Radrennen in Frankfurt abgesagt – ‚Terror im Taunus!‘

Gegendemo FrankfurtNach einem Bombenfund in Oberursel ist das ursprünglich für den gestrigen Freitag geplante internationale Radrennen um den Finanzplatz Frankfurt-Eschborn abgesagt worden. Unser Gastautor Thomas Weigle macht sich in seinem heutigen Gastbeitrag dazu so seine eigenen Gedanken, trauert der abgesagten Veranstaltung nach und wirft einen kurzen Blick in die Zukunft solcher und ähnlicher Veranstaltungen in diesem Lande:

Zum zweiten Mal wurde in diesem Jahr eine Großveranstaltung in Deutschland wegen einer Terrorwarnung bzw. der Aufdeckung eines Anschlages abgesagt. Nach dem Motto, dass es keine 100%ige Sicherheit gibt, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Absage, zu Mal die Behörden schon einige Zeit das Bombenpärchen im Visier hatten. Und es stellt sich die Frage nach den Folgen.

 
Im vorliegenden Falle wurden die intensiven Vorbereitungen Tausender Helfer, die Vorfreude vieler längs der Strecke Makulatur. Für viele Vereine, die Stände und Veranstaltungen geplant hatten, sind die Einnahmen ein nicht unerheblicher Teil ihres Jahreshaushaltes, denn dieses Rennen hat mittlerweile Volksfestcharakter, kann sich durchaus mit Rennen in den klassischen Radfahrländern Belgien, Niederlande , Frankreich usw. messen. Wie werden sich die Sponsoren verhalten? Wer trägt die angefallenen Kosten für die Teilnehmer des Eliterennens? Selbstverständlich ist es auch für die Teilnehmer des Eliterennens unschön, denn diese genossen durchaus bspw. in den Steigungen des Taunus und früher am Ziel am Hainerweg oder jetzt in der Innenstadt die Begeisterung des Publikums.

 
Bemerkenswert ist, dass sich rund 700 Sportler am ‚Jedermannrennen‘ beteiligt haben, darunter einige Profis. Ebenso deutlich zeigte sich eine JETZTERSTRECHT Haltung bei vielen Bürgern, die an der Strecke diverse kleinere und größere Veranstaltungen organisiert hatten, die sich ihren Spaß von Terroristen und Anschlagswarnungen nicht nehmen lassen wollten. Gleichwohl zeigten die Teilnehmer Verständnis für die Absage des Profirennens. Das Rennen „Rund um den Henninger-Turm“ ist seit 1962 Kult geworden, weil es eben nicht „nur“ ein Profirennen war und ist, sondern eben auch ein Rennen für Kinder, Jugendliche und „Jedermänner“, die immer vor den Profis auf Teilstrecken unterwegs waren und hoffentlich auch wieder sein werden. Selbst die Umwidmung des Rennens von „Rund um den Henninger-Turm“ zu „Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt“ hat der Beliebtheit des Rennens keinen Abbruch getan. Viele Bürger rund um Frankfurt haben heute Mut und Bereitschaft gezeigt, dem Terror zivilgesellschaftliches Engagement entgegen gesetzt. Aber wie wird das sein, wenn wirklich mal ein Anschlag nicht zu verhindern ist, Tote und Verletzte zu beklagen sind?

 
Von diesem Rennen einmal abgesehen, werden gewiss in Zukunft auch andere, ähnliche Events die Aufmerksamkeit von Terroristen auf sich ziehen, vor allem die großen Stadtmarathonläufe in Berlin, Hamburg, Köln und anderswo, Triathlon -Veranstaltungen, Volksfeste, Massenveranstaltungen und möglicherweise auch Fußballspiele, etc. Kein Verantwortlicher bzw. verantwortliche Behörde wird Warnungen und Gefährdungen ignorieren können oder wollen. So wie jetzt in Hessen.

 
Es genügt doch scheinbar, ausgehend von Braunschweig und jetzt Frankfurt, nur halbwegs ernsthaft einen Terroranschlag auch nur zu simulieren, um solche Großveranstaltungen zu sabotieren, von der Tagesordnung abzusetzen. Es hat doch keinen Mangel an entsprechend motivierten Irren und wahnsinnigen Absichten. Vor Jahren hat schon ein simpler Telefonanruf genügt, um den Düsseldorfer Flughafen für Stunden lahm zu legen. Damals war es keine terroristische Absicht, die hinter dem Anruf stand. Die Motivation ist letztlich gleichgültig, es ist die blanke Leichtigkeit, mit der man heutzutage Massenwirksamkeit erreichen kann, die Problemlosigkeit solchen Tuns ist erschreckend. Da genügt doch mancherorts schon ein, absichtlich oder nicht, stehen gelassener Koffer auf dem Bahnsteig oder sonst wo, um Gefährdungslagen auszulösen. Vorletzte Ostern wartete ich im Frankfurter HBF, als die Durchsage kam, dass der Besitzer eines Koffers, der auf dem gegenüber liegenden Bahnsteig stand, diesen doch bitte abholen möchte. Irgendwie war ich doch ein wenig erleichtert, als „mein“ Zug den Bahnhof verließ und der Koffer immer noch herrenlos auf Abholung wartete. Abends, zuhause angekommen, habe ich gleich im Videotext des HR nachgeschaut, ob da was war, es war nix. Dennoch: „Sauerland“ ist zum „Reisebegleiter“ geworden, ob man will oder nicht.

