Die Bochumer Straße, dieses kostbare Verbindungsöhr zwischen Herne und Recklinghausen-Süd, ist stark sanierungsbedürftig. Und das wird sie bis mindestens 2027 bleiben. Wie glaubwürdig sind die Erklärungsversuche der Stadt?
Recklinghausen-Süd ist ein Stadtteil für Mütter. Denn nur Mütter verstehen es, so die landläufige Meinung, ein Kind zu lieben, das sich in eine Richtung entwickelt, die weder schön noch schlau ist. Und RE-Süd entwickelt sich nicht dahin, es ist schon lange da angekommen. Vielleicht sind meine Erinnerungen an die 1980er und 1990er nostalgisch, aber irgendwie bleibt mir im Gedächtnis, dass es früher dort weniger abgewrackt und herunter gekommen war. Da war mehr Stadtteilleben, Geschäfte, die sich mehr als wenige Stunden hielten, die Bürgersteige waren mit Jade umgrenzt und Kriminalität gab es nur in den Überschriften der Gazetten. Wahrscheinlich war es dann doch nicht ganz so, aber jetzt ist schon wirklich schäbbig.
Die Stadt Recklinghausen scheint sich indes an den Erinnerungen zu orientieren. Dazu passend gönnte man RE-Süd vor Jahren einen Stadt- und natürlich Yachthafen. Was der dem Stadtteil brachte? Nun, da sollte man nicht zu kleinlich sein. Wenn man sich anschaut, mit welchem Elan und Palais die Stadt die eigentlich recht gemütliche Innenstadt aussterben ließ, kann man nur dankbar sein, dass man bei RE-Süd bisher kein ähnlich geniales Großprogramm eingefädelt hat.
Doch mag man die Gefahr erkannt haben, dass Menschen aus RE-Süd schlicht ihren Stadtteil verlassen. Zum Shoppen, oder auch endgültig. Die schnellste Ausfallstraße führt nach Herne. Die „bisher schnellste“ Ausfallstraße, denn mittlerweile ist die Bochumer Straße bis zur Stadtgrenze Herne genau dies: ein Ausfall. Fährt man aus Herne, im Regierungsbezirk Arnsberg, in die Trümmer von RE-Süd, Regierungsbezirk Münster, wird man unmittelbar hinter der Stadtgrenze mit einem Tempo 30-Schild und dem ortsüblichen Stau begrüßt (Foto oben über diesem Artikel).
Diese Tempo 30-Zone mäandert weiter staubedeckt (es fehlt kein „b“) bis zum eigentlich Kern des Stadtteils, dem Neumarkt. Dort, unweit des legendären Theodor-Heuss-Gymnasiums, das Größen wie den Autor dieser Zeilen hervorbrachte, endet unverwandt, und überraschend, die Tempo 30-Zone.
Doch wieso eigentlich? Und: wäre es nicht eigentlich zumindest einen – einen einzigen verzweifelten – Gedanken wert, die Fahrbahn zu reparieren? Die Ruhrbarone wären nicht, laut Süddeutsche Zeitung, „vielleicht das mächtigste Blog der Republik“, wenn wir nicht nachfragten.
Die Stadt Recklinghausen teilt auf Nachfrage mit:
Das Tempo-30-Gebot endet ab der Höhe Neumarkt, weil dort die Straßenschäden und Umleitungsverkehre deutlich geringer sind.
sowie
Die Fahrbahn der Bochumer Straße ist in beiden Richtungen verbesserungswürdig. Durch die Umleitungsverkehre der gesperrten A 43 für Fahrzeuge, die größer als 3,5 Tonnen sind, ist der südliche Teil der Straße jedoch erheblich mehr belastet und die Beschaffenheit somit schlechter.
Wir schauen uns das gleich nochmal an.
