Wenn sich Vladimir Putin auf jemanden in der CDU verlassen kann, dann ist es Michael Kretschmer. Mitten in einer ernsten Krise ausgelöst durch den Mordanschlag auf den Putin-Gegner Nawalny will der sächsische CDU-Ministerpräsident nach Moskau reisen. Vorgeblich um sich eine russisch-sächsische Kunstausstellung anzuschauen. Er stellt sich damit in eine bunte Reihe von links bis rechts außen mit traditionellen Putin-Fans der LINKEN à la Gregor Gysi und Sarah Wagenknecht und dem Putin-Knabenchor der AfD um den Bundestagsabgeordneten und Krim-Reisenden Markus Frohnmaier.
Gefragt, ob wegen des Nawalny-Mordanschlags die Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 gestoppt werden sollte, antwortet Kretschmer in einem Podcast-Interview heute: „Das hat mit dem Fall Nawalny nichts zu tun!“
Natürlich fliegt er im Dezember nicht nur der Kunst wegen ins Herz des Putin-Reichs, sondern will auch mit der russischen Regierung sprechen. Ob er dabei auch wieder auf Vladimir Putin trifft, lässt er offen. Wundern würde dies jedoch niemanden, hat sich Kretschmer doch bereits im letzten Jahr in Sankt Petersburg persönlich mit Putin getroffen.
Damals ging es bei einem Wirtschaftsgipfel um die Aufhebung der EU-Sanktionen wegen der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion durch Russland. Kretschmer damals: „Wir wollen, dass die Sanktionen abgeschafft werden.“ Und er verwies auch auf die angeblich besondere Verbundenheit Ostdeutschlands mit Russland.
Russland und die ostdeutsche Identität
Die Politikwissenschaftlerin Astrid Lorenz von der Universität Leipzig interpretiert Kretschmers Russland-Politik als eine Form von ostdeutscher Identitätspolitik. Dabei ginge es um Abgrenzung gegenüber dem Westen. Daher sei seine Politik auch wahltaktisch zu sehen: „Mit russlandfreundlichen Positionen kann man Wähler der Linken ähnlich gut erreichen wie Wähler der AfD.“
Die ostdeutsche Identität ist Kretschmer auch in der Causa Nawalny wichtig. Zwar sei es richtig, dass die Bundesregierung auf Aufklärung des Mordanschlags dränge. Aber das andere sei die Frage, wie man das macht. Kretschmer: „Der Zugang, den wir hier in den neuen Bundesländern haben, ist der richtige.“ Es gäbe keinen besseren Zeitpunkt für seine Reise als jetzt, um Konflikte nicht eskalieren zu lassen.
Putin war’s nicht
Der Einschätzung der Bundesregierung, wonach der Kreml an dem Nawalny-Anschlag beteiligt sei, will sich Kretschmer ausdrücklich nicht anschließen. Er bedient dabei das gleiche Narrativ wie Gysi, Wagenknecht und die AfD: Irgendwelche Dunkelmänner, möglicherweise sogar nicht-russische, seien verantwortlich, aber auf keinen Fall Putin und seine Schergen.
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Na ja, da muss der Putin aber schön dämlich sein, bzw seine Handlanger. Erst nicht geklappt bei Skripal, jetzt nicht bei Nawalny. Die können ja gar nichts richtig machen.
Und warum sollte Putin sich um einen nationalistisch angehauchten "Oppositionellen" kümmern, der nicht mehr als 1% der Bevölkerung mobilisieren kann? Putin, der Mann dem nach Einschätzung auch der Ruhrbarone alles Schlechte zuzuschreiben ist, sozusagen der Darth Vader Russlands… und dann so ein "Versager"?
@ Ralf Wegner
Vielleicht ist er ja so klug, viele genau so denken zu lassen, wie sie es tun. 🙂
Es wird reichlich eng an Putins warmer Brust. Dort drängeln sich aktuell schon AfD und Linke, und nun kommt auch noch Michael Kretschmer hinzu. Ob da noch Platz für Ralf Wegner bleibt?
Russische Geheimdienstler haben erwiesenermaßen mehrfach in Großbritannien gemordet und zu morden versucht. Eingesetzt haben sie einen Kampfstoff, auf den nur ein ausgesprochen begrenzter Personenkreis Zugang haben dürfte. Russische Geheimdienstler haben in Frankreich gemordet. Und sie haben zuletzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch einen Mord in Berlin begangen.
Und bei Alexei Nawalny sollen der Kreml plötzlich unschuldig sein? Hätte der Pilot der Maschine, in der Nawalny kollabierte sich nicht zu einer Notlandung entschieden, dann wäre auch dieser Mordplan aufgegangen. Der Mann am Steuerknüppel war der Sand im Getriebe, der die Mordmaschinerie unabsichtlich zum Stehen brachte. Letztlich hat Nawalny sein Leben dem Zufall zu verdanken.
Tja. Inhaltlich geht das hier qualitativ über einen YouTube-Kommentar nicht heraus. Ein paar herablassende Bezeichnungen, Mutmaßungen.. Verwertbare Recherche, nö.
Weniger Empörung bzw. weniger einseitige bitte. Sechs der sieben ostdeutschen Ministerpräsidenten, der Wirtschaftsminister und der Finanzminister unterstützten nach wie vor Nordstream 2.