sich der Konzern RWE gegen die kommunale Zusammenarbeit der Ostruhrstädte unter dem Dach der Gelsenwasser AG. Eigentlich sollte hier ein neuer Energiekonzern entstehen. Wow.

Foto: Wikipedia

Das ist ein herber Schlag. Bereits zum zweiten Mal droht damit die Fusion/Kooperation der Bochumer und Dortmunder Stadtwerke zu scheitern. Und das, obwohl die beiden Städte mitlerweile erprobt und stabil im Unternehmen Gelsenwasser zusammenarbeiten. Beim ersten Mal war übrigens die Kirchturmspolitik der auslösende Brechpunkt.

Der Hebel, den das RWE jetzt offenbar nutzen kann, ist eine Minderheitsanteil am Dortmunder Energieversorger DEW 21, den der Konzern nutzt. Die Mehrheit von DEW 21 gehört den Stadtwerken Dortmund. Siehe auch den Bericht in der WAZ.

Eigentlich sollte gerade die DEW 21 in Gelsenwasser aufgehen.

Die Gründe warum sich RWE sperrt, sind noch im unklaren.

Auch ist unklar, ob die Weigerug des RWE eine neue Ohrfeige für den Dortmunder Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) ist. Grundsätzlich arbeitet Dortmund in den DEW 21 gut mit RWE zusammen. Andererseits konnte auch Langemeyer als RWE-Aufsichtsrat und einflussreichster Vertreter der kommunalen RWE-Aktionäre nicht verhindern, dass RWE Systems nun zerschlagen wird. Und das Unternehmen hat seinen Sitz in Dortmund.

Hintergrund des Versuches einen neuen Ruhrversorger zu konstruieren ist eine kartellrechtliche Besonderheit. So muss 2014 die 47-Prozent-Beteiligung des RWE an DEW 21 neu vor den Behörden verhandelt werden. Dabei könnte es unter den gegenwärtigen Bedingungen gut sein, dass RWE seinen Anteil abgeben muss, um nicht gegen Wettbewerbsrecht zu verstoßen.

Im Gelsenwasser-Deal sollte nun RWE seinen DEW 21-Anteil gegen eine 20-Prozent-Beteiligung am neuen Ruhrversorger aufgeben.

Eigentlich müste die Nummer beim RWE gut angesehen sein. Denn mit dem neuen Versorger wäre der Verbund aus Kommunen und RWE im Kernmarkt des Konzern festgehämmert. Auch wenn die städtischen Beteiligungen ihre Sperminorität am RWE verloren haben.

Nokia: Das war es

Gerettete Ingenieure, enttäuschte Hoffnungen, schlechte Perspektiven für 2000 Beschäftigte, 200 Millionen Kosten für Nokia und ein schlechtes Image für den Handyhersteller – die Nokia-Story geht ihrem Ende entgegen.

Die ganze Geschichte fing 1989 an. Damals begann Nokia in Bochum mit der Entwicklung und Produktion von Mobiltelefonen. Ingenieure aus Bochum hatten in den Jahren zuvor, von der Geschäftsleitung in Finnland eher geduldet als unterstützt, angefangen, sich mit dem Thema Mobilfunkgeräte zu beschäftigen. Ende 1994 war bei Nokia in Bochum die Belegschaft in diesem Bereich schon von 200 auf 650 Mitarbeiter gewachsen. Der Spiegel beendete 1995 einen überaus kritischen Artikel über die verpassten Chancen deutscher Unternehmen im wachsenden Mobilfunkbereich euphorisch:  „An Interessenten für den Job mit der Sechs-Tage-Woche, die von den Gewerkschaften zunächst heftig bekämpft wurde, mangelte es nicht: Auf die erste Anzeige meldeten sich in Bochum 4500 Bewerber. Auch der Standort Deutschland profitiert vom Erfolg der Finnen.“

