Lauf, Schüler, lauf…

Schützenbruder Foto: Florian Seiffert

Schützenbruder. Foto: Florian Seiffert

Der Rat der Stadt Marl ist etwas für Kenner… und er ist immer wieder für eine Überraschung gut. Jetzt können sich die Politiker nicht entscheiden, ob sie in einer Realschule einen Schießstand für einen Schützenverein erlauben sollen, oder nicht. Die Entscheidung darüber wurde erst einmal vertagt. Eine Mehrheit gegen die Schützenbrüder war wohl nicht zu finden. Wir erinnern uns: Es gibt zwei Arten von Schützen: Die einen sind froh, wenn sie bei Trinkgelagen mit dem Bierglas den eigenen Mund treffen und nicht den Ausschnitt der Gattin des Metzgermeisters. Die anderen machen sich mit schweren Waffen wichtig und erzählen was von meditativer Wirkung durch das Eins werden von Mann und Waffe, was wieder einmal belegt, dass Woody Allen Recht hatte, als er die Gegenthese zu Freud aufstellte, dass nicht nur Frauen vom Penisneid betroffen seien. Wer Marl kennt, ahnt, dass hier eher die trinkfreudigen Gesellen gemeint sind – aber auch die können nicht einfach in die Kneipe gehen und sich friedlich betrinken, sondern benötigen dafür einen geselligen Hintergrund. "Schatz, ich begebe mich heute mit meinen Freunden auf die Jagd nach meiner letzten Gehirnzelle" klingt nun einmal nicht so gut wie "Schatz, ich geh zum Vereinsvorstand, da sind Satzungsfragen zu diskutieren."

Aber auf die Idee, einem Haufen von Menschen – drücken wir uns vorsichtig aus, "mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ein Alkoholproblem bekommen zu können" – mit ihren Waffen Zugang zu einer Schule zu verschaffen, muß man erst einmal kommen. Dann gibt es neben dem Jägerlatein vielleicht bald das Schützenlatein: "Ich hatte da letztes Jahr einen kapitalen Zehntklässler vor dem Rohr". Humor haben Sie jedenfalls, die Marler.

Aachen vor…

Während im Ruhrgebiet noch der unbedeutendste Lokalpolitiker darüber wacht, dass niemand seinen Kirchturm anrührt, gibt es Regionen, die ein wenig pfiffiger sind. Die Aachener zum Beispiel. Die haben sich zu einer Städteregion zusammengeschlossen und werden bei der kommenden Kommunalwahl sogar einen gemeinsamen Repräsentanten wählen. Das Landkreis Aachen wird aufgelöst – es fallen also Stellen weg und sogar Geld wird gespart. Und warum macht das Aachener Umland das alles? weil sie wissen, dass sie mit Kleinstädterei nicht wahrgenommen werden – als Städteregion schon. Und auch der Repräsentant dieser Region wird künftig wahrgenommen werden – wird er doch von allen Bürgern gewählt. Eine ganz andere Liga als der Regionalverband Ruhr und sein Direktor Herr Klink. Es geht also, wenn man will. Blöd nur, dass andere schon wieder schneller sind.

schurians runde welten (reloaded)

Totschlag im Internet "Deine Mudda zieht Autos auf Eurosport." (ustreamer 4357) "Deine Mudda wird am Strand von Greenpeace gerettet!" (ustreamer 3385) "Schalke, alle Uschis!" (ustreamer 1005) Es ist viel passiert, seit diese Kolumne das letzte Mal erschien. Ich habe mir einige technische Geräte angeschafft, die ich um meinen Heimarbeitsplatz gestellt habe und abwechselnd an- und ausschalte. Danach schaue ich wieder in den Laptop, ob zwischendurch etwas geschehen ist, dann schalte ich wieder ein Gerät an, und so weiter. Wenn ich arbeite und Geräte ausprobiere, denke ich daran zurück, wie es war ohne Internet, ohne Computer, Mobiltelefone und andere Geräte: So saß ich Anfang dieses Jahrtausends mal in einem Büro am Westrand des Ruhrgebiets fest und hatte kein Telefon und einen PC ohne Verbindung zum Internet. Irgendwann begann ich damit, mich mit dem Rechner zu unterhalten. Wirklich: Das Teil hatte eine Sprachsoftware, ich konnte mir Sätze ausdenken, die ich mir dann in fünf unterschiedlich verzehrten Stimmfarben vorlesen ließ. Kleine Dialoge, nur unterbrochen, durch das Eintippen des neuen Satzes: Guten Morgen, Christoph, alles klar? Hm. Was haben wir beiden Hübschen denn heute vor? Nichts. Wann gehst Du Mittagessen? Weiß nicht. Du mieser Lutscher, Du kotzt mich an! Häh? Trotz der Gespräche wollte die Zeit einfach nicht vergehen. Weil das nicht nur mir so geht, ist die gewaltigste Industrie unserer Zeit entstanden, sie fußt auf einem Auftragsmord. Medien- und Informationsindustrie helfen uns dabei, die Zeit totzuschlagen. Und das Internet ist ein Brennpunkt dieses Massenmordes. Man kann dort abertausend sinnfreie Dinge suchen, anschauen, anklicken, am sinnlosesten ist es aber, zu versuchen, Fußballspiele zu sehen, die nur im Bezahlfernsehen laufen. Zum Beispiel Champions League, Olimpiakos gegen Werder, zu sehen war das auf einer Seite aus Talinn. Im Selbstversuch wird klar: Wer Fußball gerne in der Totalen sieht, ist im Internet verratzt. Zu sehen sind rote bzw. weiße Pixel auf grünem Grund, wie ein Computerspiel auf dem Sinclair. In Nahaufnahme geht es einigermaßen, aber der Datenrhythmus macht das Spiel kaputt, es fließt nicht, es hackt. Weil das die anderen 5.000 Zuschauer auch so sahen, haben sie auf der Seite gechattet, sich ungefähr so angeregt unterhalten wie ich mit meinem Bürorechner – die geistreichesten Kommentare habe ich an den Anfang dieser Kolumne gestellt, die es ab jetzt wieder regelmäßig geben wird. Mit irgend etwas muss man die Zeit ja totschlagen!

