In Hannover fand gestern die dritte angemeldete Versammlung der „Hooligans gegen Salafisten“(HoGeSA) statt. Bei der letzten Demonstration in Köln (Unser Liveticker) gab es massive Ausschreitungen. In Hannover sind uns solche Bilder erspart worden. Und das liegt nicht daran, dass sich die gewaltätigen Hooligans und Neonazis jetzt in einen christlicher Gesangsverein verwandelt haben. Der Grund für den größtenteils friedlichen Verlauf der HoGeSA Kundgebung war ein durchdachtes Polizeikonzept.
Schon im Vorfeld versuchte die Polizei Hannover, die Veranstaltung der Fußballrowdies zu verbieten, dies scheiterte zwar vor dem Verwaltungsgericht Hannover, brachte für die Polizei allerdings einen Teilerfolg. Die Veranstaltung musste stationär auf dem ehemaligen ZOB stattfinden, die Rechtsrocker von Kategorie C durften nicht auftreten und es wurde eine hohe Zahl an Ordnern verlangt. Die Bundespolizei ergänzte die Auflagen mit einem Alkoholverbot in Zügen nach Hannover. Schon im Vorfeld wurde den Hooligans so ein Schuss vor den Bug verpasst. Was die Neonazis und Hooligans dann am Samstag in der niedersächsichen Landeshauptstadt erwarten sollte war abzusehen. Ein Großaufgebot der Polizei, und keine betrunkene Krawalltour durch die Stadt wie noch in Köln.
Einige Unterschiede im einzelnen:
Hannover: Hundertschaften an Autobahnabfahrten, die Anreisende Hooligans rauswinken und kontrollieren.
Köln: Ein paar Streifenwagen an den Ausfahrten, die beobachten wer anreist.
Hannover: Strikte Trennung schon im Bahnhof, eine Gasse abgesperrt mit Gittern für HoGeSa Teilnehmer.
Köln: Im Hauptbahnhof mischen sich Hools und Reisende, die Krawallmacher können sich frei bewegen, für Bier Nachschub sorgen.
Hannover: Hools kommen nur in kleinen Gruppen zum Versammlungsort, werden von der Polizei abgetastet und kontrolliert.
Köln: Jeder kommt wie er mag, Böller schmeissende Gruppen werden nicht einmal angesprochen.
Hannover: Der Kundgebungsort der Fußballrowdies ist mit Gittern abgesperrt, dahinter stehen im Abstand von 2-3 Metern Polizisten.
Köln: Die Versammlungsfläche ist mit Flatterband „abgesperrt“. Einsatzkräfte sind an ein paaar Ecken in kleinen Gruppen zu sehen.
Hannover: Mehrere Räumpanzer, acht Wasserwerfer und die Reiterstaffel sind für die Hooligans die ganze Zeit sichtbar. Dazu polizeiliche Sondereinheit wie das BFE.
Köln: Wasserwerfer und Räumpanzer werden unter einer Brücke „versteckt“. Sondereinheiten sind nicht zu sehen.
Nach den Krawallen von Köln war es für die niedersächsische Polizei bestimmt ein leichtes, ein Großeinsatz zu rechtfertigen. Das wäre es aber auch in Köln schon gewesen. Auch dort waren es keine Unbekannten, die aufmarschiert sind. Innenminister Jäger möchte offenkundig Kosten sparen, deswegen werden in NRW kaum noch auswärtige Polizeikräfte angefordert. In Köln führte Jägers Sparwahn zu einer Bedrohungssituation für die Bürger im Umfeld des Hooligan Aufmarsch. Und auch die fast 50 verletzen Polizisten werden sich bedanken, dass das Land auf Kosten ihrer Gesundheit spart.
Vielleicht kann Innenminister Jäger ja mal ein Praktikum in Niedersachsen absolvieren, dort scheint man zu wissen, wie mit polizeilichen Großlagen umgegangen werden muss. HoGeSA in Hannover war ein eindrücklicher Beweis dafür, wie man gewaltätigen Rechten und Hooligans den Tag versaut. Nach Niedersachsen werden die Menschenfeinde in naher Zukunft bestimmt nicht wieder kommen. Nach NRW, wo man sie mit Samthandschuen anfasst, vermutlich schon.