Das ist nun vorbei. Zum 1.  Mai werden alle Nokia-Mitarbeiter freigestellt. Ausnahme sind die 300 Ingenieure der Automotivsparte. Sie werden von einem anderen Unternehmen übernommen und auch für die über 100 Entwickler der Multimediaabteilung, die bislang an den Telefonen der N-Serie arbeiteten, gibt es eine Perspektive: Der Blackberry-Hersteller RIM wird sie wohl übernehmen und in Bochum sein europäisches Entwicklungszentrum aufbauen. Ein Facilitie-Manger wird jedenflass schon einmal gesucht. Sie können sich neben den neuen Jobs auch über eine Abfindung freuen, die zwar alles andere als rekordverdächtig ist, aber wohl wirklich ganz in Ordnung: 185 Millionen Euro wird Nokia für Abfindungen bereiststellen. Das verbesserte Angebot von Nokia lag der Gewerkschaft allerdings schon vor den gestrigen Protesten in Form  eines Briefes von Nokias Deutschland-Chef Klaus Goll vor– die Fahr nach Düsseldorf war also nichts als reine Folklore, aber ein guter Rahmen zur medialen Präsentation der dann geschlossenen Vereinbahrung.

BAQ
Der Anwalt des Nokia-Betriebsrates, Horst Welkoborsky, mag solche Gesellschaften: Immerhin besitzt er eine eigene. Sie heißt Beschäftigungs und Qualifizierungsgesellschaft (BAQ) und residiert im Jahrhunderthaus am Bochumer Westpark, dem Sitz der örtlichen IG Metall. Die BAQ war auch für die entlassenen Opelaner zuständig. Der Erfolg im Fall Opel hielt sich in Grenzen: Die offizielle Zahl der vermittelten Opelaner liegt bei 40 %. Eigentlich, so die BAQ auf Anfrage, seien es aber nur 25 Prozent. Man müsse, so das Unternehmen, fairerweise bei so einer Berechnung diejenigen herausrechnen, die Aufgrund von Krankheiten und dem Alter sehr schwer vermittelbar seien. Nokia stellt für die BAQ 15 Millionen Euro zur Verfügung – gut 600 Euro pro Mitarbeiter und Monat für den Zeitraum eines Jahres. Den Rest zahlen die Steuerzahler – über EU-Mittel. Erst nach dem Ende der Beschäftigungsgesellschaft erhalten die Nokia-Mitarbeiter Arbeitslosengeld – sie gewinnen also ein Jahr. Für viele, deren Perspektive bittererweise Hartz IV heißen wird, eine lange, eine wichtige Zeit.

Imageproblem bleibt
Nokia hat durch die Schließung ein Imageproblem bekommen. Schlecht für ein Unternehmen das Produkte herstellt, die kaum ein Laie von denen der Konkurrenz unterscheiden kann. Fast alle Handys können alles und das immer billiger. Image ist ein Verkaufsfaktor. Vom 15. Januar, dem Tag der Bekanntgabe der Werksschließung, bis zum 23. Januar sank der allgemeine Imagewert Nokias von plus 41 auf minus 14 Prozent. Die Verbraucher schätzten sogar die Qualität der Produkte schlechter als zuvor ein. Für Bettina Willmann vom Marktforschungsinstitut Psychonomics, das einen wöchentlichen Markenindex erstellt, keine kurzfristige Erscheinung: „Noch Mitte Februar hatte Nokia sehr schlechte Imagewerte. Sie haben sich auf niedrigem Niveau stabilisiert.“ Daran, sp Psychonomics heute auf Nachfrage, hat sich  nichts geändert. Die Marke Nokia glänzt nicht mehr. Es ist eine unter vielen.