Im falschen Flimm

Wir wollen hier wütend sein, gar nicht schwer. Etwa über die Ruhrtriennale, beziehungsweise die Ära Jürgen Flimm. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger kommt Flimm aus Nordrhein-Westfalen. Falsch, er kommt aus Köln. Und das merkte man. Zum Beispiel beim letzten Abend des Kulturfestivals 2007, 14. Oktober in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Dabei habe ich gar nichts gegen Köln, aber auch wenig für die Domstadt übrig. Schon gar nicht kulturell. Weil ich damit zum Glück nicht allein bin, musste die Bewerbung der größten Stadt im Bundesland als Kulturhauptstadt Europas grandios scheitern. Wir wissen, wer das Rennen machte. Am Rhein würden sie noch heute ihre Wunden lecken, erzählte mir im Frühjahr ein in Köln lebender, aber eigentlich in Herne beheimateter Schauspieler. Stimmt fast: Die einen lecken seit drei Jahren den "halwen hahn" – die anderen verdienen das Geld dann halt woanders. Zum Beispiel: Im Ruhrgebiet.

Kulturindustriemeister Jürgen Flimm ist eine Art Anführer dieser kölschen Kulturmontage, der rheinischen Bühnen-Kampagne. Von Anfang an. Als der Theatermann vor vier Jahren zum Intendanten der Ruhr-Triennale wurde, dem noblen Aushängeschild der Ruhr-Kultur, wollte er trotzdem nicht von der Kölner Bewerbung als Kulturhauptstadt lassen, er gab das widerwillig erst nach einigem Pressedruck auf. Und seine Rache am Ruhrgebiet war schrecklich.

Hatte der Triennale-Gründungsintendant und Kosmopolit Gerard Mortier noch viel hingeschaut, nachgedacht und gesagt über das Revier und seine Bewohner, geriet Flimms Abschiedsabend zum Liederabend der rheinischen Wanderarbeiter. Der musikalische Leiter, ein Kölner, der Stargast, ein Kölner, der Gastbläser, ein Kölner, die Band, aus Köln. Selbst der niedliche Amateurchor entstammte irgendeiner Sankt-Blasius-Basilika in irgendeinem Viertel dieser von ihren Einwohnern gerne als "schönste Stadt der Welt" bejubelten Sammlung von Bausünden. Der ganze Abend in der Jahrhunderthalle wurde zu solch einem Heimspiel der Rheinländerei, dass das Bühnenpersonal selbstverständlich von "hier" sprach, obwohl sie Köln meinten.

Zum Abschied an das Ruhrgebiet, ohne dessen ausgebeutete Landschaft, Geschichte und Einwohner es niemals Arbeit für Jürgen Flimm und Co. Kg. zwischen Emscher und Ruhr gegeben hätte, las der scheidende Intendant eine Geschichte von Heinrich Böll. Ein Straßenporträt, katholisch, kitschig, kölsch, sprich: an dieser flachen, feuchten Stadt besoffen. Zuvor gab er etwas Apokalypse, dann war Schluss, kein Wort übers Revier, zu drei Jahren Festivalleitung, zum Publikum. Ein Profi, Geld wird jetzt woanders verdient.

Ach ja, fehlt noch das Feuerwerk zum Abschluss. Funkensprühende Drachen zogen auf und ab, es glühte, funkelte, blitzte etwas zwischen dem dürrem Pappelbewuchs vor der Halle, Jürgen Flimms barocken "Hain". Es würde mich nicht wundern, wenn die Postleitzahlen von Feuerwerkern und Baumschule mit 5 und 0 beginnen.

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Sieg der Provinz

Die Landesregierung hat sich von der Schaffung eines Ruhrbezirkes verabschiedet. In der Mitte der nächsten Legislaturperiode soll jetzt entschieden werden. Das heißt übersetzt: Niemals. Den eigenen Ruhrbezirk wird es nicht geben. Es ist der Sieg der Provinz über die Vernunft. Es ist ein Triumph weitgehend überflüssiger Bürokraten, profilloser Vorortpolitiker und Besitzstandswahrer.
Aus Sicht des Landes ist es nur folgerichtig, die Reform der Landesstrukturen, dessen großer Gewinner das Ruhrgebiet gewesen wäre, zu stoppen: Die Widerstände in der Provinz waren zu groß und aus dem Ruhrgebiet gab es keine nennenswerte Unterstützung für die Reformen. Nicht nur die Sozialdemokraten haben sich gegen die Strukturreform aufgestellt – parteitaktisch vernünftig, aber natürlich unverantwortlich, auch aus der CDU gab es nur Kritik.
Viele CDU Orts- und Kreisverbände haben sich gegen ihre eigene Landesregierung aufgestellt. Es waren die gleichen Vorortpolitiker, die das Wahlprogramm der Union, in der die Forderung nach einem einigen Ruhrgebiet stand, immer unterstützt haben. Soll man ihre Namen nennen? Überflüssig: Haben Sie schon mal den Namen Hovenjürgen gehört? Eben. Bei einer Partei, die so uneinig ist, die so schnell bereit ist, ihre eigene Programmatik zu verraten, stellt sich die Frage der Regierungsfähigkeit. Durchsetzungsstark ist anders.
Aber es fehlten auch die Stimmen, die von der Landesregierung laut forderten, sich an ihre Versprechen zu halten und das Ruhrgebiet zu stärken. Der Regionalverband Ruhr, die einzige Klammer des Ruhrgebiets, ist, seitdem Rot-Grün Heinz-Dieter Klink an die Spitze gewählt hat, in der Unbedeutung verschwunden. Seinen Auftrag, das Ruhrgebiet zu schwächen, hat Klink bestens erfüllt. Er konnte dabei das tun, was er am besten kann: Nichts.
Was werden die Konsequenzen sein? Das Ruhrgebiet hat sich endgültig davon verabschiedet, eine Metropole zu werden – und vor allem die kleinen Städte werden die Verlierer sein. Formal unabhängig, werden sie zu Vororten degenerieren. Essen wird seine Rolle als das natürliche Zentrum der Region in Zukunft konsequent ausspielen – gemeinsame Strukturen, die für das Erreichen gemeinsamer Ziele sorgen könnten, gibt es nicht. Auch die Regionalplanung würde einen starken Regionalverband benötigen – den es nicht gibt.
Vielleicht ist ja das freie Spiel der Kräfte tatsächlich die beste Lösung: Sie nimmt den Provinzpolitikern die Möglichkeiten zum Handeln. Essen wird künftig eine Leitfunktion für die Region einnehmen. Wer erfolgreich sein will, wird sich dieser Tatsache anpassen, wer sich nicht anpassen will, wird an Bedeutung noch mehr verlieren. Die Sieger von heute haben die Grundlage für ihre eigene grandiose Niederlage geschaffen. Sie sollen gefälligst nicht jammern, wenn sie es in ein paar Jahren bemerken.

