"Wenn man sich vergleichbare Fälle wie Nokia anschaut, haben die Mitarbeiter eine statistische Chance von 20%, die Schließung noch zu verhindern", erklärte Prof. Dr. Gustav A. Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie
und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung heute im ARD Morgenmagazin. Realistischer sei das Erreichen eines guten Sozialplans.
Thoben trifft Kallasvuo
Zwischen Wirtschaftsministerin Christa Thoben und der Spitze des finnischen Nokiakonzerns ist es am heutigen Montag zu einem ersten Telefonkontakt wegen der geplanten Schließung des Bochumer Nokia-Werks gekommen – fast eine Woche nach Verkündung des Schließungsbeschlusses. Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo erklärte sich nun bereit, für ein persönliches Gespräch mit der Wirtschaftsministerin zur Verfügung zu stehen. Ein Termin wird kurzfristig vereinbart. Beide Seiten gehen in das Gespräch ohne jede Vorbedingung und ohne eine thematische Einschränkung. Minsterin Thoben hatte in Bochum angekündigt, mit Nokia über den Fortbestand des Standortes Bochum reden zu wollen.
Ein erstes Gespräch zwischen Betriebsrat und Kallasvuo heute in Finnland soll ohne Ergebnis geblieben sein. Apropos Ergebnisse: Das voraussichtlich sehr gute Quartalsergebnis wird Nokia am Donnerstag nicht wie üblich auf einer Pressekonferenz verkünden – die wurde abgesagt. Wahrscheinlich möchte man sich die schöne Stimmung nicht durch kritische Fragen von Journalisten versauen lassen.
Italiens Nokia
Foto: Archiv
Ihr werdet nicht mehr ruhig schlafen. Bastarde! Ihr habt ein Herz aus Stein und ein volles Bankkonto. Ihr habt so viele Familien ruiniert. Die ganze Welt soll wissen, was ihr angerichtet habt! klick
Globalisierung ist schwer, wenn wir schon Europäisierung nicht hinkriegen:
Im nahen Italien wird gerade nicht etwa ein finsterer finnischer Konzern für Ausbeutung, Raubtierkapitalismus ins Gebet genommen, sondern die Ruhrpottfirma ThyssenKrupp. Nach einem Feuer im Dezember sind mittlerweile sieben Arbeiter eines Turiner Stahlwerks ums Leben gekommen. Jetzt soll die EU-Kommission den Fall überprüfen. Und ? Juckt das hier irgend wen? Nö.
Die Süddeutsche Zeitung erklärt sich das mit traditioneller Ignoranz im deutsch-italienischen Verhältnis.
Ich glaube es ist finsterer, schlichter, unmoralischer:
Wenn Nokia deutsch wäre, und Bochum belgisch, die ganze Chose wäre uns Globalisierungsgewinnlern so was von egal.
Andererseits, noch etwas Erbauliches für die Demonstranten in Bochum, morgen um 5 vor 12: Im italienischen Terni haben sie vor ein paar Jahren mal so viel Druck aufgebaut, dass der Multi nach einem Jahr Schlacht nokia-artige Schließungspläne zurücknahm. Und, wie hieß die Firma? klick!
PFT – Das Problem des Ruhrverbandes – Fortsetzung 1
Es geht weiter mit dem PFT in der Ruhr, diesem Krebserregendem Gift, dass täglich in den wichtigsten Trinkwasserfluss der Region abgeht. Je Woche gut 3,5 Kilo.
Ich habe mittlerweile eine neue Gift-Tabelle vom Ruhrverband bekommen, in der er die Unterschiede erklären will, zu den Daten, die ich von der Bezirksregierung Arnsberg bekommen habe.
Ich habe das Ganze für die Kläranlagen ausgewertet, die mehr als 5 Gramm PFT am Tag in die Ruhr kippen.
Hier ist folgendes Detail interessant. Bei Werdohl und Rahmedetal sind die Werte zum Jahresende laut Ruhrverband wieder angestiegen. In Rahmedetal lagen die Werte laut Ruhrverband wohl seit April 2007 bei über 140 Gramm am Tag.
In den Daten der Bezirksregierung sah der Meßwert am 13. April mit 299 Gramm am Tag noch aus wie ein Ausreißer.
