Ruhrbarone erklären: Wer unser Kreuz nicht kriegt – und warum!

Diese demokratischen Parteien sind angetreten wieder in den Bundestag zu kommen (Foto: Sebastian Bartoschek)

Am 23.2. sind Bundestagswahlen. Auch Ruhrbarone-Autoren dürfen in diesem Land wählen; zumindest derzeit noch. Aber wie bei vielen Wählern ist es auch bei uns so, dass wir besonders klar haben, wen wir eben nicht wählen. Und genau das wollen einige von uns dem geneigten Leser darlegen.

Die AfD, das BSW, und die LINKE sind für uns per se raus – wir wollen ja nicht, dass das Ruhrgebiet ein Teil Russlands wird.

Robert von Cube:

Ich werde dieses Jahr nicht die CDU wählen. Das ist auch nicht überraschend, da ich noch nie die CDU gewählt habe. Ich hatte es allerdings dieses Mal tatsächlich in Erwägung gezogen. Ich bin kein treuer Anhänger irgendeiner Partei. Ich bin der Ansicht, dass der Gestaltungseinfluss der Parteien überschätzt wird und dass es vor allem darauf ankommt, vernünftige und kompromissbereite Menschen in einer Regierung zu haben, die sich auf ein brauchbares Vorgehen einigen. Mir ist nur eines wichtig: Dass Deutschland demokratisch bleibt. Es darf hier nicht passieren, was derzeit in den USA zu beobachten ist. Ich wünsche mir daher vor allem eine stabile Regierung, die auf keinen Fall mit den Faschisten paktiert. Ich dachte bis vor einigen Wochen, eine starke CDU könnte Deutschland stabilisieren. Mein Vertrauen darin, dass die CDU nicht mit Faschisten paktieren würde, hat sich allerdings leider in Luft aufgelöst. Es gibt für mich daher keinen Grund mehr, diese Partei zu wählen.

Sebastian Bartoschek:

Die FDP hat ihre Mitbewerber überholt – in Konzeptlosigkeit die CDU, in Dilettantismus die SPD, in Arroganz die Grünen, in Realitätsferne die Linken. Seit meiner Volljährigkeit habe ich bei Bundestagswahlen fast immer beide Kreuze bei der FDP gemacht – einmal Erststimme SPD, weil die Agenda 2010 toll war. Ich war FDP-Mitglied, saß mit Lindner und Buschmann in Vorständen. Ich bin liberal – manche sagen neokonservativ oder libertär. Doch in meinem 45. Lebensjahr ist diese FDP für mich nicht mehr wählbar. Wer jahrzehntelang FDP gewählt hat, weiß, wie hart diese Aussage ist. Die Ampel war auf dem Weg, Deutschland aus dem CDU-Koma zu führen. Die FDP verhinderte aktiv, dass das sichtbar wurde und weiter auf diesem Weg gehen konnte. Diese FDP könnte man als CDU-Arbeitskreis weiterführen.

Peter Hesse:

1980 war ich 11 Jahre und die Debatten mit Wehner und Strauß haben mich als Kind nicht unbedingt fasziniert, aber bis heute erinnere ich mich gut und gerne daran. Als Gerhart Baum vor zwei Jahren im Zeit-Podcast „Alles gesagt“ gefragt wurde, wer für ihn die größten Redner im Bundestag waren, sagte auch er: Wehner, Schmidt und Brandt. Auch wenn in diesem Wahlkampf nicht um die wichtigen Dinge, wie Wirtschaft und Klima gerungen wurde – habe ich die Dabattenkultur im Bundestag genossen. Die Abschiedsrede von Kevin Kühnert war stark, Habeck und auch Scholz hatten ihre Momente und ich verstehe, warum Heidi Reichinnek so beliebt in der jungen Zielgruppe ist. Ich wohne in Herne und habe von Geburt an ein sozialdemokratisches Herz in Wiege gelegt bekommen – ich werde nicht CDU oder FDP wählen – und seit 2002 auch nicht mehr die Grünen. Ich habe große Bedenken, dass von den 20 bis 25 Prozent Unentschlossenen viel mehr ihr Kreuz bei der AFD machen. Meine größte Sorge gilt aber der Uneinigkeit Europas. Ich glaube manchmal, Staatenverbund ist wirtschaftlich, kulturell und gesellschaftlich so angeschlagen, wie die DDR 1989. Nur die globale „Treuhand“ sitzt inzwischen in Washington, Peking und Moskau – und die entscheiden jetzt, was, wie und wo aus der (bildlich gesprochenen) „Konkursmasse“ verscherbelt wird. Die gehen mit der Ukraine um, als wäre es ein Zement-Werk aus Karl-Marx-Stadt – es ist ein Trauerspiel.