Aber davor schauen wir doch einmal darauf, ob man jemals über eine Sanierung nachgedacht hat. Wir fragten dazu: „Ist seitens der Stadt der Gedanke erörtert worden, möglicherweise die Fahrbahn zu sanieren?“
Stadt RE:
Die Kommunalen Servicebetriebe Recklinghausen (KSR) fahren alle zwei Tage die Hauptstraßen und alle vier Wochen alle anderen Straßen zur Inspektion ab. Wo es möglich ist, werden Schlaglöcher von den Mitarbeiter*innen der KSR direkt gefüllt. Ansonsten werden Straßen in der Reihenfolge der städtischen Planung zur Erneuerung von Fahrbahndecken saniert.
Der städtische Plan zur Erneuerung von Fahrbahndecken also ist es, der einer zeitnahen Sanierung im Weg steht. Aber nicht nur der, auch die A43 ist Schuld, irgendwie:
Eine Komplettsanierung ist geplant, wenn der Ausbau der A43 fertiggestellt ist und somit die Umleitungsverkehre wegfallen. Die voraussichtliche Fertigstellung ist für das Jahr 2027 ff geplant und besteht im Zusammenhang mit dem Integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts der Bochumer Straße.
2027, das sind nur noch 4 Jahre bis Sanierungsbeginn. 4 Jahre. Das ist doch nichts. Das größere Probleme mag in dem „ff“ liegen. Ein „f“ würde bedeuten: 2027 und 2028. „2027ff“ bedeutet aber, dass es mindestens noch zwei Jahre nach 2027 sind, min-des-tens. 2029 – über ein halbes Jahrzehnt also noch Tempo 30, in ganz RE-Süd.
Ach nein, nicht ganz RE-Süd.
Denn die Fahrbahnbeschaffenheit vor dem Neumarkt
ist erkennbar eine deutlich schlechtere als diejenige hinter dem Neumarkt:
Nur logischerweise ist deswegen der Plan der Stadt:
Die Sanierung der Bochumer Straße hinter dem Neumarkt erfolgt im Zusammenhang des Integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts „Bochumer Straße“. Der Zeitraum der Umsetzung für den Bereich ab der Höhe Neumarkt steht aktuell noch nicht fest.
Bis dahin kann man in RE-Süd gut mit seiner Privatyacht anlaufen!
Leider hat dieser Artikel mit seriösem Journalismus wenig zu tun. Das fängt damit an, dass der Autor von einem Yachthafen spricht, den es in Recklinghausen überhaupt nicht gibt. Was er damit suggerieren will, kann man nur erahnen. Der Stadthafen von Recklinghausen musste vor Jahren saniert werden, weil die Kai-Mauer im Laufe der Jahre marode geworden war. Das Anlegen von Schiffen an der Mühle von Mills United war so nicht mehr möglich. Im Zuge der Sanierung hat die Stadt das Stadthafengelände komplett überarbeitet, um den Wirtschaftsstandort zu sichern, und in diesem Zuge aufgewertet und damit für die Bürgerschaft nutzbar gemacht.
Ein historischer Lastenkran wurde im Zuge einer Qualifizierungsmaßnahme restauriert und wurde so zum Wahrzeichen eines Areals, dass sich zu einem echten Freizeit-Anziehungspunkt für den Ortsteil aber auch für die Region entwickelt hat. Dafür sorgt auch die attraktive Gastronomie mit einem aufgeschütteten Strand, die Treppenanlage am Hafenbecken, die gerade bei gutem Wetter zum chillen einlädt. Der Stadthafen liegt direkt neben dem Strommuseum, strategisch gut gelegen an der Route der Industriekultur und .
Yachten haben im Stadthafen nie angelegt, vielmehr dient dieser als Wendebecken für die Frachtschiffe die regelmäßig die Mühle anlaufen. Was ein solch erfolgreiches Städtebauliches Projekt mit einer defekten Fahrbahndecke in Süd zu tun hat? Es wird das Geheimnis des Autors bleiben. Ebenso, warum er nicht geschrieben hat, dass für die Südstadt gerade intensiv an einem Integrierten Stadtteilentwicklungsprojekt (ISEK) gearbeitet wird, um den unverkennbaren Problemen zu begegnen. Passt natürlich nicht ins Bild einer untätigen und ignoranten Stadtverwaltung, das gezeichnet werden soll.
