Das Festival Ruhrtriennale hat die britische Band „Young Fathers“ ausgeladen. Die drei Musiker wollten sich nicht von der antisemitischen BDS-Kampagne distanzieren. Nun rufen prominente Künstler wie Brian Eno und Ken Loach zum Boykott des Musik- und Theaterfestivals auf. Fünf folgen der antisemitischen Hetze.
Ihre Platte „Tape Two“ war 2013 „Scottish Album of the Year“, ein weiteres 2014 das beste britische Album überhaupt und Kritiker lieben sie: Die Hip-Hop-Band Young Fathers sind erfolgreich und ihre Musik ist ebenso intelligent wie abwechslungsreich. Doch die Young Fathers sind auch eine politische Band. Wie viele andere Musiker haben sie sich der BDS-Bewegung angeschlossen. BDS, die Abkürzung steht übersetzt für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen, will Israel isolieren: Unternehmen sollen in dem Land nicht mehr investieren, israelische Produkte nicht gekauft werden und Künstler in Israel nicht auftreten.
Die bekanntesten Aushängeschilder der BDS-Bewegung, die 2005 von palästinensischen Organisationen gegründet wurde, sind der ehemalige Pink Floyd Bassist Roger Waters und Brian Eno, der musikalische Kopf der legendären Glam-Rock-Band Roxy Music. Waters, auf dessen Konzerten schon aufgeblasene Schweine mit einem Davidstern durch den Raum schwebten, nutzt jeden Auftritt, um für den Boykott Israels zu werben. Auf seiner gerade erst beendeten Tour durch Deutschland beschimpfte er von der Bühne aus Felix Klein, den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung und die jüdisch-deutsche Aktivistin Malca Goldstein-Wolf, weil sich die beiden kritisch über BDS äußerten.
Neben zahlreichen anderen Bands sagten auch die Young Fathers im vergangenen Jahr einen Auftritt auf dem Berliner Pop-Kultur-Festival ab. Der Grund: Die israelische Botschaft gehörte zu den Sponsoren des Festivals und unterstützte die Anreise israelischer Musiker mit 500 Euro. Als die britische Alternative-Rock-Band Radiohead 2017 bekannt gab, in Israel aufzutreten, gehörten die Young Fathers zu den Musikern, die Radiohead bedrängten, den Auftritt abzusagen. Radiohead ließ sich davon nicht beirren und gab ein umjubeltes Konzert in Tel Aviv.
Doch der Kampf der Band gegen Israel blieb nicht ohne Folgen: In der vergangenen Woche waren die Young Fathers die erste Band, die wegen ihrer BDS-Aktivitäten von einem Kulturveranstalter in Deutschland ausgeladen wurden. Das nordrhein-westfälische Musik- und Theaterfestival Ruhrtriennale, getragen vom Land NRW und den Städten des Ruhrgebiets, findet in ehemaligen Industriegebäuden statt. Die Ruhrtriennale-Leitung um Stefanie Carp und Christoph Marthaler wollte als Reaktion auf Kritik an einem Auftritt der Band im August in Bochum, dass sich die Young Fathers von BDS distanzieren. Die Band kam der Aufforderung nicht nach, der Auftritt wurde abgesagt. Ein Zeichen gegen Antisemitismus und Israelhass, das Folgen hat. Auf der Internetseite der Kampagne wird ihre Entscheidung als Zensur bezeichnet. Künstler wie Brian Eno, der Regisseur Ken Loach und die Schauspielerin Miriam Margolyes, bekannt als Professor Pomona Sprout in den Harry-Potter Filmen, rufen zum Boykott der Ruhrtriennale auf. Das Festival ignoriere wie das deutsche Establishment den Kolonialismus des israelischen Apartheitsregimes.