Startschuss

Die Idee einen Ruhrgebietsblog zu machen hatten wir, David Schraven, Christoph Schurian, Ulrike Traub, Thomas Nückel, Thomas Meiser und ich, Stefan Laurin, schon vor längerer Zeit.

Den Namen haben wir im Freibeuter gefunden und Irene Kemler dann so lange genervt, bis sie uns diese Seite gestaltet und programmiert hat.

Was wir wollen? Über das Ruhrgebiet schreiben. Anders als in den Medien, für die wir sonst arbeiten, journalistisch, klar, wir sind ja fast alle Journalisten, aber doch meinungsfreudiger als im Berufsalltag .

Ich persönlich bevorzuge das Wort härter, aber das wird jeder von uns für sich selbst entscheiden. Wir wollen über Kultur schreiben, den Alltag im Ruhrgebiet aber vor allem über die Politik:

Über Oberbürgermeister im Westfalenwahn, einen Regionalverband Ruhr, der in einer so miserablen Verfassung ist, dass das Ruhrgebiet auseinander zu fliegen droht und auch darüber, was man dagegen tun kann, wenn ein paar Politiker und Lobbyisten es sich zum Ziel gesetzt haben, eine fünf Millionen Region unten zu halten.

Denn wir mögen das Ruhrgebiet und sind gerade deshalb seit Jahren vor allem eines: Wütend.

Klinks Redefluss

Die Rede komplett (Manuskript)
Zukunft des RVR
Vortrag im Rahmen der Sitzung der Verbandsversammlung am 08.12.2008

Herr Vorsitzender,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Jahr 2008 war ein besonderes Jahr für den RVR, ein ebenso besonderes Jahr für die Metropole Ruhr. Und es war für beide ein gutes und erfolgreiches Jahr. Zu den Erkenntnissen dieses Jahres gehört schließlich, wie sehr beide – Verband und Metropole – zusammen gehören und voneinander abhängen, eigentlich nur verschiedene Seiten derselben Medaille und damit Synonyme sind.

Was machte das Jahr 2008 für den RVR so besonders? Zum ersten Mal in der 88jährigen Geschichte des ältesten deutschen Regionalverbandes wurde seinen gesetzlichen Mitgliedern die Option geboten, die Mitgliedschaft aufzukündigen. Noch vor wenigen Jahren wäre eine solche Option faktisch auf die Frage redu-ziert worden, „RVR ja oder nein?“ und Entscheidungsparameter wäre für jede Kommune einzig gewesen „Was zahl ich ein, was hol´ ich raus?“, regionaler Mehrwert allenfalls als willkommener Nebeneffekt. Gerade die Hagener Dis-kussion zeigte, dass trotz aufgezeigter fiskalischer Einsparmöglichkeit der regi-onale Mehrwert letztlich entscheidungserheblich war.

Wie sehr sich das Ruhrgebiet seitdem auch mental verändert hat, lässt sich daran ablesen, dass 2008 ein ganz anderes Kriterium im Mittelpunkt der Entscheidung stand. Dieses Kriterium war und ist die Metropole Ruhr. Regionaler Mehrwert also nicht mehr nur mitgedacht, sondern als zentrales Argument.

Wenn man bedenkt, wie noch vor relativ kurzer Zeit heftig und aufgeregt über das Thema Freiwilligkeit der Mitgliedschaft im RVR gestritten wurde und dazu noch berücksichtigt, unter welch´ schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen die Kommunen im Ruhrgebiet ihre Aufgaben erfüllen müssen – Herr Prof. Jun-kernheinrich hat die aktuellen Zwänge ja gerade noch einmal eindrucksvoll her-ausgearbeitet und nicht von ungefähr standen seine Ausführungen am Beginn unserer heutigen Sitzung – da bleibt es um so bemerkenswerter, wie unaufgeregt und im Grunde unspektakulär die Austrittsfrist Ende Oktober verstrichen ist. Gerade auch Gemeinden am Rande des Ballungsraumes haben sich im Laufe der Diskussion zur gemeinsamen Metropole Ruhr bekannt. Ein katastrophaler regi-onaler Flickenteppich wurde schon im Ansatz verhindert und war ein wichtiges Gegenargument.

Daraus ziehe ich drei Schlüsse:

•    Erstens erweist sich, mit welch´ hohem Stellenwert und mit welcher Selbstverständlichkeit das noch junge Thema „Metropole Ruhr“ im Ruhr-gebiet bereits verankert ist.
•    Zweitens hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Metropole Ruhr ohne den Regionalverband Ruhr nicht zu haben ist.
•    Und schließlich drittens die Erkenntnis aus den Abstimmungsergebnissen im Kreistag Wesel und im Rat der Stadt Hagen, dass der RVR noch mehr dafür tun muss, den Mehrwert der Metropole Ruhr zu kommunizieren und deutlich zu machen, dass wirklich alle von der Metropole Ruhr profitie-ren. Die Herstellung eines ausgewogenen Gleichgewichts von Ballungs-rand und Ballungskern muss Handlungsmaxime des Verbandes sein.
•    Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass sich wirklich alle Mitglieder aktiv in das Projekt „Metropole Ruhr“ einbringen müssen. Das reicht von der Formulierung eigener Erwartungen bis zur solidarischen Unterstüt-zung gemeinsamer Aktivitäten. Dazu gehört auch schon mal die Verfü-gungstellung von Mitarbeitern, um den Aufbau zusätzlicher Personalka-pazitäten beim RVR zu vermeiden. Denn Metropole Ruhr ist die Gemein-schaft der 15 und kann und will auf keinen verzichten!