 
Es steht also zu befürchten, dass das Radrennen in den hessischen Frühling, dass in der Vergangenheit auch schon mal durch Schneegestöber führte, nicht das letzte Rennen oder Event gewesen ist, dass abgesagt wird, weil durchgeknallte Salafisten, ganz rechte oder ganz linke Wirrköpfe meinen, sie handelten im Auftrag Gottes, der Vorsehung oder einer wie auch immer gearteten geschichtlichen Gesetzmäßigkeit.

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Steffen
Steffen
9 Jahre zuvor

Fürm ich stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit einer Absage nicht. Was soll man denn anderes tun? Die Veranstaltung dennoch durchziehen? Wenn dann etwas passiert, wollen Sie, Herr Weigle, bestimmt nicht derjenige an verantwortlicher Stelle gewesen sein, der das trotzig genehmigt hat nach dem Motto "Jetzt erst Recht!".
Für ernsthaft "durchgeknallt" halte ich die Salafisten nicht, aber für gefährlich und in Teilen gut organisiert.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

Ich bin skeptisch bzgl. der Absagen.
Gab es wirklich konkrete Hinweise? Die bisher an die Presse gelangten Informationen sind eher dünn. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass die Personen wohl schon länger observiert wurde, zusätzlich wohl auch in der Vergangenheit mehrfach polizeilich aufgefallen sind. Gab es in der Vergangenheit Konsequenzen?
Es wird auch spannend, wie die Staatsanwälte und Gerichte den Fall einordnen. AK47 Magazine konnten ja selbst im Linienflug von einer Kämpfer-Mama in die Türkei gebracht werden.
http://www.focus.de/politik/ausland/ausreise-aus-deutschland-dschihadisten-mutter-spaziert-mit-kalaschnikow-munition-durch-flughafenkontrolle_id_3672522.html

Wir müssen uns bewusst sein, dass wirklich jede Menschenmenge ein Ziel sein kann. Deshalb kann ich auch den Sinn hinter diesen Absagen nicht erkennen.

Wichtiger scheint es mir, dass der Staat in den Bereichen Volksverhetzung und bei mehrfachen Gewalttätern sofort einschreitet.

Ich beobachte bei mir, dass zurzeit in Deutschland ein wachsames Verhalten an den Tag lege, dass ich so vorher nur in als gefährlich eingestuften Gegenden im Ausland hatte. Dies ist aber eher in der steigenden Raub-/Einbruchskriminalität begründet.

Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens, der sagt, dass wir uns unsere Feste, Veranstaltungen etc. nicht durch Bedrohungslagen zerstören lassen. Die Sportler und Bürger Hessens, die gestern ihre Privatveranstaltung durchgeführt haben, zeigen, wie die einzig richtig Reaktion sein muss.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

KeineEigenverantwortung
Es gibt Gründe, einer solchen Absage mit Skepsis zu begegnen.

Es könnte allerdings für "jedermann" im Umgang mit dieser Absage und bezüglich ihrer Bewert hilfreich sein, wenn "man" sich in die Position desjenigen/derjenigen versetzt, der/ die letztendlich zuständig und damit verantwortlich für diese Entscheidung war .
.
Wenn ich das bedenke, nehme ich mich jedenfalls zurück mit einer Bewertung der Entscheidung.
Denn ich weiß a.) zum Sachverhalt zu wenig, um in eine Bewertung "einzusteigen" und b.) kann ich nicht mit Sicherheit sagen, wie ich aufgrund meiner darauf bezogenen persönlichne Verfaßheit entschieden hätte angesichts der von mir zu tragenden Verantwortung. Und von dieser exulpieren mich nicht Meinungen Anderer, z.B. die von Politiker, von Journalisten, vom Veranstalter oder von einzelenen Rad-Profis.

Robin Patzwaldt
Editor
9 Jahre zuvor

Ich habe die Ereignisse rund um das abgesagte Radrennen in Frankfurt nur aus der relativen Distanz verfolgt. Was mich daran aber wundert, dass ist die Tatsache, dass etliche Medienberichte nun dessen Fortführung in den nächsten Jahren wohl wirklich ernsthaft gefährdet sehen. Das kann ich so eigentlich nicht nachvollziehen. Das zweite abgesagte Großereignis hierzulande in diesem Jahr war doch der Karnevalsumzug in Braunschweig. Ist da auch jemand auf die Idee gekommen, dass das der letzte Versuch eines Rosenmontagszuges in Braunschweig gewesen sein könnte? Nicht das ich wüsste. Wodurch sollte sich das Radrennen da grundsätzlich unterscheiden? Eine einzelne Absage wegen eines konkreten Verdachts darf doch nicht die Fortsetzung in den nächsten Jahren grundsätzlich infrage stellen…

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

@3. Natürlich kannn diese Verantwortung keine Person und kleine Gruppe tragen. Sie wird sich immer verantwortungsbewusst für eine Absage entscheiden.

Genau deshalb habe ich angesprochen, dass wir einen auf breiter Fläche getragenen gesellschaftlichen Konsens brauchen, der sich dafür einsetzt, dass sich diese Gesellschaft nicht zurückzieht, wenn es evtl. einen Anschlag geben könnte.

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