In Niedersachsen pflegt die BFE auch hin und wieder mal bei einer Abschiebung Stärke zu demonstrieren und Verletzte zu hinterlassen oder im Zentralen Hörsaalgebäude der Uni legitime Proteste niederzuknüppeln (Göttingen). Insofern gibt es keinen Grund für Lobeshymnen auf die Polizei. Oder möchtest du, Stefan, gerne, dass Monsieur Jäger nach erfolgreich absoviertem Praktikum solche Einheiten durch die Ruhruni Bochum jagt?
Sorry, der Artikel ist ja gar nicht von dir. Ist mir zu spät aufgefallen, ändert aber nix am Sachverhalt.
@Sebastian Weiermann: Da es für die Kölner Hogesa-Demo keinerlei Vorläufer oder Erfahrungen mit der Gruppe und dem Anmelder gab, gab es auch keine verschärften Auflagen. Die reine Anwesenheit von einschlägig bekannten Nazigrößen, die auch erst während der Demo erkannt werden konnte, rechtfertigt keine Auflagen in dem Umfang wie jetzt in Hannover.
Ich denke schon, dass die Hannoveraner Beamten von der Kölner Demo „profitierten“ und schon allein mit der Beschränkung auf einen sonst nur wenig frequentierten ZOB alle Möglichkeiten hatten, die die Kölner Polizei nicht besaß – mal ganz abgesehen von der Mannstärke.
Und ja, ich vergaß: Ein striktes Alk-Verbot mit Einzelkontrollen aller Teilnehmer wirkt bei Hools Wunder…
@Klaus Lohmann: Stefan, andere Kollegen und ich waren ja schon im September bei HoGeSa in Dortmund. Uns war da bei 400 Leuten schon mulmig und wir haben über das Gewaltpotential der Menschen gesprochen. O-Ton von jemandem: „Dad letzte Mal waren die bei den Krawallen zur WM 2006 in Dortmund zusammen unterwegs.“ Sowas sollte den Sicherheitsbehörden auch auffallen, wenns Journalisten merken.
@Sebastian: Nicht missverstehen, ich habs ja gelesen und hätte die gleichen Bedenken gehabt und geäußert. Allerdings war ich ebenso wie Andere vom Zulauf, von der Brutalität und der offenen Provokation der Idioten in Köln überrascht.
Der Samstag war leider doch nicht so friedlich wie man berichtet:
http://www.presseportal.de/polizeipresse/pm/66841/2883207/pol-h-nachtragsmeldung-zu-mehreren-versammlungsrechtlichen-aktionen-am-15-11-2014-zeugenaufruf-zu
Am 15.11.2014 fand am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) eine stationäre Kundgebung mit dem Thema „Europa gegen den Terror des Islamismus“ der Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) statt. Ein Aufzug mit dem Thema „Gemeinsam gegen Rassismus und religiösen Fundamentalismus“ führte vom Steintorplatz zum Andreas-Hermes-Platz, von den bis zu 3000 Teilnehmern war etwa die Hälfte dem linksautonomen Spektrum zuzuordnen (wir haben berichtet). Nach Beendigung beider Versammlungen, gegen 15.30 Uhr, sind vier Teilnehmer der „HoGeSa“- Versammlung im Bereich der Straße Postkamp Ecke Striehlstraße von einer etwa 30-40 köpfigen Gruppe vermummter Personen, die offensichtlich der linken Szene angehören, angegriffen und teilweise schwer verletzt worden.
Traurig zu lesen. Aber sowas kann wohl immer passieren. Die Straßen liegen auch weit außerhalb des Demo Bereichs.
„Aber sowas kann wohl immer passieren. “
Hättest du das auch so geschrieben, wenn in Hannover 40 Hooligans 2 Antifa-Aktivisten fast totgeschlagen hätten?
@Hubi: Ja. Denn auch dann hätte ich geschaut wo sich der Vorfall ereignete. Bei Antifaschisten hätte ich mich dazu geärgert, dass die in einer so kleinen Gruppe unterwegs sind. Mit ein bisschen Demo Erfahrung weiß man, dass das an so einem Tag schief gehen kann.