Eigentlich hat die RAG-Stiftung einen klaren Auftrag: Geld sammeln, um die Ewigkeitskosten des Bergbaus zu tragen. NRW Minusterpräsidentin Hannelore Kraft will die Stiftung zusammen mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister und Evonik-Chef Werner Müller zu einer Strukturwandelwundermaschine umbauen. Das könnte teuer werden.
2018 wird das Jahr, in dem die letzte Zeche in Deutschland schleißt. Schluss ist dann noch lange nicht mit dem Bergbau: Jedes Jahr müssen 200 Millionen Euro aufgewendet werden, um die Ewigkeitskosten des Bergbaus zu tragen. Dazu gehören zum Beispiel die Pumpen, die dafür sorgen, dass große Teile des Ruhrgebiet nicht absaufen. Wie lange das nötig ist? Der Begriff Ewigkeitskosten ist nicht zufällig gewählt: Von 2019 an bis zu der Zeit, in der man sich entschließt, Teile des Ruhrgebiets zu räumen und zu einer Seenlandschaft werden zu lassen müssen die Pumpen laufen.
Das kann in ein paar Jahrzehnten soweit sein oder nie.
Zusammenbringen soll das Geld der RAG-Stiftung. Dafür soll der Evonik-Konzern möglichst teuer verkauft werden. Die Chemiesparte könnte an die Börse gebracht werden, die Immobilien verkauft. Für die Steag hat man schon einen Dummen gefunden: Die Städte haben sich mit einer halben Milliarde an dem Kraftwerkskonzern beteiligt und wollen vielleicht auch die zweite Hälfte kaufen. Gut für die RAG-Stiftung, die Geld in ihre Kasse bekommt, schlecht für die Städte und ihre Stadtwerke, die den riskanten Kauf mit Krediten finanziert haben.
Eines ist heute schon klar: Die RAG-Stiftung wird die geschätzten 10 Milliarden nicht zusammenbekommen, die sie braucht um 200 Millionen im Jahr zur Deckung der Ewigkeitskosten zu finanzieren. Der Staat wird sich mit Milliarden beteiligen müssen. Geld, dass er sich leihen muss.
Das ist eigentlich schon schlimm genug. Aber nicht so schlimm, dass es nicht noch schlimmer kommen könnte. Denn die Politik will die RAG-Stiftung künftig für eine aktive Strukturpolitik nutzen, konnte man in den vergangenen Tagen in der WamS und der FAZ nachlesen.
Im kommenden Jahr soll über die Nachfrage des heutigen Stiftungschefs Wilhelm Bonse-Geuking entschieden werden. Bonse-Geuking hat in den vergangenen Jahren versucht das Kapital der Stiftung zu mehren und keine riskanten Geschäfte zu machen.
Das soll sich, wenn es nach dem Willen der Landesregierung geht, künftig anders werden. Rot-Grün will als Bonse-Geukings Nachfolger den ehemaligen Wirtschaftsminister und Evonik-Chef Werner Müller durchsetzen – auf die brachiale Art. Wenn im Frühjahr kommenden Jahres entschieden wird, wer Bonse-Geukings Nachfolger wird, gibt es für die Position der Landesregierung keine Mehrheit im Kuratorium der RAG-Stiftung. Kraft drängt nun darauf, dass die bis zur Mitte kommenden Jahres bestimmten Kuratoriumsmitglieder verschwinden und gegen ihr genehme Personen ersetzt werden, um Müller durchzudrücken. Bislang sieht es nicht so aus, als ob ihr das gelingt, aber wenn, wäre es eine Katastrophe. Kraft will, das die RAG-Stiftung als aktiver Konzern auftritt, Schulden machen darf, andere Unternehmen wie Lanxess kauft und Unternehmen gründet. Sie soll für das Land werden, was bis vor kurzem die WestLB war, die so lange alle Zockerreien der Landesregierungen finanziert hat, bis sie vor die Wand fuhr. Das ist für Kraft und Müller schön, weil sie sich als Planetenverschieber fühlen dürften, als Macher, die den Strukturwandel im Ruhrgebiet vorantreiben. Natürlich nicht nach wirtschaftlichen Kriterien sondern nach dem Wunschzettel der Politik. Für die Bürger wäre es fatal, denn mit ihrem Geld würde wieder einmal gezockt werden.
