Warum steht der Ruhrbezirk auf der Kippe?

Fünf Regierungsbezirke hat das Land Nordrhein-Westfalen und dazu zwei Landschaftsverbände. Die Besonderheit im Ruhrgebiet: Es ist aufgeteilt in drei unterschiedliche Regierungsbezirke (Düsseldorf, Münster und Arnsberg) und die beiden Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LRL). Keine einzige dieser Behörden hat ihren Sitz im Revier. Entstanden sind diese Strukturen, lange bevor es das Ruhrgebiet in seiner heutigen Form gab: Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege, als der König von Preußen, Freiherr von Stein, seine Provinzen neu ordnen ließ.

Als  Bürger hat man unmittelbar nie mit den Bezirksregierungen zu tun – die  Auswirkungen dieser regionalen Parallelverwaltung bekommt man jedoch zu spüren. Auf DerWesten gab es in dieser Woche einen sehr schönen Artikel zu dem Thema und eine neue Wortschöpfung: Ruhrdistan, um die Absurditäten dieser Struktur klar zu machen.

Die Landesregierung war 2005 angetreten, diese Strukturen zu verändern: Drei Bezirke in NRW, je einen für das Ruhrgebiet, Westfalen und das Rheinland. Dass sich Union und FDP auf diese Agenda eingelassen hatten, war vor allem einem Mann zu verdanken: Norbert Lammert, nicht gerade ein enger Freund von Ministerpräsident Rüttgers, hatte diesen Punkt sowohl in das Wahlprogramm der CDU als auch in den Koalitionvertrag gedrückt. Vorher hatte schon Rot-Grün – vor allem auf Bestreben der Grünen – einen ähnlichen Plan ins Auge gefasst: Im Düsseldorfer Signal war eine Dreiteilung des Landes verabredet worden. Nach dem Ende der Koalition von SPD und Grünen wollten die Sozialdemokraten davon allerdings nichts mehr wissen, obwohl auch Sozialdemokraten wie Generalsekretär Mike Groschek diesen Kurs unterstützten.

Die Dreiteilung  NRWs kennt zwei Gewinner: den Steuerzahler, denn die Verwaltungsdichte in NRW ist teuer, und das Ruhrgebiet, das von einer regional abgestimmten Politik profitieren würde. Und es hat  einen mächtigen Verlierer: Westfalen. Während das Rheinland mit Düsseldorf und Köln zwei Bezirkshauptstädte hat, verfügt Westfalen gleich über drei: Münster, Detmold und Arnsberg.

Während im Rheinland eine Debatte darüber läuft, ob es nicht sinnvoll wäre, einen gemeinsamen Bezirk zu haben und enger zusammen zu arbeiten, setzt die Westfalen-Lobbby (hier und hier und hier)auf den Erhalt der Strukturen. Zahlreiche  Vereine und Verbände, Lokalpolitiker und die Kammern wurden in Stellung gebracht,  die drei westfälischen Bezirke zu erhalten.  Gleichzeitig hält  sich der seit der Kommunalwahl 2004 wieder von Rot-Grün dominierte RVR aus der Diskussion raus – die SPD verhindert, dass der Verband Rüttgers an seine Wahlversprechen erinnert und sie offensiv einfordert.

Das Verhalten vieler Lokalpolitiker hat seine Gründe: Viele von ihnen haben Mandate in den Parlamenten der Landschaftsverbände und Regierungsbezirke. Dort haben auch Parteifreunde Unterschlupf als Fraktionsgeschäftsführer etc. gefunden. All das steht für sie auf dem Spiel und niemand lässt sich gerne etwas wegnehmen. Aber auch die Bürger in Arnsberg und Detmold sorgen sich zu Recht um die Bedeutung ihrer Städte. Ohne den Sitz von Bezirksregierungen wären sie einfach unwichtige Kleinstädte. Im Augenblick sind sie eigentlich unwichtige Kleinstädte mit einer Bezirksregierung – auf Kosten der Steuerzahler und des Ruhrgebiets.

