Das Schöne an vermeintlichen oder tatsächlichen Enthüllungen über Geheimdienste ist, dass sich die Objekte der Berichterstattung kaum dazu verhalten. Zumeist dementieren die Schlapphüte weder, noch bestätigen sie. Dabei wäre es wirklich interessant, mehr über die praktische Anwendung von PRISM zu erfahren – allein schon um zu zeigen, wie überzogen die derzeitige Hysterie hierzulande ist. Von unseren Gastautoren Patrick Gensing und Andrej Reisin/Publikative.
Bei der Funkzellenabfrage werden Hunderttausende Mobilfunkdaten von der Polizei gespeichert – aus den nichtigsten Anlässen. In Berlin beispielsweise nach einem Handtaschenraub. Die Praxis ist seit Jahren bekannt, interessiert aber kaum jemanden in Deutschland. Auch die Überwachungsdrohnen gegen Fußballfans sowie deren weitreichende Bespitzelung, sogar von Gruppen, die von der Polizei selbst als vollkommen harmlos eingestuft werden, sind kaum eine Zeile wert, geschweige denn das neue Sicherheitsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern, das dem Geheimdienst „Verfassungsschutz“ maximale Beinfreiheit verschafft.
Wenn aber ein „Whistleblower“ über amerikanische Überwachungsprogramme auspackt, steht das Land Kopf.„We are all Edward Snowden“, bringt die Piratenpartei gekonnt die nationale Opferrhetorik auf den Punkt. Fraglich ist nur, was die NSA über Piraten und Sozialdemokraten, Heimat- und Umweltschützer, deutsche Israel-Hasser und Freunde eigentlich wissen möchte?
Nicht allzu viel, darf man getrost vermuten: Wer nur am Rechner sitzt und eine Empörungs-Email nach der nächsten verschickt, auf Facebook zum Widerstand ruft und einen Protest-Tweet nach dem anderen absetzt, bleibt völlig unbehelligt. Top-Verschwörungstheoretiker wie Jürgen Elsässer bringen Hochglanz-Magazine heraus, ohne dass sich die Behörden dafür in gesteigertem Maß interessieren würden. Der Mann betreibt Heft, Blog, Video-Kanal, gibt Sonderformate raus, eilt von Talkshow zu Konferenz – who cares?
Wo bleiben eigentlich NSA und Mossad?
Doch egal ob linke oder rechte Verschwörungstheoretiker, ob islamistische Webseiten-Betreiber, Neonazis oder linksradikale Agitatoren: Stets ist deren eigene Existenz eigentlich der beste Beweis dafür, dass es ganz soweit nicht her sein kann, mit der von Protagonisten wie Ken FM gerne imaginierten “Digitalen Diktatur”. Ganz im Gegenteil: Obwohl sie offen “das System” bekämpfen, bleiben die erklärten Revolutionäre, Amerika- und Systemhasser, die wahlweise Propaganda für den Iran, Al Kaida, Chavismo, Marxismus-Leninismus oder sonst eine Art der “Systemüberwindung” machen, hierzulande weitgehend unbehelligt, solange sie nicht gerade selbst Straftaten begehen – oder sogar in den Terrorismus abwandern.
Doch selbst dann scheinen deutsche Behörden kaum dazu in der Lage zu sein, solche Täter von ihrem Tun abzuhalten: Jahrelang zog der NSU mordend durchs Land, die Behörden wussten (nach eigenen Angaben) von nichts. Ein Gegenbeispiel liefern die verhinderten Anschläge der sogenannten Sauerland-Gruppe, die mithilfe von Wasserstoffperoxid-Bomben ein Blutbad anrichten wollten. Doch die Informationen, die zur Ergreifung der Täter führten, bevor sie ihre mörderischen Pläne in die Tat umsetzen konnten, stammten von der NSA. Diese hatte im Oktober 2006 Erkenntnisse über einen intensiven Mailverkehr zwischen Deutschland und Pakistan an die deutschen Behörden weitergeleitet. “Zuvor waren wir völlig ahnungslos”, gab einer der deutschen Ermittler in dem Verfahren zu Protokoll.
Cluster oder persönliche Akte?
Was ist also PRISM? Sitzen beim NSA etwa 30.000 Mitarbeiter, die ausschließlich für Deutschland zuständig sind und sämtliche Telefonate auswerten? Die nachlesen, wer bei Facebook was geschrieben hat? Die Profile von Bundesbürgern pflegen und politische Einschätzungen schreiben? Eine digitale Stasi-Krake also? Oder handelt es sich eher um ein Computerprogramm, das nach Clustern, also bestimmten Mustern, sucht, um angebliche oder tatsächliche Terrorverdächtige aufzuspüren? Also beispielsweise jemand, der viel in den Jemen telefoniert, monatelang über die Terrorangriffe von London und Spanien liest und in einem Baumarkt größere Mengen an Substanzen bestellt, die für den Bau von Bomben geeignet sind?
Wir tippen auf Letzteres, doch davon will zum Beispiel Carolin Emcke nichts wissen. Die Journalistin und Schriftstellerin hat stattdessen gemeinsam mit gut 30 anderen Literaten und Wissenschaftlern einen Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben. Darin sprechen die Unterzeichner davon, der „gläserne Mensch“ sei “endgültig Wirklichkeit geworden”. Von einem “historischen Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat” ist die Rede und von einem “millionenfachen Generalverdacht”. Das Grundgesetz verpflichte de Kanzlerin, “Schaden von deutschen Bundesbürgern abzuwenden.” Dass PRISM genau dazu dienen könnte, kommt Emcke und ihren Freunden offenbar nicht einmal in den Sinn.
Das terroristische Phantom
Und dafür gibt es Gründe: Im Deutschlandradio beklagt Emcke, sie habe von Innenminister Friedrich bislang nicht gehört, welche “Terrorakte denn genau wirklich verhindert” worden seien. Die Sauerland-Gruppe scheint sie einfach nicht zu kennen. Dafür aber spricht sie davon, dass Terrorismus “eine Art Platzhalter” geworden sei: “Das issen Phantom”, so Emcke wörtlich, “wie beim Kinderspiel, wenn einer ‘Buh!’ ruft – und alle anderen sind erschrocken und trauen sich nicht mehr nachzufragen”. Phantom? Kinderspiel?