Alles in allem war 2008 also deshalb auch für die Metropole Ruhr ein besonde-res Jahr, weil mit der Zukunftsentscheidung für den Regionalverband Ruhr zugleich die Neuaufstellung des Ruhrgebiets als Metropole Ruhr unumkehrbar geworden ist. Jetzt geht es insbesondere für den RVR darum, diese Metropole Ruhr weiter auszubauen und nach innen und außen Lust auf noch viel mehr Metropole Ruhr zu machen.
 
Allerdings kann und soll es bei der Entwicklung der Metropole Ruhr nicht dar-um gehen, neue Barrieren zu errichten. Die weltweite Suche nach Investitions-standorten nimmt auf gefühlte Grenzen wie die Abgrenzung zur Rheinschiene keine Rücksicht. Es ist nahe liegend, dass die ökonomische Prosperität gerade auch für unsere Region nur in der Bündelung bestimmt er Potentiale von Bonn bis Dortmund möglich ist. Der heiße Kampf um Köpfe ist ohne die Kompetenz der gesamten Wissenschaftslandschaft an Rhein und Ruhr und ohne zum Bei-spiel eine Flughafeninfrastruktur von Köln, Düsseldorf und Dortmund nicht er-folgreich zu bestehen. Die Verbindung zwischen Dortmund und Duisburg ist nicht mehr Kohle und Stahl, sondern beide bilden die Eckpfeiler für das kom-pletteste Logistik-Cluster, das wir in Deutschland haben. Mit dem Flughafen Köln-Bonn zusammen spielt Rhein-Ruhr nicht nur in der ersten Liga, sondern auch auf den vorderen Plätzen dieser Klasse.
In der Konsequenz heißt das für uns, dass wir in der Metropole Ruhr unsere Po-tenziale zusammenführen müssen und gleichzeitig keine Angst haben dürfen, in Kooperationen mit Regionen außerhalb einzusteigen.

Ich will im Folgenden kurz skizzieren, was dies im Einzelnen bedeuten kann, will zuvor aber in wenigen Anstrichen die besonderen Rahmenbedingungen die-ser Metropole im Werden ansprechen.

Für den Regionalverband Ruhr gelten Bedingungen und Voraussetzungen, die sich von denen aller anderen Regionalverbände in Deutschland deutlich unter-scheiden.
Neben der ausgeprägten Polyzentralität der Städtelandschaft Ruhr und der deutschlandweit längsten Tradition interkommunaler Kooperation hat unter der Überschrift „Metropole Ruhr“ ein regionaler Aufbruch begonnen, wie er – und das sage ich ohne überzogenes Pathos – in Deutschland einzigartig ist.

Im Zuge der Globalisierung gehört es mittlerweile schon zur Normalität, sich in größeren Aktionsräumen zu organisieren, um im Rahmen des nationalen und in-ternationalen Wettbewerbs bestehen zu können. Messbare Kriterien wie Ein-wohnerzahl, Wirtschaftskraft oder die ballungsraumspezifische Vernetzung der Infrastruktur geben insoweit auch im Ruhrgebiet die Entwicklungsrichtung regi-onaler Kooperation vor.

Diese auch andernorts vorzufindenden rationalen Komponenten, die dort oft zu blutleeren, akademischen Leitbildern führen, treffen in der Metropole Ruhr auf das Spezifikum einer doppelten Identität seiner Bevölkerung im Sinne von emo-tionaler Verbundenheit und gelebtem Alltag beim Arbeiten, Wohnen oder Erho-len. Und das bedeutet, dass der Bezugsraum Ruhr im Gegensatz zu vielen ande-ren regionalen Zusammenschlüssen ein besonderes Maß an Authentizität und damit Überzeugungskraft besitzt. Diese Kraft ist so groß, dass sie für das Ruhr-gebiet weit mehr als ein Leitbild beflügelt. Diese Kraft ist so groß, dass sie in der Lage ist, etwas wirklich Großes aufzuladen, nämlich die Vision von der Metropole Ruhr.
Daraus ergibt sich nicht mehr und nicht weniger als die Aufgabe und Pflicht für alle gestaltenden Kräfte, zuvorderst den Regionalverband Ruhr, ein politisches Konzept weiter zu entwickeln und weiter konsequent umzusetzen, das die „Met-ropole Ruhr“ konkrete Gestalt annehmen lässt. Dabei gilt, dass „Metropole Ruhr“ thematisch nicht begrenzt ist und wirklich allen Bevölkerungsgruppen zu-sätzliche Perspektiven eröffnet.

„Metropole Ruhr“ ist in diesem Sinne keine allein administrative Einheit, schon gar keine hierarchische Begriffskategorie einer Überordnung der Region gegen-über den Städten und Kreisen des Ruhrgebiets, es ist auch keine einfache Addi-tion der kommunalen Potentiale, sondern „Metropole Ruhr“ ist eine politische Strategie, die die Qualitäten, Dynamiken und Perspektiven der Kommunen der Region durch Vernetzung und gemeinsame Profilschärfung in einen größeren Bezugsrahmen stellt, der auch externer Aufmerksamkeit sicher sein kann. So verstanden, kann und will Metropole Ruhr ihre Städte nicht ersetzen, sondern gestaltet eine gemeinsame Qualität von Urbanität, ein Mehr gegenüber den Tei-len, aber ein Nichts ohne ihre Teile.

Das Ruhrgebiet will nicht als Objekt begriffen werden, dem man sich – durch-aus wohlwollend – von außen zuwendet. Das Ruhrgebiet will viel stärker Akteur werden, gleichberechtigter Partner bei der Lösung von Problemen und bei der Gestaltung von Zukunft.
Dem Regionalverband Ruhr kommt auf seiner neuen gesetzlichen Grundlage seit dem 01.10.2004 bei diesem Prozess der Weiterentwicklung des Ruhrgebiets zur Metropole Ruhr eine zentrale Rolle zu.