Anders als von ihm dargestellt, hat Recklinghausen auch seine Altstadt natürlich nicht aussterben lassen. Platt wird die sich hartnäckig haltende Mär wiederholt, das Palais Vest sei für die Probleme in der Altstadt verantwortlich. Das Gegenteil ist der Fall. Ohne das innenstadtintegrierte Einkaufzentrum hätte die City weitaus größere Probleme. Fachleute wie der Gerd Rainer Scholze von der AIP haben das erkannt. Ohne das Palais hätte er niemals das richtungsweisende Projekt zur Revitalisierung des Karstadtstandortes in Angriff genommen, wie er bereits mehrfach auch öffentlich betont hat. Das neue MarktQuartier gilt mittlerweile bundesweit als Vorzeigprojekt, wenn es darum geht, ehemalige Einzelhandelsflächen einer neuen, nachhaltigen Nutzung zuzuführen. Hätte Sebastian Bartoschek einfach mit einigen Klicks im Netz recherchieren können.
Dann wäre er übrigens auch darauf gestoßen, dass Recklinghausen wie keine andere Stadt im Ruhrgebiet das Förderprogramm des Landes zur Vitalisierung der Innenstädte genutzt hat. Mehr als 40 Leerstände konnten beseitigt werden, mehr als 80 Prozent der neuen Mieter haben ihre Verträge über den Förderzeitraum von zwei Jahren hinaus bereits verlängert. Angesichts dieser Erfolge und Anstrengungen zu behaupten, die Stadt habe die Innenstadt ausbluten lassen, ist ignorant.
Wobei noch eine ganze andere Reihe an Maßnahmen, die die Stadt gemeinsam mit den fünf Quartieren in der Altstadt umgesetzt hat, hinzukommen. Ziel: Die Verbesserung von Ambiente und Aufenthaltsqualität. Der Kirchplatz ist so zu einer beliebten Veranstaltungsfläche geworden, auf der regelmäßig sehr gut besuchte Events wie der Abendmarkt stattfinden, die Sterngasse ist attraktiv umgestaltet worden, der Altstadtmarkt wurde durch ein Fontänenfeld aufgewertet. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen.
Alle Städte haben damit zu kämpfen, dass sich die Einzelhandelsbranche durch den rasant wachsenden Onlinemarkt vor großen Herausforderungen steht. Da macht Recklinghausen natürlich keine Ausnahme. Einig sind sich alle Fachleute, das Einzelhandelsflächen in der bisherigen Größenordnung nicht mehr benötigt werden. Darauf gibt die Stadt Recklinghausen selbst mit der Verlegung öffentlicher Infrastruktur auf solche Flächen Antworten. Durch eine neue Stadtbibliothek an einem ehemaligen C & A-Standort oder die Einrichtung eines Familienbüros in einer ehemaligen Spielhalle und nicht zuletzt durch eine Kita im alten Karstadtgebäude. Und: Für zwei große Komplexe an der Breiten Straße in der Innenstadt gibt es bereits spannende Pläne von Projektentwicklern, die ebenfalls auf eine Mischnutzung aus Wohnen, Dienstleistung, Einzelhandel und Gastronomie setzen.
Über all diese Dinge ist mehrfach öffentlich berichtet worden. An Herrn Bartoschek ist die Berichterstattung offenbar völlig vorbei gegangen. Hätte er bei der Pressestelle im schönsten Rathaus von NRW auch in diese Richtung gefragt, ihm wären umfassende Informationen und Antworten geliefert worden. Sein Bericht legt allerdings die Vermutung nahe, dass er an einer differenzierten Berichterstattung ohnehin kein Interesse hatte. Neu ist das auf der Plattform der Ruhbarone, die ich durchaus als kritisches Medium schätze, leider nicht. Die Stadt Recklinghausen ist da gebranntes Kind.
