Prinzregenttheater: Wie könnte es weitergehen?

Romy Schmidt mit dem ehemaligen Vorständen des Theatervereins Frank Goosen und Claus Dürscheidt  (Foto: Dirk Krogull)

Warum Romy Schmidt am Prinzregentteater wird bleiben können, wenn sie denn will, und warum sich trotzdem vieles ändern wird.

Sibylle Broll-Pape hat mit der Nichtverlängerung des Vertrages von Romy Schmidt einen großen Fehler gemacht. Sie wird kaum mit dem Ausmaß an Empörung gerechnet haben, das dieser Entscheidung folgte: Die Freie Kulturszene Bochums hat sich gegen sie gestellt und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD)  hat sich mit dem Satz „Wenn eine geht, dann sollte sie auch gehen“ von ihr distanziert. Klar ist aber auch: Der Theaterverein Prinz Regent ist unabhängig und kann entscheiden, wie er will – was Politiker oder andere Künstler sagen, muss ihn nicht interessieren. Eigentlich.

Aber schaut man sich die Situation näher an, ist es mit der Unabhängigkeit des Vereins, der nur acht Mitglieder, darunter Broll-Papes Sohn, haben soll, nicht so weit her: Mit 300.000 Euro im Jahr bezuschusst die Stadt das Prinzregenttheater, weitere 100.000 Euro kämen jährlich vom Land, wenn sie nicht gerade wegen Broll-Papes schwarzer Kasse blockiert wären. Unabhängig ist man, wenn man von niemandem abhängig ist – das Prinzregenttheater allerdings ist abhängig von den Zuschüssen, die ihm Stadt und Land gewähren. Ein Recht auf dieses Geld gibt es nicht.

Stadt und Land, das ist klar, wollen das Prinzregenttheater erhalten und beide wollen, dass es weiterhin erfolgreich ist. Weil es das unter der Leitung von Romy Schmidt war, stehen die Aussichten gut, dass sich zumindest die Stadt für sie einsetzen wird. Aber der steht Broll-Pape im Weg. Niemand kann sie zum Rücktritt zwingen, niemand den Verein dazu bringen, sie als Vorsitzende abzuwählen.

Allerdings könnten die Stadt und auch das Land klarmachen, dass sie dem Verein, wenn Broll-Pape an der Spitze steht, nicht mehr einfach so Geld überweisen. In der WAZ hat Broll-Pape gesagt, sie hätte über Jahrzehnte Geld aus Projekten abgezweigt, um in schlechten Zeiten die Gehälter der Mitarbeiter zahlen zu können. Das klingt zwar nett, ist aber nicht erlaubt. Man könnte es das Führen einer schwarzen Kasse nennen. Von Schmidt steht zudem der Vorwurf im Raum, der Vereinsvorstand habe ihre Kooperationsbereitschaft mit der Bezirksregierung Arnsberg als Vertrauensbruch wahrgenommen.

Stadt und Land sind verpflichtet, mit dem Geld der Steuerzahler sorgfältig umzugehen. Ein Verein, dessen Vorstand schwarze Kassen führte und der die rechtlich zwingende Zusammenarbeit mit einer Aufsichtsbehörde als Vertrauensbrauch sieht, ist für Stadt und Land kein Partner. Beide können sich nicht sicher sein, ob mit dem Geld der Bürger ordentlich gewirtschaftet wird. Das dem Verein klar zu machen, wäre keine Erpressung – es wäre nicht mehr, als darauf zu achten, dass Steuergelder sinnvoll verwendet werden.

Für die Stadt stellt sich zudem die Frage, wie mit ihren Geldern in den vergangenen Jahren umgegangen wurde – geprüft wird vom Landesrechnungshof ja nur der Umgang mit Fördermitteln des Landes. Weitere Zahlungen ließen sich von dem Ergebnis der Untersuchung eines Wirtschaftsprüfers abhängig machen. Die Kosten dafür hätte der Verein zu tragen – er will ja Geld von der Stadt und hat ihr gegenüber seine Seriosität nachzuweisen.

Die Stadt hat also gute Argumente, die weitere Subventionierung des Prinzregenttheaters von Veränderungen an der Vereinsspitze abhängig zu machen und auf das Ende von Broll-Pape als Vorstandsmitglied zu drängen.

Auch sollte die Stadt, nicht nur gegenüber dem Theaterverein Prinz Regent, auf Transparenz bestehen: Warum sollte die Zahl der Mitglieder von Vereinen, die Geld von der Stadt wollen, nicht öffentlich sein? Warum sollen Satzungen nicht online einzusehen sein? Und wie regelt der Verein eigentlich Anfragen nach Mitgliedschaften? Ist er wirklich offen für neue Mitglieder oder eine geschlossene Veranstaltung?