Allerdings gibt es im RVR-Gesetz keine generelle, allgemein verbindliche Zu-ständigkeitsklausel zur Entwicklung der Metropole Ruhr. Das führt dazu, dass der Verband immer wieder einmal in die Gefahr gerät, seine gesetzlichen Kom-petenzen bis an die „Schmerzgrenzen“ ausreizen zu müssen, um wichtige The-men der Metropole Ruhr bearbeiten zu können. Dies gilt insbesondere, wenn es um die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Ressourcen geht. Ich bin a-ber gewillt, wo immer möglich und nötig Tätigkeitsfelder zu eröffnen, die für die Zukunft der Metropole Ruhr unabdingbar sind. Ich hoffe dabei auf Ihre nachhaltige Unterstützung, auch dann wenn wir damit Grundsatzfragen der Fi-nanzordnung berühren. Der chronische Geldmangel der Metropole Ruhr kann nur Leistungen ihrer Mitglieder beseitigt werden.
 
So wie der Verband mit seinen spezifischen Beiträgen unverzichtbar ist, so sind es viele andere Akteure auch, die auf Themenfeldern wie z.B. Verkehr und Bil-dung – wichtige Aspekte gerade für die Zukunftsfähigkeit einer Metropole – ih-ren Zuständigkeiten entsprechend Anstrengungen unternehmen müssen.
Das gilt namentlich für das Land, das bei allen Anstrengungen der kommunalen Selbstverwaltung aus seiner staatspolitischen Verantwortung für die Entwick-lung seiner Regionen und damit insbesondere auch der Metropole Ruhr nicht entlassen werden darf. So gibt es z.B. nur für den Teilbereich des SPNV eine ausgewiesene regionale Kompetenz, die beim VRR liegt. Dies behindert aktuell noch die Entwicklung und Durchsetzung von Gesamtkonzepten für den ÖPNV in der Metropole Ruhr. Die Stadtgrenzen stellen leider immer noch zu oft auch Attraktivitätsgrenzen für den ÖPNV dar. Der Verband ist dennoch gewillt in diesem Bereich, regionale Aktivitäten zu inszenieren. Seine Tochter – die Wirt-schaftsförderungsgesellschaft – hat hier bereits Vorarbeiten geleistet.

Bei der Entwicklung von Wissen und Wissenschaft, Bildung und Ausbildung besteht erheblicher Handlungsbedarf, wenn der Metropolenanspruch dauerhaft gefestigt und gesichert werden soll. Er muss sich durch einen Wissens- und Ausbildungsvorsprung auszeichnen, der alle Ebenen vom Wissenschaftler in der Forschung bis zum qualifizierten Facharbeiter umfasst. Andererseits fehlt dem Verband hierfür jede gesetzliche Zuständigkeit und damit fehlen auch die not-wendigen personellen und finanziellen Ressourcen. Es sind Bereiche, die ent-weder den Kommunen oder dem Land zugewiesen sind. Wir wollen uns auch diesem Aufgabenbereich stellen, müssen aber auf die gegebenen Einschränkun-gen hinweisen, um vor überzogenen Erwartungen zu warnen.

Als einziger politisch legitimierter Klammer des Ruhrgebiets fällt dem RVR künftig vor allem die Rolle zu, wesentliche Initiativen zur weiteren Gestaltung der Metropole Ruhr zu ergreifen und zu bündeln. Anspruch des Verbandes muss es sein, auf der Grundlage seiner gesetzlich definierten Aufgabenfelder aber auch darüber hinaus die Metropole Ruhr zu planen, zu bauen und zu kommuni-zieren.
Strategische Ziele sind dabei die Stärkung der Region als Wirtschafts-, Wissen-schafts- bzw. Bildungs- und Kulturstandort, die Profilierung im demographi-schen Wandel und die Entwicklung zu einer Region der Lebensqualität.

Mit der Regionalplanung erhält der RVR im kommenden Jahr ein starkes In-strument, um auf diesen strategisch wichtigen Feldern Beiträge zur weiteren Entwicklung leisten zu können. Für mich sind bei der Ausgestaltung der Regio-nalplanung in und für die Metropole Ruhr folgende Gesichtspunkte zentral:

Regionalplanung für die Metropole Ruhr muss mehr bedeuten als Regionalpla-nung nur mit neuem Gebietszuschnitt. Einräumig statt dreiräumig. Der Stichtag der Übernahme der Regionalplanungskompetenz durch den RVR 2009 markiert keine Stunde Null für Planung in der Metropole Ruhr.
Die Region hat bereits mit dem Verbandsverzeichnis Grünflächen und im Rah-men der Erarbeitung des Freiraumkonzepts Metropole Ruhr und der Masterplä-ne gute Erfahrungen mit anderen Planungsinstrumenten gesammelt.

Hierzu zählt auch das Instrument des Regionalen Flächennutzungsplans. Die Kooperation der sechs Städte hat zu einer an Intensität kaum vergleichbaren in-terkommunalen Kooperation geführt, zu einer Einübung regionaler Konsensfin-dung beigetragen und so einen hohen regionalen Mehrwert erzeugt.

Deshalb habe ich mich bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Landesplanungsgesetzes dafür eingesetzt, die Kommunalisierung der Regional-planung künftig gesetzlich stärker zu verankern. Hier sind wir leider nicht durchgedrungen. Ich sehe daher eine vordringliche Aufgabe des Verbandes dar-in, in den kommenden Wochen und Monaten und insbesondere im Dialog mit dem Land zu erreichen, die kostbare ruhrgebietsspezifische Planungskultur in  die Regionalplanung zu integrieren. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass die erfolgreiche Realisierung von Regionalplanung in der Metropole Ruhr nur im engen Schulterschluss und in enger Abstimmung mit den Kommunen der Regi-on möglich ist. Das Prinzip „Kooperation statt Eigensinn“ muss auch nach 2009 Gültigkeit behalten. Hier liegt aber auch die große Chance – ein Angebot, dass der Verband nutzen wird. 

