Recklinghausen ist eine Stadt voller Probleme. Früher mal ein für Ruhrgebietsverhältnisse schmuckes Städtchen mit einer liebevoll gepflegten Altstadt, schreitet die Kreisstadt im nördlichen Revier seit Jahren ungebremst dem Abgrund entgegen.
Um der drohenden Bedeutungslosigkeit zu entgehen, ist es naheliegend, eines dieser derzeit in ganz Deutschland so beliebten Lichterfeste zu veranstalten. Das hebt die Stimmung und sorgt für Ambiente. In Recklinghausen bekam es den schlichten Titel ‚Recklinghausen leuchtet‘ und läuft in diesem Jahr noch bis zum 5. November. Für die Ruhrbarone habe ich mir das Ganze einmal angesehen.
Seit Jahren schon beobachte ich die Stadtentwicklung von Recklinghausen mit einem gewissen Bedauern. Die Stadt spielte in meinem Leben früher einmal eine größere Rolle und ich war über Jahre hinweg mindestens einmal wöchentlich dort. Inzwischen wüsste ich echt nicht mehr, warum ich so häufig dort hinfahren soll. Meine Einkäufe haben sich größtenteils in das Internet verlagert, mein Vater arbeitet schon seit Jahren nicht mehr dort, zum Kieferorthopäden muss ich auch nicht mehr, das Corona-Impfzentrum ist Geschichte und selbst eine Fahrt zum für mich zuständigen Finanzamt ist in Zeiten von Elster & Co. überflüssig geworden. So blieb mir zuletzt nur, mich dort hin und wieder ganz bewusst einmal umzuschauen, um mich an frühere Zeiten zu erinnern und mich auf den aktuellen Stand zu bringen, was die Stadtentwicklung betrifft.
Mein Besuch dort am Dienstag war der erste seit Jahren, der einen anderen, einen durch und durch erfreulichen Grund hatte. Nachdem ich mich hier bei den Ruhbaronen in den vergangenen Wochen schon mit den Lichfestspielen beim Herbstleuchten in Hamm und dem neuen Angebot von Phoenix des Lumières in Dortmund befasst habe, wollte ich mir jetzt endlich auch einmal ‚Recklinghausen leuchtet‘ mit eigenen Augen ansehen. Und um es vorweg zu nehmen: Es hat sich durchaus gelohnt!
Zwar bot das Lichtspektakel in Recklinghausen (ca. 150 angestrahlte Gebäude) längst nicht den Zauber, den ich beim Herbstleuchten im Maxipark empfunden habe und hatte auch nicht die Faszination von Phoenix des Lumières, wo man mit einer besonderen Fülle von Licht- und akustischen Effekten unterhalten wird, doch vermag ‚Recklinghausen leuchtet‘ immerhin erstaunlich erfolgreich die immense Tristesse, die Recklinghausen sonst inzwischen leider aufweist, zumindest für kurze Zeit vergessen zu machen.
Leerstände in einer Innenstadt sind tatsächlich deutlich attraktiver, wenn sie ansprechend illuminiert sind. Kein Scherz! Kleiner Nachteil, Kinderkarusselle machen einen als Besucher auf der anderen Seite leicht schwermütig, wenn sie bei einsetzender Dunkelheit fast ungenutzt bleiben. Das weiß ich seit dieser Woche. Wer zudem etwas näher auf die bunt beleuchteten Fassaden achtet, dem bleibt ebenfalls nicht verborgen, wie viele Geschäfte in Recklinghausen aktuell leer stehen und wie leblos der Markt in der Altstadt rund um das ehemalige Karstadt-Haus selbst bei diesem Lichterfest inzwischen ist.
Insgesamt war ich überrascht, wie wenig das Angebot von den Bürgern der Region angenommen wird, zumal kein Eintrittspreis verlangt wird. Was in Dortmund (15 Euro Vollzahler) und Hamm (8 Euro) mit entsprechenden Kosten verbunden ist, kann in Recklinghausen, wenn auch auf bescheidenerem Niveau, kostenlos bestaunt werden. Auch das Parken hinter dem örtlichen Rathaus ist am Abend gratis möglich.
Mehr als ein paar hundert Besucher waren es dennoch nicht, die bei besten äußeren Bedingungen am Dienstagabend bei einsetzender Dunkelheit (ca. 18:30 Uhr bis 19:30 Uhr) in der Recklinghäuser Innenstadt unterwegs waren. Vielleicht lag das auch daran, dass die große Mehrheit der verbliebenen Läden in der Innenstadt zu dieser vergleichsweise frühen Zeit auch schon geschlossen hatte, was mich doch sehr überraschte. Sei es drum.
Wenn wer von euch durch die Fotos Lust bekommen sollte sich das Ganze vor Ort auch einmal anzugucken: ‚Recklinghausen‘ leuchtet geht noch bis zum 5. November 2023.