Phantomhaltestellen – im Ruhrgebiet keine Seltenheit!

Phantomhaltestellen sollen Demenzkranken helfen. Doch übertreiben die Nahverkehrsunternehmen im Revier nicht ein wenig?

Keine Phantomhaltestelle. Foto: Flickr/mpastaw

Die Idee der Phantomhaltestelle ist toll: Demenzkranke, die ihre Betreuern entwischen, sammeln sich an einer Bushaltestelle, die nie von einem Bus angefahren wird und können dann von den Pflegern dort eingesammelt und nach Hause gebracht werden. Toll – aber warum muß es davon im Ruhrgebiet  – vor allem im Norden des Reviers, wo die Vestische ihr segensreiches Wirken konzentriert zum Einsatz bringt – gleich hunderte davon geben? Ein paar Leute würden bestimmt gerne ab und an einmal einen Bus sehen und vielleicht sogar mit ihm fahren.Die Qualität des Nahverkehrs dort ist meiner Erfahrung nach eher schlicht.

RIM kommt – Nokia Ingenieure bleiben

Die seit zwei Monaten kursierdenden Gerüchte verhärten sich: Bochum könnte der Standort eines europäischen Entwicklungszentrums für Research In Motion (RIM) werden, dem Hersteller des Blackberrys.

Blackberry. Foto: Flickr/Dan_H

Erst war es nur ein hoffnungsvolles Gerücht, aber langsam scheint es wahr zu werden. Der Blackberry-Hersteller RIM übernimmt die Mitarbeiter der Nokia-Multimediaabteilung  und wird sich wohl auch in Bochum niederlassen – wahrscheinlich im Technologiepark an der Uni. RIM hätte die Nachricht, die seit zwei Monaten kursierte,  wohl gerne nioch etwas zurückgehalten, aber die WAZ hatte die Pläne bereits am vergangenem Samstag gemeldet. In der WAZ waren auch schon vor Wochen die ganzseitigen Anzeigen für Handyentwickler zu sehen. Damals waren sie vor allem ein Zeichen für die Nokia-Ingenieure, dass RIM es ernst meint. Damit ist das Nokia-Aus für Bochum zwar noch immer bitter, aber wenigstens konnten die höchstqualifizierten Jobs im Ruhrgebiet gehalten werden.

Schwarz-Grün im Ruhrgebiet

Wenn es um die Ruhrgebietspolitik geht, herrscht seltene Einigkeit zwischen CDU und Grünen. Jetzt unterstützen die Grünen sogar den Vorstoß des Essener Oberbürgermeisters Wolfgang Reiniger (CDU) gegen den Ruhr-Städtebund-Plan des Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer (SPD). Und das, obwohl SPD und Grüne eigentlich im Regionalverband Ruhr (RVR) koalieren.

Zur Erinnerung: Die SPD um Langemeyer will den RVR zu einer besseren Agentur machen, die im Dienste der Städte steht. Damit wäre der RVR völlig bedeutungslos.

Grüne und CDU dagegen wollen den RVR stärken. Etwa indem die Planungshoheit von den drei Bezirksregierungen, die den Pott zerschneiden, auf den Verband übertragen wird. Und genau das will die SPD verhindern.

Normalerweise würde man bei solchen politischen Konstellationen erwarten, dass die Parteien die Konsequenzen ziehen. Sprich: Es müsste eigentlich schwarz-grün im Revier regieren. Auch für die kommenden Wahlen wäre das zwischen Duisburg und Dortmund eine Alternative.

Hier jetzt der Zuspruch der Grünen zum CDU-Mann Reiniger durch den Chef der Ruhrgebiets-Grünen Börje Wichert:

"In dem Brief an seine Kolleginnen und Kollegen entlarvt Dr. Reiniger das Langemeyer Papier zum "Städtebund Ruhr" als das, was es ist: eine inhaltlich dünne, wenig durchdachte Idee, deren einziges Ziel es war, den RVR zu diskreditieren und den Verband durch undemokratische, informelle Kooperationen zu ersetzen. Im Gegensatz zum Dortmunder OB Dr. Langemeyer sieht Dr. Reiniger jedoch die Notwendigkeit einer sachorientierten Kooperation, wie sie derzeit schon in den demokratisch verfassten Strukturen des RVR geschieht.

