Nacheinander steigen Tanzende auf das erhöhte, graue Bühnenquadrat. Im fahlen Licht stehen sie mit dem Rücken zu den Zuschauern, verschränken die Hände über dem Kopf und drehen ihre Schultern. Eine schnelle mechanische Bewegung wie kleine Bauteile an einer komplexen Maschine. Die zwölf Frauen und Männer bewegen sich dabei langsam und scheinbar chaotisch auf der Bühne durcheinander, das Lichtdesign von Mehdi Toutain-Lopez isoliert fast wie im schwarzen Theater die nackten Arme von den in schlichte schwarze Wirkware gekleideten Körpern. Dann ändert sich langsam das Bewegungsmuster, andere Drehbewegungen der Arme kommen hinzu, das Maschinelle bleibt erhalten. Dazu liefert Damir Simunovic eine leise undeutliche, elektronische Soundfläche. Ein Rauschen nur.
Isabelle Schads Tanzperformance „Pieces And Elements“ sucht nach elementaren Bewegungen. Da ist das Mechanische der Anfangsszene, den Großteil des Abends nehmen aber Bewegungen ein, die niederen Lebensformen abgeschaut zu sein scheinen, manchmal sogar vegetabil wirken, oftmals verschmelzen zwei Tanzende zu einem einzigen pulsierenden, kriechenden, wabernden Organismus. Dann wieder sind es nur einzelne Körper- oder Muskelpartien, die wie Einzeller oder Weichtiere kriechen, konvulsivisch zucken, sich aufblähen und zusammenziehen, sich entfalten oder scheinbar ohne eigenes Zutun von einer äußeren Kraft bewegt werden. Der Soundtrack liefert dazu sehr unterschwellige Umgebungen. Mal schabt es, dann rauscht es wie ein Wind in Blättern oder über Wüstensand, dann tauchten wir unter Wasser, ein leichtes Glucksen und Blubbern.
Es ist eine Suche nach dem Urgrund der Bewegung. Einem vormenschlichen Urgrund. Isabelle Schaf begibt sich in den Urschlamm der Bewegung. Selten sind an diesem Abend die Gesichter der Tanzenden zu sehen, meist stehen oder liegen sie mit dem Rücken zum Publikum oder halten die Köpfe gesenkt und verbergen ihre Individualität hinter ihren Haaren. So sind sie pure Muskulatur, reines pulsierendes Leben, selbst wenn sie im Verlauf des Stückes nackt tanzen, liegt darin keine Provokation, kein Skandalon, kein erotischer Anklang. Viel zu sehr entmenscht und zu reiner Bewegung werden die Körper. Dass das gelingt, ist vielleicht das Erstaunlichste an Isabelle Schads meditativer Choreographie.
Ein Wermutstropfen bleibt aber: Das Ensemble ist in der Ausführung leider viel zu uneinheitlich. Neben einzelnen Tänzerinnen und Tänzern, die Schads Ideen perfekt in Bewegung übersetzen, sind auch solche dabei, die sich damit schwertun. Das ist besonders auffällig, da die Arbeit ausschließlich auf Ensemble setzt und die technischen Defizite einzelner Tanzenden immer das Gesamtbild beeinträchtigen.
Weiterer Termin: 13.5., 20 Uhr, www.pact-zollverein.de