Verfassungsgericht stoppt Ingo Wolf

 Agent Smith. Foto: Flickr/jimmiroq

Das ganze ist peinlich: Da muss das Bundesverfassungsgericht einen liberalen Minister daran erinnern, dass es die Aufgabe des Staates ist, seine Bürger zu schützen und nicht zu beschnüffelln und eine derjenigen, die Beschwerde gegen das NRW-Verfassungsschutzgesetz eingelegt haben gehört zu Linkspartei – OK, die kennen sich mit Schnüffeln aus und haben genug ehemalige Agenten in ihren Reihen. Für Minister Wolf, ohnehin keine Zierde der Landesregierung, eine weitere Niederlage. Was das Urteil des Bundesverfassungsgericht bedeutet, ist, wird ausführlich in einem Artikel  auf Telepolis erklärt. Schön in einem Rechtsstaat zu leben.

Netzer der Woche: RWO tv

Die Macht vom Niederrhein – noch so ein separatistischer Unfug im Revier ! – präsentiert sich im Stadion TV. Zu sehen gibt es das Wesentliche von Rot-Weiß Oberhausen: Männer, die Bier trinken, Fahnen schwenken, auf 6.000 Zuschauer hoffen. Dann Einlaufkinder, nur Schnappschüsse (keine Rechte) vom Spiel und schließlich ein akustisches und optisches PR-Desaster, das so genannte "Bank-Gespräch" nach dem Auftaktspiel 2008, moderiert von Norbert Lamb, MItglied – ausgerechnet! – im Businessclub von Rot-Weiß ESSEN.

Dummerweise verloren die Kleeblätter gegen Bremen II, spielten nur Unentschieden in der Lausitz. Aber trotzdem bleibt das Aufstiegsrennen spannend. Acht Punkte trennen Platz eins und elf.

Der putzige Verein unweit vom Gasometer hat übrigens auch einen wunderbaren  Service für Pressevertreter parat, die "Aussprachehilfe Spielernamen". Zum Beispiel: Mike Terranova , sprich Maik Terronowa. Na dann, Glück Auf!

Die Hauptstadtfrage

Wo soll der Palast des Reviers stehen? Foto: Flickr/morak faxe

Jens vom Pottblog hat sich an ein ganz heikles Thema herangewagt: Die Hauptstadtfrage. Sollte das Ruhrgebiet zusammen wachsen, braucht es ein Zentrum – nur wo soll es sein? Jens sieht, wie ich finde zu Recht, nicht ein, warum Essen automatisch diese Funktion einnehmen soll und schlägt eine charmante Variante vor: Die Bonner Lösung. Weder Dortmund noch Essen werden "Hauptstadt" des Ruhrgebiets, sondern eine kleine, neutrale Stadt. In diesem Fall wäre ich für Herne – die sind gut ans Zugnetz angeschlossen. Ich finde auch die Idee, Dortmund zum Sitz eines Ruhrbezirks für das Revier zu machen gut. Dortmund ist die größte Stadt des Ruhrgebiets und Essen könnte in diesem Fall den RVR behalten.
PS.:
Zum Glück ist die Frage der Fußballhauptstadt im Ruhrgebiet unumstritten: Gelsenkirchen. 🙂

 

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Raus! Schnell! Alle!

Alle raus – das Revier wird geräumt. Foto: Flickr/JÖrg

Jeden Tag bekommt man jede Menge Pressemitteilungen. Die hat mich heute schockiert:

Forscher entwickeln Evakuierungsmodell für das Ruhrgebiet

Duisburg/Essen. Wie lässt sich ein Ballungsraum wie das Ruhrgebiet im Ernstfall effizient, schnell und geordnet evakuieren? Diese Fragen klären derzeit Forscher der Universität Duisburg-Essen. Die Gruppe des Zentrums für Logistik und Verkehr (ZLV) entwickelt ein neues Evakuierungsmodell. Beraten wird sie dabei vom NRW-Innenministerium und von den Feuerwehren Duisburg und Köln.
Im Mittelpunkt des Modells steht die Regelung der Verkehrsströme. Auch ein Thema: Sammelstellen, von denen Fußgänger, etwa mit Bussen, weiter aus der Gefahrenzone gebracht werden können.
Die Finanzierung des auf drei Jahre angelegten Projekts übernimmt die WestLB Stiftung Zukunft NRW.