Geheime Vorschlagsliste von H. Kraft für die RAG-Foundation-Führungsspitze (nicht weitersagen):
Werner Müller (Chef)
Harald Schartau (Kronprinz)
…
Markjann Eumann (Irgendwas mit Medien)
Birgit Fischer (Health, Ruhr and Staublunge Manager)
…
Bodo Hombach (design. Vorsitzender der RAG-Zukunftskommission)
@laurin
Gibt es eigentlich irgendwo eine Karte wie die Seenplatte aussehen würde, wenn man die Pumpen abstellt ? Fände ich interessant…privat so.
@Torti: In einem alten Marabo hatte ich mal eine veröffentlicht. Hab danach mehrmals versucht wieder ranzukommen – vergeblich. Aber für Herne, den Dortmunder Norden, Gladbeck, Gelsenkirchen, Bottrop, Oberhausen, den Essener Norden und Walsum sieht es nicht gut aus.
Da passt es dann ja gut, dass uns durch die undichten Kanalisationsrohre in den Straßen das Grundwasser davonläuft. So lohnt sich der katastrophale Zustand der Infrastruktur hier dann vielleicht endlich mal. Vielleicht sollte man die Pläne, dass die Rohre bis 2015 mit der Dichtheitsprüfung ggf. zu sanieren sind, dann auch deshalb noch einmal überdenken. 😉
Seenplatte… Da würde man bestimmt heute ein Google Overlay basteln (siehe https://flood.firetree.net/?ll=62.8752,12.8320&z=13)
@Torti:Wenn die Pumpen nicht mehr laufen und das Ruhrgebiet zur Seenplatte geflutet wird, wäre der Phönixsee in Dortmund nur noch ne Pfütze…aber Bergkamen könnte sich freuen und hätte sein Wasserlagenprojekt „Floating Aden“ umgesetzt, ohne sich um die Finanzierung und Rentabilität sorgen zu müssen…
1,Noch ist Müller nicht Stiftungsvorstand:bekanntlich gibt es dazu ja noch parteipoltisch motivierte Ringkämpfe. Ich habe hier bei den Ruhrbaronen vor einigen Wochen bereits aufgrund meiner Kenntnisse und pers.Begegnungen mit Müller gesagt, daß ich ihn „rundherum“ für einen bestens geeigneten Stiftungsvorstand halte. Müller ist unbestritten(!!) eine sehr selbständige und außerordentlich selbstbewußte Persönlichkeit, die sich politischen Wünschen, zum Beispiel durch MP Kraft, widersetzen würde, wenn sie nach seiner Auffassung dem Unternehmen,der Stiftung schaden könnten.Bonse-Geuking wurde seinerzeit -gegen Müller- zum Vorstand bestellt, weil das von der CDU -von Rüttgers-so gewollt war; bitte, das nicht zu vergessen, wenn jetzt gegen die Personalie Müller parteipolitisch argumentiert/polemisiert wird.
2.
Und wider sind wir bei den großen Würfen für den weiteren Strukturwandel im Ruhrgebiet, evtl.von der RAG-Stifung ge- und befördert? Unabhängig von der Sorge, daß damit die Kernaufgabe der Stiftung gefährdet sein könnte, will ich anmerken:Solange diese „großen Würfe“ für den weiteren Strukturwandel im Revier in den Bereichen Handel,Gewerbe,Industrie,sonstige Dienstleistungen nicht getragen werden, von der Gewissheit potentieller Investoren nachhaltig Vorteile(Gewinne) erzielen zu können, weil sie ihre Investition hier im Ruhrgebiet und nicht wo anders tätigen, solange sind Investitionsförderungen d.d.EU, d.Landesmittel, durch Stiftungsmittel, im weitesten Sinne also staatlich kreierte und ge-bzw. beförderte „große Würfe“ zum Strukturwandel letztlich verfehlt.Und das läßt sich an X-Beispielen aus der Vergangenheit belegen;auch das sog.New-Park-Projekt inn Datteln läßt diesbezüglich „schon jetzt grüßen“. Ich würde – z.B.als Investor aus den USA- eine größere und auf langfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Investition im Ruhrgebiet -in den Rieselfelder in Datteln???- in einer sog. Zukunftsbranche trotz Förderung durch wen auch immer, z.B. auch durch die RAG-Stiftung, schon deshalb kritisch sehen, weil das Bildungsniveau hier -sh.zuletzt die Studie der Bertelsmann Stiftung-absolut unbefriedigend ist. Das ist vorrangig abzustellen. Und dazu könnte MPKraft mehr und gezielter als bisher auch „privates Geld, privates Wissen/Können“ mobilisieren. Der Wandel der Bildungsstruktur“ im Revier ist primär voranzutreibe statt wie in den letzten 2o-3o Jahren im gewerblich-industriellen Sektor weiterhin auf staatlich gelenkte/gesteuerte/letztlich erfolglose „große Würfe“ zu bauen.Nur sehe ich im Bildungsbereich in NRW derzeit nicht den „großen Wurf“, der fundamental die Bildungsstruktur vor allem hier im Revier zum Positiven ändern könnte.Wenn MP Kraft ‚mal mit dem bekanntermaßen sehr kreativen/innovativenMüller darüber redet, wenn er denn Stiftungsvorstand werden sollte,könnte dadurch ‚was bewegt werden. Und das muß keinesfalls bedeuten,, daß sich die Stiftung vorrangig finanziell im Bildungsbereich engagiert und wenn, dann auf keinen Fall zu Lasten ihrer Kernaufgabe -dem würde Müller im Wege stehen!
