Heute war Pro Deutschland in Duisburg – um die 20 Personen nahmen an einer Kundgebung der Splitterpartei in der Nähe der vor allem von Roma bewohnten Anlage In den Peschen teil. Nach Angaben der Polizei protestierten um die 900 Duisburger, darunter Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) gegen die Rechten. Von Stefan Laurin und Alex Klomparend.
Vor allem deren Bundesgeschäftsführer Lars Seidensticker, dessen Aufritt mit dem Einsatz einer Nebelmaschine begann, hetzte in gewohnte Weise gegen Roma und Asylbewerber. Viel verstehen konnte man von all dem nicht, weil Seidensticker und die anderen Redner gegen Trillerpfeifen und Buh-Rufe durchkommen mussten, was ihnen nur selten gelang. Doch nicht nur Seidenstickers Hetze schockierte viele der Anwesenden.
Auch die Pro Deutschland Anhänger, die in Duisburg zusammen kamen, versetzten viele in Staunen – ein Häuflein elender, vom Leben gezeichneter mitleidserregender Gestalten hatte sich um den Ex-DVU-Mann Seidensticker versammelt. Nicht wenige waren entsetzt über das, was Pro Deutschland das zusammengebracht hat.
Update:
Heißer Donnerstag in Duisburg bleibt friedlich
Zahlreiche Gegendemonstranten boten 20 Pro-Deutschland-Anhängern laut Paroli.
Die Angst vor Ausschreitungen war groß nachdem am vergangenen Freitag während einer Bürgerversammlung zum sogenannten Problemhaus Linksautotome Anwohner der betroffenen Immobilien als Nazis beschimpft und angegriffen hatten. Die Bilanz: Vier zum Teil schwer Verletzte und großes Entsetzen. Anders als in Münster und Dortmund zuvor waren in Duisburg etwa 20 Menschen dem Aufruf von Pro-Deutschland gefolgt, um erst an der großen Moschee, dann vor den inzwischen berüchtigten Häusern in Rheinhausen gegen die Zuwanderer zu protestieren. Alarmiert waren nicht nur Polizei und Duisburger Politik, sondern auch etwa 500 Gegendemonstranten. Wie groß die Behörden die Eskalationsgefahr einschätzten, war am Aufgebot der Polizei zu sehen, die mit Absperrgittern und insgesamt 400 Beamten an beiden Orten auf alles vorbereitet schien. Dennoch versucht der Duisburger Polizei-Sprecher Ramon van der Maat zu beruhigen: „Wir rechnen hier mit einem lautstarken Austausch von Argumenten.“ Allenfalls Einzelaktionen seien eventuell zu befürchten. Das Aufgebot an Polizisten hätte etwas anderes vermuten lassen können.
Während die Gegend bereits weit vorher abgesperrt war und die Gegendemonstranten sich einfanden, ließen die Pro-Deutschland-Anhänger auf sich warten. Die stärkten sich angeblich noch bei einer amerikanischen Fast-Food-Kette, ehe der weiße Mercedes Vito der rechten Aktivisten auf der Bildfläche erschien und sogleich seinem Platz hinter einer Absperrung zugewiesen wurde. Während die Anhänger aus dem Auto stiegen und in aller ruhe ihre Lautprecher aufbauten, diktierte NRW-Innenminister Ralf Jäger den Journalisten in die Mikros, dass er den Ärger der Anwohner über Müll, Krach und Kriminalität verstehen könne, bat aber gleichzeitig um Geduld: „Das deutsche Recht ist darauf bisher nicht vorbereitet“, entschuldigte der Minister, der auch Vorsitzender der Duisburger SPD ist und echauffierte sich dann über die Eigentümer der völlig überbelegten und verwahrlosten Immobilien: „Erschreckend ist, dass Vermieter mit dem Leid der Leute noch Geld verdienen“. Neben Jäger war inzwischen weitere Politik-Prominenz aus Duisburg eingetroffen, um Flagge zu zeigen gegen die Pro-Deutschland-Kundgebung.
Die sollte mit einer Rede beginnen, die jedoch vom ersten Wort an von den Gegendemonstranten übertönt wurde. Damit hatten die Aktivisten der selbsternannten Bürgerbewegung von rechts offenbar gerechnet, denn sogleich hielten Teilnehmer Pappschilder hoch und richteten ihre Botschaften so zusätzlich an die Pro-Deutschland-Gegner. Häufig waren nur zwei Worten zu lesen: „Haut ab!“. Gemeint waren damit wohl einerseits die zahlreichen Gegendemonstranten, aber hauptsächlich die Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, die in den Immobilien „in den Peschen“ in Duisburg-Rheinhausen wohnen. Über ihre genaue Zahl gibt es nur Spekulationen, manche sprechen von bis zu 1.400 Menschen in einem Wohnkomplex, der einst für 300 Bewohner errichtet worden war. Den Haupt-Redebeitrag auf der rechten Kundgebung sollte der Pro-Deutschland-Bundesgeschäftsführer halten. Aus den Lautsprechern dringt getragene Musik und eine Nebelmaschine soll für den richtigen Auftritt Seidenstickers sorgen, der allerdings eher an eine schlechte Versicherungsvertreter-Schulung erinnert. Auch Seidensticker, mit schwarzer Sonnenbrille, kann die Gegendemonstranten mit ihren Hupen, Rasseln und Trommeln nicht übertönen, spricht aber trotzdem von angeblich massenhaftem Asylmissbrauch in Deutschland und fordert Privilegien für „Deutsche“. Die Antwort auf die Frage, was denn für ihn Deutsche seien, bleibt der rechte Spitzenmann allerdings ebenso schuldig wie die Erklärung für die Plakat-Parole „Mehr Bildung, weniger Zuwanderung“ angesichts des wachsenden Fachkräfte-Mangels. Von Verantwortung für verfolgte Minderheiten, politische, aber auch Wirtschaftsflüchtlinge, spricht er erwartungsgemäß gar nicht. Er beendete seine Rede ähnlich stilvoll wie er sie begonnen hatte – mit „Spiel mir das Lied vom Tod“.