OK, wir haben ein paar Probleme, aber man muß ja nicht gleich das Kind mit dem Bade auskippen

Cool: Future Lab der Ars Electronica kommt nach Dortmund

Ars Electronica Center Linz. Foto: Wikipedia

Das ist eine gute Nachricht: Nachdem die Landesregierung dafür gesorgt hat, dass der U-Turm in Dortmund nicht zur neuen Ausstellungshalle des Museums am Ostwall wird, wie Dortmunds OB Langemeyer ursprünglich vor hatte, hat man sich in Düsseldorf richtig Mühe gegeben, was Vernünftiges in den alten Brauereiturm zu bekommen – und es hat geklappt. Das Future Lab des Ars Elektronica Centers aus Linz wird eine Zweigstelle im Dortmunder „U-Turm“ aufbauen. Hoffentlich bleiben die auch nach 2010 noch im Ruhrgebiet. Hier die ganze Meldung.

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Ein starkes Stück Werbung. Foto: RVR

Frank Dopheide, Chef der Agentur Grey, hat sich bei einem Treffen der CDU über die Perspektiven des Ruhrgebiets geäussert. Er fordert "Sex, Drugs und Rock´n´Roll". Gut, dann wird er ab jetzt  Dopeheide genannt. Das Ergebnis werden wir bald sehen, denn seine Agentur bereitet im Auftrag des Inititiativkreises Ruhr eine Werbekampagne für das Ruhrgebiet vor. Gut, dass die Wirtschaft einspringt, wenn die Politik versagt. Bis die Kampagne wohl im Herbst zu sehen ist, diskutiert Djure im Blog.50hz schon einmal, was die Kampagne nicht wird leisten können. Ich glaube ja, dass wir eine solche Kampagne wieder dringend brauchen – die Erste, "Ein starkes Stück Deutschland", war erfolgreich und ein Muster für zahlreiche Kampagnen anderer Städte. Aber wir brauchen auch die gemeinsamen Inhalte, die es zu kommunizieren lohnt – und Menschen, die die Region repräsentieren. Heinz-Dieter Klink, der jetztige RVR-Chef, ist das sicherlich nicht. Er hat sogar geschwiegen, als es in den letzten Tagen um das Ende des RVR ging. 

Resolution zum RVR Erhalt

Das Ruhrparlament des RVR hat eine Resolution zum Erhalt des Verbandes verabschiedet. Es gab eine einzige Enthaltung: Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer konnte sich nicht dazu entscheiden, für den Erhalt des RVR zu stimmen. Die Resolution gibt es hier.

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Schwarz-GrĂŒn: Wer hats erfunden?

Mülheim. Foto: Ruhrbarone

Das Ruhrgebiet. 1994 starteten in Gladbeck und Mülheim die ersten schwarz-grünen Bündnisse der Republik. Die gemeinsame Erfahrung jahrzehntelanger Opposition und  wohl auch die Starrheit der SPD machte es möglich, dass  Schwarz-Grün im Ruhrgebiet zu erst gedacht und gemacht wurde. Der Spiegel zitierte damals den Gladbecker-Grünen Mario Herrmann, heute Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im RVR: "Über Jahre sind wir von den Sozis als ,Ratten“ beschimpft worden", klagt Grünen-Fraktionschef Mario Herrmann, 32. Sogar von "alle erschießen" sei die Rede gewesen." Heute werden Essen und Duisburg von CDU und Grünen gemeinsam regiert und auch im Kreis Recklinghausen kooperieren beide Parteien. Nun ist also vielleicht Hamburg dran. 
Für die SPD begann 1994 übrigens ein Niedergang, der bis heute andauert: Wurden damals noch fast alle Städte im Ruhrgebiet von der SPD mit einer absoluten Mehrheit regiert, ist es heute bei den Großstädten des Reviers nur noch Oberhausen, das fest in sozialdemokratischer Hand ist – und das auch nur durch die Stimme des Oberbürgermeisters.