An alle Seenplatte-Fans.
Das Problem mit dem ungeplanten Seen durch Abstellen der Pumpen ist:
1)Man weiß nicht was mit dem Grundwasser sonst noch hochkommt. Die Gegend die es beträfe ist im hohen Grad Altlastenverseucht und auch sonst toxisch gefährdet.
2) Man weiß nicht wo genau die Seen entstehen bzw. wie weit sie sich, wenn man ihre Entstehung ungesteuert lässt, ausdehnen werden.
Die Wasserfläche die insgesamt entsteht ist allerdings so enorm groß, dass eine komplett andere landschaftliche und vor allem ökologische Situation entsteht. Nicht nur für das Ruhrgebiet sondern weit darüber hinaus.
Habe vor vielen Jahren mal regelmäßig die Rohrleitungen gelöst, mit denen ein Bach in einem Bergsenkungsgebiet abgepumpt wurde. Mein wasserrechtlich problematischer Eingriff hatte Erfolg: Irgendwann war die Pumpe weg und jetzt gibt es dort ein wunderschönes Biotop in einem Naturschutzgebiet – und einen meiner Lieblingsplätze in der freien Natur des Ruhrgebiets… Aber Du hast Recht, unproblematisch wäre das Abstellen der Pumpen im ganzen Revier weiß Gott nicht!
Ich habe 2007 in einem Aufsatz in einem Buch zur Geschichte der Zeche Ewald in Herten vorgeschlagen, im Kleinen eine Flutung in dieser Gegend probeweise und gesteuert zu versuchen, weil sie sich nach meiner Einschätzung hervorragend dafür eignen würde.
Der Titel ds Buches: Es war, es wird: Die Zeche Ewald von 1871 bis 2010 in Geschichte/n und Bildern
Werde mir das Buch mal besorgen. See- und Wasserlagen haben ja ihre besonderen Reize. Dennhier verbinden sich die vier Elemente: Wasser, Erde, Luft und, wenn man Glück hat Feuer (Sonne)…
Nach meinen Informationen würde ein Ansteigen des Grundwasserspiegels aber wohl auch ernste Konsequenzen für viele Keller von Gebäuden im Revier haben. Das wäre dann weniger lustig an der Seenplatte, wenn die Pumpen mal ausfallen. Mal ganz im Ernst: Schon das Abdichten der undichten Abwasserrohre durch die in Kürze vorgeschriebene Dichtheitsprüfung mit anschliessender Abdichtung im Ernstfall, soll massiv zu Problemen bei vielen älteren Gebäuden ohne ‚weisse Wanne‘ um den Keller haben. Ich dachte immer es ginge darum die Abwässer in den Rohren zu halten. Es geht aber wohl primär auch darum das Abfliessen des Grundwassers im greoßen Stil durch die Abdichtung der Rohre zu unterbinden. Dadurch steigt dann der Grundwasserspiegel. Die von Stefan hier thematisierten Pumpen sollen ja das Wasser abpumpen. Man arbeitet derzeit also wohl in beide Richtungen. Einerseits Grundwasser abpumpen durch die RAG. Andererseits steigt der Grundwasserspiegel durch ein angestrebtes Abdichten der undichten Abwasserrohre. Bin nicht vom Bau, aber das wurde mir so berichtet. Fast würde man vorschlagen die Rohre undicht zu lassen, dann müsste man keine Pumpen betreiben die das Wasser abpumpen. 😉
Links anne Ruhr (29.11.2011)…
Ich böser Hetzer… (Ruhrbarone) – Vorgestern veröffentlichte die Welt am Sonntag einen Artikel von Stefan Laurin über die Zusammenhänge zwischen sogenannten Rechtspopulisten und militanten Neonazis. Inzwischen reagierte …
Es wäre also eine „Katastrophe“, wenn Werner Müller künftig im Ruhrgebeit wieder etwas zu sagen hätte? Lieber Stefan Laurin: wenn es in den letzten Jahren einen Industrieführer von Format gegeben hat, dem klar war, woran das Ruhrgebiet krankt und der nicht nur Sonntagsreden gehalten, sondern gehandelt hat, dann war das Werner Müller. Ruhr2010 hätte es nicht gegeben ohne ihn. Das Kulturhauptstadtjahr wäre anderswo gefeiert worden. Punkt.