Neue Märkte
Aber Nokia sieht sich künftig ohnehin eher als Internetcompany. Mittelfristig wird das Handygeschäft nicht mehr wachsen – das wissen die Finnen.  Handys werden bald nur noch die Dinger sein, mit denen man von Unterwegs aus ins Internet geht. Telefonieren über Voice over IP, E-Mails, Digitale Karten, Musik, Filme – alles online. Nokia hat bislang nur die Handys. Endgeräte. Langweilig. Keines ist so cool wie das iPhone. Als Nokia gestern seinen „iPhone Killer“ vorstellre, erntete das Unternehmen Gelächter in der Mac-Gemeinde. Es ist aber auch peinlich, wenn der Weltmarktführer 15 Monate benötigt um auf Apple zu reagieren und dann  noch nicht einmal ein fertiges Produkt vorweisen kann, ist peinlich.
In Zukunft wollen die Finnen aber ohnehin ihr Geld lieber mit Inhalten verdienen und die Handynutzer an ihr eigenes Webportal binden, Dienste vermarkte: Navigation zum Beispiel. Nokia baut eine Community auf, die auch für die Inhalte sorgt. Und verkauft Musik. Ovi heißt das Portal der Hoffnung. Ovi ist finnisch und heißt Tür. Da gibt es alles, was es schon anderswo gibt: Musik, Filme und Videos. Sogar die Pornos, die auf der Ovi-Vorgängerseite Twango zusehen waren, sind verschwunden. Nur alles anderswo ist bekannter: YouTube, Flickr, iTunes beherrschen den Markt souverän. T-Mobile jedenfalls ist sauer über Nokias neues Geschäftsfmodell – das Geld wollen  Telekoms selbst verdienen. Auch Unternehmen wie Google, Amazon oder eBay werden Nokia kein Stück vom Kuchen freiwillig geben. Noch nicht einmal einen Krümmel. Im Vergleich zu den kampferprobten Magnaten des Internets sind die Finnen kleine Lichter. Ihr Vorteil beim Handyboom war: Sie konnten liefern. Pünktlich und preiswert. Gegen Siemens hat das gereicht. Reicht es gegen Google?

Lauf Schüler lauf II

In Marl sollen Schützen einen neuen Schießstand bekommen. In einer Schule.

Schützenbrüder. Foto: Seiffert

Im Dezember berichteten wir hier darüber, dass in Marl darüber diskutiert wird, einen Schießstand in einer Realschule zu bauen. Mittlerweile ist die Entscheidung wohl gefallen und nur noch die Grünen sind unzufrieden und möchten gerne darüber im Schulausschuss diskutieren, denn Marls Bürgermeisterin, SPD und CDU haben entschieden, in der Ernst-Immel-Realschule das Feuer zu eröffnen.  Kann mich mal jemand kneifen…ein Schießstand in einer Schule? Sind die bekloppt?

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Im Netz des Gazprom-Geldes

Falls sich einer fragt, was die Russen von Gazprom in Deutschland so machen. Der muss nur dem Trikot der Schalker folgen. Denn das hängt in der Zentrale der Gazprom-Filiale in Berlin. Nur einen Steinwurf vom Checkpoint Charly entfernt. Die Empfangsdame von Gazprom Germania blättert hier gewöhnlich lustlos in einer Zeitschrift. Und manchmal kaut sie Kaugummi. Hier hinter dem Trikot beginnt der operative Brückenkopf des russischen Staatskonzerns Gazprom in Westeuropa.

Während die großen strategischen Entscheidungen in Petersburg und Moskau fallen, laufen in Berlin die Fäden aus England und Amerika, aus der Schweiz und Zentralasien zusammen. Es geht um Expansion und Zukäufe, um Firmenübernahmen und vertraulichen Geldverkehr. Und dabei werden über die Berliner Filiale auch schon mal Zahlungen an fragwürdige Firmen organisiert. Ich war da und habe mir die Bilanzen und Geschäftsberichte besorgt.

Der Weg des Geldes führt durch ein Labyrinth von Banken an verschwiegenen Plätzen. Im Organigramm der Gazprom Germania tauchen immer neue Firmen mit Verbindungen in alle Ecken der Welt auf, von den Cayman Islands bis nach Kasachstan. Vor allem Usbekistan spielt in der Gazprom-Strategie eine wichtige Rolle. In der zentralasiatischen Steppe liegen riesige Gas- und Ölvorkommen, zum größten Teil noch unerschlossen.

Bislang ist das Geschäft für die Gasputins recht einfach. Alle Leitungen aus Usbekistan in den Westen stehen unter Kontrolle von Gazprom. Die Russen müssen nur den Rohstoff bei den Despoten Zentralasiens einkaufen und es auf den europäischen Märkten für den dreifachen Preis weiterverkaufen. Erst wenn es den Europäern gelingt, über eine eigene Pipeline Zugang zu den asiatischen Lagerstätten zu finden, könnte es mit den einfachen Margen zu Ende gehen.

Doch die zaghaften Geschäftsanbahnungen des Westens können die Gazoviki bislang leicht unterlaufen. Gerade zum usbekischen Diktator Islam Karimow pflegen sie gute Beziehungen. Dabei werden die Verbindungen über ihre deutsche Filiale organisiert. Die Spur führt von Berlin in die Schweiz nach Zürich. Hier sitzt eine Tochter der Berliner Gazprom Germania mit dem Namen ZMB Schweiz. Diese Firma kauft nach eigenen Angaben im Namen von Gazprom Gas in Usbekistan ein.