In Werdohl ein ähnliches Bild. Während die Bezirksregierung im Dezember ebenfalls einen starken Anstieg um 60 Gramm feststellte, notierte der Ruhrverband einen Anstieg um 160 Gramm.
Dabei stehen hinter jedem Meßwert Industriebetriebe, die Gift in die Ruhr und ihre Zuflüsse kippen. Rahmedetal und Wedohl liegen an der Lenne, einem dieser landschaftlichen schönen Ruhrzuflüsse.
Und noch etwas fällt auf, während es im Detail Unterschiede gibt, liegen die Meßwerte im Großen und Ganzen sehr nah beieinander. Die Gesamtfracht liegt sowohl laut Ruhrverband als auch laut Bezirksregierung Arnsberg bei rund 210 Gramm am Tag. Die Angaben des Ruhrverbands sind hier sogar minimal höher als in den Angaben der Bezirksregierung.
Das ist kein Zufall. Wie ich zwischenzeitlich gelernt habe, rechnet die Bezirksregierung mit den Abwasserdaten der Kläranlagen, die auch für die Berechnung der Abwassergebühren benutzt werden. Das ist ein fein austarierter Mittelwert, der von Gerichten in Prozessen bestätigt wurde. Deswegen unterscheiden sich die Berechnungen in der durchschnittlichen Tagesfracht über den gesamten Zeitraum kaum.
Im Detail aber können die Werte auseinander gehen. Für die Beurteilung von Rahmedetal und Werdohl kann genau das erhebliche Auswirkungen haben. Etwa indem man feststellt, dass die Belastung aus Rahmedetal in der zweiten Hälfte 2007 offenbar höher war als in der ersten Hälfte.
Und das zersiebt natürlich die Aussage von NRW Umweltminister Uhlenberg, der in seiner Datei komkas.pdf behauptet: Die PFT-Belastung in der Ruhr sei in den vergangenen Monaten runtergegangen.
Wie er das geschafft hat, zeige ich hier.
Man achte auf den Reduzierungs-Wert von Werdohl. Obwohl es einen Anstieg von 60 Gramm (Bezirksregierung) oder 160 Gramm (Ruhrverband) gab, notiert hier der Minister lediglich eine 0 als Belastungssenkung.
Versteht ihr mich richtig?
Übersetzt gibt der Minister hier folgendes an: Gut, es gab in Werdohl also einen Anstieg, das bedeutet, es gab keine Reduzierung. Also es gab Null Erfolg. Deswegen setze ich in meiner Tabelle komkas.pdf den Wert für Werdohl mal auf Null. Da wird schon keiner fragen.
Nur dank dieser Milchmädchenrechnung kommt Uhlenberg am Ende der Tabelle, im Original auf der Seite 3, auf eine Reduzierung von 68 Gramm. Hätte er in Werdohl die Steigerung um 60 Gramm oder 160 Gramm angebenen, wie man es erwarten müsste, wäre die Aussage der gesamte Tabelle hinüber gewesen.
Das für heute. Es geht weiter.
Der Bruch mit dem geistigen Alten
Eigentlich waren in der SPD immer alle stolz auf Wowi Wolfgang Clement (SPD). Lob war ihm sicher und Preis. Vor allem im Pott, kam der Leuchturmbauer doch aus Bochum. Und brachte brav Geld mit. Subventionen und so.
Aber jetzt ist keiner mehr stolz auf den Kolumnisten. Vor allem die beiden wichtigsten Ziehkinder des großen Alten aus dem Ruhrgebiet,.also die ehemalige Europaministerin Hannelore Kraft und der Gewerkschaftsfunktionär Norbert Römer (alle SPD), haben Clement die Mini-Merkel gemacht. Ich meine den Bruch zum Vorbild. Wie die Ostdeutsche dem Dicken aus Oggersheim einst.
Lest hier selbst. Norbert Römer etwa sagt:
Wolfgang Clement hat über mehrere Jahrzehnte als Minister und Ministerpräsident in NRW und dann als Bundesminister und stellvertretender Parteivorsitzender die Solidarität seiner Partei ganz selbstverständlich in Anspruch genommen und auch bekommen, obwohl er ihr öfter mit seinen extravaganten persönlichen politischen Ansichten viel zugemutet hat. So jemand sollte sich heute als Privatier zurückhalten.