Vielleicht sollte Emcke versuchen, ihre Kinderspiel-Analogie den Angehörigen von Opfern islamistischen Terrors näherzubringen. Zum Beispiel den Eltern von Myriam Monsonégo, einem achtjährigen jüdischen Mädchen, das am 19. März 2012 in Toulouse von einem islamistischen Attentäter an den Haaren festgehalten wurde, bevor ihr der Täter seine Pistole an die Schläfe drückte und ihr in den Kopf schoss. Zuvor hatte er bereits einen Rabbiner und dessen zwei kleine Kinder sowie drei französische Soldaten erschossen.
Tatsache ist, dass es im Westen bereits islamistische Anschläge mit Hunderten Toten gab, Tausende Leben von Angehörigen wurden zerstört. Es handelt sich beim Kampf gegen diesen Terrorismus also mitnichten um ein Phantom, sondern das wahre Phantom in Emckes Fantasie ist der böse amerikanische Sicherheitsdienst, der vermeintlich ein riesiges Interesse an ihrer ach so bedeutenden privaten Kommunikation und den Vorbereitungen zum nächsten Jahrestreffen besonders kritischer deutscher Autoren haben könnte. Man stelle sich zudem einmal vor, in größeren Medien würde der NSU-Terror als Phantom bezeichnet – solche Einschätzungen bleiben bislang glücklicherweise NPD, Elsässer & Konsorten vorbehalten.
Pearl Harburg
Aber Opfer, die keine Deutschen sind, haben hierzulande eben nicht nur bei Naturkatastrophen wenig Konjunktur. So beschwert man sich empört darüber, dass “ausgerechnet” Deutschland angeblich (laut Snowden) in Europa am Stärksten von der NSA überwacht werde – und vergisst einfach, dass es dafür Gründe geben könnte: Denn schließlich heckten Mohammed Atta, Ramzi Binalshibh und Said Bahaji ihre Pläne zum Massenmord des 11. September 2001 nicht im Jemen, Waziristan oder in einer Pariser Banlieue aus – sondern in der Marienstraße 54 in Hamburg-Harburg. Hätte man deren Kommunikation seinerzeit überwacht, hätte man die Anschlagspläne der Amateur-Piloten mit Sicherheit durchkreuzen können – aber das ficht deutsche Literaten in Sorge um die “Schadensabwendung von deutschen Bundesbürgern” natürlich nicht an. Man muss deswegen nicht Überwachungsmaßnahmen bejubeln, aber man sollte zumindest zur Kenntnis nehmen, dass Terrorismus kein Hirngespinst ist.
Seit mehr als zehn Jahren wird über “asymmetrische Kriege” diskutiert und darüber, dass die Einteilung in Freund- und Feindstaaten im Zeitalter des globalen Terrorismus nur noch bedingt Sinn ergibt. Aber auf einmal wird beleidigt gespielt, als hätte es all diese Diskussionen – und vor allem die ihnen zugrunde liegenden Attentate – nie gegeben. Dass Deutschland zudem zahlreiche US-Militärbasen beherbergt, die zu den bedeutendsten außerhalb der Vereinigten Staaten gehören, taucht ebenfalls in kaum einem Artikel auf. Dabei dürfte hier ein weiterer Grund für die gesteigerte Überwachung liegen, denn schließlich waren US-Militärangehörige schon für die RAF ein beliebtes Angriffsziel – und durften als “imperialistische Schweine” in der Diktion der selbsternannten deutschen Revolutions-Avantgarde besonders reuelos geschlachtet werden.
Und erst am 2. März 2011 eröffnete der seit 1991 in Deutschland lebende, aus dem Kosovo stammende Arid Uka mit dem Ausruf “Allahu akbar!” am Frankfurter Flughafen das Feuer auf Fahrgäste und den Fahrer eines Busses mit unbewaffneten US-Soldaten, der diese zur Ramstein Air Base nach Rheinland-Pfalz bringen sollte. Uka erschoss zunächst einen einsteigenden Soldaten, dann den Busfahrer und verletzte zwei weitere Menschen schwer. Zu mehr Opfern kam es nur deshalb nicht, weil die Schusswaffe des Attentäters eine Ladehemmung hatte, wie das Gericht bei der Verurteilung zu lebenslanger Haft feststellte.
Schlapphut oder Schlafmütze?
Weitere Opfer von Emckes Kinderspiel-Phantom also, die zumindest Gründe liefern, warum die NSA Deutschland mit gesteigertem Interesse beobachtet. Vielleicht, weil man auch jenseits des Atlantik den Verdacht hegt, die deutschen Dienste seien derart schlafmützig, dass man ihnen lieber ab und an einen Tipp geben sollte. Vielleicht wäre es an der Zeit, die NSA auch um Hilfe im Fall NSU zu bitten – anstatt sich darüber aufzuregen, dass amerikanische Dienste versuchen ihre Staatsbürger zu schützen – und dabei sogar noch wertvolle Hinweise zu terroristischen deutschen Eigengewächsen liefern.
Doch davon will der borniert auf den Schutz der eigenen Privatsphäre fixierte Teil der deutschen Öffentlichkeit natürlich wie immer nichts hören. Weder vom Versagen der eigenen Behörden, noch von den Opfern, die dieses Versagen mit ihrem Leben bezahlen mussten. Stattdessen führt eine merkwürdige Allianz aus politischen Journalisten, dem Feuilleton und der Opposition im Bund lieber eine opferlose Debatte im Konjunktiv, die vor allem aus “hätte, könnte, wäre, sollte, dürfte, aber, wenn, dann, schlimm, schlimm, schlimm” besteht.
Digitales Entwicklungsland
Die Angst vor abstrakten Gefahren ist in Deutschland grenzenlos. Man hat Angst vor Facebook und der NSA, findet es aber vollkommen normal, mit diversen Kundenkarten zu hantieren – und Funkzellenabfragen sowie Polizeigewalt interessieren ohnehin kaum jemanden. Wortreich wird die angebliche Aufhebung der Gewaltenteilung beklagt, aber man hat kaum Schwierigkeiten damit, wenn Jugendliche ohne Gerichtsverfahren Hunderttausende Euros für Polizeieinsätze bei Facebook-Partys bezahlen sollen.
Dass die German Angst hierzulande gerne als besonders nachhaltige Geschichtsaufarbeitung aus “den Erfahrungen des 3. Reichs” verkauft wird – geschenkt. Dass es sich aber tatsächlich um eine deutsche Eigenart handelt, um eine bestimmte Mentalität, legt das Beispiel Google Street View nahe: Auch hier war der öffentliche Aufschrei bemerkenswert groß, als der amerikanische Konzern diesen Dienst aufbaute. Eine Debatte darüber, welche Vorteile Street View bringt, blieb weitestgehend aus. Fast 250.000 Haushalte bestanden vielmehr darauf, dass ihr Zuhause nicht bei Google Street View angezeigt werden kann. Warum? Man weiß es nicht.
