Psychische Erkrankungen sind keine politischen Instrumentalisierungswerkzeuge

Foto: Matthäus Ball Lizenz: Unsplash


Wann immer in diesem Land ein Verbrechen derart geschieht, das aufgrund seines medienwirksamen Charakters zu hoher öffentlicher Beachtung führt, werden die – häufig vorhandenen und auch zugrundeliegenden – psychischen Erkrankungen des Täters politisch-ideologisch instrumentalisiert. Von allen politischen Seiten. Doch das ist nicht nur ideologisch-verblendet, sondern auch eine Verklärung der Realität.

Aktueller Fall: In Wuppertal griff ein syrischer Geflüchteter eine Mitarbeiterin mit einem Messer an. Laut Bericht des WDR sei eventuell von einer psychischen Erkrankung auszugehen.

Psychische Erkrankungen waren für Menschen schon immer irgendwie befremdlich bis bedrohlich, heute sagt man stigmatisiert. Paradoxerweise leiden seit eh und je nicht wenige Menschen unter ihnen. Obwohl wir über die Ursachen psychischer Erkrankungen schon eine Menge wissen, bleibt die Psyche des Menschen eine komplexe Angelegenheit, für die sich eindimensionale verkürzte Betrachtungsweisen nicht eignen.

Egal, ob ein Rechter Menschen gewalttätig angreift oder tötet, oder es ein Mensch mit Migrationshintergrund tut, immerzu ist in sozialen Medien zu lesen, dass die Nennung einer wahrscheinlich vorliegenden psychischen Erkrankung in den Medien, die Tat verharmlosen würde.

Sätze wie „Warum nennt niemand diese psychische Erkrankung beim Namen? Diese »psychische Erkrankung« heißt Religion/Rechtsextremismus/Islamismus etc.“

Aus ideologisch-politischen Gründen wird dann versucht, die Erkrankung zu bagatellisieren oder ganz auszublenden. Das ist falsch. Aus zwei Gründen:

  1. Man kann gleichzeitig psychisch krank sein und einer religiösen oder weltanschaulichen extremistischen Anschauung unterliegen. Die Wahrscheinlichkeit für Letzteres steigt sogar, wenn ein Mensch psychisch labil ist, da extremistische Inhalte und Gruppierungen kurzfristig eine psychisch stabilisierende Funktion „bieten“ können, insbesondere für Menschen, die – aufgrund ihrer Erkrankung – sozial wenig eingebunden sind. In der Psychologie wissen wir, dass psychische Phänomene und psychische Erkrankungen „multifaktoriell“ bedingt sind. Neben genetischen Veranlagungen spielen insbesondere die lebensgeschichtlichen Prägungen eines Menschen, aber auch seine aktuellen sozialen Umstände (wie Finanzen, soziale Integration etc.) eine große Rolle. Psychische Probleme können bei einem kleinen Teil der Erkrankten dazu führen, sich in einer Ideologie (welcher Art auch immer) zu radikalisieren. Während gleichzeitig diese Ideologie an sich und das Eingebundensein in eine extremistische Gemeinschaft dann wie ein Selbstläufer zu Gewalttaten führen können. Die Bedeutung der Ideologie ist also keinesfalls zu unterschätzen. Doch sie ist oft nicht der alleinige Faktor.
  2. Psychische Krankheit ist nicht gleich Schuldunfähigkeit. Es ist ein weiteres Missverständnis, dass man glaubt, eine psychische Erkrankung gehe immer mit Schuldunfähigkeit einher. In der Tat liegt eine Schuldunfähigkeit oder auch verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht besonders häufig vor. Die Schwelle liegt sehr hoch. Ungefähr 2% aller verurteilten Straftäter sind vermindert oder voll schuldunfähig. Wenn psychologische oder psychiatrische Sachverständige Schuldunfähigkeit diagnostizieren, muss zusätzlich zum Vorliegen einer schweren psychischen Erkrankung auch die sogenannte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Menschen zum Tatzeitpunkt gefehlt haben. Schuldunfähigkeit liegt häufig bei wahnhaften psychotischen Erkrankungen vor, selten jedoch aufgrund einer Persönlichkeitsstörung, wie sie entsprechend beispielsweise bei dem Massenmörder Breivik verneint worden war. Eine akute psychotische Phase bedeutet eine massive Einschränkung der Realitätswahrnehmung, ausgeprägte Angst, Unruhe und ein meist paranoider Wahn, der oft die wahrgenommene akute Bedrohung des eigenen Lebens oder des Lebens nahestehenden Personen beinhaltet. Auf dieser Basis ist bei Menschen in diesem Zustand häufig keine Einsicht in das Unrecht ihrer Tat mehr gegeben, ebenso wenig wie eine Steuerungsfähigkeit. Letzteres bedeutet, dass ein Mensch in seinem aktuellen Zustand nicht mehr in der Lage sind, sein Verhalten so zu steuern, dass niemand zu Schaden kommt.

Psychische Erkrankungen sind real. Die Wahrscheinlichkeit, dass schweren Gewaltstraftaten, die einen akuten Charakter aufweisen, eine psychische Erkrankung zugrundeliegt, ist relativ hoch. Doch die große Mehrheit der Menschen mit psychischen Erkrankungen wird niemals gewalttätig oder straffällig. Wenn eine psychische Erkrankung zugrundeliegt, besteht nicht immer gleichzeitig auch eine verminderte oder aufgehobene Schuld.

Die Feststellung einer gegebenen psychischen Erkrankung bei einem Straftäter ist keine Verharmlosung einer Tat, sondern eine notwendige Abbildung der Realität. Ebenso, wie die extremistischen Inhalte betrachtet werden müssen. In Bezug auf Präventionsarbeit ist die psychische Gesundheit von Menschen vielmehr ein wichtiger zu beachtender Faktor.

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Hans Pampé
Hans Pampé
2 Jahre zuvor

Wenn eine psychische Krankheit die Ursache eines Verbrechens war, war es im Zweifel kein Terroranschlag und es muss keine Entschädigung gezahlt werden:

https://www.bundestag.de/presse/hib/854788-854788

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