Seine Kritik gegenüber Andrea Ypsilanti und die von ihr vertretene Klimaschutz- und Energiepolitik ist weder in der Form zu akzeptieren noch in der Sache begründet. Wolfgang Clement verhält sich schlicht unanständig und vertritt wieder einmal eine persönliche Einzelmeinung, die durch die jüngsten SPD-Parteitagsbeschlüsse in Hamburg auch nicht ansatzweise gestützt wird.
Sinnvoller wäre es, wenn er sich in seiner Rolle als RWE-Aufsichtsrat dafür einsetzen würde, dass RWE endlich die Vereinbarung von 1994 mit der damaligen Landesregierung unter Johannes Rau erfüllt und die alten Braunkohle-Kraftwerksblöcke schnellstens stilllegt. Das würde der Glaubwürdigkeit von RWE und der gesamten Elektrizitätswirtschaft gut tun und könnte für mehr Akzeptanz bei der Kohleverstromung sorgen.
Und die Hannelore, jetzt Kraftmeierin und Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag meint:
Die Äußerungen von Wolfgang Clement sind in der Form völlig inakzeptabel und in der Sache falsch. Sie sind ein übles Foul gegen Andrea Ypsilanti, die in Hessen einen hervorragenden Wahlkampf macht.
Wolfgang Clement hat über Jahrzehnte die Solidarität der Partei in unterschiedlichen Funktionen in Anspruch genommen. Diese Solidarität verdient nun auch Andrea Ypsilanti. Wolfgang Clements Kolumne ist unanständig.
Fehlt nur noch eines: Ey, und überhaupt: Der wohnt ja gar nicht mehr in Bochum, sondern im Bonner Edelvorort Bad Godesberg. Der SACK.
Beeindruckend, wie schnell eine Entfremdung stattfinden kann, wenn die Macht futsch ist und anderer Leute Lieder gesungen werden.
Pleon soll Nokias Ruf retten / Trimedia nur am Rand
Im Augenblick läuft es nicht gut für Nokia. Das Unternehmen steht unter öffentlichem Dauerfeuer, die Imagewerte fallen und der Vorstandsvorsitzende ist nicht medientauglich – und ein Steuerhinterzieher. Anstatt auf die Effektivität der eigenen Pressestelle zu setzen, hat Nokia Pleon engagiert. Daneben ist Trimedia als Produktwerber wieter tätig. Pleon ist eine der größten internationalen PR-Agenturen, die damit wirbt, ihren Kunden jederzeit ein ganzes Team für Krisenkommunikation zur Verfügung zu stellen. Im Moment dürfte das gerade viel zu tun haben. Nokia wird spätestens in der kommenden Woche zu einem medialen Gegenschlag ausholen lassen. Der Zeitpunkt ist dann günstig: Die Bilder der weinenden Mitarbeiter sind gesendet und gedruckt worden, nun müssen andere Informationen her. Welche werden das sein? Erste Erfolge der Arbeit von Pleon sind schon sichtbar: Das Werk in Bochum wird als nicht wettbewerbsfähige Schrauberbude für Handykomponenten dargestellt. Minderwertige Konsumgüter, die genau so gut, nur viel billiger, in Rumänien, China oder bald auch Bangladesh hergestellt werden können. Das kann jeder verstehen, und es deckt sich mit unserer Erfahrung: Auch unsere Fernseher oder Computer kommen nicht mehr aus dem eigenen Land. Blöd gelaufen für die Mitarbeiter, ansonsten geht das Leben weiter.
Dumm nur, dass diese Argumentation im Falle Nokia nicht ganz stimmt – was nicht heißt, dass sie sich in den Medien nicht durchsetzt. Nokia ist keine Schrauberbude, sondern eine Produktionsstätte um ein Entwicklungszentrum mit 400 Diplom-Ingenieuren und zahlreichen Meistern und hochspezialsierten Facharbeitern. Hier wurden nicht nur bunte Bauteile zusammengesteckt, sondern Komponenten und Software entwickelt oder für die Zulieferer spezifiziert. Hier war der Ursprung der Handyentwicklung Nokias. In Deutschland hat nur noch Forschung und Entwicklung eine Chance? In Bochum gibt es bei Nokia genau das: Forschung und Entwicklung. Und es wird abgewickelt. Das ist die eigentliche Katastrophe, die für den hiesigen Standort ein verheerendes Signal ist.