Und wenn sich der Theaterverein weigert, auf solche Vorschläge einzugehen? Dann gibt es eigentlich keinen Grund zur Sorge. Verweigern Stadt und Land die Zahlungen, wird das Prinzregenttheater nicht lange bestehen können – und nach Satzung automatisch an das Kulturamt der Stadt fallen:

„Bei Auflösung des Vereins oder bei Wegfall seines bisherigen Zwecks fällt das Vermögen des Vereins an das Kulturamt der Stadt Bochum, die es unmittelbar und ausschließlich zur Förderung der Arbeit freier Theatergruppen zu verwenden hat.“

Die Stadt könnte auch die für den Verein unangenehme Frage aufwerfen, ob der „Wegfall seines bisherigen Zwecks“ nicht längst eingetreten ist: In der Satzung steht bis heute „Der Verein führt Produktionen der im Verein vertretenen Theatergruppen auf, organisiert Gastspielauftritte und produziert mit freien Gruppen herausragende Theaterprojekte.“ Aber es gibt außer dem Team des Prinzregenttheaters keine Gruppen mehr – das Prinzregenttheater ist das Theater seiner Leiterin: Früher war das Broll-Pape, heute ist das – noch – Schmidt.

Die Stadt könnte also aus guten Gründen darauf bestehen, das Theater zu übernehmen. Was sie nicht will und auch nicht sollte. Die Idee des Prinzregenttheaters als freies Theater ist ja gut – nur wird es seinem selbst gesetztem Anspruch schon sehr lange nicht mehr gerecht.

Im Umgang der Stadt mit dem Prinzregenttheater sollte es trotzdem um mehr gehen als um die Nichtverlängerung des Vertrags von Romy Schmidt und das Ausscheiden von Sibylle Broll-Pape aus dem Vorstand. Die Stadt sollte darauf drängen, dass der Theaterverein, gemeinsam mit anderen freien Theatern in Bochum, ein Konzept zur Öffnung des Hauses erarbeitet, so dass der Satzungszweck wieder erfüllt wird. Schmidt wäre dann die Geschäftsführerin des Theaters, das auch andere nutzen könnten, und die künstlerische Leiterin ihres Teams, der Kerntruppe des Theaters, das sich die Bühne als Erster unter Gleichen mit anderen teilt und die Linie des gesamten Hauses, vor allem was Gastspiele betrifft, erarbeitet und vorgibt.

Die nächsten Tage werden interessant.

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Rainer
Rainer
7 Jahre zuvor

Ein wirklich gelungener Artikel / Kommentar mit sehr nachvollziehbaren und auch neuen (konsequenten) Denkansätzen. Danke, Herr Laurin.

Robert Müser
Robert Müser
7 Jahre zuvor

Ein sehr guter Artikel!

Leider habe ich da die Befürchtung, dass einer vernünftigen Lösung das übergroße Ego im Weg steht.
Die Aussage des Bochumer OB zur Sache geht da schon in die richtige Richtung.

Falls der angesprochene Personenkreis es nicht verstehen will, sollte in letzter Konsequenz der Geldhahn demnächst komplett zugedreht werden, um dann einen kompletten Neuanfang als "Prinzregententheater 2.0" zu wagen.

RobinS
RobinS
7 Jahre zuvor

Die Sache -oder: Dieses Thester ums Theater -ist auch für Unbeteiligte interessant, auch aufgrund der Meinungsstärke und des differenzierten Diskurses,

Ein Aspekt ist aus meiner Sicht allerdings nicht komplett klar. Viellricht kann da jemand für Sufklärung sorgen?

Sie- Herr Laurin- sprechen im Falle der Zusammenarbeit von Schmitt bei der Aufklärung der Frage, ob Gelder vor ihrer Zeit ggf. zweckentfremdet wurden, mit den Fördergeldgebern von "Kooperationsbereitschaft".

War das ihre Aufgabe?

Hier muss aus Sicht eines Vorstandes – eines jeden Vereins- natürlich die Frage gestellt werden, ob Schmitt gemäß. Satzung und Arbeitsvertrag überhaupt dazu befugt war – sie steht auch nicht in der Haftung- anscheinend eigenmächtig und im Vorfeld unabgesprochen entsprechende Auskünfte zu erteilen. Oder ist dieses nicht eigentlich die originäre Aufgabe des Vereinsvorstandes.?
Hätte ein solcher Vorgang in anderen Zusammenhängen nicht nur die Nichtverlängerung des Vertrages im Folgejahr, sondern ggf, auch sofortige arbeitsrechtliche Konsequenzen zur Folge?

Und war die Existenz schwarzer Kassen – im übrigen nicht erlaubt, aber gang und gäbe- nicht ohnehin eingeräumt worden und den geldgebenden Institutionen bekannt?

Warum fühlte sich Schnitt also berufen, über Vorgänge Auskunft zu erteilen, zu deren Erteilung sie möglicherweise nicht befugt war, und die vor ihre Zeit fielen und für die niemand sie in Verantwortung nehmen könnte und wollte?