Erstaunlicherweise aber nicht nur über die staatlichen usbekischen Gasproduzenten, sondern vor allem über die Firma Zeromax. Alleine im vergangenen Jahr waren es nach Gazprom-Angaben sechs Milliarden Kubikmeter. Der Wert allein dieser Lieferungen lag nach einer Vereinbarung zwischen Gazprom und dem usbekischen Staat bei über 400 Millionen Euro. Die entsprechenden Einkaufskurse betrugen nach Angaben der Bundesagentur für Außenwirtschaft (Bfai) 70 Euro je 1000 Kubikmeter.

Das Gas lieferte die Gazprom-Tochter ZMB Schweiz nach eigenen Angaben vor allem in den Kaukasus und in die Ukraine. Ein gänzlich uninteressanter Deal, versichert Gazprom Germania. "Zeromax ist ein normaler Geschäftspartner von uns", sagt ein Firmensprecher. Normalität ist relativ. Die Firma Zeromax sitzt ebenfalls in der Schweiz und zwar im Steuerparadies Zug, in der Poststraße 30. Im Erdgeschoss des Hauses ist ein Laden für Farben und Lacke. An den Briefkästen kleben dutzende Firmenschilder. Ich war da und bin in die Zentrale gegangen.

Die drei Zimmer der Firma Zeromax sind in der dritten Etage des Betongebäudes bescheiden eingerichtet. Direkt hinter der Eingangstür steht ein schmaler Tisch. Dahinter hängt ein Ölbild mit einer usbekischen Landschaft. Obwohl hunderte Millionen Euro durch die Bücher des Unternehmens fließen, braucht es offenbar nicht mal Aktenschränke. In der Zeromax-Zentrale sind lediglich zwei Angestellte und der Geschäftsführer Ikromjon Yokubov, 32, zu sehen.

Das interessante an der bescheiden eingerichteten Firma ist ihre Geschichte: Sie wurde 1999 in Delaware, USA, unter dem Namen Zeromax LLC gegründet. Erst im Jahr 2004 siedelte die Firma in die Schweiz um. Im Geschäftsbericht der Gazprom Germania Tochter ZMB taucht Zeromax erstmals im Frühjahr 2004 als Partner auf. Nach Auskunft von Zeromax-Insidern, sowie mehrerer Quellen aus Usbekistan selbst, soll Zeromax über Strohmänner Gulnara Karimowa gehören, der Tochter des usbekischen Präsidenten. Dies bestätigte der ehemalige Finanzbevollmächtigte von Gulnara Karimowa, Farhad Inoghamboev, gegenüber mehreren Zeugen.

Auch ein leitender Beamter in der deutschen Botschaft in Taschkent bestätigte anonym, dass Zeromax zum Karimowa-Reich gehört. Aus dem Umfeld der Führungsebene von Gazprom Germania heißt es dazu, es sei dem Konzern bekannt, dass hinter Zeromax die usbekische Präsidententochter steckt: "Aber zeigen Sie mir ein zentralasiatisches Land, wo sie nicht solche Konstellationen haben", sagt der Gazprom-Insider.

Das bedeutet zusammengefasst: Die deutsche Gazprom-Tochter bezahlt über eine Schweizer Firma für Gas, das die Russen in Usbekistan kaufen, Bares an eine Firma aus dem Dunstkreis der usbekischen Präsidentenfamilie.

Ich weiß nicht, ob man das schon als Schmiergeldzahlungen bezeichnen kann. Jedenfalls hat mir ein Manager aus dem Ölgeschäft gesagt, das oft solche Geschäfte über dubiose Zwischenhändler organisiert werden, wenn es darum geht, Handgelder für Potentaten zu verschleiern.

In Deutschland kann das aber riskant für Gazprom werden. Denn die Berliner Filiale untersteht deutschem Recht. Und hier gilt das Gesetz zur Bekämpfung der internationalen Bestechung. Danach steht das Schmieren ausländischer Staatsmänner unter Strafe. „Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts“, heißt es in dem Gesetz. Deutsche Unternehmen müssen laut Gesetz damit rechnen, dass alles Geld, das sie mittels Bestechung verdient haben, beschlagnahmt wird. Es ist offen, ob die Staatsanwaltschaft Berlin in dem Dreieckshandel Gazprom-Germania-Zermomax-Usbekistan Gründe finden für einen Anfangsverdacht sehen könnte.