Jugend Kultur Zentren 2010 – Teil 4: Bahnhof Langendreer (2)

?: Kommt eigentlich irgendwann das Feindbild abhanden? Man sendet ja nach ganz weit draußen plötzlich und kann plötzlich mit der Stadt. Man repräsentiert etwas. Und im Tagesgeschäft stellt sich ja auch nicht zwingend die Frage nach dem politischen System in Deutschland. Wie bleibt man den Inhalten treu in einer irgendwann vielleicht doch etwas anderen Zeit? Oder wird das dann irgendwann corporate identity, so á la: „Wenn wir das täten, das wäre dann nicht mehr der Bahnhof“?

!: Es gibt ständige Reflektion. Wir diskutieren teilweise heute noch im kompletten Team Grundsatzentscheidungen, Personaldinge, auch einzelne Veranstaltungen. Ansonsten läuft vieles schlicht in der Praxis, in den Schwerpunkten Kabarett, Weltmusik, Neue Musik, Jazz, Kindertheater, Kino, Politik. Und das dritte ist, dass sich hier immer noch ganz viele Initiativen treffen. Die Gastronomie im Kneipenbereich ist verpachtet an Leute, die früher hier am Tresen gearbeitet haben, die anderen Bereiche machen wir selbst, wofür es insgesamt 14 Stellen gibt. Konsens ist, dass der Bahnhof ohne einen dieser Bereiche nicht der Bahnhof wäre. Und dann gibt es eine Jahresplanung, jetzt zum Beispiel mit der Reihe „60 Jahre DDR“. Falls da jemand dagegen aufstehen würde, dann wäre z.B. die Autonomie des Bearbeiters „Politik“ aufgehoben.

?: Und das Feedback von außen?

!: Die Szene kritisiert uns – wenn überhaupt – derzeit eher auf einem Niveau von „Kommerz“, „unpolitisch“, „nicht mehr der Revolution verpflichtet“. Oder Fragen wie: „Wie kann man hier Die Kassierer spielen lassen?“ Das Kino ist da meist außen vor, und man ist generell einer größeren Breite verpflichtet. Da kommen die Themen, die wir hier intern für konstitutionell halten, aber auch vor, wie der Nord-Süd-Konflikt und hiesige Sozial- und Arbeitsmarktpolitik.

?: Man kümmert sich also mehr. Wie sieht das aus und wie war das eigentlich mit dem Wageni gegenüber?

!: Das war 1986 das Baubüro, in dem man sich traf. Als dann keine Verwendung mehr dafür war, haben wir das weiter gegeben an Leute die gefragt haben und Volxküche und Punkkonzerte und so etwas gemacht haben und machen. Was das Engagement im Stadtteil betrifft findet das nicht im Hause statt, bis auf die Dorfpostille, eine Stadtteilzeitung die hier entstanden ist, eine Spielgruppe und eine Frauengruppe, die einmal in der Woche Frühstück macht. Schwerpunkt ist beispielsweise nicht, hier eine soziale Beratung zu machen. Das ist nicht die Zielsetzung. Wir kümmern uns eher um Themensetzungen. Und da strahlen die Kulturveranstaltungen halt viel weiter als das Kinoprogramm oder erst recht die politischen Veranstaltungen.

?: Der Bahnhof ist ja generell globaler und vielschichtiger aufgestellt als vergleichbare Häuser. Wie beisst sich das mit dem derzeitigen offiziellen Verständnis von Metropolentum und Leuchtturm-Debatten im aktuellen Kulturdiskurs? Man hat ja oft den Eindruck, dass mit der Aura dieser gewachsenen Zentren Werbung gemacht wird für Standorte, in denen sich dann letztlich höchstens Agenturen und Webdesigner ansiedeln.