Es wird spannend zu sehen sein, welche Argumente Pleon in den nächsten Tagen aus dem Hut zaubert: Glückliche Rumänen, die der Armut dank eines Jobs bei Nokia entkommen sind, Erfolgsgeschichten von ehemaligen Mitarbeitern, Beispiele für das soziale Engagement des Unternehmens, Leidensgeschichten von dem ungeheuren Druck, unter dem Nokia steht, Experten, welche die Bedeutungslosigkeit von Protesten für das Markenimage bezeugen … mal schauen, was Pleon alles so einfallen wird – und auf welchen Kanälen sie das alles kommunizieren, denn Pleon, vielfach ausgezeichnet, setzt auf Kommunikation auf allen Kanälen. Die Interviews in der Bild und im Handelsblatt sprechen eine eigene Sprache. Die Schlammschlacht beginnt.
Nokias Fehler – Deutschlands Fehler
Ein Artikel im Manager-Magazin prophezeit Nokia indes Probleme am neuen Standort Rumänien. Ein Management, das schon die Einführung der Klapphandys verpasst hat, und auch nach einem Jahr als Marktführer noch keine Antwort auf Apples iPhone gefunden hat, ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Auch die Pläne Nokias, künftig mit Internetdienstleistungen statt mit Telefonen Geld verdienen zu wollen, zeugen von einer gewissen Selbstüberschätzung. Auf diesem Markt warten Google, ebay und Amazon als Wettbewerber, und die werden sich von den Finnen kaum die Wurst vom Brot nehmen lassen.
Aber unabhängig von der Frage der Subventionen, die sich wieder einmal als teuer und wirkungslos erwiesen haben, hat auch die Politik Schuld an der Nokia-Katastrophe. Die Lohnkosten in Deutschland sind nach wie vor extrem hoch – nicht unbedingt die ausgezahlten Löhne. Arbeitnehmer werden systematisch von der Politik ausgeplündert: Steuern und Abgaben machen Ihre Arbeit teuer. Sie sind gezwungen, wie auch die Unternehmen, ein uneffektives Sozialsystem und eine überbordende Bürokratie zu finanzieren – im schlimmsten Fall verlieren sie auf diesem Weg ihre Wettberwerbsfähigkeit und landen in der Arbeitslosigkeit. Die Bereitschaft, diese Strukturprobleme zu lösen ist gering – allenthalben wird nach dem starken Staat gerufen, der sich bislang noch immer als teurer Pummel mit mehr Fett als Muskeln erwiesen hat. Auch die üppig gezahlten Subventionen machen den Standort unter dem Strich teuer. Ob Bauern oder Bergbau – jeder Euro, der ausgeben wird, um wirtschaftliche Träumereien zu finanzieren, schwächt die Unternehmen, die erfolgreich wirtschaftten und die Rechnung bezahlen müssen und gefährdet Jobs.
Nokia Demo am Dienstag
Foto: Görges
Am Dienstag demonstriert das Ruhrgebiet für die Nokia-Beschäftigten. Eine Kundgebung findet um 13.00 Uhr am Riemker-Markt in Bochum statt, Demonstrationszüge starten um 12.55 und 12.30 Uhr vom Nokia-Werksgelände und vom Varité Et Cetera aus. Die Veranstalter rechnen mit mehr als 20.000 Teilnehmern.
PFT – Das Problem des Ruhrverbandes – Eine Fallgeschichte
Das Gift PFT ist in der Ruhr. Ich habe darüber recherchiert. Jeden Tag fließt es da rein. Gut ein halbes Kilo. Dann wird es verdünnt. Und sammelt sich weiter. Überall, in den Pflanzen, in den Tieren, in den Menschen.
Wo kommt das Gift her? NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg sagt zum größten Teil aus einem Acker im Sauerland, auf den Kriminelle den Dreck tonnenweise gekippt haben. An dieser Aussage stimmt zumindest der Teil, dass da Kriminelle kiminellen Scheiß gebaut haben.
