Die Bäderlandschaft im Ruhrgebiet wird sich dramatisch ändern – wenn es nach dem Regionalverband Ruhr geht. Sicher ist dies mit dem Blick auf die schmalen Kassen und geänderten Bedürfnissen der Menschen im Pott auch nötig. Doch komplett unnötig ist der verklemmte Umgang in den Städten mit dem Thema.
So heißt es in Bottrop, das 50 Meter Becken im Revierpark Vonderort müsse halb zugekippt werden, weil es keinen Bedarf mehr fürs Streckenschwimmen gebe. Die Stadt verkündet gar, selbst an schönsten Sommertagen sei das Bad nicht gefüllt. Doch das stimmt nicht, wie jeder bestätigen kann, der im vergangenen Sommer an den wenigen Sonnentagen da war. Man stand wie Ölsardinen im Becken. Aber natürlich war es über das ganze Jahr gesehen ein mieses Besucherjahr. Weil eben der Sommer ausfiel.
Was aber steckt dann hinter dem bald zugekippten Becken? Genau das: Aus dem Revierpark Vonderort soll nach dem Willen des RVR eine "zeitgemäße und eher einfache Sole-Sauna-Anlage mit persönlicher Note als Nischenprodukt für weniger kaufkräftige ältere Klientel" werden. Das ist es. So steht es in dem RVR-Gutachten. Das ist die Wahrheit.
Diese Wahrheit aber hört keiner in Bottrop: Hier freut sich der 1. Beigeordnete der Stadt, Klemens Kreul, über eine "ruhige, zeitgemäße und attraktive Sole-Sauna-Anlage mit persönlicher Note als Nischenprodukt für das ältere Publikum im zentralen Ruhrgebiet" Die entscheidenden Worte: "eher einfache" Anlage für das "weniger kaufkräftige" Klientel hat Kreul einfach in seinem Statement unterschlagen. Das aber ändert die Aussage komplett, wenn man aus "eher einfach" das Wort "attraktiv" formt. Und die Worte "weniger kaufkräftig" ersatzlos streicht. Hier ist der entsprechende WAZ-Artikel zum nachlesen: klack
Wenn man aber den Menschen die Wahrheit nicht sagt, entsteht Mißtrauen und Ärger über die Politik. Gerade in den Städten des Reviers kann diese Mischung explosiv werden: dann nämlich, wenn Bürgerbegehren sich gegen die Bäderpolitik der Städte richten. Zu leicht wird dann die Versuchung für die Lokalpolitiker, alle Schuld auf den Regionalverband abzuschieben, um ungeschoren aus dem Wahlkampf im kommenden Jahr zu kommen.
Deshalb muss jetzt offensiv über ein Bäderkonzept im Ruhrgebiet gestritten werden. Dazu müssen die Bürger die Wahrheit kennen. Auch in Bottrop, Xanten, Duisburg, Recklinghausen, Dortmund und anderswo. Am besten wäre es, jeder schaut sich das Gutachten selber an. Hier können Sie die dazu gehördende Präsentation herunterladen: klick
Und hier das ganze Bild der Bäderzukunft, so wie es die Gutachter des RVR sehen – ohne den Neusprech von Kreul:
Ich finde den aktuellen Diskurs, hm, ein klein wenig: hysterisch, alarmistisch. Betroffen.
Schon klar, daß man die Bäderdiskussion als Chiffre nehmen kann.
Für die Frage: Wie attraktiv werden die Städte, die Gebietskörperschaften für die Breite bleiben? Also für Menschen, die nicht in hochsubventionierte Theater gehen?
Aber – Bäder lassen sich auch privat managen. Es gibt erfolgreiche von Vereinen getragene Konstruktionen, die auf Bürgersinn rekurrieren: Der Kruppsee in Rheinhausen etwa.
Dann gibt es noch Mischkalkulationen wie die Xantener Süd- und Nordsee: Da kannste an den beiden Baggerlöchern segeln, surfen, baden, schwimmen. So kann man Betriebskosten auch zusammenrechnen.
Dazu kommt, daß die Bäderkontroverse in manchen Städten ein Stellvertreterkrieg ist: Bürgerinitiativen gegen Bäderschliessungen werden von Oppositionsfraktionen gegen Stadtverwaltungsmehrheiten instrumentell eingesetzt.
Versteh‘ mich nicht falsch: Ich will auch, daß die Kurzen im Sommer schwimmen gehen können, wie es in Kindheit und früher Jugend ewiglich gewesen war und vom Freischwimmer über den Jugendschwimmschein zum Rettungsschwimmer führen sollte und beim Rentner Bahnenrenner endet, einfach weil hier soviel Wasser überall in der Nähe ist. (-:
Aber die ganze Baderei im Revier war früher allzu hoch gelevelt, jedes lütte Kaff unterhielt eine 50m-Bahn mit Dampfsauna.
Jetzt ist die Luft halt raus, die Becken werden abgelassen. Downsizing, smart behaving, oder so.
Ich finde es traurig, dass im weiten Umkreis OB-Bot etc. für sportliches Schwimmen kaum noch Möglichkeiten vorhanden sind. Es gibt genug 50+Männer und Frauen, die sportliche Herausforderungen suchen. Auch für Kinder und Jugendliche wäre ein solches Angebot erwünscht. Nicht jeder mag den örtlichen Schwimmverein oder hat gerade zu den Trainingszeiten Freizeit. Die größte Schweinerei aber ist der diskriminierende Text des Gutachtens. Warum für solche Gutachten das Geld zum Fenster herausgeworfen wird, ist mir unverständlich.