Wo ist hier das Motiv? Ging es wirklich nur darum, die Geldgeber wohlgesonnen zu stimmen?

Der Vorstand sprach von gestörten Vertrauensverhältnis. Dies wird sich in den letzten Tagen nicht verbessert haben.

Da im PRG- Theater und im Verein aber offenbar grundsätzlich Kläringsbedarfe – wie Laurin ausfühtlich und detsilliert darlegte- bestehen, muss die Frage erlaubt sein,ob es dazu dieser Aufführung bedurfte oder ob hier nicht andere Wege hätten gegangen werden können,

Wolfgang
Wolfgang
7 Jahre zuvor

@RobinS

"War das ihre Aufgabe?"

Frau Schmidt ist Geschäftsführerin des PRT, damit hat sie bezüglich der Verwendung von Fördermitteln des Landes auch die Auskunftspflicht gegenüber der bewilligenden Behörde oder dem Landesrechnunghof.

Die Satzung des Vereins ist für die Zuständigkeit irrelevant, bindend ist diese nur für die Mitglieder des Vereins. (Arbeits-) vertragliche Regelungen, die Frau Schmidt verpflichten der o.a. Auskunftspflicht nicht nachzukommen wären wohl unwirksam (weil sittenwidrig).

"Und war die Existenz schwarzer Kassen – im übrigen nicht erlaubt, aber gang und gäbe- nicht ohnehin eingeräumt worden und den geldgebenden Institutionen bekannt?"

Der Landesrechnungshof ermittelt unter anderem die Höhe der Rückforderung. Wenn die möglicherweise gegebene teilweise dem Förderzweck entsprechende Verwendung der Mittel belegt werden kann, reduziert das die Höhe der Rückforderung.
Wirtschaftlichen Schaden abzuwenden gehört zu den Aufgabe der Geschäftsführerin, Mitwirkung beim Vertuschen des Fehlverhaltens der Vorgängerin nicht.

"Wo ist hier das Motiv? Ging es wirklich nur darum, die Geldgeber wohlgesonnen zu stimmen?"

Nö. Frau Schmidt war in Gefahr in den Ruf zu geraten, bei der Zweckentfremdung von öffentlichen Fördermitteln mitzuwirken oder diese zumindest zu billigen. Mit ihrer Kooperation mit den Behörden konnte Frau Schmidt das in diesem Fall vermeiden.

"Da im PRG- Theater und im Verein aber offenbar grundsätzlich Kläringsbedarfe – wie Laurin ausfühtlich und detsilliert darlegte- bestehen, muss die Frage erlaubt sein,ob es dazu dieser Aufführung bedurfte oder ob hier nicht andere Wege hätten gegangen werden können."

Nach drei Jahren am PRT, atypisch früh, mit dem Ruf "künstlerisch interessant, Intendanzeignung zweifelhaft" zu gehen, kann als Hemmnis für das weiter Wirken gewertet werden, dass Frau Schmidt in eigener Sache die Kommunikation nicht dem Verein überlässt, halte ich für legitim.

RobinS
RobinS
7 Jahre zuvor

@Wolfgang

Antragsteller und Zuwendungsempfänger ist -so steht zu vermuten- der Verein,

Ebenfalls ist der Verein Anstellungsträger der Geschäftsführerin.

Der Vorstand wiederum ist das entscheidungsbefugte und verantwortlich handelnde Organ des Vereines, bis zu seiner Abwahl. und/ oder ggf. Nichtentlastung.

Insofern entscheidet der Vorstand,, so lange die Satzung nichts anderes rwgelt, wer wem gegenüber über was Auskunft zu geben hat.

Das ist nicht sittenwidrig, sondern Usus,

Die Geschöftsführerin führt die Geschäfte des Theaters im Sinne des Vereines resp. des Vorstandes. Der gesamte Vorstand hingegen regelt die Zuständigkeiten und Finanzen -u.a. gibt es ja deswegen Kassierer/Finanzvorstände – und haftet ggf. bei Unregelmäßigkeiten wie auch die Vereinsmitglieder selbst.

Etwas anderes wäre, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren,bspw. wegen Subventionsbetruges käme. Dann könnte das Gericht die Geschäftsführerin -solange sie nicht als Bedchuldigte geführt wird- ggf. als Zeugin laden.

Das ist aber bisher ja noch nicht geschehen.

Insofern sollte man bei allen Debatten um die künstlerischen und kulturpolitischen Fragen die schnöden arbeitsr- und vereinsrechtlichen Aspekte – die gibt es nunmal anscheinend auch, was man schon zur Kenntnis nehmen sollte- nicht außer Acht lassen

Da helfen dann im Zweifelsfalle auch keine Unterschriftslisten mehr.

Am Ende dieses unwürdigen Schauspiels gibt es möglicherweise angesichts der offenkundig finanziell wie menschlich zerrütteten Verhältnisse nur noch Verlierer.

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