Aber aus den Daten, die mir vorliegen geht eindeutig hervor, dass vor allem aus den Kläranlagen des Ruhrverbandes und der Möhnetalsperre, die ebenfalls unter der Verantwortung des Ruhrverbandes steht, das Gift in die Ruhr sickert. Täglich. Auch jetzt. Und zwar zusammengerechnet rund 400 Gramm reines Gift.
Ich weiß, PFT im Wasser ist ein Exotenthema im Pott. Aber mir ist das trotzdem wichtig.
Der Ruhrverband will die Kläranlagen nicht nachrüsten. Er sagt, vor allem die Industrie hinter den Kläranlagen wär für den Dreck verantwortlich. Sollen die doch damit aufhören. Doch so einfach ist das schwarze Peter Spiel nicht. Der Ruhrverband ist ein gesetzlicher Sonderverband. Das heißt, die Industriebetriebe sind da Zwangsmitglieder. Sie werden gezwungen Abgaben für ihr Schmutzwasser zu zahlen. Dafür muss der Ruhrverband dann dafür sorgen, dass die Ruhr sauber bleibt. Und kein Dreck aus den kläranlagen kommt. Eine Nachrüstung der Anlagen auf den Stand der Technik ist teuer. Der Ruhrverband hat schon 1 Milliarde Euro Schulden. Mal sehen was passiert. Die politische Debatte wird eine Entscheidung erzwingen.
Hier will ich aber was zu der Recherche erzählen. Wie ich an die Daten gekommen bin. Und wie hinter den Kulissen daran gearbeitet wurde, dass die Informationen nicht öffentlich werden. (Mittlerweile habe ich noch mehr Daten bekommen. Dazu hier mehr.)
Nun, den Verdacht, dass Brilon-Scharfenberg nicht der Hauptverursacher der PFT-Verseuchung an der Ruhr sein konnte, hatte ich ziemlich früh. Die Daten, die ich seit 2006 bei den Kreisen im Sauerland zu den jeweils lokalen PFT-Verseuchungen eingesammelt hatte, passten nicht zu den Aussagen von Uhlenberg. Ich hatte den Eindruck, da soll was vertuscht werden, aber was?
Die Geschichte entwickelte sich. Schließlich, im vergangenen Sommer, kam ich auf die Kläranlagen als einer der Hauptverursacher. Uhlenberg sprach immer wieder von Direkteinleitern, die für die PFT-Verseuchung verantwortlich seien. Doch an der Ruhr gibt es so gut wie keine Direkteinleiter, die mit PFT zu tun haben. Das meiste läuft über den Ruhrverband und bei dem wieder über die Kläranlagen.
Ich musste mir also die Rohdaten der PFT-Messungen an den Kläranlagen besorgen, um den Verdacht zu klären. Meine üblichen Informanten in der Bezirksregierung und im Umweltministerium waren verdammt eingeschüchtert. Uhlenberg und sein Staatssekretär Schink machten Druck auf ihre Mannschaft. Aber ich bekam Hinweise, dass mein Verdacht begründet sei. Ich solle weitermachen. Die Daten lägen alle zusammengefasst bei der Bezirksregierung Arnsberg.
Dort stellte ich einen Antrag auf Auskunft. Ganz normal. Per Email an die Pressestelle. Als Antwort bekam ich zunächst nichts. Dann nach Tagen eine windelweiche Abwicklung. Aus Gründen des Datenschutzes könne man mir nichts sagen. Ich war der Ansicht, dass diese Aussage Quatsch ist.
Wie mir Informanten zutrugen war meine Anfrage an die Bezirksregierung an das Umweltministerium weitergeleitet worden. Dort habe man darauf bestanden, die Daten unter Verschluss zu nehmen und alla Anfrage abzulehnen. Es hieß, es sei so eine Art Maulkorberlass an die Bezirksregierung ausgegeben worden. Nun, diese Behauptung konnte ich nicht erhärten. Aber das folgende legt diese Vermutung nahe.
Ich drohte mir einer Auskunftsklage, wenn ich keine Antworten auf meine Frage zu den PFT-Meßwerten in den Kläranlagen bekommen solte. Wieder tote Hose. Schließlich reichte ich die Klage beim Verwaltungsgericht Arnsberg ein.