Währenddessen sprach Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link auf der DGB-Bühne am anderen Ende der abgesperrten Straße deutliche Worte in Richtung aller, die in den vergangenen Wochen gegen die Zuwanderer, vorwiegend Roma, aus Rumänien und Bulgarien gehetzt hatten: „Ich schäme mich für die geistigen Brandstifter, die dafür gesorgt haben, dass Kinder in Duisburg vor lauter Angst angezogen schlafen gehen müssen“, rief er den rund 150 Menschen vor der Bühne zu und meinte damit vor allem diejenigen, die in jüngster Zeit auf facebook zu Gewalttaten gegen die Menschen in den Häusern aufgerufen hatten.
Trotz aller Befürchtungen blieb es während der offiziellen Veranstaltung friedlich, lediglich eine Gegendemonstrantin versuchte, die Absperrung zu überwinden. Die befürchteten Krawalle blieben aus. Ob auch der Abend und die Nacht friedlich bleiben werden, ist fraglich. Polizeisprecher van der Maat geht davon aus, dass es ruhig bleibt. Auf die Frage, ob die Polizei in der Nacht noch zusätzliche Kräfte vorhalte, schwieg er allerdings.
Was ist denn das für eine Fahne ?!?
@Ahmed: es ist die „Provisorische Deutschlandflagge“:
https://de.wikipedia.org/wiki/Flagge_Deutschlands
Die Flagge wird aber auch von der German Defense Legue benutzt.
Und ich finds schade, Stefan, dass du auf den offenen Brief des AStA gar nicht eingehst und darauf, dass Teile der Wortbeiträge von PRO Deutschland und Sören Link nahezu wortgleich waren.
@JoS: Es kommt noch ein größerer Artikel zu dem Thema.
Dann nehme ich alles zurück und erwarte in Freude den Artikel. Schönes Foto übrigens. Ich dachte aus der Distanz, denen sei eine Zigarette ins trockene Gras gefallen.
@JoS
Also die GDL hat wohl eine andere Anordnung der Farben, da sind die großen Flächen außen schwarz.
Man sollte das als konzentrierte Aktionen sehen. Begonnen hatte Pro NRW ca. 2009 in Marxloh, es folgte die NPD in Rheinhausen im letzten Jahr, nun Pro Deutschland. Die hetzen auf wegen der Wahl.
Jan, Danke für den Hinweis, dann liegt da ein Fehler meinerseits vor. Nach dem Lesen des Updates bin ich allerdings nach wie vor enttäuscht. Ich stimme zwar mit vielem was Du, Stefan, schreibst nicht überein, aber in Sachen Raucherangelegenheiten und Nazikundgebungen waren wir für gewöhnlich immer sehr nah beieinander.
Ich weiß, die Ruhrbarone-Kommentarspalte ist keine Werbefläche, aber vielleicht lässt du es dennoch stehen:
https://dannlinks.wordpress.com/2013/08/29/duisburger-verhaltnisse/
@Jos: Die Ergänzung ist nicht von mir sondern von einem anderen Autoren. Ich war die ganze Zeit bei der Pro-Kundgebung und habe Links Rede nicht mitbekommen. Von da an: Vielen Dank für Deinen ergänzenden Link.
[…] Aus meiner Sicht: Nicht ernstzunehmen. Dazu weiter bei Alex und Stefan bei den Baronskis. […]
Dass sich Genossen in Abschnitten wie braune Hirnlose anhören, ist aber für mich als Dortmunder nun wirklich nix neues, dazu habe ich genügend „Erfahrungen“ mit deutlich rechtsaußen gefärbten SPD-Orts“vorstehern“ und deren Spießgesellen gemacht, die in ihren Königreichen der sozial stark angeschlagenen Vororte gern und zielgenau mit fremdenfeindlichen Sprüchen die Ex-Bergleute ködern.
Dass der durchschnittliche Malocher mit SPD-Stammwählerschaftsnachweis grundsätzlich gegen Fremdenfeindlichkeit eingestellt ist, scheint demnach auch ein über 60 Jahre altes Ruhrgebiets-Märchen zu sein, welches immer dann aufgeführt wird, wenn der Wahlkampf danach verlangt.