Ein Problem ist aber auch, dass es aus dem Ruhrgebiet zu wenig Stimmen gibt, die einen Ruhrbezirk fordern. Das Revier hat bislang, im Gegensatz zu Westfalen, kaum schlagkräftige Strukturen entwickelt, die im Augenblick die jetzt so wichtige Lobbyarbeit leisten könnten – auch hier wirkt sich die Teilung negativ aus.

Man kann davon ausgehen, dass die Landesregierung bei der Frage des Ruhrbezirkes sich auch an den Druckverhältnissen orientiert: Schweigt das Ruhrgebiet und protestiert Westfalen, gibt es für die Politik durch einen Ruhrbezirk in Westfalen viel zu verlieren und im Revier wenig zu gewinnen – dann wird ein solcher Bezirk erst einmal nicht kommen. Fordert das Ruhrgebiet mit seinen über fünf Millionen Menschen  von der Landesregierung die Einhaltung der Wahlversprechen, wird Rüttgers sie umsetzen. Gegen das Revier kann man NRW nicht dauerhaft regieren. Es liegt also auch an uns, ob ein Ruhrbezirk bald kommt. Vielleicht kann ja Dortmund Sitz der Bezirksregierung werden – das Recht dazu hat Dortmund als größte Stadt des Reviers. 

Aber auch wenn es jetzt nicht klappt, wird die Diskussion bei der nächsten Finanzkrise der öffentlichen Hand wieder auf den Tisch kommen – nur dann schnell und planlos: Denn NRW ist überregiert, die Verwaltungen der Landschaftsverbände und Bezirksregierungen sind zu groß. Sie sind die geboren Ziele für sparwillige Politiker. Sie können mit Lobbyarbeit ihr Ende wie die Bergleute verzögern – aufhalten werden sie es nicht.

Lerne Schießen ? treffe Freunde

Foto: Bludau

Kennen Sie noch den alten Witz: Treffen sich zwei Jäger. Fertig! Eine ähnlich witzige Mitgliederwerbung betreibt derzeit die Schießgruppe Dorsten-Rhade von 1955: „Lerne Schießen treffe Freunde“, heißt es da schön missverständlich auf einem Zettel im Schaukasten der Schießgruppe. Ob sich die Urheber des Spruches der Doppeldeutigkeit bewusst sind oder es bereits erste Erfolgsmeldungen Opfer zu beklagen gibt, ist uns noch nicht bekannt…  😉

Kandidatenk(r)ampf bei den Genossen

Hertens Kämmerer Cay Süberkrüb. Foto: Mengedoht

 

Die SPD im Kreis Recklinghausen hat es derzeit nicht leicht: Nachdem ihr Landrat Jochen Welt erklärt hat, er wolle nicht nochmal antreten, macht die CDU Schlagzeilen mit möglichen Kandidaten – derzeit wird MdL Josef Hovenjürgen aus Haltern umworben. Bei den Genossen findet sich derweil kein passender Nachfolger für das „Ende von Welt“. Jetzt hat auch Recklinghausens SPD-MdL Andreas Becker abgesagt, dafür wurde Klaus Schild aus Oer-Erkenschwick aus dem Hut gezaubert.

Während der im Kreis gut bekannte Hovenjürgen jüngst auch aus dem Gladbecker CDU-Stadtverband Unterstützung erfährt, die sich nach Marl und Dorsten ebenfalls für eine Kandidatur Hovenjürgens als erster Bürger des Vests ausspricht, ist der SPD mit Andreas Becker ein weiterer potentieller Nachfolger abhanden gekommmen. Die Aufgabe, Landrat für den Kreis Recklinghausen zu sein, sei eine interessante Tätigkeit und große Herausforderung, meint Becker und fühlt sich geehrt von dem Vorschlag.