Auch die Verantwortlichen bei Google waren in der Causa Germany offenbar am Ende mit ihrem Latein. Als einziges mitteleuropäisches Land ist Deutschland nicht flächendeckend bei Street View zu sehen. Die Pläne, dies zu ändern, hat Google längst aufgegeben. Auch sollen die bisherigen Aufnahmen nicht mehr aktualisiert werden. Obwohl kaum besiedelt, sind selbst die Weiten im Norden Skandinaviens besser abgedeckt.
Schade drum, denn leider können schwerbehinderte Menschen nun exklusiv in Deutschland nicht nachschauen, ob Lokalitäten, die sie aufsuchen wollen, einen behindertengerechten Zugang haben. Und auch ob das angepriesene Feriendomizil tatsächlich in “herrlicher Umgebung” oder eher inmitten von Bauruinen steht, gucken sich die Deutschen in Spanien zwar äußerst gerne mit Street View an, aber wehe der ausländische Urlauber möchte im Gartenzwergenstaat dasselbe tun. Dann ist Schluss mit lustig.
Crosspost: Der Artikel erschien bereits auf publikative.org
Super Artikel! Weiter so!
Ach so, dann ist ja wohl alles in Ordnung.
Und welch bestechende Logik – weil Überwachungsdrohnen gegen Fußballfans und das neue Sicherheitsgestz in Meck-Pomm kaum jemanden in Deutschland interessieren, sollen wir uns bei PRISM auch nicht so anstellen….
Und weil linke oder rechte Verschwörungstheoretiker, islamistische Webseiten-Betreiber, Neonazis oder linksradikale Agitatoren von den Geheimdiensten offenbar unbehelligt bleiben (man sieht ja keine Schlapphüte, die Verhaftungen vornehmen – gelle?), kann an der Datensammelwut auch nicht so viel dran sein.
Jetzt fehlt mir eigentlich nur noch Schily´s Kommentar um die Sache so richtig komplett zu machen…
Überwachung ist ein konstitutiver Teil des Staates. War sie immer schon. Er würde ohne sie schlicht nicht funktionieren. Wer Gesetze erlässt, muss deren Einhaltung auch kontrollieren können. Wer sogar unter terroristischer Bedrohung steht, der darf die Terroristen möglichst gar nicht erst zur Tat schreiten lassen.Das erwarten die Bürger vom Staat. Auch die, die jetzt lauthals protestieren.
Die einzige sinnvolle Frage die sich hier stellt heißt also: Wer kontrolliert die Kontrolleure und wer überwacht die Überwacher, und wie? Hier scheint eine Menge im Argen zu liegen. Auch in Deutschland. Oder glaubt hier noch einer Herrn Profalla, das da alles nur nach Recht und Gesetz zugeht. Seit der NSU-Affäre tu ich es auf jeden Fall nicht mehr.
Aber die BRD ist, ebenso wie die USA, ein demokratischer Staat. Der Antrag im amerikanischen Repräsentantenhaus, die Überwachung sowohl der eigenen als auch fremder Bürger einzuschränken, ist nur sehr knapp gescheitert. Die USA scheint also noch immer zur Selbstkorrektur fähig, denn das wird nicht der letzte Antrag zu diesem Thema gewesen sein.
Ich bin gespannt, was diesbezüglich in Deutschland geschieht. Von einem ähnlichen Antrag wie in den USA habe ich allerdings nocht nichts vernommen.
Ich bin verwirrt, ob der obige Kommentar ernst gemeint ist oder einen hohen Troll-Faktor in sich trägt. Teilweise stimme ich zu – die German Angst ist schon eine besondere. Aber sie hat vielfältige Gründe, die nichts mit Paranoia zu tun haben, sondern meiner Meinung nach eher mit Rassismus und Nationalismus.
Einer davon mag sein, dass das Vertrauen in Deutschland, also in den „deutschen Rechtsstaat“ sehr hoch ist. Deutsche Gesetze sind toll – andere nicht. Wenn der BND den ganzen Datenverkehr ausspioniert, um Kriminelle (Kinderpornoringe) oder Terroristen zu fangen, dann ist das okay. Wenn ein anderes Land das mit dem gleichen Datenverkehr aus den gleichen Gründen macht, dann ist es nicht okay. Der Grund für diese paradoxe Betrachtungsweise könnte sein, dass der Deutsche zu viel Wert auf die Nation und ihre Stärken und Grenzen setzt. Immernoch. Das „deutsche Volk“ ist eines der letzten, was nicht verstanden hat, dass seit dem Internet nationale Grenzen und Gesetzgebungen überflüssig sind. Aber das Volk will ja seine Souveränität behalten und klammert sich verzweifelt an die Nation.
Außerdem hassen die Deutschen nun mal Amerika. Meistens wissen sie gar nicht warum, vielleicht sind viele sauer, dass die Amis den 2. WK gewonnen haben und eben nicht die starke Nation Deutschland. Daher ist es den Meisten gut gelegen, wenn sich eine Chance ergibt, mal wieder gegen die Amis zu hetzen. Seit die Deutschen mit der BW in Afghanistan stehen, ist ja der Protest gegen diesen Krieg auch zurückgegangen.
Nichts desto Trotz ist die Kritik an Prism, Tempora und Co total richtig. Die Technik ist da und jetzt gibt es auch genügend Speicherplatz alles zu überwachen, das werden sich die Mächtigen mit Sicherheit nicht entgehen lassen. Leider wird alles dafür getan, dass kein konstruktiver Vorschlag seinen Weg in die Medien findet. Das Internet wurde im Kalten Krieg erfunden und zwar von US-Verteidigungsministerium. Was glauben also alle, wie das mit den Datenströmen läuft? Was jetzt geschehen muss ist eine konstruktive Diskussion, wie wir das Internet dezentralisieren können.
Es wäre natürlich auch schöner, wenn sich „das deutsche Volk“ auch wegen des eigenen Überwachungsstaates aufregen würde. Aber das sind ja deutsche Regeln und die sind halt gut.