Jetzt begann hinter den Kulissen das Geschubse, wie mir Informanten in den Behörden steckten. Zunächst zog offenbar das Umweltministerium den Fall an sich. Hier wurde eine Rechtsanwaltkanzlei in Münster auf den Fall angesetzt, mit dem Ziel, die Daten weiter geheim halten zu dürfen. Der Briefkopf der Kanzlei war vor lauter Proffessoren und Doktoren so lang wie eine Din A 4 Seite. Offenbar nahm das Ministerium die Klage ernst.
Nur dooferweise erklärten die Rechtsanwälte nach der Prüfung der Klage, dass die Daten auf jeden Fall herausgegeben werden müsste. Keine Chance auf Top Secret. Das war Mitte Dezember.
Nun folgte eine Inszenierung. Die leider wohl in die Hose ging.
Zunächst beantragten die Rechtsanwälte, eine Fristverlängerung für die Auskunftsklage. Und zwar auf den 27. Dezember. Also in die Tote Zeit nach Weihnachten. Am 20.Dezember aber stellte Uhlenberg eine Auswertung der Daten ins Internet. Diese Daten waren zunächst in der Masse völlig unübersichtlich. Dann aber auch seltsam zusammengestückelt. Sie schienen zu beweisen, dass Uhlenberg für eine Reduzierung der PFT-Fracht in der Ruhr gesorgt hat. Wirklich wichtig war von der Menge der Daten eigentlich nur eine Tabelle. Und zwar die komkas.pdf.
Hier behauptete Uhlenberg, auf den Punkt gebracht, alles sei OK. Allerdings war die Tabelle wohl frisiert. Bei Brilon Scharfenberg war eine ganze Zahlenreihe gelöscht. Bei Werdohl stand eine Nullemmission. Obwohl vorher die Meßreihen offenbar in die Höhe gegangen sind.
Nun war der Zeitpunkt der Veröffentlichung im Internet und das Verzögern der Klage sicher mit Bedacht genau um Weihnachten gelegt, um die Geschichte versanden zu lassen.
Aber die Klage lief ja noch. Ich nutze das, um mir die Rohdaten bei der Bezirksregierung zu beschaffen, auf deren Grundlage Uhlenberg seine komkas.pdf erstellt hat. Und siehe da. Offenbar hatten Uhlenbergs-Leute ganze Datenreihen weggelassen. Und überall dort, wo sich die Lage, wie in Werdohl verschlechter hatte, waren Nullwerte eingesetzt worden.
Ich meine es geht um Gift. Darf man dann Daten zu aufhübschen, bis sei einem passen. Was passiert mit einem Minister, der monatelang Quatsch erzählt über die wirklichen Ursachen der PFT-Verseuchung in der Ruhr?
Aber auch diese Frage teibt mich jetzt um: Was ist mit dem Ruhrverband? Reicht es einfach aus, dass Gift zu verdünnen? Oder muss das Dreckswasser in den Kläranlagen geklärt werden? Dabei geht es nicht nur um PFT. Das Gift ist nur eine Leitsubstanz. Dahinter kommen weitere Substanzen aus den Kläranlagen, die keiner im Fluss haben will. Wir reden von Medikamenten, von Flammschutzmitteln. Von diesem ganzen Scheißcocktail.
Wusstet Ihr, dass Tiere verweiblichen, wenn sie zu viele Östrogene trinken?
Ich bleibe weiter dran. Ich will es wissen.
Nokia: Image im Arsch
ZDnet meldet, das nach einer Studie das Image Nokias als Arbeitgeber zusammengebrochen ist – vom ersten Platz herunter auf den letzten. Für ein Unternehmen, das auch künftig darauf angewiesen ist, wenn auch nicht in Deutschland, gutqualifizierte Ingenieure zu gewinnen, ein verheerendes Ergebnis. Auch die Kunden beurteilen Nokia kritischer:
ZDnet: "Negative Auswirkungen ließen sich auch in der Wahrnehmung von Qualität und Preis feststellen: Die Qualität der Marke Nokia wurde innerhalb der letzten drei Tage deutlich schlechter bewertet, der dazugehörige Indexwert rutschte von 62 auf 45 Indexpunkte ab. Auch das Preis-Leistungsverhältnis wurde aus Verbrauchersicht kritischer bewertet und fiel von 16 auf 6 Punkte."
Noch vor wenigen Tagen gingen Experten davon aus, dass Nokia Bochum öhne grösseren Schaden für die Marke überstehen würde.