Doch: „Nach sorgfältiger und intensiver Abwägung aller Argumente Für und Wider sowie der mir wichtigen Ratschläge von in- und außerhalb der Partei komme ich zu dem Ergebnis, dass meine politische Heimat die Stadt Recklinghausen ist und mein politisches Tätigkeitsfeld der Landtag von NRW. Deshalb stehe ich für eine Kandidatur für das Amt des Landrats für den Kreis Recklinghausen nicht zur Verfügung.

Damit nicht genug: Neben Hertens Kämmerer Cay Süberkrüb will jetzt plötzlich auch Klaus Schild kandidieren, der Vorsitzende der Oer-Erkenschwicker SPD-Fraktion. Das gab Unmut im SPD-Präsidium, als der erfahrene Kommunalpolitiker aus der Stimbergstadt erst kurz vor Ablauf der parteiinternen Bewerbungsfrist gemeldet wurde – vom SPD-Vorstand, nicht etwa vom Erkenschwicker Stadtverband.

„Die Kandidaten werden ja nicht ins Blau hinein vorgeschlagen, wir haben uns ernsthaft damit auseinandergesetzt“, glättet Michael Groß die Wogen – der Marler wurde diese Woche nahezu einstimmig von allen Stadtverbänden im Wahlkreis als neuer Bundestagskandidat der Genossen nominiert.

„Es gibt unterschiedliche Wünsche in der Partei nach viel Erfahrung in der Kommunalpolitik oder Verwaltungserfahrung, das drückt sich in denKandidaten aus“, meint Groß. Die Diskussion empfindet er als „anregend und spannend“. Die Ortsverbände zu beteiligen, sei eine gute demokratische Wahl. Dort sollen die beiden Kandidaten sich in den kommenden Wochen vorstellen und am 8. Mai beim Kreisparteitag eine Entscheidung fallen.

„Schild bringt einige Qualitäten mit, ich kenne ihn aus dem Wahlkampf mit Andreas Krebs“, lobt der Marler, stellvertretender Vorsitzender der Kreis-SPD. Dass beide Kandidaten beim Bürger im Kreis recht unbekannt sind, ficht ihn nicht an: „Die Erfahrungen zeigen ja, dass es durchaus möglich ist, so eine Wahl zu gewinnen, siehe Uta Heinrich in Marl.“ Die Unbekanntheit müsse man eben im Wahlkampf wettmachen, da „müssen wir alle zusammenarbeiten und am großen roten Tau ziehen“.

Groß: „Unmut kann es geben, das gehört dazu, aber hinterher war immer unsere Stärke, dass alle dahinter stehen, wenn man sich für eine Perosn entschieden hat.“

Klaus Schild, der 57-jährige Finanzbeamte aus Oer-Erkenschwick, führt seit 2002 die Sozialdemokraten im Rat der Stimbergstadt. Cay Süberkrüb (53), geboren in Kiel und aufgewachsen im westfälischen Bielefeld, ist seit 1982 Leiter des Rechtsamtes in Herten und seit 2004 Kämmerer der bitterarmen Stadt.

Ob das wirklich reicht, um gegen Hovenjürgen anzukommen? Auch wenn manche den Halterner als „Provinzpolitiker“ bezeichnen – bekannt ist er den Bürgern im Vest durch seine Tätigkeit in Düsseldorf allemal.

Update: Papke: Ruhrbezirk ist nicht vom Tisch!

Gerhard Papke, FDP

"Wir können keine Neuordnung der Regierungsbezirke gegen den Willen aller Landesteile machen. So eine Aufgabe kann man nur in gemeinsamer Abstimmung bewältigen", erklärt FDP-Fraktionschef Papke. "Bislang hat das Ruhrgebiet selbst aber einen solchen Bezirk nicht gefordert. Im Gegenteil: Die Oberbürgermeister stellen sich gegen diese Pläne." Wenn das Revier einen eigenen Regierungsbezirk will, so Papke, würde die Landesregierung diesen Wunsch berücksichtigen müssen. Papke: "Der Ruhrbezirk ist nicht vom Tisch." Der FDP-Fraktionschef sieht eine solche Entwicklung allerdings am Ende eines Diskussionsprozesses: "Das Ruhrgebiet muß enger zusammen arbeiten und braucht eine starke Klammer. Das kann ein eigener Regierungsbezirk sein, das kann ein starker RVR sein, das können aber auch neue Modelle sein." So habe die Landesregierung für Aachen und sein Umland genau die Kooperationsmöglichkeiten geschaffen, die sich die Region gewünscht hat.