Mit Tony Eile, Mazen Kerbaj, Hassan Khan, Sharif Sehnaoui und Raed Yassin haben fünf Künstler, die bei der Ruhtriennale auftreten sollten, wegen der Absage an die Young Fathers gestern ihre Zusagen zurückgezogen:
Unterstützung bekommt die Ruhrtriennale für ihre Entscheidung aus der Politik. Die parteilose NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hält die BDS-Bewegung für antisemitisch. Dass die Young Fathers in Bochum nicht auftreten, findet ihre Zustimmung: „Es war richtig, von den Young Fathers eine Distanzierung von der BDS-Kampagne zu fordern und folgerichtig, den Auftritt abzusagen, nachdem diese nicht erfolgt ist.“
Abraham Lehrer, der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hält das Vorgehen der Ruhrtriennale für vorbildlich: „Es war klug, der Band die Chance zu geben, sich zu äußern und dann die Konsequenzen zu ziehen. Andere Festivals sollten sich an der Ruhrtriennale ein Beispiel nehmen.“
Und auch Helge Lindh, der stellvertretende kulturpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagt auf Anfrage dieser Zeitung: „Die Ruhrtriennale hat wohl begründet ein Zeichen gesetzt, zu dem andere Veranstalter sich werden verhalten müssen.“
Thomas Nückel, Mitbegründer dieses Blogs und kulturpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im NRW-Landtag hätte sich gewünscht, dass die Ruhrtriennale die Young Fahters erst garnicht eingeladen hätte: „Bands, die zum Boykott Israels aufrufen, sollten nicht öffentlich finanziert werden. Da hätte man sensibler sein müssen.“ Die Young Fathers nach ihrer Weigerung, sich von BDS zu distanzieren, auszuladen, begrüßt Nückel.
Veranstalter dürften die Konflikte um das Kultur-Festival in Berlin, wo auch in diesem Jahr mehrere Künstler wegen der Unterstützung durch die israelische Botschaft abgesagt haben und die Ruhrtriennale aufmerksam verfolgen: BDS-Band einzuladen kann zu Konflikten führen. Antisemitische Musiker müssen mit Widerstand rechnen. Und er kann so groß sein, dass er die Planbarkeit von Veranstaltungen schwierig macht. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte allein deswegen besser auf die Zusammenarbeit mit antisemitischen Künstlern verzichten.
Teil des Artikels erschienen bereits in der Welt
Von den fünf genannten Künstlern (?) kenne ich keinen einzigen. Der Verlust wird sich also in Grenzen halten …
Künstler die andere Künstler boykottieren, nur weil sie aus einem bestimmten Land kommen, sind keine.
Ich kenne auch keinen von den 5en.
Was Abraham Lehrer dazu bringt, so einen Unfug abzusondern wie z.B.: „Andere Festivals sollten sich an der Ruhrtriennale ein Beispiel nehmen.“ bleibt sein wohlbehütetes Geheimnis. Hier werden Verantwortlichen – die spätestens seit dem letztjährigen Kulturfestival in Berlin wissen, was für eine antisemitische Bande sie zu ihrer Veranstaltung einladen – nachträglich Zivilcourage und sonstige Heldentaten angedichtet. Die Leitung der Ruhrtriennale hat bis zuletzt in beschämender Weise versucht, diesen Judenhassern diverse Schlupflöcher anzubieten, um sie doch noch für ihr Vorhaben gewinnen zu können.
Bei sozialdemokratischen Sprechern wie Helge Lindh, der auf den obigen Unfug noch eines draufsetzt mit seiner Aussage „Die Ruhrtriennale hat wohl begründet ein Zeichen gesetzt, zu dem andere Veranstalter sich werden verhalten müssen.“ ist meine Erwartungshaltung gleich Null – und die wird anstandslos erfüllt.
Einzig Thomas Nückel, FDP, scheint in der Lage zu sein, diesen miefenden Teppich anzuheben und aus dessen Zustand richtige Schlüsse zu ziehen. Statt „sollten nicht …“ und „sensibler sein“ hätte er es allerdings noch etwas deutlicher ausdrücken können. Aber immerhin.
Was mir immer wieder auffällt ist, dass zumindest weiße Rassisten und Faschisten auf irgendwelchen Kulturfestivals keinen Zutritt bekommen. Ganz anders sieht es mit lebenden Antisemiten aus. Hier wird weggeschaut, geschwiegen, sich verbrüdert (und verschwestert) als ob man sich bestens verstünde – und das tut man ja auch! Erst wenn alle Stricke reißen, ein paar zähe Unentwegte „Skandal“ rufen und nichts mehr zu vertuschen geht, gehen diese edlen Widerstandskämpfer (von 1968 bis heute) halbherzig und widerwillig auf Distanz.
Für all das ist die Ruhrtriennale tatsächlich ein Beispiel.
Und wo bleibt der politische, der mediale "Aufstand" angesichts der Entscheidung der zuständigen Staatsanwaltschaft, gegen die Rapper Kollegah und….kein Strafverfahren einzuleiten wegen Texte wie:
"Mach 'mal wieder 'nen Holocaust"?
