Der Modezar Karl Lagerfeld ist tot. Er verstarb am heutigen Dienstag in seiner Wahlheimat Paris. Lagerfeld wurde 85 Jahre alt.
Der von vielen verehrte Designer wurde 1933 in Hamburg geboren. Dort wuchs er als Sohn des Fabrikanten Otto Lagerfeld in wohlhabenden Verhältnissen auf.
Seine Karriere als Modeschöpfer begann Lagerfeld schon Mitte der 1950er-Jahre in Frankreich. Dort arbeitete er schnell für Weltmarken wie Balmain, Patou oder Chloé. Seit 1983 war er der Kreativdirektor bei Chanel.
Zuletzt machten Berichte über seinen sich verschlechternden Gesundheitszustand die Runde. Heute dann die offizielle Bestätigung seines Ablebens.
Ruhrbarone-Autoren erinnern sich an den großen Künstler:
Peter Hesse: Ein Typ, der immer anders war – halb Mythos und halb Selbstinszenierung. Für die Mode tat Karl Lagerfeld das, was Boris Becker für den Tennissport oder Rainer Werner Fassbinder für den deutschen Film tat: er hievte seinen Look und sein Handwerk auf ein Level mit ganz eigener Handschrift. Seine Anzüge, auch wenn ich selbst keinen davon besitze, sahen immer besonders anders aus: modisch-schmaler Schnitt, klassisches Design und ziemlich smart. Überhaupt wirkte sein ganzes Leben immer äußerst lässig. Er war als Sohn des „Glücksklee“-Kondensmilch-Unternehmers schon von Geburt an wohlhabend. Der junge Karl geht als Teenager von Schleswig-Holstein nach Paris. Er wollte ursprünglich Illustrator werden, bekam nach einem ambitionslos gewonnenen Modewettbewerb 1955 beim Designer Pierre Balmain den ersten Job. Sein größter Coup war 1983 der Relaunch des Modelabels Chanel. Sein Lebensmittelpunkt war nicht von ungefähr Paris, die Welthauptstadt der Mode. Außerdem unterhielt er Wohnungen und Häuser in Monte Carlo, Biarritz, Rom, Vermont und New York. Seine Villa im Hamburger Stadtteil Blankenese, die er 1991 erworben hatte, verkaufte er 1998. Lagerfeld ist nun am selben Tag verstorben wie AC/DC-Frontmann Bon Scott. Karl galt zwar nicht als Rock’n’Roller, dafür als äußerst disziplinierter Workaholic mit einer hohen Allgemeinbildung. In seiner Privatbibliothek sollen um die 300.000 Bücher stehen – schon beeindruckend. Ich habe ihn als echtes Original empfunden, der sich nicht verbiegen lässt. Und im Zeitalter, wo es zu viele am Reißbrett entworfene Mark Forster- und Phillip Lahm-Typen gibt, bin ich dankbar für jeden, der seine öffentliche Inszenierung nicht im Weichspülbecken erlernt hat. Lange Zeit war ein Mix-Getränk aus Cola Light und Wasser der bevorzugte Drink vom Modeschöpfer. Das trinke ich in Gedenken an ihn jetzt auch.
Robin Patzwaldt: Ich werde Karl Lagerfeld sehr vermissen. Gar nicht als Modeschöpfer, sondern in erster Linie als außergewöhnliche Persönlichkeit. Im Laufe der Jahre habe ich mehrere Dokumentationen über ihn und sein ungewöhnliches Leben gesehen, die mich alle sehr beeindruckt haben. Lagerfeld war offensichtlich völlig anders als ich, was mich zunächst eher negativ über ihn hat denken lassen. Offenkundig gab es kaum Anknüpfungspunkte von mir zu ihm, die mir auf den ersten Blick irgendwie sympathisch gewesen wären. Wenn man sich jedoch einmal etwas intensiver mit ihm und seinem Leben beschäftigt hat, dann konnte man den unbeugsamen Charakterkopf in ihm erkennen. Er hat offenbar stets gemacht, was er für richtig hielt, ging konsequent seinen Weg und hatte am Ende viel Erfolg damit. Das ist sehr beeindruckend zu sehen gewesen. Meinen Respekt hat er sich dadurch jedenfalls erworben, so unterschiedlich wir als Menschen vielleicht auch getickt haben mögen. Die Welt hat mit ihm zweifelsohne eine der prägenden Figuren der letzten Jahrzehnte verloren, die sich trotz ihrer Extravaganzen niemals vom sogenannten ‚Mainstream‘ und gesellschaftlichen Erwartungen hat unterkriegen lassen und am Ende trotz aller Ecken und Kannten im Charakter sehr viele Fans auf aller Welt hatte. Wahrlich bemerkenswert!