In DerWesten äussern sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Landesbauminister Oliver Wittke (CDU) optimistisch was die weitere Entwicklung des Reviers hin zu einem Ruhrbezirk angeht. Lammert: „Der Zug ist aus dem Bahnhof und darf nun nicht an jeder Laterne eine Besinnungspause einlegen.”

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Grüne: Ruhrgebiet erstickt an der preußischen Bürokratie aus dem letzten Jahrhundert.

Als erste Partei im Ruhrgebiet haben die Grünen auf die Erklärung von FDP-Fraktionsvorsitzenden Papke reagiert, die fünf bisherigen Regierungsbezirke zu erhalten und nicht ihre Zahl, wie von der Landesregierung versprochen, auf drei, davon einen für das Ruhrgebiet, zu reduzieren. Martin Tönnes, Fraktionssprecher der Grünen im Regionalverband Ruhr (RVR): "Die Mauern der Grenzen der Bezirksregierungen mitten durch das Ruhrgebiet werden auf Dauer festgeschrieben. Die Fremdbestimmung aus Arnsberg, Düsseldorf und Münster bleibt erhalten. Ruhrdistan geht anstelle einer Befreiung weiter." Die Grünen halten an ihrer Position, eine einheitliche Regionalverwaltung für das Ruhrgebiet zu fordern, fest. Tönnies: „Sechs Städte im Ruhrgebiet stellen derzeit einen gemeinsamen Flächennutzungsplan auf. Für die anschließende Genehmigung sind dann drei Bezirksregierungen auf der Landesseite zuständig. Und auch das Gezerre um die flächendeckende Umweltzone im Ruhrgebiet beweist, dass die staatliche Bürokratie den kommunalen Aktivitäten in der Region weit hinterher hinkt“, führt Tönnes beispielhaft an und bilanziert: „Die Menschen und die Wirtschaft im Ruhrgebiet ersticken an einer preußischen Bürokratie aus dem letzten Jahrhundert.“

 

Netzer der Woche: Livestream Champions League

"Come on you Celts", sagte der Sprecher gestern Abend am Anfang der Champions League Partie gegen Barcelona. Hab ich mir noch nichts bei gedacht über den Lokalpatrioten am Mikro. Dann fiel schnell das 1 zu 0 für Barca und der Sprecher mit näselschottischen Akzent sagte plötzlich "for fuck’s sake, fuck, fuck, fuck off, you", bellte, stöhnte, verzweifelte, "oh lord, there playing boys against man, i mean boys, with b o y s not with h". Dann lief ihm die Nase feucht, er schnäuzte sich, redete mit seiner Frau (?), ein Teller klackerte auf die Tischplatte, dann schabten Messer und Gabeln.

Mein Kommentator machte erstmal zwanzig Minuten Pause, – und beim Essen spricht man nicht. Statt Mittagsschläfchen fragte er später, ob wir ihn vermisst hätten. In der Halbzeit schaltete er durch eine beeindruckende Fernsehsendersammlung, schaute sich ein Video von Duffy an, sang mit. Dann wandte er sich wieder Setanta und den Kelten zu, wurde schnell böse, fluchte über die Celtic-Spieler, die zu lang, zu langsam, zu schlecht seien oder doofe Namen hätten wie Jan Vennegoor of Hesselink. Das Internet macht möglich, wovon alle träumen. Sprich deinen eigenen Live-Kommentar, lass die Rethys und Pletis hinter dir, sei gemein, blind und parteiisch!