Ich habe letztens was cooles gelesen. Das geht so: „Vereinfacht formuliert, sagt der Rechtsstaat bloß: „Ich halte mich an die Gesetze, die ich verabschiedet habe““. „Die Deutschen“ müssen das nur auch endlich mal kapieren.
Krass, wie kann man auf dieses Ding so stolz sein, dass man es auch noch crosspostet? Demnächst am besten noch bei Carta. Inhaltlich besser wird es durch größere Verbreitung leider nicht.
@Arnold Voss:
„Wer Gesetze erlässt, muss deren Einhaltung auch kontrollieren können“
Hier geht es nicht um Verkehrsüberwachung, sondern um Bürgerrechte.
In einem Staat, der seine Bürger unter Generalverdacht stellt, werden Bürgerrechte zum Kollateralschaden erklärt. Flächendeckende Überwachung schafft, im Gegensatz zur zielgerichteten Ermittlung, die Unschuldsvermutung ab. In einem Staat, der seine Bürger unter Generalverdacht stellt, werden die Bürgerrechte zum Kollateralschaden erklärt.
Die Frage, die sich hier stellt, kann also nicht heißen: der Staat kontrolliert sich selbst oder überwacht die Überwacher. Hier bleibt wohl vorerst nur die Hoffnung auf das Einschreiten der Verfassungsrichter… oder haben Sie eine bessere Idee?
Spannende Analyse. Insbesondere, dass der Autor die Sauerlandgruppe als Beispiel für terroristische Gruppierungen heranzieht entbehrt nicht einer gewissen Komik. Selbst unserem Innenminister war das nach einer Nennung zu albern.
Aber der Text ist eben genau diese Kopf-in-den-Sand Rethorik die man selten, aber umso lieber liest. Der Autor offenbart jegliches Dessinteresse an Fakten und stellt sich stolz Fähnchen wedelnd in den Dienst des Innenministeriums.
Ein weiteres Beispiel ist das Argument, dass man die Atta und seine Spießgesellen hätte fangen können, da er ja in Hamburg wohnte und kommunizierte, hätte, ja hätte es PRISM nur schon gegeben.
Das spannende ist, dass es das PRISM Programm da schon ein ganzes Jahr gab. Also wurde die Kommunikation entweder nicht bemerkt, oder es wurde nichts getan. Wurde sie nicht bemerkt, wie stellt der Autor sich das dann heute vor?
Auch tragische Einzelfälle, deren Hintergrund nicht geklärt ist als, Grund für die Massenüberwachung von Volk und Wirtschaft anzuführen ist weder recht noch billig. Solche rethorischen Taschenspielertricks laufen bei PI gut, aber die Ruhrbarone sollten vielleicht noch mal gegenlesen.
Beste Grüße
@Nansy: „sollen wir uns bei PRISM auch nicht so anstellen“ – Wir haben uns fast zwanzig Jahre lang nicht angestellt, obwohl es auch damals offensichtlich war, wie das mit dem Scannen und Kopieren funzt und wer das macht. Überall Router, überall unbegrenzte Möglichkeiten…
Es gab von Anfang an, bei den ersten kommerziellen Gehversuchen des Internet in Deutschland eine „Datensammelwut“, und die beschränkte sich beileibe nicht auf die pösen Amis. Ich war dabei. Es hat sich damals nur Niemand so richtig vorstellen können, dass in den Zetabytes jemals etwas persönlich-strukturiertes Spezielles auf Knopfdruck scanbar wäre. Mit „Big Data“ (der theoretischen Grundlage für die angeblichen Superproggis der NSA) ist diese Annahme heute zwar im Groben hinfällig, aber trotzdem fallen dabei höchstens Trends raus.
Auch die Amis behaupten muskelblähend viel gegenüber den technokratisch „Ungläubigen“, ohne den konkreten Beweis für die in den Medien und von sog. Aktivisten getröteten Fähigkeiten anzutreten.
Ich bin von dem Artikel doch ein wenig verwirrt. Obwohl, das bin ich ja öfters 😉
Einerseits beklagt der Autor sehr zurecht deutsche Polizeigewalt, das Verhalten deutscher Sicherheitsorgane und weiteres. Leider vergisst er dabei die Vorratsdatenspeicherung, XKeyforce und ähnliches.
Auf der anderen Seite stellt er es so dar, dass PRISM und die NSA nur „Gutes“ tun würden. Die Überwachung von Menschen ist richtig, da es Terrorakte verhindert. So der Artikel. Leider vergisst er dabei, dass bisher noch niemand bewiesen hat, dass flächendeckende Überwachung Terrorakte verhindert hat. Einige gehen sogar davon aus, dass die große Menge von gesammelten Daten, die wirklich bedeutenden Fakten überdeckt. Dass die Sauerlandgruppe durch PRISM aufflog, wurde auch bisher nicht bewiesen. Sicherheitsbehörden behaupten so etwas immer, niemand kann es im Nachhinein noch nachvollziehen. Klassische Polizeiarbeit und verdachtsbezogene, von Richter*innen genehmigte Überwachungen sind wohl sehr viel effektiver. Wenn Sicherheitsbehörden selbst in Vermutungen und sogar Illegales abtauchen (siehe Verfassungsschutz und die V-Leute) wird deren Arbeit meist ineffektiver und die Gefahr, dass völlig Unschuldige verdächtigt werden wächst sehr stark.
Die Folgerung des Autors also: Die Deutschen böse, die Amerikaner gut. Das finde ich ja erst einmal sehr sympathisch. Es deckt auch die Abneigung vieler Deutscher gegenüber den USA gut auf. In Deutschland heißt es ja immer: „Wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse“, in der Sozialpolitik oder nun bei den Überwachungen. Das antiamerikanische Gefühl wird so gestärkt. Das sehe ich auch so. Aber die Schlussfolgerung daraus ist doch sehr vereinfacht und eindimensional. Denn der Autor sagt eigentlich: Alles ist gut, wir müssen nichts tun!
Und genau das stimmt aus meiner Sicht nicht! Wir sollten viel mehr und stärker protestieren. Aber eben nicht gegen die Amis, sondern gegen die eigene Regierung. Natürlich muss die Regierung auch gegenüber den USA kritisch sein, also ihnen sagen, dass die flächendeckende Überwachung durch die NSA beendet werden muss. Aber noch viel wichtiger: Die flächendeckende Überwachung durch den BND, den Verfassungsschutz und andere muss auch beendet werden! Sogar viel früher, denn das kann die Bundesregierung einfach selbst tun. Die Vorratsdatenspeicherung muss endlich vom Tisch! Es muss gegen Polizeigewalt und Polizeirassismus durchgegriffen werden. Der Verfassungsschutz muss aufgelöst werden und vieles anderes mehr.