!: Grundsätzlich gilt: Wenn es denn schon eine „Metropole Ruhr“ gibt, dann auch, weil es Zentren wie den Bahnhof, das GREND oder den Ringlokschuppen gibt! Solche locations gehören zwingend zur Urbanität einer Region wie dem Ruhrgebiet dazu, erhöhen für Einheimische und Externe die Attraktivität und Lebensqualität. Vieles, was heute im Ruhrgebiet als Touristenattraktion gilt, gäbe es nicht mehr, wenn es die freie Szene nicht gegeben hätte. Ein Beispiel: Die Jahrhunderthalle in Bochum, heute der bekannteste Spielort der Triennale, wurde zuerst vom Thealozzi und dem stahlhausen enterprise theatral bespielt. Da haben wir einiges zum Bewusstseinswandel beigetragen!
Dann: Soziokulturelle Arbeitsweisen haben sich auch in den großen Institutionen durchgesetzt. Welches Museum kommt heute noch ohne vermittelnde, kulturpädagogische Angebote aus, oder welches Theater ohne „junges Theater“ oder Jugendclub? Weiter: KünstlerInnen, die in den Zentren groß und bekannt geworden sind, bevölkern heute auch Fernsehsendungen, Konzerthäuser und und und.
Aber: Es gibt immer noch eine sehr hierarchische Wahrnehmung von künstlerischer Qualität durch Medien und auch die Politik. Es hat den Anschein, dass alles was in den großen Theatern, in den Konzerthäusern zur Aufführung kommt, gut und wichtig ist, während die Qualität der Freien und Soziokulturellen eher geringer geschätzt wird. Nicht zuletzt drückt sich das auch in barem Geld aus.

?: Kurz zurück zum System Bahnhof: Man hat ja manchmal den Verdacht, es könnte sich bei solchen ehemals besetzten Häusern und ähnlichem um so etwas wie Ein-Generationen-Projekte handeln…

!: Die Gefahr besteht. Ein großes Problem, das durchgängig viele vergleichbare Zentren haben, ist dass es sehr schwer fällt, Nachwuchs in die Teams zu integrieren. Das hat verschiedene Gründe: Die Gründergeneration waren in der Regel Autodidakten, ohne entsprechende passende Berufsausbildung, ursprünglich also tätigkeitsfremd, was einen Wechsel in andere Arbeitsbereiche schwer macht; wir haben außerdem auch aufgrund der hohen Identifikation der Mitarbeiter mit dem Haus eine sehr geringe Personalfluktuation und natürlich aus Geldmangel wenig Möglichkeiten, neue Stellen zu schaffen. Hier fehlt es eindeutig an tragfähigen Konzepten, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Der Bahnhof versucht z.B. mit der Schaffung von Arbeitsplätzen oder längerfristigen Praktikastellen hier ein wenig entgegenzuwirken. Aber es ist klar, das reicht noch nicht aus.

?: Abschließend: Wie geht es dem Bahnhof 2009, nach größeren Nöten Anfang des Jahrzehnts und dann dem Ausbau letztens mit dem Studio 108?

!: Wir haben teilweise deutliche Kapazitätsprobleme im Rahmen unserer wirtschaftlichen und inhaltlichen Notwendigkeiten und machen daher Veranstaltungen wie Herbert Knebel oder Dieter Nuhr auch in der Jahrhunderthalle, dem RuhrCongress oder auf der Freilichtbühne in Wattenscheid. Damit zollt man auch Tribut an ein verändertes Publikum, das klarer auswählt, ärmer geworden ist und deshalb auch weniger experimentierfreudig.
Ganz allgemein gilt auch, dass die Zahl der Kulturorte enorm angewachsen ist und noch weiter wächst: Allein in der unmittelbaren Nähe des Bahnhofs gibt es in den letzten Jahren neu das domicil und das Konzerthaus in Dortmund, das Zeltfestival Ruhr, demnächst das neue FZW in Dortmund, die Spielstätte der Symphoniker, die Marienkirche und das sogenannte Goosen-Theater in Bochum. Alle bemühen sich fast um das gleiche Publikum, d.h. die Gefahr besteht der Kuchen bleibt gleich groß, die Stücke werden kleiner. Hier gilt es, tatsächlich neue Publikumsschichten zu erschließen. Noch profitiert der Bahnhof von seinem Ruf, seinen Erfahrungen und Kompetenzen, aber wir können uns darauf nicht ausruhen, sondern müssen uns der Tatsache des wachsenden Angebotes stellen.

?: Besten Dank für das ausführliche Gespräch!