Zum 11. Mal ist am Freitag die Revierkunst gestartet. Nach Essen, Bochum, Dortmund, Herten, ist Hattingen der diesjährige Austragungsort. Von unserem Gastautor Helmut Junge-
Organisatorin, Kuratorin und auch einzige Jurorin ist Sonja Henseler, ohne die es dieses Kunstereignis gar nicht gäbe. Die Veranstaltung findet einmal im Jahr statt. Sonja Henseler hat, wie sie selber sagt, ein Konzept, eine Vorstellung davon, was sie im jeweiligem Jahr als Schwerpunkt sehen möchte, und wem es gelingt, sie ihrer jeweiligen Kunst zu überraschen, hat gute Karten dabei zu sein. Beworben hatten sich diesmal 400 Künstler und Künstlerinnen mit Bezug zum Ruhrgebiet. Ausgewählt wurden davon 75. Sonja sagt, daß sie nach Gefühl auswählt. Zwei langjährige Gastautoren und Kommentatoren der Ruhrbarone, nämlich Susanne Scheidle und ich, Helmut Junge, sind dabei.
Bei den Peace cubes
Es gab noch eine zusätzliche Ausschreibung mit Postern einige Würfelförmige Rahmen zu bestücken. Das Thema sollte „Frieden“ sein.
Ich bin nur beim Peace cube dabei und habe keine Verkaufsfläche. Klar, daß ich zuerst zu den Würfeln gegangen war, wo mein Poster aufgespannt war. Ich hab mich gefreut, daß mein Poster vom Biergarten aus zu sehen ist, und bin dann durch den hinteren Eingang in die Maschinenhalle gegangen.
In der Maschinenhalle
Dort strahlte mich rotflüssiges Eisen auf den Gemälden der Duisburger Künstlerin Dorothee Impelmann an, die stilecht der längst stillgelegten Hütte praktisch zu neuem Leben verhalfen. Direkt nebenan Thorsten Poersch mit genau den Bildern, die ich vor 2 Wochen noch in der Galerie KIR in Oberhausen auf einer frisch gestrichenen weißen Wand gesehen hab. Thorsten war ganz begeistert, sie diesmal vor einer uralten Betonwand sehen zu können. Er hatte auch graue Betonfarbe auf seinen Leinwänden und fand, daß seine Bilder mit diesem Hintergrund interagieren.
Zwischen Dorothee Impelmann und Nicole Tenge gab es in der Mitte der Halle viele hochinteressante Kunstwerke von Künstlerinnen und Künstlern, von denen ich aber im späten Rückblick nur zwei mit Namen nennen kann. Das war Annette Dyba, mit der ich über die Preisfestlegung für ein Bild, das mir gefiel sprach. Wir kamen in unserer Unterhaltung so weit, daß es nicht allein die Größe von Bildern wäre, die den Preis bestimmen. Und dann sah ich noch die verknickten Edelstahlrohre von Jan Köthe, die mich besonders angesprochen haben. Ich frage mich seither, wie der diesen harten Edelstahl so biegen kann, daß die entstehenden Formen, evokativ auf mich wirken. Ich hätte ihn gern gefragt, aber es hat sich nicht so ergeben. Am Ende der Halle hingen die sehr schönen neuen Bilder von Nicole Tenge aus Oberhausen, mit der ich schon einige Male ausgestellt hatte.Aber Nicole war grade im Cafe oben.
In den Katakomben
So bin ich also über die steile Eisentreppe runter in die Katakomben, wo ich direkt auf meinen langjährigen Künstlerfreund Georg Overkamp traf.Georg hatte seine Kußmaschine gut plaziert, und sein Ensemble zu seinen Sieben Todsünden auch. Ich hab ihm mein neues Fotobuch gezeigt, auf seine Resonanz gewartet, und bin dann vorbei an den FB-Freunden Ralf Schindler und Ewa Mazur-Koj aus Hattingen, mit der ich eine Woche zuvor bei der Begehung noch über die Kunst gesprochen hatte, die sie an ihrem zugewiesenen Platz zeigen wollte. Ewa sprach damals sviel zu bescheiden von ihrer Malerei. Das was ich dann gesehen hab, war aber tatsächlich große Klasse. Ich bin dann weiter auf der Suche nach Susanne Scheidle durch die Katakomben gegangen, Da habe ich sicher etliche Kunstwerke verpaßt.
Susanne fand ich dann am Ende der Katakomben in einem separaten Raum, in dem nur Bilder mit kleinem Format hingen.Kleine Formate wirken in der großen Maschinenhalle nicht, sind also unten besser aufgehoben. Susanne malt Affen, vermutlich Makaken, in Öl auf Leinwand. Sie stellt diese, mit lebhafter Mimik begabten Tiere in eigentümliche Zusammenhänge. Einer hält sinnend betrachtend einen Globus . Das ist dann ein Naturforscher.Ein anderer einen Sextanten. Das ist ein Astronom. Ein dritter hat einen Kompaß vor sich liegen. Das ist der Navigator. Sie malt ihre Affen im Gelsenkirchener Zoo und zwar so genau, daß ein dort tätiger Tierpfleger sie als Individuen wiedererkennt. Und man könnte diesen Tieren glatt zutrauen, daß sie ihre jeweiligen Instrumente beherrschen.
Besucherzeiten
Revierkunst findet vom 29. April – 8. Mai 2022 statt,
und ist zu den Öffnungszeiten des Museums geöffnet, aber i.d.R. sind keine Künstler oder Künstlerinnen anwesend.
Die Vernissage und das erste Präzenzwochenende der Künst und Künstlerinnen ist vorbei, aber
an folgenden Tagen sind die Künstler und Künstlerinnen noch anwesend:
Samstag, 7.5.2022, 10 – 18 Uhr
Sonntag, 8.5.2022, 10 – 18 Uhr
16.00 Uhr Verleihung Revierkunstpreis
Ort:
LWL Industriemuseum Henrichshütte | Hattingen
Maschinenhalle und Katakomben
Werksstraße 31-33, 45527 Hattingen
Ein schöner Bericht von einer sehenswerten Ausstellung!
Eine hervorragende Schau der aktuellen Kunstszene des Ruhrgebiets, die sich mit jeder anderen Region Deutschlands messen kann. Die umfang- und abwechslungsreiche Auswahl, gekonnt in die industrielle Kulisse integriert, kann noch bis Sonntag besucht werden. Samstag und Sonntag stehen auch wieder die meisten Künstler zu Gesprächen bereit.
Wer weitere Fotos der Revierkunst sehen will, den verweise ich auf die Fotostrecke in folgendem Link:
https://www.waz.de/staedte/hattingen/abwechslungsreiche-ausstellung-in-der-huette-id235213097.html
Danke für den schönen Bericht!
Noch etwas sollte man allerdings erwähnen: Wenn jemand vorbeikommen möchte, auf jeden Fall WARM ANZIEHEN! Egal ob es draußen 20° sind, in den Katakomben ist es ziemlich kalt! Nicht, dass sich noch jemand erkältet!
Aber mit Mütze und Schal ausgestattet ist die Ausstellung ein Erlebnis. Es sind sehr vielfältige Kunstwerke zu sehen, die perfekt in das Industrie-Ambiente eingefügt sind.