Kurzum: Wer Fußball im Internet mag, muss diese Seite besuchen, am besten noch heute Abend. Wenn drei, vier Parteien gleichzeitig laufen, entsteht ein fantastischer Soundteppich aus schottischen Fanreportern, englischen Profisprechern, Fangesängen, mexikanischen Hysterikern und arabischen Cholerikern, dazu laufen die Spiele als Mäusekino, und das reicht zumeist vollkommen.

FDP setzt auf das Landvolk

 

Großzügig mit dem Geld anderer
Leute: Gerhard Papke

Die FDP in NRW scheint kein Interesse mehr daran zu haben, in den Großstädten des Ruhrgebiets gewählt zu werden. Anders kann man die Aussagen von FDP-Fraktionsvorsitzenden Papke in der Neuen Westfälischen kaum werten. Papke will an der angeblich so bewährten Struktur mit fünf Regierungsbezirken festhalten. Arnsberg soll Sitz eines Regierungsbezirkes bleiben – so Papke. Damit versucht die FDP, den Ruhrbezirk zu kippen und hat vor der Lobby der Westfalen in der Partei kapituliert. Weder Bürokratieabbau noch das Ruhrgebiet scheinen in dieser Partei Priorität zu genießen. Bleibt nur zu hoffen, dass die CDU auch in diesem Fall nicht auf Papke hört und zu ihrem Programm steht.
Die Entscheidung Papkes ist nicht nur ein Wortbruch, sie ist auch dumm und kurzsichtig: Im Moment sprudeln die Steuereinnahmen, und gerade aus Sicht von jemanden wie Papke, der sein Berufsleben in Parteiorganisationen und im öffentlichen Dienst verbracht hat, hat damit der Druck, im Bereich der Verwaltungen zu sparen, nachgelassen. Klar ist aber auch: Die nächste Krise wird kommen – und die Einnahmen dann wegbrechen. Klug wäre es, jetzt die Verwaltungen zurückzufahren, um so langfristig stabile Haushalte zu realisieren. Der Westfalenlobbyismus eines Papkes wird den Bürgern noch teuer zu stehen kommen. Wenn Papke schwadroniert:  "Die Neuordnung der Regierungsbezirke hat  keine hohe Priorität. Bürokratieabbau heißt nicht, leistungsfähige, dezentrale Verwaltungen abzuschaffen", macht es wohl Sinn, sich zu überlegen, wofür man im Ruhrgebiet FDP wählen sollte. 

Firmen ohne Fehl und Tadel

Archiv

Wieder mal typisch. Statt arte guck ich bei Kerner, wie Kollege Hansi Küpper im Flugzeug eine Beinahbruchlandung erlebte. Typisch Fußballfernsehmann wurde Küpper erst "schlecht", als er die entscheidenden Szenen auf Video gesehen hat. Und jetzt kann er sich nicht damit zufrieden geben, dass nur die wechselnden Starkwinde Schuld sein sollen, "damit kann ich mich nicht zufrieden geben," meckerte Fehlersucher Küpper. Die Maschine hätte dort keineswegs landen dürfen. Nun, ich wäre zackfroh, dass ich noch lebe. Außerdem – kennen Sie doch vom Fußball, Herr Küpper! – beginnen die Fehler immer schon viel früher. klick

Jedenfalls verpasste ich auf arte deshalb diese Dokumentation von 2005 mit dem Titel "Firma ohne Fehl und Tadel". Natürlich drehte sich der Beitrag um Nokia. Das Stück wirft interessante Fragen auf:  "Kann ein Unternehmen immer und überall die ethischen Grundsätze umsetzen, die von ihm erwartet werden? Und was passiert, wenn engagierte Mitarbeiter über Missstände berichten? Die Nokia-Unternehmensphilosophie stellt den Menschen in den Mittelpunkt, doch der Grundsatz, wonach die persönliche Entfaltung des Mitarbeiters der Schlüssel zum Erfolg ist, stößt manchmal an seine Grenzen." Manchmal an seine Grenzen – gut gesagt!