In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die Regelungen im Landes-planungsgesetz nach wie vor unzureichend sind, um die Kompetenzen der Ver-bandsversammlung als Regionalrat in vollem Umfang nutzbar zu machen.
Es ist keine Regelung aus einem Guss, wenn die Beratung des Regionalrates bei der Vorbereitung von raumbedeutsamen und strukturwirksamen Planungen so-wie Förderprogrammen und Maßnahmen des Landes weiterhin durch die drei RP´s und nicht durch den Verband erfolgen soll und damit indirekt die Dreitei-lung des Ruhrgebiets beibehalten wird.

Hier ist der Gesetzgeber zu weiteren Nachbesserungen  aufgefordert. Wir wer-den aber schon in der Vorbereitungsphase erste Ansätze entwickeln und sie dann mit Ihrer Unterstützung in Düsseldorf einbringen.

Zur auch weiterhin großen Bedeutung der informellen Planungsinstrumente des RVR habe ich ja bereits grundsätzliche Anmerkungen gemacht. Ich möchte an dieser Stelle zusätzlich noch einige wenige Ausführungen zu den jeweiligen konkreten Zielstellungen ergänzen.

Der Masterplan Raum- und Siedlungsstruktur und die übrigen Masterpläne sind wichtige Bausteine der spezifischen Regionalplanung in der Metropole Ruhr. Bei ihrer Erarbeitung sind die Kommunen und andere regionale Akteure intensiv einbezogen. Die Integration der bereits vorliegenden teilregionalen Entwick-lungskonzepte – ich nenne stellvertretend den Masterplan emscher:zukunft, den Masterplan Emscher Landschaftspark 2010, das ruhrtal, den Masterplan Ruhr der Städteregion 2030 und aktuell Strategiepapiere wie „Konzept Ruhr“ und „Wandel als Chance“ – ihre Integration in den regionalen Zusammenhang und deren Vernetzung untereinander ist hierbei selbstverständlich. Gestärkt wird dies zusätzlich von der beim RVR vorhandenen umfassenden Raumkenntnis, die von einem großen Geodatenbestand unterstützt wird.

Parallel zum Masterplan Raum- und Siedlungsstruktur wird als in diesen zu in-tegrierenden Fachbeitrag das Freiraumkonzept Metropole Ruhr erarbeitet, des-sen Zielaussagen zur Freiraumthematik differenzierter erfolgen. Anlass für die Bearbeitung des Freiraumkonzeptes Metropole Ruhr sind die mit der demografi-schen und wirtschaftlichen Entwicklung verbundenen aktuellen Problem- und Fragestellungen. Orientiert an den sich daraus ergebenden geänderten Ansprü-chen an die Freiraumnutzung ist es Ziel, ein vernetztes Freiraumsystem zu ent-wickeln, das sich von der offenen Landschaft über die regionalen Grünzüge bis in die Wohngebiete zieht. Durch ein von den Wohnstandorten leicht zu errei-chendes System vielfältig gestalteter und naturnaher Freiräume, das von einem durchgrünten Wohnumfeld ergänzt wird, soll ein für die Bewohner des Ruhrge-bietes attraktiver Lebensraum entstehen. Hiermit soll auch ein Beitrag geleistet werden, der anhaltenden Siedlungsrandwanderung zu begegnen.

Auf der Basis regional abgestimmter gesamträumlicher Leitbilder und Leitziele sollen für Räume, in denen Handlungsbedarf festgestellt wird, im Konsens mit den Mitgliedskörperschaften Handlungsprogramme mit Maßnahmen erarbeitet und über Modellprojekte zunächst beispielhaft realisiert werden.

Alle bisherigen freiraumbezogenen Aktivitäten in der Region wie der Emscher Landschaftspark, interkommunale Initiativen und kommunale Konzepte sollen über das Freiraumkonzept Metropole Ruhr miteinander vernetzt und dort, wo Handlungsbedarf festgestellt wird, ergänzt werden.
Ziel ist, alle Konzepte und Maßnahmen in eine gemeinsame Gesamtstrategie zur quantitativen und qualitativen Freiraumsicherung und Freiraumentwicklung für die Region zusammenzuführen.

Das Freiraumkonzept Metropole Ruhr soll für den RVR zukünftig wesentliche Entscheidungsgrundlage für seine Liegenschaftsstrategie sein. Dies betrifft so-wohl Entscheidungen über Projekte im Zusammenhang mit dem bestehenden Grundbesitz als auch Entscheidungen, in welchen Räumen sich der RVR dar
über hinaus engagieren wird.

Meine Damen und Herren,

die erfolgreiche Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2010 eröffnet dem Ruhrgebiet die Gelegenheit, den erreichten und in der Weiterentwicklung be-findlichen Prozess seiner Verwandlung nach innen und außen überzeugend zu präsentieren.

Bereits heute können wir mit Stolz auf ein ganzes Bündel von Erfolgen verwei-sen, die ohne die Kulturhauptstadt so nicht zu Stande gekommen wären. Und ich denke nicht nur an das an vielen Stellen bereits jetzt imposante Programm, son-dern ich denke auch an ganz handfeste Investitionsentscheidungen wie die Er-weiterung des Museums Küppersmühle in Duisburg, ich denke an Folkwang und Ruhrmuseum hier in Essen, ich denke an das Schumacher-Museum in Ha-gen und an den Umbau des „U“ in Dortmund. Weiteres hängt unmittelbar damit zusammen. Der Umbau des Essener Hauptbahnhofes läge ohne Kulturhauptstadt vermutlich noch viele Jahre auf Eis und auch die Rückkehr von Thyssen Krupp aus Düsseldorf ins Ruhrgebiet ist durch den metropolitanen Rahmen der Kultur-hauptstadt sicherlich beflügelt worden. Die Metropole Ruhr ist Hauptpartner der ITB 2009 in Berlin. Sie wird dadurch weltweit als touristisch starke Region wahrgenommen. Sie steht in einer Reihe mit den großen Touristikzentren der Welt. Wir haben also allen Grund, dem Jahr 2010 wohlgemut entgegen zu se-hen. Tun wir alles dafür, diese große Gelegenheit zu nutzen, um Besucher und Bewohner so zu begeistern, dass sie sich die Vision der Metropole Ruhr zu ei-gen machen.