Stefan Laurin:

Als der Protestantismus mit der Romantik ins Bett ging, zeugten sie die Grünen. Eine Partei von „Mensch*innen“, die anderen vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben, und Widerspruch nicht dulden, denn es droht ständig die Apokalypse. Die Grünen sind – was ich gut finde – für die Unterstützung der Ukraine. Aber ihre Wirtschaftspolitik schwächt das Land und macht es wehrlos. Sie tragen mit ihrer Politik zur Polarisierung der Gesellschaft bei. Die grüne Ideologie, deren Zentrum die Ängste von Häkel-Heike und Oliver-Oberlehrer sind, ist einer der Hauptgründe, warum die Republik dabei ist, zu einem veganen Technikmuseum zu werden. Wir brauchen Aufbruch und nicht Angst – die aber ist das Kerngeschäft der Grünen.

Daniel Anders:

Ich habe zuerst überlegt darüber zu schreiben, warum ich der CDU nicht zutraue tragfähige Konzepte für die Zukunft zu haben, aber das erschien mir dann doch etwas zu einfach. Sinnvoller ist es über eine Partei zu schreiben, über deren Wahl ich kurzzeitig nachgedacht habe: die SPD.

Warum ich die SPD nicht wählen werde, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Moskau-Connection.
Drei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine scheint man in der SPD immer noch nicht verstanden zu haben, dass expansionistische Regime nicht freiwillig mit dem Erobern aufhören. Seit drei Jahren ist es die SPD, die bei der Ukraineunterstützung bremst. Scholz rechtfertigt diese Zauderlichkeit gerne mit dem Unwort „Besonnenheit“ und rastet wohl auch mal wegen der Forderung nach mehr Ukrainiehilfen aus. Mit Trumps Präsidentschaft hat sich die Sicherheitslage in Europa nochmal verschärft und seit der MSC ist eigentlich klar, dass wir uns sicherheitspolitisch nicht mehr auf die USA verlassen dürfen. Während am Montag beim Gipfel in Paris mehrere europäische Staaten ihre Bereitschaft Friedenstruppen in die Ukraine zu entsenden bekundet haben, zeigte sich Scholz von der Debatte irritiert und bezeichnete sie als verfrüht. Er scheint dabei nicht zu verstehen, dass es dabei weniger um konkrete Pläne geht, als darum sich gegenseitig europäische Einigkeit zu demonstrieren und zu versichern. So kann man auf die letzten Meter natürlich auch noch mal Verbündete verprellen.

Hätte die SPD Pistorius als Kanzlerkandidaten aufgestellt, hätte ich sie vermutlich gewählt, aber angesichts der sich verschärften Lage, halte ich Scholz noch mehr für den falschen Mann mit dem falschen Job zur falschen Zeit, als er es die letzten drei Jahre eh schon war.

Silke Zeidler:

Die CDU – Die Reichen reicher machen und die Armen ärmer, das ist Teil des Programms. Die armen Reichen, sie haben ja sonst nichts. Die dann noch ärmeren Armen werden sicher volles Verständnis für die armen, dann aber wenigstens reicheren, Reichen haben. Warum der CDU große Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird, ist schleierhaft. In ihrem Wahlprogramm klafft eine Finanzierungslücke von etwa 70 Milliarden. Man muss schon sehr sorglosen Umgang mit Geld gewohnt sein, um das nicht als etwas größeres Problem einzuschätzen. Bei anderen drängenden Problemen sieht es nicht besser aus.