Gazprom Germania jedenfalls sieht in dem Kreuz- und Querhandel keine Bestechung und damit auch nicht die Gefahr von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Das Geschäft sei schließlich völlig alltäglich: "Wir bezahlen ganz normal unsere Rechnungen." Man habe auch nichts mit der Präsidenten-Tochter Karimowa zu tun, sondern verhandele allein mit dem Zeromax-Geschäftsführer Yokubov, versichert ein Gazprom-Sprecher.

Unterdessen bestreitet Zeromax-Geschäftsführer Yokubov eine Beteiligung der Präsidenten-Tochter an seiner Firma. "Diese Geschichte stimmt nicht", sagte Yokubov. Offiziell gehört die Firma mit einem Stammkapital von 20.000 Schweizer Franken auch dem Ehepaar Djalalov aus Taschkent. Diese seien allerdings Strohmänner, sagte der frühere Karimowa-Vertraute Inoghamboev gegenüber mehreren Zeugen.

In Usbekistan spielt die Firma Zeromax eine große Rolle. In einem Verfahren vor dem US-Bundesgericht in Houston, Texas präsentierte die amerikanische Firma Interspan Distribution Dokumente, aus denen ersichtlich ist, wie die Präsidententochter Karimowa mit Hilfe ihres Papas rund um Zeromax ein wirtschaftliches Schattenreich aufbaut. Wer sich nicht fügt, bekommt auch schon mal Ärger. So beschrieb Interspan, wie ein leitender Angestellter in Usbekistan verhaftet und misshandelt worden sein soll, nachdem sich das Unternehmen geweigert habe, Zeromax am eigenen Tee-Handel in Usbekistan zu beteiligen. Erst als man die Beteiligungen im Jahr 2006 in Usbekistan aufgegeben habe, sei der Angestellte aus der Haft entlassen worden, erklärte Interspan. Seither versucht die Firma vor dem Gericht in Texas Geld von einem Exportversicherer einzuklagen.

Die britische Firma Oxus kann von ähnlichen Erfahrungen berichteten. So wurde dem Unternehmen in Usbekistan ein Steuerverfahren angehängt, das erst fallengelassen wurde, nachdem Zeromax in die usbekische Goldmine der Briten einsteigen durfte. Auf diese Art und Weise entstand aus Zeromax ein monströses Konglomerat. Wie aus einer Eigendarstellung der Firma hervorgeht, gehören dem Schweizer Dreimannbetrieb Hühnerfarmen, Gasquellen, Modelabel, Tankstellen, sowie Kühlhäuser.

Wer in Usbekistan Geschäfte machen will, fügt sich besser den Bedingungen. Der Brauseproduzent Coca Cola etwa gründete schon Anfang der Neunziger Jahre gemeinsam mit der Firma Roz Trading eine zentralasiatischen Abfüllungsanlage mit dem Namen "Coca Cola Bottlers". Roz Trading selbst gehörte dem Mann von Gulnara Karimowa. Lange ging alles gut. Doch als sich das Ehepaar trennte, musste der Karimowa-Gatte nach Amerika flüchten und der usbekische Staat übernahm im Jahr 2002 die Anteile der Roz Trading am Cola-Geschäft und gab diese später an Zeromax weiter.

Fast gleichzeitig floss womöglich auch direkt aus Cola-Kassen Geld an Karimowa. Das geht aus internen Buchungsunterlagen der Firma Revi Holdings mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten hervor. Diese Firma gehört nach einem vorliegenden Handelsregisterauszug Gulnara Karimowa persönlich. Eine Firma namens "Coca Colabottlers" zahlte danach allein im Jahr 2003 in vier Tranchen 699753,22 US-Dollar an das Karimowa-Unternehmen. Coca Cola wollte nicht sagen, ob diese Zahlungen möglicherweise von der usbekischen Tochter "Coca Cola Bottlers" stammen.