Mit dem Masterplan Kultur gilt es, den Aufbruch des Kulturhauptstadtjahres  über 2010 hinaus für die Zukunft zu verstetigen.
Ein Thema, das auch gesetzliche Zuständigkeiten betrifft, wird dabei die Frage sein, ob es vor dem Hintergrund der herausragenden Bedeutung der Industrie-kultur für die Metropole Ruhr nicht folgerichtig oder sogar zwingend ist, die I-dentität bildenden Einrichtungen der Industriekultur – ggf. auch die Industrie-museen – in die Trägerschaft des RVR zu übernehmen und diese zu einem Or-ganisationsverbund zusammenzuführen. Selbstverständlich würde das voraus-setzen, dass die Finanzierung dieser neuen Trägerschaften aus GFG-Mitteln er-folgen müsste. Die gesetzliche Grundlage dafür besteht. Sie müsste eingefordert werden. 
Überzeugende infrastrukturelle und inhaltliche Sportangebote sind für eine ge-sundheitsorientierte, sozial-integrative und jugendnahe Politik unverzichtbar. Es entspricht dem metropolitanen Anspruch des Ruhrgebiets, dass es die gesamte Bandbreite des Themenfeldes Sport von der Nachwuchsförderung über den Breiten- bis zum Spitzensport abdeckt und in Wert setzt. Der in Arbeit befindli-che Masterplan Sport wird neben einer Bestandsanalyse die kommenden Bedar-fe beschreiben und Vorschläge unterbreiten, wie die künftig notwendigen infra-strukturellen Einrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft attraktiv und auf lange Sicht bestandsgesichert betrieben werden können. Der RVR hat an einer solchen Diskussion auch wegen seines eigenen vielfältigen Angebots an Frei-zeiteinrichtungen – insbesondere den Freizeitgesellschaften – hohes Interesse und will deren Weiterentwicklung im Rahmen dieses Masterplans konzeptionell ein-bringen.

Wie jede Metropole braucht auch die Metropole Ruhr Verortungen. Da das Einmalige der Metropole Ruhr ihre Polyzentralität ist, kann dieser besondere Charakter nicht vor allem durch punktuelle Wahrzeichen repräsentiert werden, sondern findet seinen sinnfälligen Ausdruck in markanten städte- und land-schaftsbaulichen Verbundprojekten eigener Art.

Mit der Route der Industriekultur und dem Emscher Landschaftspark profitieren alle Teile des Ruhrgebiets von der metropolitanen Strahlkraft dieser großen Inf-rastrukturprojekte. Auf der Grundlage des mit dem Land zur finanziellen Absi-cherung der Trägerschaften für den Emscher Landschaftspark und die Route der Industriekultur abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages eröffnen diese Projekte neue Perspektiven innovativer wirtschaftlicher, kultureller und touristi-scher Entwicklung.

Die Route der Industriekultur ist heute schon das Alleinstellungsmerkmal der Metropole Ruhr im Wettbewerb mit anderen touristischen Regionen. Sie hat im Rahmen der Präsentation der Region als Europäische Kulturhauptstadt 2010 und im Rahmen der Tourismusförderung eine herausragende Bedeutung.
Der RVR verantwortet, organisiert und koordiniert den Zusammenschluss der in örtlicher Trägerschaft stehenden Ankerpunkte und weiterer Standorte zum tou-ristischen Netzwerk, sichert dessen Funktionsfähigkeit, unterhält die Routeninf-rastruktur, betreibt Pflege und Fortentwicklung des Netzwerks, gestaltet den medialen Auftritt und das Dachmarketing.

Nach diesem erfolgreichen Vorbild wird der RVR künftig seine derzeit 33 Hal-den über die Einzelprofilierung hinaus im Verbund inszenieren. Frei nach dem Motto „Die Metropole Ruhr baut sich ihr urbanes Gebirge“ ergibt sich so ein weiteres Alleinstellungsmerkmal mit hohem Aufmerksamkeitswert und entspre-chender Anziehungskraft. Wer schon auf der gerade eröffneten Halde Hohewart war, kann erahnen, welch großes Potential in diesem Thema noch schlummert.

Der RVR wird den Emscher Landschaftspark als einen herausragenden Beitrag zum Strukturwandel in der Metropole Ruhr im Sinne des Masterplans Emscher Landschaftspark 2010 weiterentwickeln, nicht zuletzt mit Blick auf die Präsenta-tion des Ruhrgebiets als europäische Kulturhauptstadt 2010. Gerade der Em-scher Landschaftspark verwandelt innerhalb weniger Jahre einen benachteiligten Hinterhof in einen strahlenden Vorgarten. Das mittlere und nördliche Ruhrgebiet wird hochgradig attraktiv.

Zur Ausgestaltung der Trägerschaft des ELP hat der RVR strategische Partner-schaften begründet, durch die die neue Pflichtaufgabe nachhaltig gestaltet wird.
Der Trägerschaftsvertrag zwischen dem Land NRW und dem RVR bestimmt näher die auszuführenden Aufgaben im Rahmen der Trägerschaftsfunktion und regelt auf Grundlage der Aufgabendefinition das Volumen notwendiger finan-zieller Ausgleichszahlungen des Landes.
Mit dieser vertraglichen Vereinbarung ist ein entscheidender Schritt getan für eine hochwertige und nachhaltige Qualitätssicherung regionaler Parkinfrastruk-tur. Für 14 regional bedeutsame Standorte und den Emscher Park Radweg hat der RVR das Pflegemanagement übernommen, das er gemeinsam mit regionalen und lokalen Partnern umsetzt.

