Vinyl oder MP3? Was zur Hölle ist besser? Töten Ipods den Musikgenuss? Steve Wilson, Musiker, Produzent und Plattenverleger jedenfalls hat seine Meinung. Musik aus der Digitalkonserve ist Mist. Im Interview mit laut.de meint er: „Es (MP3) ist ungefähr so, als ob du auf eine Fotokopie eines Picassos schaust. Es ist einfach nicht dieselbe Erfahrung." Man könnte Wilson für jemanden halten, der sich bestens auskennt. Er ist Progrocker bei Porcupine Tree , Produzent von Ex-Marillion Fish und vertreibt nebenbei über sein eigenes Label /Headphone Dust/ Kleinstauflagen von Tonträgern.
In seinen Videos verbrennt er Ipods, räumt aber ein, dass durch die winziger Abspielgeräte viel mehr Musik gehört wird. Immer mehr Musiker jammern über die schlechtere Qualität digitaler Daten gegenüber analoger. Gleichzeitig ist es fast die einziger Möglichkeit für sie mit ihrer Musik noch etwas Geld zu verdienen – in dem sie nämlich MP3 über Itunes, Napster und Co verhökern. Dass Vinyl besser, ja dimensionaler klingt, ist unbestritten. Dass schon schlappe 16 Gigabyte auf dem Iphone erhebliche Probleme mit sich bringen, wenn man den Anspruch hegt, alles Vorhandene intensiv durchzuhören, ist vielleicht ein größeres Problem als die schlechtere weil weniger transparente Soundqualität.
Einen höherer technischer Standard sorgt also für Qualitätsrückschritte. Das Amiga-Magazin schrieb 1999: „Auch wenn MP3 in ein paar Jahren vielleicht als Musikformat nicht mehr relevant sein wird, so wird es doch die Musikbranche verändern." – und hatte zumindest mit dem zweiten Teil recht. Zehn Jahre später ist MP3 erfolgreicher denn je.
Ich selber bin furchtbar hin- und hergerissen: Der Sound ist schlechter, doch will ich den Komfort nicht mehr missen, verfluche aber die Möglichkeit mehr Musik hören zu können oder wollen, als es zeitlich eigentlich möglich ist. Dafür fehlt mir die Disziplin, dafür bin ich zu neugierig.
Also nochmal: Vinyl oder MP3? Qualität egal oder das höchste Gut? Was rockt, swingt oder poppt am besten?
Foto: rocknroll-reporter.de
Ich schätze meine Platten, deshalb kommen sie nicht auf meinen einzigen, mit einer miesen Nadel ausgestatteten, tragbaren und Batterie betriebenen Plattenspieler. War nie ein HiFi-Typ, bin also nicht viel Gutes gewohnt. Außerdem bin ich nur bedingt auf „Sound-Klatsche“ aus, zumindest nicht in meinen vier Wänden. Plus: meine Platten sind ALT! Und von Schönheit, die ich nicht auf Platte habe, habe ich auch nichts. Wenn sie dann nicht so klangschön und also mp3 ist, dann zählen halt mehr andere Dinge, soundaethetisch wendet sich ggf. dann die alte Garage-Ideologie gegen den ihr schon immer innewohnenden Konservatismus und sagt „Ja!“ zum „Kratzen“. Kurz: Ich bin da schmerzfrei und verliere mich eh selten in Sounddetails, bin kein Soundfaschist, sondern an den Künstlern und den Stimmungen interessiert. Wie ist das denn mit ultrahoch auflösenden Grafikkarten? Machen die den Picasso dann besser? Medium ist Medium, live is live, tschüss Wilson (nicht Brian, der ist gut!).
Seit einem halben Jahr habe ich wieder Zugriff auf einen Plattenspieler. Super. Was habe ich mich gefreut, die alten Platten noch mal zu hören. Ich habe es bis heute nicht getan…
@ Stefan, ob man die „Ton Steine Scherben“ auf Platte oder als mp3 hört ist egal. Klingt immer gleich scheisse:)
@Athanasios: Stimmt, nur die Freunde von tschechischen Märchenplatten können wahre Qualität erkennen. 🙂
Es muss ja nicht unbedingt Vinyl sein. Vinyl alleine sagt gar nichts. Zu Vinyl gehört eine Anlage, die fraglos nicht billig ist. Und eine hochwertige HiFi (oder heute halt HighEnd-) Anlage ist nun mal teuer. Klar, auch ?teuer? ist relativ. Aber wir sollten mal keine Wortklauber sein.
Ich entsinne mich an meine Jugendzeit, in der ich all mein Geld in eine wirklich hochwertige Stereoanlage und in eine entsprechend umfangreiche Schallplattensammlung gesteckt hatte. Zum Leidwesen meiner Frau. Ich entsinne mich, wie herrlich es war, darüber gute Musik zu hören. (Ich weiß, dass auch ?gute Musik? immer relativ sein wird.)
Aber ? ich erinnere mich auch, wie oft ich nach irgendwelchen Störquellen gesucht hatte. Ein Brumm oder irgendein Zischeln hatte mir die ganze Freude an der Musik vergällt.
Irgendwann dann ? es hatte bestimmt auch damit zu tun, dass mich mein Beruf stark forderte und dass eine große Familie ernährt werden musste ? kam die Zeit, wo es mir wichtiger war, Musik und keine ?Anlage? zu hören. Da war es mir dann lieber, ich konnte mich auf gute Musik aus einem Kofferradio konzentrieren statt permanent auf eine Anlage, bei der irgendwo irgendetwas nicht stimmte.
Wer heute sogen. Mainstream-Musik hört, für den dürfte es kaum eine Rolle spielen, ob er sie auf Vinyl oder auf MP3 hört. Diese Musik wurde ohnehin schon bei der Produktion derart manipuliert und verfremdet, dass es einfach egal sein dürfte. Wer allerdings ein Anhänger von Kammermusik ist, wird mit MP3 kaum Freude haben, wenn er zuvor einmal Gelegenheit hatte, dieselbe Musik (ich spreche hier von gut produzierten Aufnahmen, deren gute Produktionsqualität auch hörbar ist) über ein gutes Laufwerk mit adäquatem Tonarm und ebenso adäquatem Tonabnehmersystem, einen guten CD-Player oder einen DAT-Player (von mir aus auch über einen guten Radiosender, die es ja auch noch gibt) über eine sorgfältig zusammengestellte HighEnd-Anlage zu hören. Ich setze dabei natürlich voraus, dass das Gehör noch einigermaßen intakt ist und nicht in endlosen Disko-Sessions völlig malträtiert wurde.
Es gibt zweifellos gewaltige Unterschiede. Ob sie gehört werden, ist ein anderes Thema.
Ich muss den obigen Beitrag noch kurz ergänzen: Natürlich ist Vinyl nicht gleich Vinyl. Wenn man unter dieser Bezeichnung (in der Regel) gute Schallplattenproduktionen versteht, so ist nachzumerken, dass es natürlich auch ausgesprochen miserable Schallplattenproduktionen gibt.
Mist gibt es ja bekanntermaßen überall. Und dann lieber eine gute MP3 als miserables Vinyl. – Das war’s auch schon.