Seit 2003 ist Zeromax in den USA jedenfalls wegen der Cola-Geschichte in Schwierigkeiten. Der Mann von Gulnara Karimowa verlangte, dass Zeromax ihm die Anteile am Coca-Cola-Geschäft in Usbekistan herausgibt. Zeromax habe die Beteiligungen nur erhalten, weil er von seiner Ex-Frau erpresst worden sei, schrieb der Ex-Gatte an das US-Bundesgericht in Washington DC. Bis heute läuft ein Prozess mit ungewissem Ausgang.

Nahezu zeitgleich begann Gazprom Verhandlungen mit Usbekistan über eine Ausweitung des Gashandels. Eine Schlüsselfigur des Geschäfts war der Oligarch Alisher Usmanov. Er soll angeblich über 80 Millionen US-Dollar an Schmiergeldern an Gulnara Karimowa gezahlt haben, um unter anderem das Exportgeschäft zu sichern, schrieb der damalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, unter Berufung auf eigene Quellen in seinem Buch "Murder in Samarkand".

Usmanow selbst – der gebürtige Usbeke ist unter anderem auch Generaldirektor der Gazprominvestholding – bestreitet dies öffentlich. Er habe nie intensive Kontakte zur Präsidententochter unterhalten. Und Schmiergeld sei auch nicht geflossen. Im Jahr 2004 schließlich schloss Gazprom mit dem usbekischen Präsidenten Karimow einen neuen Gas-Liefervertrag. Fast zeitgleich erhielt Zeromax Beteiligungen an wichtigen usbekischen Gasfeldern. Im gleichen Atemzug siedelte Zeromax in die Schweiz um und die Überweisungen über die Gazprom-Germania-Tochter setzten ein.

Wow, was ein Riemen.

Nokia: Finnen sind sperrig

Ob bei den Verhandlungen mit der Landesregierung oder dem Betriebsrat: Nokia gibt sich sehr zugeknöpft. Die versprochenen innovativen Lösungen sind nicht in Sicht – und auch der Betriebsrat hat sich damit abgefunden, kleinere Brötchen zu backen als ursprünglich versprochen.

Foto: Nokia

Heute Nachmittag wird der Nokia-Aufsichtsrat in Düsseldorf tagen und der Betriebsrat protestieren: Mit einer Informationsveranstaltung, an der zahlreiche Mitarbeiter des Bochumer Standortes teilnehmen sollen. Nokia Deutschland-Chef Klaus Goll hat den wissensdurstigen Nokianern daraufhin mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht. Möglich wären Abmahnungen und Lohnkürzungen wegen des Fehlens am Arbeitsplatz.

Der Grund für den Protest: Nokia zeigt sich gegenüber dem Betriebsrat mehr als sperrig. Lange soll es gar keine Reaktionen von Klaus Goll gegenüber den Vorschlägen des Betriebsrates gegeben haben. Nun, indes hat es wohl eine erste Reaktion gegeben – sie soll sich an den Sozialplänen orientieren, die Nokia bei der Abwicklung der Netzsparte abgeschlossen hat. Klar ist schon heute: Die teuerste Werksschließung aller Zeiten wird der Nokia-Standort nicht werden, und auch von der Forderung, den Standort erst gegen Ende des Jahres zu schließen, ist der Betriebsrat in seinen Angeboten an die Unternehmensführung abgerückt. Doch bislang hat alle Kompromissbereitschaft der Belegschaft nicht zu entsprechenden Reaktionen aus Helsinki geführt – deshalb nun der eher verzweifelte Protest. Fragen zu Details der Verhandlungen will das Unternehmen auf Anfrage im Moment nicht beantworten.

Auch von den von Nokia angekündigten innovativen Lösungen ist schon lange nicht mehr die Rede. Ein Experte der Ruhr-Universität, der über Kontakte zum Top-Management von Nokia verfügt, schätzt die Lage wie folgt ein: "Die Nokia-Spitze besteht aus gut und kühl kalkulierenden Managern. Ich glaube nicht, dass sie deutlich über das hinaus gehen, was üblich ist.

 

Werbepause für Bochum

calli.tv

Wenn ich an den VfL Bochum denke, dann höre ich ihn.

