Der scheidende Intendant Peter Carp zeigt am Theater Oberhausen als seine letzte Inszenierung „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhard. Das kann man durchaus falsch verstehen. Buscon, Staatsschauspieler und nun mit seiner Familie und der von ihm verfassten Komödie „Das Rad der Geschichte“ auf Tournee durch die österreichische Provinz, gestandet im heruntergekommenen Saal der Gaststätte „Der schwarze Hirsch“ in Utzbach. Da braucht es nicht viel Fantasie, das Stück als Allegorie auf Peter Carp und Oberhausen zu lesen, Hasstiraden des größenwahnsinnigen Theatermachers Buscon auf Provinz, Publikum, Schauspieler und das Theater selbst inklusive.
In Kaspar Zwimpfers detailverliebten Bühnenbild samt Mausefalle und vergessener Luftschlange im Hirschgeweih finden sich dann aber keinerlei Hinweise auf das Oberhausener Theater. Peter Carp lässt Thomas Bernhards Stück dort, wo es hingehört – in Österreich. Fast schon überdeutlich, wenn auch ohne das dazugehörige Idiom. Es gibt auch gar keinen Grund mithilfe Bernhards mit seiner Oberhausener Zeit abzurechnen. Stattdessen schenkt Carp mit der Inszenierung dem Publikum und einem der beliebtesten Schauspieler des Ensembles – Hartmut Stanke – noch einmal einen großen Komödien-Abend.
Die Rollen sind dabei klar verteilt: Stanke als Buscon ist das Zentrum des Abends, schimpft und nörgelt sich durch den Text, ohne allzusehr auf Pointen oder Effekte zu zielen, um den Buscon immer in seinem ganzen Theater- und Welthass noch verstehbar und manchmal fast sympathisch zu halten. Martin Müller-Reisinger als Wirt, Anja Schweitzer als Buscons Frau, Thieß Brammer als Sohn und Janna Horstmann als Tochter sind die beinahe stummen Opfer des entfesselten Kunsttyrannen. Sie sind es auch, die Pointen liefern, manchmal auch Kalauer und Slaptstick. Hartmut Stanke allerdings bleibt der unangefochtene Star des Abends, weil er eben niemals als solcher auftritt. Ganz zu Beginn gibt es kleinere Schwierigkeiten beim Textverständnis, wenn Stanke ganz hinten in der Bühnentiefe seinen Text vernuschelt, fast so wie der große Thomas-Bernhard-Mitstreiter Bernhard Minetti. Doch spätestens mit dem Monolog über die Verlogenheit des Theaters spielt Stanke alle seine Qualitäten aus. Seine wichtigste: Nichts überziehen. In jeder Tirade steckt auch immer eine gute Portion Abgeklärtheit und Routine. An jeder Station der Provinztournee wird Buscon wohl den exakt gleichen Sermon abgesondert haben. Und alle um ihn herum scheinen das zu wissen, weshalb sie den ständigen Beleidigungen und Demütigungen des Theatermachers fast teilnahmslos entgegenblicken. Nur ganz am Schluss bricht Buscons Frau zweimal kurz in ein fast hysterisches Gelächter aus, was dieser nur mit einem kurzen indignierten Blick beantwortet. Stanke balanciert höchst glaubhaft auf der dünnen Linie zwischen Weltekel und Resignation und treibt damit die Zuschauer sanft zwischen Mitleid, Amüsement und Abneigung hin und her.
Thomas Bernhard – der liegt Peter Carp offensichtlich sehr gut. Es ist nicht leicht mit diesen unglaublich schlecht gelaunten und doch hochkomischen Texten umzugehen, ohne zu sehr zur einen Seite abzurutschen. Bei „Der Theatermacher“ gelingt das dem Team Carp / Stanke hervorragend. Wie schade, dass Carp nicht mehr Bernhard in seiner Oberhausener Zeit gezeigt hat.
Tickets und Termine: www.theater-oberhausen.de