Die planerische Vision eines neuen Ost-West-Grünzuges im Zentrum des Ruhr-gebietes, namentlich im Emscherraum, wird in den nächsten Jahren durch den Bau des Emscherkanals und den anschließenden Rückbau der Emscher einen entscheidenden Schub bekommen. Dies eröffnet vielfältige neue Möglichkeiten, den bisher erfolgreichen, vom RVR mitgestalteten Umbau der montangeprägten Landschaft weiterzuführen. Der RVR hat mit der Emschergenossenschaft hierzu eine strategische Partnerschaft geschlossen und die Arbeitsgemeinschaft Neues Emschertal gegründet. In dieser Partnerschaft werden die Potenziale im Neuen Emschertal für einen nachhaltigen Landschaftswandel und die städtebauliche Entwicklung gemeinsam vorangebracht.
Trotz dieser Dynamik des neuen Emschertales wird die Entwicklung von Ruhr-tal und Landschaftspark Niederrhein konsequent weiter betrieben.
Die Metropole Ruhr ist, wie jeder andere Ballungsraum auch, einem erheblichen Nutzungsdruck auf Freiflächen und damit einem Verbrauch der kostbaren Grün-, Wasser-, Wald- und sonstigen Naturareale ausgesetzt. Die Metropole Ruhr steht vor der doppelten Herausforderung, für ihre Zukunftsfähigkeit einerseits ausreichend Raum für infrastrukturelle, wirtschaftliche und städtebauliche Nut-zungen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die für die Lebensqualität und Standortattraktivität so wichtigen Erholungs- und Naturräume vorzuhalten.

Der RVR hat im Rahmen eines gesamtregionalen Konzepts beiden Zielen an-gemessen Geltung zu verschaffen. Dazu gehört, dass er durch Freiflächenankauf Freiräume sichert, sie im Rahmen des Naturschutzes und der Biodiversität ge-zielt aufwertet oder zur Erholungsnutzung durch die Bevölkerung erschließt und im Bereich der Forstwirtschaft auch ökonomisch nutzt.

Der RVR bietet den Kommunen der Metropole Ruhr als Beitrag zur Verwal-tungsvereinfachung und zur Kostenreduktion durch Nutzung gesamtregionaler Synergieeffekte die Möglichkeit an, deren eigene Flächen günstiger forstlich betreuen zu lassen.

Meine Damen und Herren,
einem profilierten Regionalmarketing kommt im globalen Metropolenwettbe-werb eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu.
Durch die institutionelle Umstrukturierung des Verbandes in den vergangenen Jahren mit der Gründung operativer Gesellschaften für verschiedene Handlungs-felder etwa in den Bereichen Tourismus, Kultur und Wirtschaft, die alle ihr ei-genes produkt- und zielgruppenzentriertes Marketing betreiben, sowie das Auf-treten weiterer regionaler Akteure, die ihren eigenständigen Beitrag zu einem regionalen Marketing leisten, hat sich die strategische Zielsetzung und Ausrich-tung der regionalen Öffentlichkeitsarbeit des RVR grundlegend verändert.

Hervorragende, zielgruppenzentriert vermarktete regionale Produkte belegen die Qualität und den metropolitanen Anspruch der Region, wenn sie nach innen und außen erkennbar als Produkte der Metropole Ruhr vermittelt und wahrgenom-men werden. Dies bedarf einer stringenten Dachmarkenkommunikation mit dem Ziel, ein „Wahrnehmungskonto“ Metropole Ruhr zu eröffnen, auf das möglichst viele regionale Akteure auch mit ihren Produkten einzahlen.

In der hoch komplexen Region Ruhrgebiet sieht es der RVR daher als wesentli-chen Auftrag an, seine Öffentlichkeitsarbeit mit Hilfe einer solchen intelligenten Dachmarkenkommunikation als Präsentationsplattform auszugestalten, auf der der Verband selber, aber auch andere Akteure dazu beitragen können, die vielen Facetten der Metropole Ruhr darzustellen. Der Verband wird künftig konsequent darauf achten, dass alle seine Leistungen den Absender Metropole Ruhr und ih-ren Verband deutlich erkennen lassen. So gelingt es, in jedem Beitrag des Ver-bandes den Mehrwert der Metropole Ruhr hervorzuheben.

Der Anspruch des Ruhrgebiets, als „Metropole Ruhr“ auch von außen wahrge-nommen zu werden, verlangt zwingend nach einem entsprechenden profilierten Internetportal. Der Verband hat dabei das Ziel, eine innovative, interaktive In-formationsplattform zu schaffen und allen regionalen Akteuren zur Verfügung zu stellen.

Zu diesen regionalen Akteuren zählen insbesondere die Beteiligungen des Ver-bandes, derer er sich zur Erfüllung seiner Aufgaben in den Bereichen Abfallbe-seitigung, Wirtschaftsförderung, Freizeit, Kultur und Tourismus bedient. Sie stehen für eine flexible und effektive Aufgabenerledigung unter Begrenzung des Haftungsrisikos und verbunden mit der Möglichkeit, strategische Allianzen ein-zugehen. Die Wirtschaftförderungsgesellschaft metropoleruhr ist bereits jetzt zu einem Markenzeichen dynamischer regionaler Wirtschaftsförderung geworden.

Der RVR führt seine Beteiligungen nach dem gleichen Grundsatz, der auch für die Kernverwaltung gilt: Durch Koordination und fachübergreifende Kooperati-on soll der synergetische Verbund der verschiedenen Facetten der Metropole Ruhr gestärkt und ein Zerfasern in Parallelaktivitäten verhindert werden.
Zur strategischen Steuerung der Beteiligungen sind auf deren Themenfeldern über die reine Beteiligungsverwaltung hinaus fachliche Schnittstellen im Ver-band vorzuhalten, über die auch der notwendige inhaltliche Input für die politi-schen Entscheidungen in den RVR-Gremien gewährleistet werden kann. 
 
Als Umlageverband fühlt sich der Regionalverband Ruhr in besonderem Maße verpflichtet, angesichts der angespannten Haushaltslage der Mitgliedskörper-schaften seine Sach- und Personalmittel hoch effizient einzusetzen. In Bezug auf seine Beteiligungen bedeutet dies auch, dass diese die Möglichkeiten des Mark-tes optimiert nutzen müssen, um dadurch zu einem degressiven Zuschussbedarf durch den Verband beizutragen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

am Ende des Jahres 2008 können der RVR und die Metropole Ruhr feststellen, dass sie befreit von Belastungen der Aufbauphase und Grundsatzdebatten jetzt die von mir in Auswahl kurz skizzierten Aufgaben und Herausforderungen an-packen können. Dies ist mehr als eine Feststellung. Dies ist eine Aufforderung an uns alle. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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