Andreas Pinkwart war ein hölzerner Parteisoldat, der Studierenden als Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen viele Schulden eingebracht hat. Trotzdem war der Professor mit der immerwährenden Igel-Frisur eine wohltuende Ausnahme unter den dumpfen neoliberalen FDPlern im Lande
Nun sind die lautstarken Liberalen wieder unter sich: Der Vize-Chef der Liberalen Bund, Andreas Pinkwart, wird sich aus der Politik zurückziehen und zum 1. April 2011 die Leitung der Handelshochschule Leipzig übernehmen. Diese Aufgabe sei „zeitlich nicht mit herausgehobenen Parteiämtern zu vereinbaren“, sagte Pinkwart. Er wird auch den Vorsitz der NRW-FDP aufgeben. Damit verlässt ein Mann aus dem Hintergrund die politische Bühne, der einen leisen Gegenpart zum populistischen Parteichef Guido Westerwelle bildete.
Zwar bedauerte Westerwelle den Rückzug von Pinkwart am Donnerstag „persönlich sehr.“ Allzu groß ist die empfundene Trauer beim Chef-Liberalen aber sicherlich nicht: Pinkwart galt intern als aussichtsreicher Konkurrent für den umstrittenen Außenminister der FDP. Pinkwart ist der graue und seriöse Gegenentwurf zum grellen Guido Westerwelle. Die beiden waren lange Zeit aufeinander angewiesen, galten aber als herzlich entfremdet. eine mit einer 80er-Jahre Igelfrisur, der andere mit gestyltem Haarschnitt, würden freiwillig zusammen ein Bier trinken. „Menschlich passte das gar nicht“, so ein Wegbegleiter von Pinkwart.
Auch auf nordrhein-westfälischer Landesebene prallten mit Pinkwart und NRW-Fraktionschef Gerhard Papke zwei unversöhnliche Strömungen aufeinander. Auf der einen Seite der beißende Populist Papke, der mit den Grünen nicht einmal in der Düsseldorfer Parlamentskantine gesehen werden möchte, und auf der anderen Seite der Modernisierer Pinkwart, der durchaus auch eine Ampel für möglich hielt. Als der Professor nach dem uneindeutigen Ergebnis der NRW-Landtagswahl vom 9. Mai eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen befürwortete, wurde er von Papke öffentlich zurück gepfiffen. Zwar fanden die Sondierungen zwischen den drei Parteien trotzdem statt, aber die Liberalen sprachen konsequent „mit zwei Stimmen“, erinnerten sich Teilnehmer. Die Gespräche scheiterten schließlich.
„Die beiden sind wie zwei Platzhirsche immer wieder heftig aufeinander getroffen“, sagt FDP-Landesvorstandsmitglied Stefan Romberg dieser Zeitung. Beide hätten seit Jahren um die Macht gerangelt. Nun hat die NRW-FDP nur noch eine wahrnehmbare Stimme: Die der neoliberalen Hardliner. Papkes Gruppe ließ schon in den ersten hundert Tagen der rot-grünen Minderheitsregierung keinen Zweifel daran, dass sie zu keiner Zusammenarbeit mit dem Kabinett von Hannelore Kraft (SPD) bereit sei. Pinkwarts Abgang zementiert nun die Regierung ohne eigene Mehrheit: Eine alternative Ampel ist mehr denn je ausgeschlossen.
Pinkwart hat den nach Jürgen Möllemanns Abgang und späteren Tod niederliegenden FDP-Landesverband wieder aufgebaut. Sein größtes Projekt als NRW-Wissenschaftsminister, die Autonomie der Hochschulen und die Studiengebühren von 1000 Euro pro Jahr, hat Pinkwart geschickt umgesetzt. Er lenkte die Wut der Studierenden über das kostenpflichtige Studium auf die Hochschulen, die selbst über die Höhe der Campusmaut entscheiden konnten. Und so protestierten die Studenten nicht vor dem Landtag sondern vor den Büroräumen der Rektoren.
Die rot-grüne Landesregierung wird nun den Pinkwart-Nachlass einkassieren und die Gebühren wieder abschaffen. Sicherlich hat Pinkwart das als Schmach empfunden. Aber der Düsseldorfer Landtag hatte für den Lebensabschnitts-Politiker ohnehin keine Zukunft parat: In aktuellen Umfragen dümpeln die NRW-Liberalen weit unter der 5-Prozent-Hürde bei drei Prozent herum.
Die abgewählte schwarz-gelbe Koalition von Jürgen Rüttgers ist nun auch personell Geschichte. CDU und FDP suchen augenblicklich beide einen neuen Vorsitzenden.
Schöner Kommentar, finde ich sehr treffend.
Leider duldet das schwache, mimosenhafte Ego von Westerwelle keine starken Persönlichkeiten neben sich. Vor allem keine, die im Leben neben der Politik etwas erreicht haben und darstellen.
Das Ergebnis ist die personelle und inhaltliche Leere der FDP.
[…] Pinkwart I: der hölzerne Parteisoldat geht in den Osten … ruhrbarone […]
Links anne Ruhr (22.10.2010)…
Dortmund: Flughafen-Ausbau: Parteien eher gegen Bürgerentscheid (DerWesten) – Witten/Dortmund: RuhrtalBahn stellt Fahrten des beliebten Zechenexpresses ein (Ruhr Nachrichten) – Bochum: Demo (oder was man dafür hält) f……
merkwürdig, ich mußte nach „Papke“ grad erst googlen, weil ich keine Ahnung hatte, wer das sein könnte. Der muß neu sein in der Politik.
Bei Pinkwart hatte ich immer ein Bild vor Augen, wenn ich auch nicht viel von ihm gehalten hab.
Was war denn an Pinkwart wohltuend? Dass er sich Koalitionen mit den Hartz-IV-Machern SPD und Die Grünen vorstellen konnte?
@Cracker: Es gibt noch andere Themen als Hartz IV (Gähn) – und sie interessieren deutlich mehr Menschen. Unter Pinkwart wurden zum Beispiel neue Hochschulen gegründet. Eine gute Sache. Die Unis bekamen mehr Selbstständigkeit. Auch ok. Pinkwart wollte nach der Wahl die Fronten aufbrechen – und eine Ample wäre mir allemal lieber als eine Minderheitsregierung, die bei der Linkspartei um eine Stimme betteln muss.