Die deutsche Bundesregierung hält sich gegenüber den USA (auch interessant, dass niemand über Großbritannien spricht) aus rein taktischen Gründen bedeckt, denn sie selbst tut ja in vielen Fällen genau dasselbe, wie die NSA. Aber so kann sie die Wut auf die Amis umleiten, um die Wahl zu gewinnen.
Mein Fazit lautet ganz einfach: Gegen den Antiamerikanismus und gegen die Überwachung!
Anfang letzten Jahrhunderts erfassten die Meldebehörden die Religion.
Es erschien vollkommen unproblematisch „jüdisch“ anzugeben. Einige Jahre
später konnte die Nazi-Maschinerie auch dadurch viel effektiver töten.
…“
Und zu es bestünde keine Pflicht, das Internet zu nutzen:
Mit anderen Worten, wer nicht überwacht werden will, DARF also das
Internet nicht nutzen? Handy dito? Warum nicht überall Kameras? Es gibt
ja keine Pflicht, raus zu gehen, bleib in Deiner Wohnung und keiner kann
Deine Bewegungsmuster ermitteln.
Warum nicht alle Briefe öffnen? Niemand muss Briefe schreiben, und
wenn, kannst Du Dir ja was überlegen, um Deine Post zu verschlüsseln!
Auch werden auf Grundlage der hier gesammelten Daten Entscheidungen
getroffen, die weder vorhersehbar noch nachvollziehbar seien müssen.
Z.b.: 10.000.000 Kommentare, in denen steht PRISM ist mir egal? Ok, dann
können wir ja weiter machen. Es wird ja nicht nur Werbung
personalisiert, es wird auch entschieden, in welche Richtung geforscht,
welche Produkte entwickelt werden, vermutlich auch, womit man Wahlen
gewinnt. All dies wird aber auf Grundlagen von wahllos
zusammengetragenen Daten entschieden, die nicht mal ernt gemeint und
schon garnicht wirklich representativ seien müssen. NOCH wird ja nicht
der Politiker mit den meisten likes Bundskanzler.
Letztlich erhalten Datensammler und DEALER zusätzliche Macht, in dem
Sie damit auch noch Geld verdienen, mit dem sie noch mehr Unfug machen
können, ihre Vorteile am Markt ausbauen, noch besser zu überwachen
lernen.
Vielleicht willst Du in 10 Jahren doch noch in die Politik, und es wird
Dir zum Verhängnis. Vielleicht ändern sich die Gesetze, und Du bekommst
Probleme – weil Vergehen doch nachträglich geahndet werden können oder
weil man vermutet, wer diese oder jenes in der Vergangenheit getan hat,
wird etwas anderes in der Zukunft tun – und man müsse hier präventiv
handeln. Vielleicht kommen wir sogar doch noch in eine Situation, in der
Du gerne Terrorist werden willst und diese Frage von mir reicht, um Dich
hängen zu lassen.
Ich sage: Du solltest Dir diese Frage garnicht stellen müssen. Es
entspricht weder geltendem Recht noch geltenden Moralvorstellungen, eine
solche Massenüberwachung durchzuführen. Und wenn sollte WENIGSTENS mit
offenen Karten gespielt werden, eben damit man diese Frage von Dir
beantworten kann.
Wir haben jetzt einen kleinen Einblick bekommen, wer weiß schon, was
NSA und co. sonst noch treiben und kann wissen, was sicher ist und was
nicht?
Schon das Wissen, sogar schon die Vermutung, beobachtet zu werden,
verändert unser Verhalten. Dies führt zu einer noch stärken
Gleichschaltung oder Normierung des Verhaltens der Beobachteten, die
keinen ‚Fehler‘ mehr begehn wollen, was wie oben aufgeführt neben dem
sofortigen Verlust der Freiheit zu aus diesem gefakten Verhalten
abgeleiteten Entscheidungen führt, die neue Normen setzen, die dann
wieder von der Masse befolgt werden…. und schon scheitert alternatives
Leben an den Möglichkeiten, denn diese zu schaffen oder zu erhalten
‚Lohnt‘ sich einfach für niemanden mehr.
Ernsthaft, wenn die im dritten Reich unsere Möglichkeiten für
Überwachung und Propaganda gehabt hätten und zudem mit heutigen
Waffensystemen ausgerüstet gewesen wären… schöne neue Welt…
Also, solltest Du dagegen sein? JA! Sollten wir AKTIV dagegen sein?
Dringend. Kannst Du, weil Du ja so ein braver Bürger bist und keine
Intimsphäre benötigst, das Internet weiter unbesorgt nutzen? Nein,
konntest Du nie und kannst Du nicht. Kann Dir das alles auch egal sein?
Zum Glück schon, das ist ja das tolle an Freiheit und noch gibt es einen
Rest davon.
Liebe Grüße an alle
Abgemacht. Ab morgen gibts keine Polizeigewalt mehr, keine Funkzellenabfrage, keine Kundenkarten und keinen Geheimdienst mehr.
Ich wäre damit sehr zufrieden.
PRISM, genau wie Tempora oder die Programme der anderen Geheimdienste, die alle sicher genau so umfangreich sind, speichern einfach alles..
Kriminelle fängt man damit nicht, weil man relativ leicht etwas verschlüsseln kann, wenn man was zu verstecken hat.
Zu verstecken hat allerdings jeder von uns was, nicht nur kriminelles. Ich möchte nicht, dass meine Privatsphäre verletzt wird.
Man sieht hier stark, dass Geschichte von Siegern geschrieben wird… die STASI wird übertrieben dargestellt. Sie hatten eigentlich wenige technische Möglichkeiten, gaben sich aber sehr groß, sodass ihnen Leute freiwillig zulieferten und Menschen ihre Hände in den Schoß legten („dagegen kann man ja nix tun“).
