Die Business Metropole Ruhr (BMR), die Wirtschaftsförderung des Ruhrgebiets, arbeitet intensiv mit Partnern aus Tel Avi in Israel zusammen. Unser Gastautor Rasmus Beck ist Geschäftsführer der BMR.
Anpacken und Umsetzen: Die Start-ups im High-Tech-Hotspot Tel Aviv und unsere Mittelständler und Konzerne ergänzen und stärken sich. Deshalb gibt es seit November 2017 eine „Brücke“ zwischen Israel und dem Ruhrgebiet – die „Innovation Bridge Israel“. Hier arbeitet die BMR und die Deutsch-Israelische Auslandshandelskammer (AHK) gemeinsam mit Städten und Unternehmen wie thyssenkrupp, EVONIK, Vonovia und Rhenus Logistik daran, die Potenziale von Start-ups aus Israel für das Ruhrgebiet zu nutzen. Die digitalen Innovationen und Geschäftsmodelle in Feldern wie Cybersicherheit, Mobilität, Smart City und Energie aus Israel und der industrielle Kern aus der Metropole Ruhr, das passt zusammen. Dabei ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Israel – unterstützt durch die NRW-Landesregierung und den Initiativkreis Ruhr – nur ein Baustein einer Kooperation, die über den rein wirtschaftlichen Bereich hinaus geht.
Notwendigkeit zu Handeln als gemeinsame Wurzel
Wir können in wirtschaftlichen Fragen viel von Israel lernen. Das Land ist nämlich ein gutes Beispiel für Strukturwandel. Es war nicht immer das High-Tech-Land, das heute Investoren und Entwicklungsabteilungen aus der ganzen Welt magnetisch anzieht. Es gab eine Zeit vor den bekannten Erfolgen israelischer Unternehmen wie dem USB-Stick, den ersten Mini-Kameras für medizinische Untersuchungen oder 3D-Druckern.
Vom Agrarstaat zur High-Tech Heimat
Noch vor gut 30 Jahren war Israel ein Staat, der vor allem von der Landwirtschaft lebte. In Deutschland waren als israelische Produkte höchstens Jaffa-Orangen ein Begriff. Aber der Weg von der agrarischen Kibbuz-Wirtschaft hin zur Wissensgesellschaft war vorgezeichnet: Israel hatte zwar schon damals hervorragende Hochschulen, wie die 1918 gegründete Hebrew University of Jerusalem, in deren Verwaltungsrat weltbekannte Kapazitäten wie Albert Einstein und Sigmund Freud saßen.
Strukturwandel durch kluge Politik
Bevor Israel zur Wirtschaftsnation Nummer eins im Nahen Osten wurde, hat es einen tiefgreifenden Strukturwandel durchlaufen, der auch noch nicht beendet ist. Auch in Israel war der Politik klar, dass sich die Wirtschaft ändern musste – und sie setzte auf die Entwicklung von Technologie und Wissen: In Inkubatoren wuchsen junge Unternehmen heran, welche die Wirtschaft Israels veränderten. Der Staat förderte die Entwicklung der Unternehmen als Finanzier und Lead User von High-Tech-Produkten und setzte auf enge Kooperationen mit Hochschulen und internationalen Konzernen, wodurch viele zunächst wissenschaftliche Innovationen dann in kommerzielle Produkte und Start-ups übersetzt werden konnten.
Gründerimpulse forcieren – und Zuwanderung als Chance begreifen
Wenn wir heute eng mit Israel zusammenarbeiten, dann auch um zu lernen, wie man den Strukturwandel durch Gründerimpulse nachhaltig zu forcieren vermag. Dem Israel der 1980er-Jahre hätte kaum jemand zugetraut, eine weltweit führende Technologie- und Gründernation zu werden. Vom „Silicon Wadi“ konnte noch nicht die Rede sein. Trotzdem hat das Land es geschafft – weil es auf Bildung setzte und unternehmerischen Mut gesellschaftlich honorierte, weil es gelang, Gründer zu Role-Models zu machen, denen junge Israelis, darunter zahlreiche Einwanderer und Kinder von Einwanderern aus der ganzen Welt, nacheiferten. Israel war und ist eine Einwanderer-Region, die Mut, Leistung und Engagement als historische Identität in sich trägt und deren Strukturwandel trotz vieler Erfolge auch noch nicht abgeschlossen ist. Eine Erzählung, die wir nur allzu gut kennen: Schließlich ist die Metropole Ruhr die deutsche Einwandererregion schlechthin. Ankunft, Arbeit und Akzeptanz prägen das Leben in der Region seit Generationen – woher sie ursprünglich auch immer stammten. In den letzten Jahren übrigens auch glücklicherweise wieder zunehmend Menschen jüdischen Glaubens.
Mentalitäten, die zusammenpassen.
Es geht bei der Zusammenarbeit zwischen dem Ruhrgebiet und Israel also um deutlich mehr als um Technologietransfer und Unternehmenskooperationen. Es geht auch darum, unser Profil als internationaler High-Tech- und Gründer-Standort mit hoher Geschwindigkeit zu schärfen. Eine langfristige und klare Vision für neues Wachstum durch Gründungen und Innovationen sowie erstklassige Hochschulen und Weltoffenheit sind auch bei uns der Schlüssel für schnellere Sprünge nach vorn.