Thorsten Stumm: Der Tod von Karl Lagerfeld oder KL, wie ich ihn häufig genannt habe, hat mich um einen langjährigen Helden beraubt. Für den Jungen aus Wattenscheid war er ein Tor zu weiten Welt der Mode und des Stils und meine Verehrung für ihn ließ meine Mutter ernsthaft befürchten ich sei homosexuell.
Lagerfeld verkörperte viele Dinge auf welche die junge Bundesrepublik mit Verachtung blickte. Als Kind reicher Leute aufgewachsen, mit einem Mann zusammenlebend, seinen verspielten Manierismen, der sanft zischenden Stimme und dann machte der auch noch sinnlose Mode. Nicht auf den Niveau Schlaghose und Hippiebatik in dem die BRD in meiner Jugend so rumlief sondern Haute Couture.
KL war zwar von Geburt finanziell unabhängig aber er hat das für seinen Beruf nötige Handwerk absolut beherrscht. Er war ein sehr guter Zeichner und Illustrator. Den Beruf des Schneiders erlernte er ebenfalls und konnte so bei sein Entwürfen, die Anfangs nur für Frauen gemacht waren, den für ihn arbeitenden SchneiderInnen sehr präzise Anweisungen zu Form, Verarbeitung und Material geben. Was sich in einer unerreichten Klarheit seiner Entwürfe deutlich zeigt.
Bevor ich mich selber entschloß Fotograf zu werden, gab ich zur Vorbereitung mein Geld für Zeitschriften wie Harper’s Bazaar oder Vogue aus. In diese Zeit viel Lagerfelds Arbeit für Chanel und noch heute gefällt mir an einer Frau das „kleine Schwarze“ am besten.
Lagerfeld Sinn für das Spiel mit Symmetrien und klaren Linien hat mich immer sehr fasziniert und ich hoffe sehr das es meine Arbeit beeinflusst.
Als Person kam er in der deutschen Öffentlichkeit nicht gut an. Seine regelmäßigen Auftritte im WWF Club mit Frank Laufenberg waren für mich Pflichtzeit vor dem Fernseher. Jedoch polarisierte seine Erscheinung doch reichlich und mehr als einmal musste ich mir beim Bekenntnis zu Lagerfeld anhören, was ich den an diesem fetten, affigen Schwulen mit dem Pferdeschwanz finden würde. Und überhaupt, Mode sei sowas von sinnlos. Das Land der Funktionskleidungsträger zeigte damals sein hässliches Gesicht.
Einmal kam ich Lagerfeld auch ein bisschen nahe und habe ihn persönlich gesehen. Während der Semesterferien arbeitete ich bei Steilmann als Aushilfe und in dieser Zeit hatte Klaus Steilmann mit der Modelinie KL by Karl Lagerfeld eine Zusammenarbeit. Lagerfeld besuchte die Steilmann Fabrik und da konnte ich ein kurzen Blick auf ihn erhaschen. Damals noch mit dem obligatorischen Fächer.
Später hat KL mir noch auf meinem ureigensten Terrain, der Fotografie Konkurrenz gemacht. Das kam in der Fotografenwelt nicht gut an. Aber auch hier zeigte er sich als großer Gestalter und wer glaubt man brauche nur schöne Menschen vor eine Kamera stellen und hat ein schönes Foto, der hat noch nie mit Modellen gearbeitet. Ohne ihn hätte Claudia Schiffer, eine seiner zahlreichen Musen, wohl keine Karriere als Supermodel der 90er gemacht.
Seine eigene Modelinie für Männer, die ein Spätwerk ist, hat Lagerfeld übrigens nicht selbst getragen. Das empfand er als zu prätentiös. Die Kleidung, die wir an ihm in Erinnerung haben stammt von Matsuda, Yohji Yamamoto oder Hedi Slimane. Und seine Selbstbeherrschung für Kentkragen bei Hemden bewunderte ich.
Wer mehr über ihn erfahren will und sein Genie, der schaue sich die zahlreichen Dokus an welche es über ihn gibt. Sie werden nun sicherlich wiederholt.
Ich gestehe, ich besitze ein Sakko von Lagerfeld in einer hoffnungslos optimistischen Größe. Aber es war ein spontaner Lustkauf bei einer Ebayauktion die für mich gut ausging
Mit Karl Lagerfeld verliert die Welt einen der ganz großen Schöpfer und Gestalter.
Ich werde nun ein bisschen Lagerfeld Photo auftragen und mich dankbar erinnern in einer Zeit gelebt zu haben in der es ihn gab.
Ih habe vor vielen Jahren einen schwarzen, seidenen Schlafanzug mit meerblauer Bordüre und Schildpatt Knöpfen, designed by KL, erworben. Habe ihn – bis heute – nur zu besonderen Anlässen getragen. Sieht immer noch sehr gut aus und fühlt sich vor allem sehr gut an. Aber vor allem ist er so lässig, leicht und elegant, dass man ihn auch gut außerhalb des Bettes tragen kann. 🙂
Für alle die glauben Mode hätte nichts mit Ihnen zu tun…