Ich höre ein Pfeifkonzert, wie ein Haufen Rückkopplungen, als ob Hendrix achtziggmal wiederauferstanden wäre, so pfiffen die Leute im Stadion, in das damals noch 40.000 reingingen. Wenn mal viele da waren und der Gegner unsympathisch, hätte ich keine Lust gehabt, dort unten zu spielen.  Man bekam eine Ahnung vom Hörsturz.

Ich höre den Stimmungskanon vorm Spiel, ein Schlagermoderator hat das eingeführt, das Bochumer Jungenlied von den Provinz-Tote-Hosen. Dann das Original mit der durchsichtigen Ranschmeiße an Liverpool und das suizidale Vereinslied namens "Mein VfL". Zitat: "Manchmal frag ich mich, wie das Leben denn so wäre, wenn es dich nicht gäbe, nein, das wär kein Leben mehr…" und schließlich Grönemeyer, Bochum. Ein Lied wie eine Werbepause. Jeder, wirklich jeder möchte nach 22 Jahren endlich abschalten, wenn das Saxophon losfeuchtelt, aber erst danach kommen VfL und Doppelpass zu Ehren. Also dranbleiben.

Ich höre Werbungen. Früher: "Und nach dem Spiel ein Spielchen – in Jürgen Köpers Megaplay". Heute die Karabalta GmbH. Zeitlupenszenen auf den beiden Videowänden. Staub, Steine, Mauern, die Musikauswahl erinnert an ein Kurzprogramm im Eistanz, und doch geht es tatsächlich um ein stolzes Bochumer Abbruchunternehmen mit Migrationshintergrund.

Dann zum Einlaufen, klick, Carl Orff, Carmina Burana, klingt auch ein bisschen wie Eistanz-Drama Marke Torvill Dean. Ich kenn die hochmittelalterlichen Weisen vor allem aus Excalibur (1981), andere aus der Waldorfschule auf Klanghölzern, Triangel, Blockflöten. Passt schon, Bochum ist eine Hochburg der Anthroposophen.

Was ich noch höre, wenn ich an den VfL Bochum denke? Das Bochumerische. Dieses gewisse Idiom, Sie kennen es, schließen Sie die Augen und denken Sie an Hermann Gerland, an Thorsten Legat, oder – nicht zuletzt – an Werner Altegoer. klick

Das Bochumerische spricht sich schneller. Es wird nicht gesungen, sondern gekeucht und gekaut. Die Zunge stößt gegen die Zähne. Nein, nicht alle Bochumer lispeln: Es wird ja auch Pfälzer geben, die CH und SCH auseinander halten können, sich aber nichts anmerken lassen. Für mich gibt es kaum Niedlicheres als Bochumer Lispler, den zischelnden Werner Altegoer, wenn er sagt, nein, wenn er ssaggt, "ish ssag mal, ish hab ihn ja hergeholt…." Hören Sie sich an, diesen Netzer des Monats!

Sehen Sie es sich an, die Weltkarte, die Hinterhoffirma, Hausnummer 12 b, Verwaltungsgesellschaft Altegoer, das Modell am rechten Bildrand; – ist das nicht das alte Verwaltungsgebäude von Krupp in Bochum mit dem Glockenspiel?  Und ganz wunderbar, Rainer Calmund als tapsiger Interviewer, "wir kenn‘ uns von früher", der nichts falsch machen will, damit er nicht vergessen wird. Und zum Schluss wünscht ihm der VfL-Präsi "auch für Sie alles Gute". Mitleid.

Ach ja: Altegoer hat momentan Ärger, weil Manager Stefan Kuntz das Weite sucht. Kuntz ist eine Art Fußballstar, spricht eine hässliche Mundart, saarländisch, er singt, grooved aber nicht. Kuntz hat in Bochum als Manager gearbeitet. Und das gut. Was ich nicht an ihm mochte: Als wir ihn – gerade wieder an der Castroper Straße – fragten, ob er auch zurückgekehrt sei, um etwas wieder gut zu machen, wusste er nicht, was wir meinten. Dabei hatte er beim VfL seine Fußballerkarriere unterirdisch ausklingen lassen, nicht fit, ein träger, schlapper Libero, die ganze Mannschaft wie gelähmt. Es war eine Katastrophe. Der dritte Abstieg.

Wenn ich an Bochum denke, höre ich es zischeln und keuchen.
Ich höre es pfeifen und singen, knödeln und brüllen.
Sein Verein in meiner Stadt.