“Kleine Paschas“ hat Mr Merz Kinder mit Migrationshintergrund genannt. Das ist krachender Rassismus und schürt ausgerechnet gegenüber Kindern Vorurteile.  Und jetzt plötzlich soll ihm abgekauft werden, dass er so sehr um das Wohl von Kindern besorgt sei, dass er im Bundestag unbedingt einem Migrationsantrag gemeinsam mit der AfD zustimmen musste? Einem Antrag, bei dem schon vorher klar war, dass er ohne Folgen bleiben würde? Nachdem er versprochen hat, genau das nicht zu tun?
Was hält ihn davon ab, beim nächsten Mal genau so zu handeln? Er hat zwar – wieder – versprochen, das nicht zu machen. Aber das hat ihn ja auch beim ersten Mal nicht abgehalten.

Auf die Idee, den Geflüchteten aus der Ukraine Sozialtourismus zu unterstellen, ist Mr Merz gar nicht selbst gekommen. Er ist da wahrscheinlich auf Kreml-Propaganda hineingefallen und hat sich genau der auch noch ungewollt in den Dienst gestellt.

“Folgen sie denen nicht, die dazu aufrufen. Zu oft sind Vorurteile, zu oft ist Kälte, ja sogar Hass in deren Herzen.“ So Mrs Merkel zu den Pegida-Demonstrationen. Sie hat die Bundestagswahl 2017 gewonnen. Für das Kanzleramt braucht es jemanden, der auch unter Hochdruck einen klaren Kopf bewahrt.
Mr Merz ist Teil des Problems, nicht der Lösung.

Antje Jelinek

Ampel-Loser wähl ich nicht. Sich nach einer völlig gescheiterten Politik, die die AFD verdoppelt hat, neu aufstellen zu lassen, find ich absurd. Besonders in Bezug auf den Kanzler nehme ich hier eine absolute Realitätsverweigerung wahr. SPD fällt aus. Auch die ideologisisch verpeilten Grünen, die aggressiv gegen Andersdenkende vorgehen, sind für mich auch definitiv definitiv raus. Man muss schon eine Menge Mitleid u./o eine neoliberale Grundeinstellung haben, um die FDP zu wählen.
Heutzutage ist die CDU die wahre Antifa. Es ist nicht so, dass es mir besonders viel Spaß macht, CDU zu wählen, aber diesmal habe ich leider keine andere Wahl.Für eine gesellschaftliche Mitte, die wir so dringend brauchen, für eine Außenpolitik, die unser Überleben sichert und ein Wirtschaftpolitik, die nicht ideologisisch, sondern vernünftig und zukunftsotientiert agiert, ist das diesmal einfach notwendig.
Die radikale Mitte braucht aber eine Stimme.

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hase12
hase12
7 Stunden zuvor

Der vermutlich beste Satz des Jahres: „Als der Protestantismus mit der Romantik ins Bett ging, zeugten sie die Grünen.“ (Stefan Laurin) Herr Laurin hat den grünen Charakter sehr gut beschrieben; es ist ja kein Zufall, dass die Grünen ein solches Verhalten an den Tag legen. Man sieht daran ja, wie sehr lutherisch-protestantische Selbstzucht immer 2 Seiten zeigt; auf der einen Seite die Bereitschaft zum Verzicht und zum Leistungserbingen ohne Klagen und Widerspruch und auf der anderen Seite die Bereitschaft jeden Widerspruch mit brutalster Gewalt, im besten Falle brutalster militärischer Gewalt brutal niederzuprügeln. Was man bei den Grünen auch sieht ist, was typisch für den Hang des Protestantismus in Deutschland (wie es in anderen Ländern bezüglich des Protestantismus ist, weiß ich nicht!) ist der Hang zur Staatsvergötterei und Staatsanbetung. Des weiteren sieht man bei den Grünen ein weiteres protestantisches Merkmal: allein durch den Glauben (sola fide); es darum, an etwas zu glauben, was auch immer dies sein mag; wichtig ist dabei, dass Fakten keine Rolle spielen bzw. zu spielen brauchen.
PS: Ich bin selber protestantisch-lutherischer Konfession; ich weiß also, wo von ich rede!

Stefan Laurin
Admin
4 Stunden zuvor
Reply to  hase12

Vielen Dank 🙂

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