H-Bahn-Chef: „Wir sind ein Dortmunder Wahrzeichen“

H-Bahn an der TU Dortmund (Foto: H-Bahn21)
H-Bahn an der TU Dortmund (Foto: H-Bahn21)

„Wenn international über Dortmund berichtet wird, dann über den BVB oder uns“, sagt H-Bahn-Geschäftsführer Rolf Schupp nicht ohne Stolz: „Unsere Bahn ist ein wichtiges Wahrzeichen der Stadt“. Ruhrbarone.de hat mit ihm über die Dortmunder Schwebebahn und einen möglichen Weiterbau Richtung City gesprochen.

„Im Moment haben wir gar keine Zeit, um über einen Ausbau nachzudenken“, bremst Schupp gleich zum Einstieg zu hohe Erwartungen, um aber wenige Minuten später Pläne für neue Strecken aus dem Schreibtisch zu zaubern. Natürlich träumt er vom Weiterbau, muss aber vorsichtig sein, schließlich gehört seine H-Bahn zu den Verkehrsbetrieben der Dortmunder Stadtwerke, die neben der vergleichweise kleinen Hängebahn auch U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse durch Dortmund schickt.

Dass es die H-Bahn überhaupt gibt, haben die Dortmunder dem Gründer des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik, Professor Reinhard Jünnemann, zu verdanken. Der schnappte der Stadt Erlangen das Projekt nämlich vor der Nase weg. Bereits in den 70er-Jahren hatte Siemans in Erlangen eine Teststrecke gebaut, doch die Stadt konnte sich nicht durchringen, eine echte Strecke zu bauen. Also bot Jünnemann Siemens das Gelände der Dortmunder Uni als Pilotprojekt für die erste deutsche H-Bahn an.

Geschäftsführer H-Bahn (Foto: Westerhoff)
Geschäftsführer H-Bahn (Foto: Westerhoff)

„Das war das allererste vollautomatische öffentliche Verkehrmittel“, erinnert sich Schupp. Ein Fahrer wie bei U-Bahnen und Straßenbahnen war für die H-Bahn nicht nötig. Sie wird bis heute aus einem Leitstand an der Emil-Figge-Straße ferngesteuert. Das Herz der Bahn liegt unscheinbar in zweiter Reihe hinter einem Institut der Fakultät für Maschinenbau, direkt neben dem Fraunhofer-Institut. Die  H-Bahn war bei ihrer Einweihnung eine Revolution, konnte sich trotz ihrer zukunftsweisenden Technologie nie als Verkehrsmittel durchsetzen.

„Eine H-Bahn braucht wenig Fläche, fährt kreuzungsfrei, behindert also nicht den Autoverkehr und ist unheimlich schnell  aufzubauen“, skizziert Schupp die Vorteile. Und sie ist wesentlich billiger als der Bau einer U-Bahn. Dass sie sich trotzdem nicht durchsetzen konnte, liegt daran, dass sie einfach zu spät entwickelt wurde: „In den 70er-jahren haben die Städte Millionen in U-Bahnen investiert. Die Pläne und einige Strecken waren längst fertig als die H-Bahn auf den Markt kam“.

Trotzdem klopfen bis heute regelmäßig Verkehrsbetriebe aus aller Welt bei Schupp an, um sich die Bahn vorführen zu lassen. Bis auf den Skytrain in Düsseldorf gibt es bislang jedoch keine Nachahmer. „Pforzheim wollte mal eine durch die City bauen und den Bus ersetzen“, erinnert sich Schupp an einen der vielen besucher in seinem Büro: „Aber die haben sich dann irgendwie nicht getraut, aufs neue Verkehrsmittel zu setzen und mochten wohl lieber Busse.“ Auch wenn die Technologie sich nicht durchgesetzt hat, die Techniker der H-Bahn waren immer begehrt und haben sogar beim Bau der Transrapid-Strecke in Shanghai mitgeholfen.

Dass die Dortmunder Strecke eine von wenigen geblieben ist, macht die Weiterentwicklung schwierig. Während Straßenbahnen in Serie hergestellt werden, sind die H-Bahnen alle Einzelstücke. Seit fast einem Jahr läuft der Betrieb nur noch eingeschränkt. Im Mai vergangenen Jahres war die Bahn mit einem Container kollidiert, den ein LKW-Fahrer ausgerechnet unter der Strecke verladen wollte. 27 Menschen verletzten sich bei dem Unfall, die Hängebahn wurde zerstört. Seither fährt die H-Bahn-Gesellschaft nur noch mit drei statt vier Wagen. Der zerstörte Wagen konnte bis heute nicht ersetzt werden. Schließlich gibt es nirgenwo eine H-Bahn, bei der man sich bis zum Neubau des Wagens einfach einen Ersatzwaggon ausleihen kann.

Mit der Reparatur, Ersatzverkehr, Gutachten nach dem Unfall ist das kleine H-Bahn-Team so stark ausgelastet, dass die Ausbaupläne bislang ruhen mussten. Vier verschiedene Ausbaustrecken hatte Schupp bislang im Auge: „Eine bis zum Hauert im Technologiepark, eine etwas weiter bis ins Weiße Feld, dann haben wir auch mal über eine Ringbahn durch den Technologiepark nachgedacht und über einen Weiterbau bis in die Stadt.“

Die große Lösung, also den Bau bis zur Märkischen Straße, hat Schupp dabei schon ad acta gelegt: „Da würden wir nicht genügend Fahrgäste bekommen. Die Stadtbahn ist auf den Strecken einfach schneller“. Einen anderen würde er gern weiterverfolgen, auch wenn er das nicht so deutlich sagt. Die Strecke soll von der Uni, am neuen Hotel auf der Emil-Figge-Straße und an der Schnettkerbrücke vorbei bis zum Theodor-Fliedner-Heim auf der Wittekindstraße führen: „Dort können die Menschen dann in die Stadtbahn Richtung Kreuzviertel und City steigen“.

Schupp hält das für sinnvoll. Allerdings kostet der Bau zwischen 30 und 45 Millionen Euro, daran sind die Pläne bislang gescheitert. „Negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis“ lautet die offizielle Begründung der Stadt. Aus dem amtsdeutsch übersetzt bedeutet das: Die H-Bahn würden Menschen benutzen, die bislang Bus, Stadtbahn oder S-Bahn gefahren sind. Sie hätten zwar mit der H-Bahn einen kürzeren Anreiseweg zur Uni, das neue Verkehrsmittel würde aber keine neuen Fahrgäste, also Autofahrer, in die Bahn locken.

Das Land fördert den ÖPNV zwar mittlerweile wieder mit 90%, die Stadtwerke müssten für die Strecke also nur 3 – 4,5 Millionen Euro zahlen, allerdings gibt’s die Förderung nur, wenn Menschen durch neue Strecken das Auto stehen lassen und stattdessen die Bahn benutzen. Ganz begraben will Schupp die Pläne trotzdem nicht. Wenn die durch den LKW-Unfall beschädigte Bahn wieder ersetzt ist und alles wieder planmäßig läuft, dann wagt er möglicherweise einen neuen Anlauf.

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John Martin Ungar
11 Jahre zuvor

Nach der Lektüre dieser Briefe bleibt nur mit Voltaire zu sagen: „Sire, ich verabscheue jedes Wort, das Sie sagen. Aber ich werde mit meinem Leben dafür einstehen, daß Sie es sagen dürfen.“

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