Der Kompromiss zum Kohleausstieg war Werner Müllers Werk. Jedem – außer übelwollenden – Beteiligten war klar, dass Werner Müller Vorsitzender der Stiftung werden sollte, ja musste. Leider haben sich die Übelwollenden damals durchgesetzt, aus erkennbaren parteipolitischen Motiven – und auch, weil wie so oft Eitelkeiten im Spiel waren.
Jetzt gibt es die Chance, den damaligen Fehler spät genug wiedergutzumachen, und Werner Müller scheint bereit, sich für das Ruhrgebiet reaktivieren zu lassen (was ja nicht selbstverständlich ist). Und was geschieht?
Über die FAZ wird gezielt gestreut, die Landesregierung wolle zum inzwischen mit einigem Recht verpönten „System Friedel Neuber“ zurückkehren und mittels der Stiftung Strukturpolitik betreiben.
Erstens hat Werner Müller mit dem verstorbenen Friedel Neuber erkennbar keine Ähnlichkeiten. Zweitens muss Strukturpolitik nichts Böses sein.
Die Motive der NRW-CDU sind klar und nachvollziehbar. Sie will verhindern, dass der Ruhr ein Kopf von Format wächst (der kein CDU-Parteibuch hat).Dass FAZ und WamS der Story Beine geben: ok. Aber dass die Ruhrbarone sich vor diesen holprigen Karren spannen lassen, hat mich doch überrascht – und auch ein bisschen enttäuscht.
@Uwe Knüpfer: Die Enttäuschung kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wir hatten eigentlich immer ein ganz klares ordnungspolitisches Profil – von daher passt dieser Beitrag in eine lange Reihe. Ich schätze an Bonse-Geuking, dass er nur ein Ziel hat: Geld einzusammeln um einen möglichst großen Teil der Ewigkeitskosten zu decken. Das ist die Aufgabe der Stiftung – nicht selbst ein unternehmerisches Risiko einzugehen und vor allem nicht, politische Wirtschaftswünsche zu erfüllen. Es geht auch nicht darum, dass an der Spitze der Stiftung ein Charismatiker sitzt. Ich will dort einen guten Kaufmann, der das Geld zusammen hält und es vor dem Zugriff von Politikern schützt. Das reicht mir schon…
Stefan, ich kenne einige „Charismatiker“, die auch „gute Kaufleute“ sind -Müller gehört dazu!Unser Meinungsaustausch hier bei den Ruhrbaronen, der sich grundsätzlich und kontrovers mit der Frage der „Geeignetheit“ von Müller für den Stiftungsvorstand befaßt, ist das Eine. Das Andere ist, daß bei dieser Personalie und der einschlägig vorangegange (Bonse-Geuking)die Frage nach der „Geeignetheit“ hinter der Frage rangiert, welcher Kandidat am ehesten in den parteipolitischen Machtspielen,befeuert von persönlichen Animositäten, für die Kontrahenten von Vorteil sein kann.Und die Medien sind wie immer auch in diesem parteipolitischen Machtspiel meinungsmachende Akteure -eine Binsenweisheit-.