Die heutige Überwachung ist viel umfangreicher. Aber das angeblich gegen Terrorismus (oh, hab ich davor Angst, ich zitter schon…) Die technischen Möglichkeiten wachsen rasant. Und mit diesen Möglichkeiten schreiten auch immer mehr die Analysen der Daten voran…
ich empfehle denjenigen, die nicht wissen, was ein Überwachungsstaat heißt, dieses Video https://youtu.be/iHlzsURb0WI
ich finde es arm, wenn ich mich als Bürger gegenüber Geheimdienste schützen muss, indem ich mir entweder hier https://prism-break.org/ Tipps hole oder nur noch Prepaid-Handys benutze etc. Und nur so meine Freiheit wiedererlangen kann in Sachen moderne Kommunikationstechnologien…
@#10 | snoff: Wenn Du das Internet nutzt, nutzt Du eine Technologie, die von Anfang an *nicht* erdacht und erfunden wurde, private/individuelle Kommunikation in besonderem Maße zu schützen. Das haben später Menschen dazugedacht, die sich beobachtet fühlten. Bei was auch immer.
So einen Artikel hätte ich hier nicht erwartet…
@Udo Marx: Unsere Leser zu überraschen ist jeden Tag unser Ziel 🙂
@Stefan: Schiff versenkt.
Da der Text crossgepostet wurde, gibts halt auch mal meinereiner Antwort gecrosspostet dazu:
Viel Licht… und noch mehr Schatten.
Das fängt schon bei den ersten Zeilen an. Denn kaum ist die erste Empörung auf dem Markt, sind auch sie schon da: Die linken Besserwisser, die sich über die Empörten lustig machen und lauthals “Hey Schätzchen, das ist Kapi… ähmmm Überwachungsstaat” rufen.
Da ist es egal, ob die Demopunkte zum Großteil allgemein, oder gleich auf deutsche/hamburgerische Verhältnisse abzielen.
Egal ob ein Innenminister, Prism genau in der gleichen Logik wie den deutschen (Supergrundrechts) Sicherheitswahn verteidigt.
Den das Subproletariat darf nicht recht haben, wie den nur, es ist doch in Augen der Besserwisser einfach zu blöd.
Schön auch das Argument des Versagens der Behörden im NSUfall.
Die AG „No Tears For Krauts“ hat es schon mit ihrer ersten These von „Terror-Wahn-Gesellschaft“ auf dem Punkt gebracht: Wir leben in einer Welt, die uns langsam aber sicher durch den technischen Fortschritt, und die ständig wachsende Massen an Informationen die dadurch anfällt, total überfordert.
Auch wenn man jetzt ein „magisches“ Superprogramm namens Prism als Erlöser verkauft: Das „Endgerät“ ist menschlich, und somit immer des „Versagens“ behaftet.
Mal auch in in den Raum gestellt, was ist den wenn auch mit Prism was passiert und die „Versager“ es nicht gebacken bekommen? Kommen dann die Forderungen von Ausgangssperren, Straßenkontrollen alle 100 Km und DNAzwangsabgabe, weil wir ja nichts zu verbergen haben?
Eure Spekulation was Prism ist lässt sich auch einfach mit einen Wort zusammenfassen: rassistische Rasterfahnung. Ich freu mich schon wenn dann endlich mal das herauszehren und schikanieren von Minderheit aus öffentlichen Verkehrsmitteln-,bei Plätzen als Grundrecht deutscher Sicherheit verteidigt.
Nicht zu vergessen, bei der „Phantomdebatte“ wäre die Jungle World noch zu nennen, sie teilt anscheinend die These der aufgebauschten Gefahr NSU und des Rechtsradikalismus durch Staat und Medien, wieder zu finden bei „Terror-Wahn-Gesellschaft“.
Genauso aufgebauscht wie eine Gefahr des islamistischen Terrors in der EU. Mann mag mich nun auffordern das ich sowas den Opfern und Hinterbliebenen der Anschläge ins Gesicht sage, kann man auch.
Dann fordere ich jedoch hier auf das man das den Opfern und Hinterbliebenen von Verkehrstoten ins Gesicht sagt, das der Versuch weitere Unfälle zu verhindern nur überdramatisierte Bevormundung ist, und das doch kein echtes Problem ist.
Zum Vergleich. Die Anzahl der Opfer von Anschlägen in westlichen Ländern seit 2000(auser Israel, dem 11/9 eingeschlossen) beträgt ca. 3800. Die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland im gleichen Zeitraum: 69070 Opfer.
Also, wo bleibt der Aufschrei vom sich wieder zeigenden „Präventivstaat“, wenn die Verhältnis wahrscheinlich genauso im Argen liegen wie bei anderen Bevormundungen? Oder vielleicht hier doch mal Skrupel bekommen, da Opfer von Terroranschlägen meist noch nicht zur Statistik verkommen?
Stattdessen kommt noch so ein Kleinod daher:
HÄTTE man deren Kommunikation seinerzeit überwacht, HÄTTE man die Anschlagspläne der Amateur-Piloten MIT SICHERHEIT (ja welcher den?) durchkreuzen können.
Ich übersetze das mal: Hätte, wäre, dürfte, schlimm, schlimmer, am schlimmsten.
Natürlich, was völlig anderes als was man den Medien vorwirft.
Zum Schluss dann noch das endgültige „Highlight“.
Da will man tatsächlich mit Google Street View die „German Angst“ verkaufen und hantiert mit 250000 Beschwerden.
Ja das mag eine Masse sein, wenn man sie aber mit über denn über 12 Millionen Ü18Jährigen die in den erfassten Städten leben vergleicht und dazu noch diesen ganzen veranstalteten Medienzirkus betrachtet, dann ist das lächerlich.
Ganze 2%, in der Tat, ein gigantischer Volksmob. Nur noch übertroffen von der Mobilisierungrate seitens FDP oder der Piraten…
Man könnte das schon als „German Angst“ vor der „German Angst“ nennen.
Deutschland,Sommer 2013 und es bleibt dabei: Die Kritik hierzulande ist in einen erbärmlichen Zustand.
Es ist eine Illusion, dass Überwachung gänzlich abgeschafft werden könnte. Menschen überwachen sich häufig gegenseitig mehr als es den Geheimdiensten in demokratischen Systemen erlaubt ist. Menschen geben freiwillig private Daten massenhaft z.B. an Facebook, obwohl sie mittlerweile genau wissen, was dieser Konzern damit machen darf.
Niemand zweifelt ernsthaft an, dass Terrorbekämpfung ohne Überwachung möglich wäre. Wer die Nadel im Heuhaufen sucht, und das ist informationspraktisch die Suche nach Terroristen, kommmt dabei nicht umhin möglichst umfassend vorzugehen. Wie umfassend allerdings,kann und darf nur das demokratisch gewählte Parlament, bzw. die Parlamente entscheiden.Für den Bürger gilt in diesem Rahmen:Entweder er hat den Mut so zu handeln wie er es für richtig hält, und zwar egal ob er überwacht wird oder nicht, oder er lässt es aus eben der Angst, überwacht zu werden.