Die Metropole Ruhr als „Marktbrücke“ nach Europa
Wir an der Ruhr haben Start-ups aus Israel einiges zu bieten. Unseren Konzernen und Familienunternehmen gelingt es, Innovationen rasch zu skalieren und Neues im industriellen Maßstab effizient und erfolgreich zur Marktreife zu bringen. Unsere Partner sehen den Exportweltmeister Deutschland auch als Türöffner für globale Märkte, deren Zugang sie wegen des zu kleinen heimischen Binnenmarktes auch unbedingt brauchen. Wegen des Mutes schnell Unternehmen zu gründen, mit geringer Angst vor dem Scheitern haben unsere Freunde in Israel wahrscheinlich ein paar Schritte Vorsprung bei der so wichtigen Gründer-Mentalität. In der industriellen Anwendung ist die Ruhr-Wirtschaft aber ein erster Ansprechpartner im globalen Markt. Und hier liegt ein weiterer Vorteil für die israelischen Start-ups: Im Nahen Osten sind die Marktmöglichkeiten für Unternehmen in Israel selbst sehr klein, aber in Nordrhein-Westfalen und an der Ruhr locken lukrative Märkte für innovative Produkte. Die Region profitiert im Gegenzug von attraktiven Arbeitsplätzen, die von den israelischen Gründern und deren Innovationen geschaffen werden können.
Bausteine für die Brücke
Und dieser wechselseitige Nutzen macht die „Innovation Bridge Israel“ erst für beide Seiten attraktiv. Mit jedem Projekt, mit jedem gegenseitigen Besuch wachsen diese Netzwerke stetig und nachhaltig. Ganz konkret: Im Juni bringen wir hochrangige Vertreter namhafter Ruhr-Unternehmen auf der Messe EcoMotion in Tel Aviv erneut mit innovativen Start-ups zusammen, um gemeinsame Geschäftsmodelle auszuloten. Umgekehrt besuchen israelische Energieversorger im September dann unsere Region, um die Energiespeicherung der Zukunft im industriellen Maßstab weiter zu denken. In diesem Jahr sollen sich zudem auch junge Studierende aus beiden Regionen gemeinschaftlich der Herausforderung Cyber-Security stellen.
All das sind Bausteine der Brücke zwischen der Metropole Ruhr und Israel – thematisch zukunftsweisend und kulturell sowie gesellschaftlich langfristig angelegt. Schließlich geht es auch darum, eine Verbindung aufzubauen, die nicht nur wirtschaftlich tragfähig ist und der Verständigung beider Länder dient.
Der aktuelle Startup-Hype nervt mich nur noch. Natürlich gibt es ein paar Perlen, aber auch jede Menge komischer Ideen, die höchstens darauf hoffen, irgendeinen Partner zu finden, der sie auszahlt.
Wo bleiben die nachhaltigen Ideen, die auch Geld bringen?
Unsere großen Unternehmen und auch unsere Uni-Szene sollte vor allem darauf achten, die eigenen Kapazitäten im Unternehmen und die Forschung in der Region wieder zu entdecken. Es gibt auch manche ältere Mitarbeiter, die Ideen haben, aber der Prophet im eigenen Land hat es schon immer schwer gehabt. Wenn jetzt bald wieder ein längeres Arbeitslosengeld kommen wird, werden die großen Unternehmen die neuen Entlassungswellen starten. Die digital Natives werden aus meiner Sicht einfach zu positiv dargestellt. Abgesehen vom surfen und chatten ist da oft nur sehr wenig digital. Sie träumen auch eher vom Posten in der öffentlichen Verwaltung.
Eine Kooperation mit den Spezialisten in Israel kann sicherlich zu neuen Produktideen führen. Ich finde Messen auch immer sehr interessant, weil sie einfach die Kreativität fördern und Menschen zusammenbringen. Reisen bildet natürlich auch.
Nur soll man den Blick auch mal in die Nachbarschaft oder ins eigene Unternehmen werfen. Oft entdeckt man dann seinen persönlichen Hidden Champion direkt in der Nähe und direkte Kommunikation und Kooperation ist unschlagbar.
Von welcher "Metrople Ruhr" spricht der Herr?
Israel lässt aktuell eine Rakete zum Mond fliegen, wie man dem heutigen MOMA entnehmen konnte. Dort scheint ja nicht nur deshalb einiges abzugehen, ob da NRW mithalten kann? Überhaupt ist diese doch sehr erstaunliche israelische Entwicklung zum High-tech-Standort viel zu selten in den hiesigen Medien Thema.
@Thommy: Metropole Ruhr ist ein vollkommen lächerlicher und peinlicher Begriff 😀
@3 Thomas Weigle:
High Tech aus anderen Ländern und dynamische Gesellschaften sind sowieso kaum in den Medien zu sehen. Wir stehen dann doch eher auf ökologischen Lebensstil zu Zeiten der Neandertaler.
Die letzte gute China Doku hatte ich bei "Grand Tour" gesehen. Echte Briten in China ist einfach göttlich. Insbesondere, wenn es um die großen Städte und die riesigen Strassennetze geht. Das Handy funktionierte dort auch schon vor Jahren in vielen eher ländlichen Ecken ohne Probleme.
Naja, die Rakete ist von SpaceX. Insbesondere die Militär und Sicherheitstechnologie aus Israel finde ich immer wieder in den Medien. Dann noch den Bereich der Pränataldiagnostik. Was will man auf dem Mond? Für das Geld könnte man doch sicherlich ein paar gendergerechte Klos ausbauen oder aber ein paar Verwaltungen auf Quatsch-Sprech umstellen.
Natürlich kann NRW mithalten. Die Ariane fliegt immer noch ins Weltall, der Airbus ist Top und viele Unternehmen sind Weltspitze. Wir müssen unsere Unternehmen nur auch mal bewerben und nicht nur vom Ackerbau im Vorgarten als Glück des 21. Jahrhunderts berichten.
BTW: Ich finde den Begriff "Metropole Ruhr" weiterhin treffend