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Kulturhauptstadt: Die Zeit der Enttäuschung beginnt

Viele im Ruhrgebiet bekommen im Augenblick Post von der Ruhr2010 GmbH: Die Zeit der Absagen hat begonnen.

Zeche Zollverein. Foto: RTG

Über 2000 Projektvorschläge hatten die Ruhr 2010 GmbH erreicht. Sie hatte dazu aufgerufen, Ideen für Projekte einzureichen. Eine schöne Marketingaktion, vermittelt sie doch das Gefühl, dass jeder mitmachen kann, jeder eine Chance hat. Aber eine Marketingaktion bleibt eine Marketingaktion. Nun ist bei Vielen, die Ideen entwickelt haben, die Enttäuschung groß, und ich bin mir sicher, dass, sobald die Liste der endgültig akzeptierten Projekte bald vorgestellt wird, man viele bekannte Namen unter denen finden wird, deren Projekte angenommen wurden. Nun gibt es sicher viele Gründe, die meisten eingereichten Projekte abzulehnen – ein internationales Festival lässt sich nun nicht einmal basisdemokratisch organisieren. Aber sind wirklich nur die schlechtesten Ideen abgelehnt und die Besten angenommen worden? Ich glaube, es wäre naiv, davon auszugehen. Jörg Stüdemann, der Kulturdezernent Dortmunds, beklagte einmal, dass es im Ruhrgebiet im Kulturbereich (und nicht nur da) eine Szene gäbe, die vor allem in einem Bereich eine hohe Professionalität erreicht hätte: Im Schreiben von Förderanträgen. Neulinge, auch mit guten Ideen, hätten gegen die Projektförderungsprofis kaum eine Chance, so Stüdemann, der die Situation bedauerte. Und die seit Jahren erfolgreichen Projektprofis, die gewohnt sind, den Erfolg nicht beim Publikum sondern in den Verteilungsgremien zu suchen, werden sicher wieder einen Gutteil der zu verteilenden Mittel für sich gesichert haben. Matthias Burzinski von Unruhr hat auf diesem Blog in einem Kommentar etwas formuliert, was ich für zukunftsweisend halte: "Aufgabe der Bürger und auch der Wirtschaft ist es, parallele unabhängige Strukturen aufzubauen, die das Ruhrgebiet tatsächlich widerspiegeln. Das ist jetzt kein Aufruf zur Anarchie, sondern der Aufruf dem Beispiel des Initiativkreis zu folgen, so sehr man damit auch hadern mag. Der Weg ist richtig. Wir alle sollten unabhängig den richtigen Weg gehen und die Herr- und Frauschaften einfach sitzen lassen." Einfach machen.  

RWE – Das E-Geweih kommt weg

Der Energieriese RWE will sich von seiner Hand trennen. Also dem Pixelgriffel im Logo, der aus dem E rauslappte, wie ein Hirschgeweih.

copyright: RWE

Ich finde das eigentlich ganz gut – also dass der Grabbel wegkommt. Damals, vor Jahren, wurde die Hand ins Logo eingeführt, weil RWE damit den Griff auf alles dokumentieren wollte, was die Menschen brauchen. Also Trinkwasser, Abwasser, Müll und Strom. Die Bürger sollten alles aus einer Hand bekommen. Oder eben in einer Hand gefangen sein.

Das war die Bildsprache damals. Kann sich noch irgendwer an den Planet of Visons auf der Expo erinnern? Da ging es auch um die Hand. Weltweit war sie im Einsatz. Überall RWE. Überall alles in einer Hand. Fand ich damals schon nicht so gut.

Wenn jetzt die Hand verschwindet, ist das nur konsequent. RWE hat sich vom Wasser getrennt, zumindest im Ausland, vom Müll, und was weiß ich. Der Konzern will sich auf den Strom konzentrieren. Da ist ein neues Logo richtig.

Dafür 100 Mio auszugeben, wie der Spiegel berichtet, ist viel. Aber OK. Es geht halt um einen Namen und um ein Geschäft.

Dass es jetzt heißen soll: "Vorweg gehen" und dann RWE, das ist so naja. OK? Was weiß ich.

Jedenfalls kein E-Geweih mehr. Hoffentlich wird der neue Schriftzug das Ruhrgebiet auf Dauer schöner prägen.