Entscheidend ist nämlich nicht die Überwachung als solche, sondern ob diese in einem demokratischen System geschieht oder nicht. Ob man sich im Ernstfall dagegen wehren, bzw. ihr Maß einschränken kann, sei es politisch oder durch gerichtliche Klärung, oder ob man der Überwachung schutzlos ausgeliefert ist. Wer sich wehren kann und will, der wird es dann auch tun, wie man im Moment gut studieren kann. Dem Rest ist die ganze Sache sowieso egal. Ob mit oder ohne Überwachung.
Wer also gegen Überwachung ist, bzw. ihr Maß auf das unbedingt Notwendige einschränken will, der hat zuvorderst für die Demokratie zu kämpfen. Für ihr Einführung, für ihren Erhalt und für ihren Ausbau. Nur so lassen sich Geheimdienste in Zaum halten. Abschaffen lassen sie sich leider nicht.Nicht in dieser Welt.
@ Arnold Voss:
Mir wird nicht klar, wie uns in dieser Diskussion Binsenweisheiten wie „Es ist eine Illusion, dass Überwachung gänzlich abgeschafft werden könnte“ weiterhelfen können? Zwischen zwei Extremen – gänzlich abschaffen – oder – alles überwachen, gibt es ja wohl noch irgendwelche rechtsstaatliche Zwischenlösungen.
Ebensowenig hilft mir die Feststellung weiter, dass viele Menschen ihre privaten Daten massenhaft und freiwillig an Facebook geben. Was soll ich auch daraus für Schlüsse ziehen? Dass es viele arglose, leichtfertige oder uninformierte Zeitgenossen auf dieser Welt gibt? Und dass der Rest der besser informierten Leute sich deshalb mit diesen Zuständen gefälligst abzufinden haben?
„Für den Bürger gilt in diesem Rahmen: Entweder er hat den Mut so zu handeln wie er es für richtig hält, und zwar egal ob er überwacht wird oder nicht, oder er lässt es aus eben der Angst, überwacht zu werden“.
Das ist in der Tat eine Bankrotterklärung für eine freie Gesellschaft. Außerdem versteckt sich in dieser Aussage indirekt die allseits beliebte und falsche Behauptung: „wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“
Ein amerikanischer Artikel gibt dazu eine passende Antwort (ich versuche mich mal an einer Übersetzung):
„Wenn die Regierung Daten sammelt oder persönliche Informationen analysiert, sagen viele Menschen: „Ich habe nichts zu verbergen- nur, wenn man etwas falsch macht, sollte man sich Sorgen machen, und dann verdienen Sie es nicht, dies vertraulich halten zu dürfen.“ Das „Nichts-zu-verbergen-Argument“ durchdringt die Diskussionen über Privatsphäre. Ich fragte die Leser meines Blogs, ob es gute Antworten auf dieses „Nichts-zu-verbergen-Argument“ gibt – ich erhielt eine Flut von Kommentaren:
• Meine Antwort ist: „Haben Sie zuhause Vorhänge vor den Fenstern?“ oder „Kann ich Ihre Kreditkarten-Rechnungen für das letzte Jahr sehen?“ • oder: „Ich habe es nicht nötig meine Position zu rechtfertigen. Sie müssen Ihre rechtfertigen. oder: Kommen Sie doch mit einem Haftbefehl zurück.“
• Ich habe nichts zu verbergen. Aber ich kenne auch nichts, was ich Ihnen gerne zeigen möchte.
• Wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann führen Sie kein Leben.
• Zeig mir deins und ich zeig dir meins.
• Es geht nicht darum, nichts verbergen zu haben, es geht um Dinge die nimand anderen etwas angehen.
• Schlussendlich – Josef Stalin hätte seine Freude daran gehabt. Mehr muss man nicht sagen!“
Eine Frage an die Experten: Kann ein Vermieter mit der NSA Software verfolgen, ob sich sein Mieter an sein Rauchverbot hält?
Endlich mal ein Kommentar, der die Dinge nüchtern betrachtet.
Einfach mal tief Luft holen und nachdenken. Das hilft meistens.
Und dann fest bleiben: Nicht dran stören, von anderen als naiv, blind, verblödet oder obrigkeitshörig diffamiert zu werden!
@Snoff #10
Zitat: Anfang letzten Jahrhunderts erfassten die Meldebehörden die Religion.
Es erschien vollkommen unproblematisch “jüdisch” anzugeben. Einige Jahre
später konnte die Nazi-Maschinerie auch dadurch viel effektiver töten.
…” Zitat Ende
In anderen Ländern blieb es auch unproblematisch, „jüdisch“ anzugeben.
Was evtl. zu der zugegebenermaßen nicht sehr schönen Erkenntnis führt, daß es nicht die Registrierung der Religion war, sondern die Tatsache daß eine Mehrheit in Deutschland Hitler gewählt hat und anschließend Teil eines verbrecherischen Systems wurden, das sie anschließend in einer abenteuerlichen gedanklichen Volte dafür verantwortlich machten, daß es nicht möglich war, „etwas zu tun“.
Die Überwachung im Dritten Reich wird gerne angeraunt, wenn es um geheimdienstliche bzw. verdeckte polizeiliche Ermittlungen geht. Was dabei immer übersehen wird ist die Tatsache, daß es im Dritten Reich die Bürger selbst waren, die sich fleißig gegenseitig überwachten und denunzierten. Ohne diese Allgmeinbespitzelung hätte das Nazi-System niemals diese fatale Durchschlagskraft entwickeln können.
@Puck: ich empfehle den Roman „Der Untertan“ von Heinrich Mann 😉
@ Nansy # 18
Es ist nichts so, dass ich ihre Argumentation nicht nachvollziehen kann. Aber sie benutzen doch auch ihr Handy obwohl man sie damit bis auf den Meter genau räumlich verorten kann. Sie benutzen doch auch EC- und/oder Kreditkarte und geben damit im Prinzip ihre sämtlichen Kaufentscheidungen und ihren Geldverkehr preis. Vom Online-Banking ganz zu schweigen.