Ebenfalls begrüßen wir Dr. Reinigers klare Worte zu der peinlichen Posse, einen solchen informellen "Städtebund Ruhr" zu fordern, nachdem man nur wenige Tage zuvor in der Verbandsversammlung ein klares Votum für den Regionalverband abgegeben hatte. Es bleibt abzuwarten, wann sich auch die ersten SPD-Oberbürgermeister von diesem Papier verabschieden, welches sie im Februar scheinbar ungelesen unterzeichnet haben."

Ich meine dazu: Wer die Lippen spitzt muss auch pfeifen.

Städtebund Ruhr: Reiniger gibt Langemeyer einen Korb

Dortmunds OB Gerhard Langemeyer ist mit seinem Städtebund Ruhr gescheitert, bevor es überhaupt ernst wurde. Sein Essener Amtskollege will nichts mit Langemeyers Plänen zu tun haben.

Essens OB Wolfgang Reiniger. Foto: CDU

Ende Februar beschlossen zahlreiche Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets bei einem Treffen, zu dem Dortmunds OB Gerhard Langemeyer eingeladen hatte, die Gründung eines Städtebundes Ruhr – viele von ihnen hatten das von Langemeyer vorgelegte Papier allerdings gar nicht ganz gelesen, bevor sie es unterschrieben. In dem Papier wurde ein Städtebund als Alternative zum Regionalverband Ruhr propagiert. Das nächste Treffen der illustren Runde sollte nun in Essen stattfinden. Wird es aber nicht, denn Essens Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger, bei dem Treffen im Februar verhindert, distanziert sich scharf in einem Brief an die Oberbürgermeister und Landräte des Reviers von Langemeyers Plänen und will nicht Gastgeber eines solchen Treffens sein. Nur wenige Stunden, bevor die SPD Parteichefs und Amtsinhaber im östlichen Ruhrgebiet zu einem Strategietreffen über die Zukunft ihrer Sprengel  im Ruhrgebiet zusammen kommen, ist der Brief eine Klatsche für Langemeyer.

Hier der Brief von Reiniger im Wortlaut:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich sehe mich außerstande, zu einer nächsten Gesprächsrunde der Oberbürgermeister und Landräte nach Essen einzuladen. Eine solche Einladung könnte als nachgeholtes Einverständnis mit der am 28.02.2008 in Dortmund verabschiedeten Erklärung zum „Städtebund Ruhr“ missdeutet werden.

Die Art und Weise des Zustandekommens des Papiers zum „Städtebund Ruhr“ – ohne Vorabinformation; ohne Vorgespräch der Büroleiter -, aber auch seine Sprache und schließlich seine Weitergabe in die Medien haben mich unangenehm berührt.

Eine über das Aufgabenspektrum des RVR hinausreichende Kooperation innerhalb des Ruhrgebiets ist längst Realität. Nicht zuletzt unter dem Zwang der finanziellen Gegebenheiten wird sie auch weiter vertieft werden. Eine selbstverständliche Praxis mit dem bombastischen Etikett eines „Städtebund Ruhr“ zu versehen, ist nach meinem Verständnis jedenfalls unangemessen. Ginge es wirklich um einen institutionellen Zusammenschluss, bedürfte es ohnehin eines ganz anderen Abstimmungs- und Legitimationsprozess.

Geradezu peinlich wirkte die Verkündung eines gegen die „neue Bürokratie“ des RVR ausgerichteten Städtebundes Ruhr ganze drei Tage, nachdem man im RVR-Parlament noch mitbeschlossen hatte, die wichtigste Klammer für die gemeinsamen Interessen der Metropole Ruhr sei der RVR.

Da ich fürchte, dass das nächste Treffen der Hauptgemeindebeamten medial unter dem Stichwort „Städtebund Ruhr“ begleitet werden wird, ziehe ich es deshalb vor, von einer Einladung nach Essen abzusehen. Die Bereitschaft der Stadt Essen, sehr pragmatisch auf allen Feldern Möglichkeiten kommunaler Zusammenarbeit auszuloten, bleibt hiervon selbstverständlich unberührt. Die bestehenden Kontakte werden selbstverständlich weiter gepflegt. Ich lasse mich nur nicht für spektakuläre Aktionen vereinnahmen.