Ein Wort noch zur Bochumer Straße: Hat Herr Bartoschek sich auch nur ansatzweise ausgemalt, zu welchem Verkehrskollaps es führen würde, wenn die Stadt während des Umbaus der A 43 eine der wichtigsten Umleitungsstrecken sanieren würde, notwendigen Sperrungen inklusive? Hätte die Stadt diese Strategie verfolgt, hätte er vermutlich einen Artikel geschrieben, ob die Verkehrs- und Straßenplaner von allen guten Geistern verlassen sind.
Da mag man sich ja gar nicht vorstellen, wie Süd ausgesehen hätte, wenn die Stadt nicht so massiv gute Arbeit geleistet hätte.
…und der Zustand der Innenstadt stellt sich jetzt auch völlig anders da. Nur halt nicht mehr, wenn man einmal vor Ort ist…
SNAFU?
Wenn ein Autor auf einen umfassenden Kommentar nicht mehr zu erwidern hat, dann spricht das für sich und passt zur journalistischen Qualität des Artikels. Wie wäre es mit einer Antwort, die sich mit den genannten Aspekten tatsächlich inhaltlich auseinandersetzt?
Lieber Herr Boeckmann,
normalerweise schreibe ich keine Kommentare (schon gar nicht zu Kommentaren) – hier aber sehe ich mich, als ehemalige Süderin, genötigt, doch mal ein paar Sätze loszuwerden: Ich bin in Recklinghausen-Süd aufgewachsen und bin immer noch häufig dort. Ich hatte jetzt gute 40 Jahre Zeit, um diesen Stadtteil und seine „Veränderungen“ zu beobachten. Ich werde jetzt gar nicht weiter auf Leerstände von Ladenlokalen und die „Aufwertung“ durch eine Persil-Uhr eingehen, denn in dem von Ihnen kritisierten Artikel geht es, wenn ich das richtig verstehe, primär um den Zustand der Bochumer Straße. Und der ist, vorsichtig ausgedrückt, schlecht. So schlecht, dass ich diese Hauptverbindungsstraße weder mit dem Auto noch mit dem Rad gerne nutze. Daran ändert auch ein restaurierter Kran oder eine Fontäne auf dem Altstadtmarkt nichts. Die Lösung der Stadt anstatt zu erneuern lieber längerfristig in Tempo-30-Schilder zu investieren kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Den Verkehrsfluss durch den Ausbau der Bushaltestellen zu behindern war ja anscheinend auch durchaus vertretbar. Was mich an Ihrem Kommentar aber wirklich irritiert hat, ist, dass Sie kaum auf den angesprochenen Stadtteil eingehen, sich aber lang und breit über die „Vitalisierung der Innenstadt“ auslassen. Genau das ist das Problem von Stadtteilen wie Recklinghausen Süd. Und das nicht erst seit gestern. Süd ist für Recklinghausen einfach nicht wichtig, ist der Stadtteil in dem Recklinghäuser aus anderen Stadtteilen lieber „die Knöpfe im Auto runter machen“, wenn sie „da mal durchfahren müssen“. Und so lange das auch im schönsten Rathaus von NRW so gesehen wird, wird sich an der Situation in RE Süd nichts ändern. Schade. Ich hätte mir vom Pressereferenten der gesamten Stadt weniger Ausschweifungen über die Innenstadt und mehr Rückendeckung für einen Stadtteil gewünscht, der es wirklich nötig hätte.
Als Erstes tue ich mich schwer einer Kommentatorin zu antworten, die nur anonym in Erscheinung tritt. Ich habe mich auch mit meinem vollen Namen geäußert und halte das auch auf anderen Plattformen stets so. Zur Sache selbst: Was Sie bezogen auf die Altstadt für ausschweifend halten, hielt ich für notwendig, weil auf Ruhrbarone-Plattform nicht zum ersten Male der Eindruck erweckt wird, als würde die Stadt auf die Probleme, die insbesondere aus der Transformation des Einzelhandels resultieren, mit Untätigkeit reagieren. Dem ist eben genau nicht so.