Ach ja, im November stellten die finnischen Unternehmensphilosophen ein neues Telefon vor. Der Name: Nokia 8800 Arte für den, Zitat, "stilbewussten Nutzer". Schluck.

(Wiederholung: arte, Freitag, 7. März, 11 Uhr)

 

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Ruhrbaron David Schraven erhält Wächterpreis

Den Wächterpreis der deustchen Tagespresse 2008 erhält der WELT-Korrespondent und Bottroper Ruhrbaron David Schraven.

Der Preis wird seit 1969 von der Stiftung ‚Freiheit der Presse‘ vergeben. Ausgezeichnet werden "couragierte Reporter, die in Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Rechten den Kampf um eine saubere Verwaltung aufnehmen, Übergriffe der Bürokratie oder anderer Machtgruppen recherchieren und darüber berichten und dabei ohne Rücksicht auf Namen und bestehende Verhältnisse Missstände schonungslos aufdecken". "Dies ist das Ziel des Wächterpreis der Tagespresse", so die preisverleihende Stiftung.

David erhält – als Drittplatzierter – den mit den 6000 Euro dotierten Preis für seine Berichterstattung im PFT-SKandal. Er hat die Vertuschungen rund um den PFT-Skandal aufgedeckt. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg ist ganz sicher auch glücklich über die Entscheidung.

 

Seine Hoden blieben unauffindbar

 

Helmut Daube am 22. März 1928

Der 22. März war kein guter Tag für  Helmut Daube – es war der Tag, an dem er Opfer eines grauenhaften Verbrechens wurde, das ganz Deutschland erschütterte und Gladbeck, Jahrzehnte vor dem Geiseldrama um Rösner und Degowski, in die Schlagzeilen brachte. Das alles ist nun 80 Jahre her.

Dabei hatte der Tag für Daube eigentlich angenehm begonnen – im Hotel zur Post in Buer hatte der Abiturient bei einem Anwerbungstreffen von Burschenschaftlern ein paar Biere getrunken, um anschließend mit seinen Freunden den Heimweg nach Gladbeck anzutreten. Den letzten Rest der Strecke gingen dann nur noch sein Freund Karl Hußmann und er gemeinsam. Um halb vier passierte es dann: Kurz vor seinem Elternhaus in der Schultenstrasse in Gladbeck-Ellinghorst wurde Helmut Daube ermordet: Jemand schnitt ihm die Kehle durch und trennte Glied und Hoden vom Körper – die Geschlechtsteile wurden nie gefunden.

Nachbarn, auch die Eltern von Daube, hatten zur Tatzeit einen Schrei gehört, ein Schatten wurde gesehen, doch niemand rechnete mit einem Verbrechen – häufig war es in der Gegend nachts etwas lauter, lag doch eine beliebte Kneipe gleich nebenan. Es sollte noch eine Stunde dauern, bis ein Bergmann die Leiche auf dem Heimweg finden sollte.

Was man nie fand, war der Täter – immer wieder gab es in den folgenden Jahrzehnten Verdächtige, darunter Hußmann, immer wieder Festnahmen. Die Kriminalpolizei aus Berlin hatte die Ermittlungen übernommen und mit modernsten Methoden gearbeitet: Fingerabdrücke wurden genommen, Blutspuren ausgewertet, doch es nutzte nichts – zu viele Spuren waren vernichtet worden. Die Staatsanwaltschaft Essen schloss die Akte erst Mitte der 90er Jahre.

70 Jahre nach der Tat hat der Gladbecker Historiker Franz Wegener nach intensiven Recherchen ein Buch zum Daube-Mord veröffentlicht und alle Spuren ausgewertet – und mehrere Mordtheorien entwickelt. Aus diesem Buch ging ein Hörbuch hervor mit über drei Stunden Länge – und das kann man sich nun kostenlos herunterladen. Die Hörer erwartet nicht nur einer der spektakulärsten Kriminalfälle der 20er Jahre, sondern auch ein spannendes Stück deutscher Geschichte – mit erstaunlichen Verwicklungen.