Mit kollegialen Grüßen
Ihr

-Dr. Wolfgang Reiniger-
Der Oberbürgermeister

 

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Der Abgang der Ludolfs (drei Notizen)

I) Komme gerade aus Straubing. Altbayrische Keinstadt, keine 50.000 Einwohner – aber 30 Raucherclubs. Mehr als in Hamburg. Haben auch die Liberalen gemerkt und sitzen wieder im Stadtparlament; sind die in NRW nicht gegen Rauchen?

Bild: Ruhrbarone

Nun eine Umfrage unter Freunden: Wenn ab Sommer Rauchverbot in Nordrhein-Westfalen herrscht, wieviele Raucherclubs werden bis Jahresende wohl im Ruhrgebiet eröffnen?
a) 20     b) 40     c) 80     d) mehr als 100
Kleine Hilfe: klick  (der Sieger erhält einen Ruhrbarone-Fanartikel seiner Wahl)

Bild: Ruhrbarone

II) Noch eine Preisfrage, diesmal im Fußballfernsehen, Mittwoch Abend, Barca gegen Schalke. Letzteres hatte zwar nur wenig zu gewinnen, doch für die Zuschauer gab es immerhin einen Flachfernseher. Und gefragt wurde: Wer ist der Trainer von Schalke? a) Mirko Slomka oder b) Andreas Müller. Da Müller dem Spielfeldmoderator gleich zweimal Rede und Antwort stand, gar nicht so leicht. Deshalb half ein Gewinnspielansager vom Band. In der MAZ sagte er statt Andreas Müller (Schalke-Manager) dauernd Andreas Möller (Schalker Dortmunder), aber der ist ja auch ein gestandener Trainer. Nämlich hier.

III) Unweit von Aschaffenburg und Unterfranken leben schließlich auch ein paar abgewanderte Ruhris, die sich als Doku-Familie besser machen als die Hogans, die Beckhams und die Fußbroichs zusammen. Auf DMAX laufen sie seit zwei Jahren als Ludolfs: Vier Brüder aus Bochum-Langendreer, die das Schicksal in den Westerwald verschlagen hat, wo sie zu lebenden Gartenzwergen wurden, die einen märchenhaften Schrotthandel betreiben. Ich weiß, die Autoresteverwerter sind längst Stars der tiefergelegten D&W Gesellschaft, ich finde die aber trotzdem klasse. Und frage mich, warum das Ruhrgebiet so überhaupt keine Notiz von den verlorenen Söhnen nimmt?! Also: Die Ludolfs sind unbedingt einzuladen. Spätestens 2010!

Bild: dieludolfs.de

Lieblings-Ruhrbaron Wowi Clement in der Bredouille

 

Da entscheidet die SPD in Bochum über das Aus für ihren einstmals liebsten NRW-Ministerpräsidenten. Der jetzt lieber gegen seine eigene Partei stänkert. Und dann dass:

 

Da machen sich doch tatsächlich Öko-Utopisten über den ausgeglichenen Charakter von unserem Clement lustig. (Kann sich noch jemand an das spektakuläre Clement-Fernsehinterview im Wahlkampf-Bus erinnern?)

Jetzt soll Spielverderber Wowi den Spot per anwaltlicher Abmahung unterbunden haben. So richtig kann ich das nicht glauben. Aber die Utopisten behaupten das. Was weiß ich.

 

Warum geht es uns so dreckig?

Dass das Ruhrgebiet bis heute eine der Regionen mit der höchsten Arbeitslosigkeit ist, hat nicht nur mit dem Wegbrechen von Kohle und Stahl in den vergangenen Jahrzehnten zu tun. In den 60er Jahren standen Unternehmen teilweise Schlange, um sich im Revier anzusiedeln – aber sie bekamen keine Grundstücke. Es war die Zeit der Bodensperre. Ein Blick in die Archive.