Auch wenn die Krisen der vergangene Jahre uns das Leben nicht leichter gemacht haben, können wir sehr wohl eine ganze Reihe von Erfolgen vorweisen. Deshalb nochmal mal mein Appell an die Medien, einfach mal zu differenzieren und genau hinzuschauen. Der Autor hat zwar die Südstadt in den Fokus genommen, aber eben auch auf die Altstadt bezogen Behauptungen aufgestellt, die nicht haltbar sind. Dieses deutlich zu machen, darauf kam es mir an.
Ansonsten dreht sich der Artikel vor allem auf die Verkehrsprobleme auf der Bochumer Straße. Die sind natürlich ärgerlich, doch werden wir noch eine Zeit damit leben müssen. Verursacht wird das nicht durch die Stadt, sondern durch die maroden Brücken auf der A 43. Noch einmal: Die Bochumer Straße ist eine der Hauptausweichrouten für die Autobahn. Es liegt aus meiner Sicht auf der Hand, dass diese Achse während der Bauarbeiten auf der A 43 eben nicht saniert werden kann. Es bleibt also nichts anderes übrig, als die Bedingungen durch die Tiefbauer der Stadt halbwegs in einem erträglichen Rahmen zu halten. Ihr Vergleich mit den Bushaltestellen hinkt gewaltig. Dabei ging es um temporäre Behinderungen an einer Stelle. Eine Komplettsanierung der Fahrbahn hätte natürlich weitaus stärkere Auswirkungen, und das für einen längeren Zeitraum.
Und natürlich steht die Südstadt bei den Verantwortlichen im Rathaus ebenfalls im Fokus. Ich erinnere an die Projekte im Rahmen „Soziale Stadt“. Aktuell ist ein neues ISEK in Arbeit, das unter anderem in Kooperation mit dem SkF erarbeitet wird. Und keineswegs beschränken sich die Aktivitäten in Süd auf den Stadthafen und die Persiluhr. Der Neumarkt wurde umgestaltet, ein Fassadenprogramm initiiert, das ehemalige Efeu-Haus zum Haus der Bildung umgebaut. Dort findet sich die Zweigstelle unserer Stadtbibliothek sowie etliche Beratungsangebote. Der FC Leusberg hat einen Kunstrasenplatz bekommen.
Und der Stadt ist es gelungen, aus dem Fördertopf des Landes auch Mittel für Maßnahmen gegen Leerstände und zur Attraktivitätssteigerung rund um die Bochumer Straße zu akquirieren. Diese sind in Teilen umgesetzt bzw. sind sei in Planung. Insgesamt gestaltet sich der Prozess in Süd auch deshalb schwierig, weil es auf Seiten der Immobilienbesitzer leider auch nur eine geringe Bereitschaft gibt, sich auch aktiv einzubringen.
Sie kennen als Süderin die Problemecken wie das Knautsche Eck oder ehemals Kaufhaus Becker, für die seit Jahren nach Lösungen gesucht wird, die Besitzer aber auf der Bremse stehen. Traurig, aber wahr. Hinweisen möchte ich auch noch auf die erheblichen Anstrengungen, die die Stadt im Bereich der Kinderbetreuung gerade in der Südstadt unternommen hat. Dabei geht es keineswegs nur um den Ausbau der Kita-Angebote, sondern insbesondere auch den offenen Ganztag an den Grundschulen.
In beiden Bereichen ist trotz finanziell enger Möglichkeiten in den vergangenen Jahren erheblich investiert worden, zum Wohle der Menschen im Ortsteil. Als nächstes werden die Grundschulen Im Reitwinkel und die Gudrun-Pausewang-Schule ausgebaut. Im Bereich Grullbad ist gar eine komplett neue Grundschule geplant. Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die Entwicklung auf dem ehemaligen toom-areal und den Bau einer neuen Feuerwache. Wenn man genau hinsieht, tut sich also eine ganze Menge. Ich könnte die Liste weiter fortsetzen.