Was sagt der NRW-Justizminister? Was sagt die Generalstaatsanwaltschaft? Was sagt dazu z.B. Thomas Nückel von der FDP? Was sagen die Blogger hier bei den Ruhrbaronen dazu?
D a s gibt mir vielmehr in Sachen Antisemitismus in Deutschland zu denken als das hier aufgezeigte und diskutierte Problem.
[…] Ruhrtriennale: Fünf Künstler folgen Brian Enos antisemitischem Boykottaufruf von Stefan Laurin in Bochum, Kultur, Politik […]
[…] Ruhrbarone: Ruhrtriennale: Fünf Künstler folgen Brian Enos antisemitischem Boykottaufruf […]
@Walter Stach
Ich glaube das Thema mit den beiden Rappern ist sehr wohl (auch im Ruhrbarone-Blog) umfangreich behandelt worden. Bei mir entsteht allerdings der fatale Eindruck, dass Sie versuchen, das eine gegen das andere auszuspielen.
Bei dem Ruhrtriennale-Skandal geht es um die Kumpanei der Leitung unter Stefanie Carp mit einer Riege von Künstlern, die sich als Teil der antisemitischen BDS-Bewegung versteht. Dieser Bewegung wiederum geht es faktisch um nichts anderes als um die Vernichtung des israelischen Staates mitsamt dessen Bewohnern – egal womit diese das zu beschönigen oder zu vertuschen versuchen.
Wenn es um tote bzw. ermordete Juden geht, herrscht in Deutschland weitgehend Einigkeit. Ganz anders, wenn es den lebenden Juden an den Kragen geht. Hier findet man alles: Schweigen, Hofierung, seeehr viel Verständnis für palästinensisch-arabische Möchte-gern-Völkermörder bis zur offenen Solidarisierung mit eben diesen.
Die CDU hat immerhin einen Beschluss gegen den BDS gefasst. Bei der SPD geben weiter Schulz, Gabriel und Steinmeier den Ton an, pflegen seltsame Freundschaften mit üblen Gestalten und sinnen über „gemeinsame Werte“ (Nahles) mit diesen nach.
DAS gibt mir zu denken.
Alfred Tetzlaff: "Der Sozi ist nicht grundsätzlich dumm er hat nur sehr viel Pech beim Nachdenken" 😉
-8-
Mir geht es nicht um die beiden Rapper, sondern um das kritische Hinterfragen a.),der Weigerung der Staatsanwaltschaft, ein Strafverfahren gegen die Beiden einzuleiten und b.) um das kritische Hinterfragen des darauf bezogenen Stillschweigens des NRW-Justizministers, der Generalstaatsanwaltschaft und der Medien in NRW , nebst diverser Kommentierungen hier im Blog.
D a s gibt mir weiterhin zu denken, -ich bin so frei-!
-9-
In gewohnter Manier:
"Der Spötter meint, reich an Geist zu sein und ist nur arm an Takt".
-Lichtenberg (leicht abgewandelt)-.
Tja, @Nußknacker, nur ein toter Jude ist ein guter Jude. Ein lebender, gar eine Ansammlung von ihnen, die sich sogar recht effektiv ihrer Haut zu wehren und ihren Staat zu verteidigen wissen, hat(haben) nicht viele Freunde. Ein Trauerspiel in unzähligen Akten.
Walter, du bist der Erste, der ein Alfred Tezlaff-Zitat ernst nimmt, und abraxasrgb der erste Philosoph, der Tetzlaff zitiert. Premieren sind das, wie ich sie bei den Ruhrbaronen so liebe.
Walter, du hast recht. Es wird höchste Zeit, dass solche Texte auf den Index kommen und juristisch geahndet werden.
@5 W Stach:
Der "Kampf gegen Rechts" ist doch bei jeder Wahl Hauptthema der meisten gewählten Politiker.
Es bleibt dann offen, was wirklich passiert, wenn aus meiner Sicht gehandelt werden müsste.
Dann gilt weiterhin "Follow the money". Wer verdient alles daran und wie treten diese Firmen sonst auf.
@ Helmut Junge
Junge: "abraxasrgb der erste Philosoph, der Tetzlaff zitiert"
"abraxasrgb" ist ein "Philosoph"? Schräg.
@ Santana Wer Tetzlaff zitiert, muss ein Philosoph sein, gelle.
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