Wer so kommuniziert und zahlt der kann seinen Überwachung nur dadurch verhindern/einschränken, in dem er Kontrolle über die Verwalter der damit verbundenen technischen Systeme bekommt. Dies wiederum geht in einer globalisierten Welt nur über nationale und internationale Politik, sprich durch demokratische Prozesse, durch die sie auf die betreffenden Staaten und über die auf eben die Verwalter dieser System Einfluss zu nehmen versuchen.
Dass sie meine Argumentation als Unterstützung dieser Überwachung bewerten, verstehe ich allerdings nicht. Freiheit kriegt man in unserer Welt nicht geschenkt. In keiner Welt übrigens. Auch nicht die Freiheit etwas zu verbergen, was die Nachbarn und/oder Freunde, geschweige denn den Staat oder private Unternehmen angeht.
Aber dieser Verbergen ist eben nicht in jedem Fall mit dem Schutz der Privatspähre zu verwechseln. Terroristen, ja fast alle Kriminellen, verbergen Daten und Fakten, um anderen damit Schaden zuzufügen. Es ist also die Aufgabe der Bürgergemeinschaft, festzulegen wann, wo und bei wem das Verbergen staatlicherseits zu durchbrechen ist, und wo es, wie sie so schön und richtig schreiben, ein wichtiger Bestandtteil jedes (privaten) Lebens ist, ja das (private) Leben sogar erst ausmacht.
Die Menschen, denen durch kriminelle Menschen Schaden zugefügt wurde, erst Recht denen, die dabei geliebte oder befreundete Menschen verloren haben, ist schwer zu vermitteln, dass keine Überwachung stattgefunden hat, obwohl sie in ihrem konkreten Fall sehr wahrscheinlich ihr Leid hätte verhindern können.
Selbst Menschen, denen ansonsten an ihrer Privatspäre besonders viel gelegen ist, haben meistens überhaupt nichts dagegen, wenn die Privatspähre anderer Leute durchleuchtet wird, wenn sie sicher sind, dass ihr Leben dadurch geschützt wird. Wenn ihnen dann doch ein Schaden zugefügt wurde, sind sie sogar die ersten, die nach mehr Überwachung rufen.
Überwachung ist also immer ein Abwägungsprozess. Ich selber bin dafür, dass dabei der Schutz der Privatspäre generell als hohes Gut bewertet wird, der in der Regel höher steht, als die Sicherheit. Aber mal ganz ehrlich, Nansy, meine kleinen privaten Geheimnisse – jenseits einer bislang glücklicherweise noch nicht spürbaren potentiellen kriminellen Energie – sind lächerlich gegenüber dem was Menschen mit realer und hoher krimineller Energie anrichten können.
Sollte z.B. also Jemand wirklich einen terroristischen Anschlag verhindern können, in dem er mit eben diesem präzisen Ziel auch meine Kommunikationsflüsse durchforstet, dann hätte ich damit kein Problem. Wenn der Staat damit aber Menschen aushorcht umd des Aushorchens willen, bzw. um in deren Privatleben einzugreifen, dann werde ich mich wehren, und zwar, wie schon gesagt, egal ob ich dabei schon überwacht werde oder nicht.Ich eigne mich nämlich nicht sonderlich zum Untertan.
@Nansy #22
Das ist eines meiner Lieblingsbücher. Allerdings kann ich nicht sehen, was das Buch mit dem Thema oder meinen Beiträgen zu tun haben soll.
Ich dachte immer, das Buch zum Thema wäre „1984“ von George Orwell. DAs sollten Sie vielleicht mal lesen um eine ungefähre Vorstellung davon zu bekommen, was ein Überwachungsstaat ist.
@Puck
Das Buch “1984″ von George Orwell ist mir bekannt. Leider wird es von vielen Leuten nur als Eins-zu-Eins-Vorlage für einen totalitären Überwachungs- und Präventionsstaat herangezogen – das heißt, solange solche Zustände nicht genauso auftreten, ist für sie alles in Ordnung…..
Ein Aspekt der deutschen Heuchelei:
Bundesrepublik Deutschland betreibt selber Spionage und beschafft sich im Ausland auf illegale Art und Weise Daten.
Nichts anderes war der Ankauf der CD mit den Kontodaten Schweizer Banken.
Neben dem einem oder anderen Steuerhinterzieher sind da auch bestimmt die Daten von anderen Menschen drauf gewesen, die ihre Konten in der Schweiz nicht verheimlicht haben.
Ist es o.k, das diese Menschen grundlos in das Überwachungsraster von BND und LKA geraten sind ?
Ein weitere Aspekt ist nicht das verhindern von Anschlägen, sondern die Strafverfolgung.
Selbst wenn durch die Überwachung kein einziger Anschlag verhindert wird: wenn nach der Tat Täter und Mittäter dadurch ermittelt und bestraft werden können dann kommt der Rechtsstaat seiner Aufgabe nach.
Zu dieser Aufgabe gehört eben auch die Strafverfolgung.
Wer will kann da Vergleiche zur Überwachung des Straßenverkehrs ziehen: Obwohl all die Nummernschilder und Punkteregister nicht einen Verkehrstoten verhindern fordert niemand ihre Abschaffung.
Warum eigentlich ? Ist es fair alle Betreiber eines KFZs unter Generalverdacht zu stellen und sie zu zwingen mit eindeutig gekennzeichneten Fahrzeugen unterwegs zu sein ?
@Alreech:
Der Vergleich der totalen Überwachungsmaßnahmen der Geheimdienste mit der Überwachung des Strassenverkehrs hinkt – hier werden verschiedene Rechtsgüter auf eine Stufe gestellt.
Überwachungsmaßnahmen im Strassenverkehr sind Maßnahmen des Ordnungsrechts. Aber selbst wenn man diesen nicht statthaften Vergleich ziehen wollte, das Bundesverfassungsgericht hat z.B. über die Zulässigkeit von Bildaufnahmen im Rahmen allgemeiner Verkehrskontrollen entschieden:
Grundsätzlich liegt ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor, soweit Kennzeichen von Kraftfahrzeugen oder Fahrzeuginsassen durch die Anfertigung von Bildaufnahmen identifizierbar aufgezeichnet werden. Die Anfertigung von Bildaufnahmen zum Beweis von Verkehrsverstößen ist zur Erreichung dieses Ziels zwar geeignet – allerdings dürfen Bildaufnahmen ohne Einwilligung des Betroffenen nur dann gefertigt werden, wenn der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit sich zu einer gewissen Dichte entwickelt hat – d.h. solange derartige Bildaufnahmen verdachtsabhängig sind.
So einfach ist die Sache also nicht….