Hallo Herr Böckmann,
Sie sagen, ich solle antworten. Worauf eigentlich?
Zunächst teilen Sie uns hier nicht mit, dass Sie nicht irgendein Leser sind, sondern eben der Pressesprecher der Stadt Recklinghausen (und beschweren sich dann paradoxerweise darüber, dass andere hier anonym unterwegs sind).
Was Sie dann tun, in einem Artikel über RE-Süd, ist, lang und breit auszuführen, was man nicht alles für RE-City getan habe.
Erst auf Nachfrage führen Sie dann zu RE-Süd aus.
Und beide Ausführungslinien folgen dem PR-Hochglanzsprech, den man einer Presseabteilung zugesteht.
Grobe Richtung: „Wir machen wirklich viel. Hätten wir es anders gemacht, wäre alles viel schlimmer. Wir können auf sovieles stolz sein. Die Presse stellt das falsch da, stellt die falschen Fragen.“
Nun weiss ich, Herr Böckmann, dass auch Sie über lange Jahre Erfahrung an verantwortlicher Stelle bei einer Lokalzeitung sammeln durften.
Insofern sollte Ihnen auch bewußt sein, dass das Spiel so läuft, dass Pressesprecher die Welt aus Sicht Ihrer Auftraggeber beschreiben, und Journalisten die Welt aus der Außensicht beschreiben, und dabei natürlich auf Missstände hinweisen.
Und Presse stellt die Fragen, die Presse stellen will, nicht, die irgendwer gerne von ihr gestellt bekommen würde. Ich denke nicht, dass ich das wirklich noch genauer vertiefen muss.
Wenn ich auf Süd schaue, dann hat die Stadt RE dort über längere Zeit einen Stadtteil verkommen lassen. Ihre Programme haben nicht gegriffen, irgendwelche Kräne interessieren am Neumarkt wirklich niemanden. Die Straßen sind kaputt, zum Einkaufen verirrt sich wohl kaum jd von außerhalb nach Süd, und es gibt ein schlechtes Sicherheitsgefühl bei den Bewoherinnen und Bewohnern.
Darüber, wie sich die Begrifflichkeit „Die gute Stube“ (für die aussterbende Altstadt) für die Bewohner von Süd, König-Ludwig, Hochlarmark oder Grullbad könnte man eigentlich auch mal schreiben, mit vielen vielen O-Tönen, bei denen Sie dann den Einwohnern absprechen werden, ihre eigene Situation und die ihrer Stadtteile richtig zu beurteilen.
Mit dem selben Argumentationsmuster handeln Sie dann auch mit Blick auf die City; aber die interessiert mich – in diesem Artikel – nur nachrangig.
Ich habe ein wenig die Sorge, dass Sie sich tatsächlich im Hochglanzsprech verfangen haben, und den als objektive Beschreibung der Realität ansehen. Deswegen auch meine durchaus ernst gemeinte „SNAFU?“-Frage.
…ich hoffe aber, im Geheimen, dass Sie auch hier im Blog einfach den Pressesprecher geben. Das ist ok. Seien Sie aber dann in Zukunft doch so nett, in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Presserates, das dann auch direkt vorweg zu schicken. Wir wollen ja hier nicht einen falschen Eindruck bei der Leserin oder dem Leser erwecken… oder?
Sehr geehrter Herr Bartoschek,
genauso wie Sie wissen, dass ich Pressesprecher der Stadt bin, wissen Sie auch, dass ich alter Recklinghäuser bin und die Entwicklung meiner Stadt natürlich auch aus der Perspektive eines Bürgers betrachte. Und das seit Jahrzehnten. Natürlich kann ich es mir als Journalist einfach machen und alles, was an Erwiderung kommt, so wie sie das tun, als PR-Hochglanzsprech abtun.