Einzigartiger Ansiedlungserfolg: Opel in Bochum: Foto: RVR-Luftbildarchiv

OK, es sah nicht gut aus für das Ruhrgebiet in den 60er Jahre: Die beiden großen Jobmotoren der Region waren mächtig ins Stottern gekommen. Nach Jahren der durch den Wiederaufbau bedingten Hochkonjunktur  war die Stahlindustrie in der Krise und dass sich schon in den 20er Jahren unter anderem durch Aufstieg des Öls als Hauptenergieträger abzeichnende Ende der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Steinkohle war eingetreten: Aus dem Schwarzen Gold war ein schmutziger Subventionsempfänger geworden. Die Zechen des Ruhrgebiets schlossen in den 60ern im Akkord.

Aber während die Bergleute mit schwarzen Fahnen durch die Straßen des Reviers zogen, gab es zahlreiche Hoffnungszeichen: Viele Unternehmen wollten sich im Ruhrgebiet ansiedeln, wollten Fabriken bauen und von den nach damaligen Maßstäben gut qualifizierten Arbeitern profitieren: Ford, VW und Schering waren nur die prominentesten Beispiele für Unternehmen, die es Opel gleich tun und sich im Ruhrgebiet niederlassen wollten. Sie kamen alle nicht, und der Grund war die Bodensperre. 30% aller Flächen im Ruhrgebiet waren zu diesem Zeitpunkt in der Hand der Kohle- und Stahlkonzerne – und die hatten nicht das geringste Interesse an erfolgreichen Neuansiedlungen. Den damaligen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller zitierte  Die Zeit „Die Zechengesellschaften haben einen riesigen Grundbesitz. Wir könnten… heute im Bergbau von einer Bodensperre sprechen, einer Bodensperre, die . .. den Ansiedlungswilligen fernhält“, empörte sich Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller anläßlich der Bundestagsdebatte über das „Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus“ am 8. November 1967. Ohne eine rasche Mobilisierung des bergbaulichen Grund und Bodens, soweit er nicht unmittelbar für den Bergbau genutzt werde, „ist eine schnelle Ansiedlung neuer Industrien unmöglich“, stellte der Sozialdemokrat klar.

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Medienvielfalt 2008: Ruhr Nachrichten entlassen Redakteure

In Bochum haben die Ruhr-Nachrichten zwei Redakteure entlassen. Geht das Sterben der Lokalausgaben im Ruhrgebiet  weiter?

Vor zwei Jahren schlossen die Ruhr Nachrichten ihre Lokalausgaben in Gladbeck, Gelsenkirchen und Bottrop – die meisten Mitarbeiter wurden gefeuert. Schon damals gab es Gerüchte, dass das Aus der Bochumer Lokalausgabe kurz bevor stehen würde – doch die gibt es bis heute. Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist seit Jahren schlecht. Ein Redakteur: "Du lebst jeden Tag mit dem Damoklesschwert der Kündigung über dir. Das macht einen fertig." Der Lensing-Wolff Verlag, der die Ruhr Nachrichten herausgibt, ist bekannt  für seinen rüden Umgang mit Journalisten. Nun  wurden zwei Redakteure in Bochum aus betriebsbedingten Gründen entlassen. Das Zeitungssterben im Ruhrgebiet scheint weiter zu gehen.

Vollpleite für grauen Ruhr-n-Bauern aus Deppendorf

Der Chef des Energieriesen E.on und nebenbei einer der führenden Köpfe im Imageverein Initiativkreis Ruhr, Wulf Bernotat, will den zweifelhaften Spruch Ruhr hoch N – Team Capital – oder wie der auch immer heißt – nachbessern. Und zwar deutlich. Das war heute in Düsseldorf aufzuschnappen.

 

Die WAZ hat es noch genauer. Er halte die Kampagne für "noch nicht ausgereift", sagte Bernotat da. Damit reagiert der Macher auf die deutliche Kritik am Deppert-Spruch aus dem Düsseldorfer Werbefuzzi-Haus Grey. Zuvor hatten Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet heftige Kritik geübt. Und der Initiativkreis hatte schon versprochen, bei der weiteren Ausgestaltung des Dachmarkenkonzeptes mit dem Regionalverband Ruhr und dessen Brauser-Tochter Wirtschaftsförderung Ruhr zusammenzuarbeiten. Vernunft siegt manchmal doch.