Mit dieser Keule wische ich mal eben alles vom Tisch und mache den Gegenüber lächerlich. Ich plädiere stattdessen für eine differenzierte Betrachtungsweise, die auch in Recklinghausen unzweifelhaft vorhandene Fehlentwicklungen nicht ausblendet, aber sich auch die Mühe macht, zu schauen, was sich hinter den genannten Projekten oder Maßnahmen tatsächlich verbirgt. Und natürlich geht immer mehr, wenn eine Stadt denn dafür auch die nötige finanzielle Ausstattung hat. Und man kann auch über die Wirksamkeit von Maßnahmen streiten. Dazu bedarf es aber einer inhaltlichen Debatte.
Mit meinen Ausführungen zur Altstadt habe ich darauf reagiert, dass Sie die Behauptung aufstellen, die Stadt habe diese „mit Elan und Palais“ aussterben lassen. Aus meiner Sicht ist dieses eine absurde Behauptung, die sich widerlegen lässt. Auch wenn Sie in ihrem Artikel den Fokus auf Süd legen, ist dieser Passus natürlich starker Tobak. Deshalb habe ich darauf auch ausführlich reagiert. Sie sagen, mit PR-Hochglanzsprech, ich sage, mit nachprüfbaren Fakten.
Nachprüfbar ist übrigens auch, dass es in der Stadt nie einen Yachthafen gegeben hat. Passt natürlich nicht in das Bild, dass Sie in ihrem Artikel zeichnen. Wobei Ihre Absicht leicht durchschaubar ist. Auf der einen Seite leistet sich die Stadt einen Yachthafen, den niemand braucht, um auf der anderen Seite kaputte Straßen zu ignorieren. Wäre in der Tat zu kritisieren, trifft aber nicht die Realität und diskreditiert leider auch eine sinnvolle Infrastrukturmaßnahme am Kanal, die übrigens vor etlichen Jahren umgesetzt wurde.
Zur Wahrheit gehört außerdem, dass auf einige Entwicklungen die Stadt nur sehr eingeschränkt Einfluss nehmen kann, die in den vergangenen Jahren die Lage verschärft haben. Der expandierende Onlinehandel gehört dazu, die allgemeinen wirtschaftlichen Probleme, ausgelöst durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Wobei die Stadt übrigens während der Corona-Zeit für Handel und Gastronomie vielfältige Hilfsaktionen gestartet hat. Diese reichten vom Erlass der Sondernutzungsgebühren, bis hin zu Aktionstagen an den Wochenenden. Für Sie natürlich wieder nur PR-Hochglanzsprech, für die Betroffenen aber willkommene Unterstützung, die die Einbußen zumindest ein wenig abgefedert hat.
Wenn sie Bürger fragen, ist das wie immer im Leben. Für die einen ist das Glas halbvoll, für die anderen halbleer. Auch ich kenne natürlich Leute die unsere Stadt am Abgrund sehe, ich kenne aber viele Menschen, die sehen, dass sich Einiges positiv verändert hat und die Stadt eben nicht nur einfach zuschaut, sondern erhebliche Anstrengungen unternimmt, Recklinghausen attraktiv zu halten.
Ich bin davon überzeugt, dass wir im Vergleich zu anderen Städten unsere Lage zwar schwierig, aber nicht hoffnungslos ist. Das sorgt aber nicht dafür, dass sich die Verantwortlichen ausruhen, sondern weiter mit allen Akteuren in der Altstadt und in der Südstadt versuchen, im Rahmen des Möglichen positive Entwicklungen fortzusetzen bzw. anzustoßen. An dieser Stelle noch einmal der Hinweis auf das ISEK für die Bochumer Straße und die enge Kooperation mit den fünf Quartieren in der Altstadt. Ich könnte noch eine ganze Reihe anderer Beispiele nennen, für Sie wäre das aber auch nur PR-Hochglanzsprech, deshalb mache ich an dieser Stelle mal Schluss.
https://www.ruhrbarone.de/dritte-altstadtkonferenz-in-recklinghausen-oder-der-ruinoese-wettkampf-der-ruhr-citys/121126/